Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarman-Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. E*, vertreten durch Mag.a Ines Schneeberger, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Mag. R*, vertreten durch Dr. Norbert Nowak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8.169,86 EUR brutto sA, 5.832 EUR netto sA und Feststellung (Streitwert 8.000 EUR) und Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert 250 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 10.751,86 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 11.500 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2020, GZ 7 Ra 31/19h-40, mit dem den Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 25. Jänner 2019, GZ 37 Cga 2/18g-33, in der Hauptsache nicht Folge gegeben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
2. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
3. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin war zunächst ab 15. 11. 2016 als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Beklagten geringfügig im Ausmaß von 20 Stunden pro Monat bei einem Gehalt von 200 EUR beschäftigt. Ab 1. 1. 2018 war sie als Rechtsanwaltsanwärterin tätig. Der Beklagte kündigte das Dienstverhältnis am 15. 1. 2018 zum 31. 3. 2018.
[2] Die Klägerin bringt vor, ihre Kündigung und Dienstfreistellung sei erfolgt, nachdem sie erklärt habe, das „Flirten“ des Beklagten als unfair und nicht wertschätzend zu empfinden. Damit habe sie nicht offenbar unberechtigte Ansprüche iSd § 12 Abs 7 GlBG geltend gemacht bzw sich iSd § 13 GlBG beschwert, weshalb die Kündigung diskriminierend sei. Tatsächlich habe der Beklagte ihr gegenüber im einzelnen vorgebrachte unangemessene Verhaltensweisen gesetzt.
[3] Sie habe aufgrund der diskriminierenden Beendigung des Dienstverhältnisses Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis zum nächstmöglichen diskriminierungsfreien Kündigungstermin, dem 30. 6. 2018, von insgesamt 8.169,86 EUR brutto und die Kammerpensionsbeiträge von 732 EUR netto sA. Darüber hinaus habe sie Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens in Höhe von insgesamt 5.100 EUR. Weiters habe sie als Rechtsanwaltsanwärterin ein Recht auf tatsächliche Beschäftigung. Der Beklagte hafte ihr daher für Schäden aus der unrechtmäßigen Dienstfreistellung. Der Beklagte habe ihr weiters die Ausstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses auch für den Zeitraum der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin zugesagt, dieser Vereinbarung aber bislang nicht entsprochen.
[4] Der Beklagte bestreitet. Während des Dienstverhältnisses habe es beinahe keinen persönlichen Kontakt gegeben. Es habe sich relativ früh gezeigt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniere. Er habe die Klägerin wiederholt ersucht, ihm mitzuteilen, worin die Probleme lägen, woraufhin sie ihn gebeten habe, sie zu kündigen. Nach Erhalt des E-Mails vom 15. 1. 2018, in dem sie ihm Flirtverhalten vorgeworfen habe, sei ihm klar gewesen, dass eine Zusammenarbeit nicht möglich sei. Daraufhin habe er sie gekündigt und dienstfrei gestellt. Aufgrund der Ankündigung der weiteren Dienstverrichtung „nach Vorschrift“, des Wunsches nach Kündigung, der Nichtakzeptanz der Weisungsbefugnis, des unpassenden Tons und der unsachlichen Kommunikation sowie der Geringschätzung anderer Mitarbeiter sei die Vertrauensgrundlage weggefallen. Die Klägerin hätte sich unverzüglich eine neue Stelle suchen können, ein Schaden drohe nicht und stehe nicht in einem Rechtswidrigkeitszusammenhang. Jedenfalls werde ein Mitverschuldenseinwand erhoben. Während aufrechten Dienstverhältnisses habe die Klägerin keinen Wunsch nach einer Verhaltensänderung oder einem distanzierteren Kontakt geäußert. Eine diskriminierende Beendigung liege nicht vor. Die Vorwürfe sexueller Belästigung würden bestritten.
[5] Das Erstgericht gab dem Begehren auf Feststellung der Haftung des Beklagten für zukünftige Schäden aus der rechtswidrig ausgesprochenen Dienstfreistellung und dem Begehren auf Zahlung von 3.500 EUR netto sA Folge. Das darüber hinausgehende Begehren wies es ab.
[6] Soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz traf es nachfolgende Feststellungen:
[7] Die Beklagte war mit den Leistungen der Klägerin während ihrer geringfügigen Beschäftigung außerordentlich zufrieden. Im Rahmen einer Arbeitssitzung am 9. 10. 2017 sprachen sie über einen Fall mit Bezug zu Monaco, für den Französischkenntnisse erforderlich waren. Die Klägerin, die an der Sorbonne studiert hatte, erklärte, dass sie dem Beklagten wegen ihrer Französischkenntnisse helfen könne. Darauf sagte dieser sinngemäß: „Dass ist aber super, dass Sie französisch können.“ Die Bemerkung war nicht als sexuelle Anspielung gemeint.
[8] Am 26. 10. 2017 trafen sich die Streitteile zu einem Gespräch über eine allfällige Anstellung der Klägerin als Rechtsanwaltsanwärterin. Bei diesem stellte der Beklagte auch Fragen privater Natur, jedoch keine, die in eine sexuelle Richtung gegangen wären. Nach dem Gespräch lud er sie in ein Lokal auf ein Getränk und eine Kleinigkeit zum Essen ein. Er setzte in diesem Zusammenhang keine Verhaltensweisen, die die Klägerin als unangebracht empfunden hätte.
[9] Bei einer Besprechung am 30. 10. 2017 vereinbarten die Parteien das Dienstverhältnis der Klägerin als Rechtsanwaltsanwärterin ab 1. 1. 2018. Danach arbeiteten beide, wobei die Klägerin im Zimmer des Beklagten in einem Fauteuil saß und mit einem Buch zum Denkmalschutz beschäftigt war. Die Sitzfläche war etwa 64 cm breit, die Armlehnen jeweils knapp 12 cm. Als die Klägerin zum Beklagten meinte, sie habe eine relevante Stelle im Kommentar gefunden, setzte dieser sich auf die Lehne des Fauteuils, in dem die Klägerin saß, und nahm das Buch. Er saß – über eine halbe Minute und unter einer Minute – auf der Lehne. Eine körperliche Annäherung bezweckte er damit nicht. Die Klägerin empfand den geringen körperlichen Abstand als unangenehm, äußerte dies aber nicht. Bei der Verabschiedung sagte der Beklagte sinngemäß: „Jetzt gehören Sie bald ganz mir.“ (Der genaue Wortlaut ist nicht feststellbar, wobei eine sexuelle Konnotation nicht bescheinigt ist.)
[10] Im Rahmen einer Arbeitssitzung am 10. 11. 2017 stand die Klägerin neben dem Beklagten beim Schreibtisch. Weil sie müde war, nahm sie eine hockende Haltung ein. Der Beklagte meinte daraufhin zu ihr, sie könnte sich einen Sessel holen, wobei er scherzhaft hinzufügte: „Sie müssen nicht vor mir knien!“ Als sexuelle Anspielung war dies nicht gemeint.
[11] Am 23. 11. 2017 fand eine Arbeitssitzung statt. Der Beklagte saß beim Schreibtisch, die Klägerin stand daneben. Als der Beklagte aufstand, ging er Rücken an Rücken an der Klägerin vorbei, wobei er mit seinem Gesäß ihres berührte. Es ist nicht bescheinigt, dass er diese Berührung vorsätzlich herbeigeführt hätte.
[12] Am selben Tag streichelte die Klägerin den Pudel der Lebensgefährtin des Beklagten auf dem Bauch. Der Beklagte kam hinzu und streichelte den Hund ebenfalls. Die Klägerin zog ihre Hand zurück. Es ist nicht bescheinigt, dass der Beklagte das Tier streichelte, um sich der Klägerin körperlich anzunähern, etwa ihre Hand zu berühren. Die Klägerin meinte, der Pudel sei zutraulich. Der Beklagte sagte daraufhin, die Tanzpartner der Klägerin seien wohl auch zutraulich und würden wohl auch „alle Körperteile entgegenstrecken“.
[13] Am 14. 12. 2017 sprachen die Streitteile neuerlich über den Fall mit Bezug zu Monaco. Der Beklagte nahm neuerlich auf die Französischkenntnisse der Klägerin Bezug, wobei nicht bescheinigt ist, dass dies als sexuelle Anspielung gemeint gewesen wäre.
[14] An diesem Tag fand auch die Weihnachtsfeier der Kanzlei statt. Es ist nicht bescheinigt, dass der Beklagte sich während der Feier der Klägerin körperlich angenähert hätte, indem er ihre körperliche Nähe gesucht hätte, sie anlässlich einer Geschenkübergabe zärtlich am Arm berührt hätte oder implizit darauf angespielt hätte, dass er sich vorstellen könne, mit der Klägerin ein Kind zu bekommen.
[15] Bis einschließlich 3. 1. 2018 befand sich der Beklagte auf Urlaub. Am 2. und 3. 1. 2018 arbeitete die Klägerin in seinem Zimmer. Das Drei-Personen-Büro, in dem die Klägerin danach saß, wurde überdies von zwei nicht der Rechtsanwaltskanzlei zugehörigen Personen genutzt. Die Klägerin empfand diese Situation als unbefriedigend. Der Beklagte stellte ihr einen zwei bis drei Monate alten Laptop zur Verfügung, dessen Monitorauflösung die Klägerin als unangenehm empfand.
[16] Am 11. 1. 2018 und 12. 1. 2018 sprachen die Streitteile über die Zimmersituation, wobei der Beklagte grundsätzliches Verständnis für die Unzufriedenheit der Klägerin äußerte. Da er ein reserviertes Verhalten der Klägerin ihm gegenüber wahrnahm, fragte er sie, ob sie noch andere Probleme hätte, was sie verneinte.
[17] Abends legte die Klägerin das vom Beklagten erhaltene Weihnachtsgeschenk zurück in dessen Zimmer. Außerdem schrieb sie ihm ein E-Mail, in dem es unter anderem heißt: „Um meine spröde Art in letzter Zeit zu erklären: Ich verstehe einfach nicht, warum Sie mich eingestellt haben und warum Sie mir beispielsweise neben vielen anderen Dingen gesagt haben, dass Sie mit mir gemeinsam für mein Zimmer einkaufen gehen wollen würden ('zu zweit ist es lustiger', 'dann können Sie sich aussuchen, ob Sie eine rosa Maus wollen oder eine gelbe'), wenn tatsächlich genau gar nichts (nicht einmal gedanklich) für meinen Arbeitsbeginn vorbereitet war, Sie auch danach nicht einmal ihre Mitarbeiter instruiert haben, mir zu helfen, und Sie das Versprochene ohnehin nie vor hatten. Ohne die Eigeninitiative der Kollegen hätte ich bis heute nichts weiter als eine über das Handy zugängliche Mail-Adresse. Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum man sich eine Konzipientin nimmt, ihr weiß Gott wie schmeichelt ('höchste Meinung', blabla), alles Mögliche bespricht und betont, wie super alles werden würde, wenn man ohnehin nichts bis wenig davon ernst meint. Und dann sagten Sie vor Silvester noch, dass ich auch in ferner Zukunft nicht 'weggehen' solle und ich ja in der Kanzlei langfristig bleiben könne/solle? Warum sollte ich das tun? Gleichgültigkeit bzw untätige, formale Wertschätzung und Schmeichelei finde ich in jeder anderen Kanzlei auch – bislang war jeder Arbeitgeber/Vorgesetzter mit mir über die Maßen zufrieden. Um ehrlich zu sein, wäre es für mich vorteilhafter gewesen, Sie hätten mich einfach nicht genommen. Jetzt sind mir die Hände zumindest eine Zeit lang gebunden und ich muss mich arrangieren. Ich ersuche Sie nicht um Ihr Verständnis und brauche auch keine Antwort, aber ich habe keine Lust, meine Enttäuschung und meinen Ärger in mich hineinzufressen. Das tut mir nicht gut, und mein Wohlbefinden ist zumindest mir ein Anliegen.“
Am 13. 1. 2018 abends schrieb die Klägerin dem Beklagten folgendes E-Mail:
„Ich bin nun zu einer für mich sehr, sehr befreienden Entscheidung gekommen. Wenn es nicht möglich ist, mir ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen (wie es für 99 % der Konzipienten üblich ist; ich kenne keinen einzigen, der sein Zimmer teilen müsste), bitte ich Sie, mich zu kündigen. Ich bin auch keine Schülerin einer Wanderklasse, die mit Akten, Büchern und Federpenal durch die Gegend gehen muss. Das ist alles ein ganz böser Scherz und zeugt von einer tiefen Missachtung. In Ihrer Kanzlei haben sogar Teilzeitbeschäftigte ein eigenes Zimmer, aber die dumme Juristin anscheinend nicht, die soll wandern, wenn wo was frei wird. Auch Ihr Hinweis, ich solle ***** entlasten, zeigt, wo ich für Sie stehe. Ich habe Ihnen bereits am Freitag Ihr Weihnachtsgeschenk in Ihr Zimmer gelegt. Ich empfinde Ihre Zeilen darin als Hohn und ohne Martina hätte ich auch nichts bekommen (was mir eh egal gewesen wäre).“
[18] Am 15. 1. 2018 morgens sprachen die Klägerin und der Beklagte miteinander, die Klägerin wiederholte ihren Kündigungswunsch. Der Beklagte erwiderte, dass er sie nicht kündigen werde. Eine Lösung wurde nicht gefunden.
Um 9:54 Uhr schrieb die Klägerin dem Beklagten ein E-Mail mit folgendem Inhalt:
„[…] zum Thema unfair sein': Ich könnte mehrere Beispiele nennen, insbesondere auch Ihre permanente Diskrepanz zwischen verbaler Freundlichkeit und tatsächlichem Verhalten, aber das für mich Wichtigste ist das, was Sie mehrmals als 'blödeln' bezeichnet haben und wahrscheinlich jeder andere, inkl Ihrer Freundin standardsprachlich als flirten bezeichnen würde. Ich möchte festhalten, dass ich kein frischer Frühlingsduft bin, den man gelegentlich unverbindlich genießt, und der Thermostat unserer Beziehung nicht in Ihrem Alleineigentum steht. Auch das ist nicht wertschätzend.“
[19] Nach dem Gespräch und vor Kenntnisnahme des E-Mails brachte der Beklagte der Klägerin Muster für einen auszuarbeitenden Revisionsrekurs. Er ging in sein Zimmer um zu überlegen, wie er weiter vorgehen solle. Die Klägerin kam und fragte ihn, ob sie als Ausgleich für die von ihr als unzureichend empfundenen Arbeitsbedingungen eine Gehaltserhöhung bekommen könne. Der Beklagte antwortete ausweichend. Danach erlangte er Kenntnis von dem ihm übermittelten E-Mail. Er entschied nun, die Klägerin zu kündigen und dienstfrei zu stellen. Auslösender Anlass für die Kündigung und die Dienstfreistellung war das E-Mail, wobei sowohl der Inhalt des E-Mails (Beschwerde über von der Klägerin so empfundenes Flirtverhalten) als auch die sarkastische Formulierung jeweils im Sinn einer conditio sine qua non für die Entscheidung zur Kündigung und für die Dienstfreistellung ursächlich waren.
[20] Generell war der Umgangston des Beklagten gegenüber der Klägerin freundlich und wenig formell. Er scherzte ihr gegenüber öfter, was er als „Blödeln“ bezeichnete. Abgesehen von der Äußerung über die Tanzpartner der Klägerin ist nicht bescheinigt, dass seine Bemerkungen in Bezug auf das Geschlecht der Klägerin bzw intentional eine sexuelle Konnotation gehabt hätten. Es ist nicht bescheinigt, dass er vor ihr mit seinen Beziehungen bzw mit seinen Erfahrungen mit Frauen geprahlt hätte. Die Klägerin verwendete ihrerseits gegenüber dem Beklagten ironische Formulierungen. Seit Ende Dezember hatte sie subjektiv den Eindruck, dass der Beklagte an ihr als Frau interessiert sei, was ihr unangenehm war. Vor dem 15. 1. 2018 brachte sie dies gegenüber dem Beklagten nicht zum Ausdruck. Im Jänner verhielt sie sich gegenüber dem Beklagten reservierter als zuvor. Sie vermied persönliche Gespräche und schrieb bevorzugt E-Mails. Eine Ermahnung durch den Beklagten dahingehend, dass ihm diese Art der Kommunikation nicht recht sei, erfolgte nicht.
[21] Am 15. 1. 2018 um 13:51 Uhr schrieb die Klägerin: „Vielleicht können Sie sich ja für das Verfassen eines qualifizierten Dienstzeugnisses erwärmen, wenngleich sich ein solches inhaltlich wohl eher auf meine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin (ab 11/2016) beziehen müsste.“
[22] Da die Klägerin Wert darauf legte, keine Ausbildungszeiten zu verlieren, bot sie an, bis zum Ende der Kündigungsfrist von zu Hause aus für den Beklagten Arbeiten zu erledigen, was dieser jedoch ablehnte.
Am 16. 1. 2018 schrieb der Beklagte an die Klägerin:
„Selbstverständlich werde ich Ihnen – Ihrem Wunsch entsprechend – für die Zeit Ihrer wissenschaftlichen Unterstützung ein Dienstzeugnis ausstellen und Ihnen postalisch im Original in den nächsten Tagen übermitteln.
Meine Entscheidung, Sie dienstfrei zu stellen, ist endgültig. [...]“
Datiert mit 14. 2. 2018 stellte der Beklagte folgendes Dienstzeugnis aus:
„DIENSTZEUGNIS
Frau Mag. E*, war in der Zeit von 15.11.2016 bis 30.11.2017 geringfügig (20 Stunden pro Monat) als juristisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin in meiner Kanzlei beschäftigt.
Frau Mag. E* hat die ihr übertragenen Aufgaben im Rahmen ihrer Tätigkeit, insbesondere Recherchetätigkeiten in diversen juristischen Rechtsgebieten (vor allem im – internationalen – Erbrecht) und Erstellung juristischer Expertisen aufgrund ihres fundierten Fachwissens zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt.
Ich bedanke mich für die positive Zusammenarbeit und wünsche ich ihr auf ihrem künftigen beruflichen Berufsweg alles Gute und viel Erfolg.“
[23] Weder durch die erst nach Urgenz erfolgte Übermittlung des Dienstzeugnisses noch durch die gewählten Formulierungen wollte der Beklagte sich an der Klägerin wegen deren Beschwerde im E-Mail vom 15. 1. 2018 revanchieren.
[24] Das Erstgericht ging davon aus, dass aus § 21b Abs 1 RAO ein Recht des Rechtsanwaltsanwärters auf tatsächliche Beschäftigung abzuleiten sei. Da keine Unzumutbarkeit von Weiterbeschäftigung vorgelegen sei, hafte der Beklagte für allfällige Schäden der Klägerin aus der Dienstfreistellung.
[25] Die Äußerung des Beklagten über die Tanzpartner der Klägerin sei schon ihrem Wortlaut nach tatbestandsmäßig nach § 6 Abs 1 Z 1 GlBG, dafür sei ein Schadenersatz mit 1.000 EUR zu bemessen. Die übrigen Äußerungen des Beklagten seien nicht als sexuelle Belästigungen zu qualifizieren. Die Kündigung und Dienstfreistellung sei aufgrund der Beschwerde der Klägerin über ein „Flirten“ erfolgt. Damit habe der Beklagte gegen das Benachteiligungsverbot des § 12 Abs 7 GlBG verstoßen. Dafür stehe ein ideeller Schadenersatz von 1.000 EUR zu. Davon zu unterscheiden sei ein Vermögensschaden. Da die Klägerin zum Ausdruck gebracht habe, gekündigt werden zu wollen, sei sie in ihrer Vermögenssituation nicht schlechter gestellt, als wenn der Beklagte das von ihr gewünschte Verhalten wegen ihres Wunsches gesetzt hätte. Für die Kränkung, wegen der Beschwerde und gerade nicht aufgrund des eigenen Wunsches gekündigt worden zu sein, stehe ein ideeller Schadenersatz von 1.500 EUR zu.
[26] Ein Anspruch auf ein qualifiziertes Dienstzeugnis bestehe grundsätzlich nicht. Eine Vereinbarung in diese Richtung sei jedenfalls nicht getroffen worden. Insoweit sei das Klagebegehren sowie das Zahlungsmehrbegehren abzuweisen.
[27] Das Berufungsgericht gab der gegen den abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils gerichteten Berufung der Klägerin und der gegen den klagsstattgebenden Teil des erstinstanzlichen Urteils gerichteten Berufung des Beklagten in der Hauptsache nicht Folge, der Berufung der Klägerin im Kostenpunkt dagegen Folge. Es verwarf jeweils die Mängel und Tatsachenrügen der Parteien. Rechtlich führte es zur Berufung der Klägerin aus, dass sich aus den Feststellungen keine Vereinbarung über die Ausstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses ableiten lasse. Bei den vom Erstgericht nicht als sexuelle Belästigung qualifizierten Vorfällen sei nach den Feststellungen keine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt geschaffen oder bezweckt worden. Hinsichtlich der Vermögensschäden aufgrund der Kündigung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst dem Beklagten gegenüber einen Kündigungswunsch geäußert habe. Es erscheine daher nicht sachgerecht, den Beklagten zum Ersatz des begehrten Vermögensschadens zu verpflichten. Der für die erlittene persönliche Kränkung der Klägerin zugesprochene Betrag sei angemessen. Dasselbe gilt für die zuerkannte Entschädigung für die Folgediskriminierung der Dienstfreistellung. Aus dem Dienstzeugnis und seiner Formulierung ergäbe sich keine Benachteiligungsabsicht. Damit sei ihrer Berufung nicht Folge zu geben.
[28] Zur Berufung des Beklagten führte das Berufungsgericht aus, dass die Äußerung des Beklagten über die Tanzpartner der Klägerin tatbestandsmäßig nach § 6 Abs 1 Z 1 GlBG sei. Dieses Verhalten habe auch ein ausreichendes Mindestmaß an Intensität. Eine Haftung sei grundsätzlich verschuldensunabhängig. Erfasst seien auch Belästigungshandlungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass die Kündigung aufgrund der Beschwerde der Klägerin über ein „Flirten“ erfolgt sei. Dies sei vom weit auszulegenden Benachteiligungsverbot des GlBG umfasst. Zu Recht habe das Erstgericht auch ein Recht auf Beschäftigung als Rechtsanwaltsanwärterin bejaht. Nach den Feststellungen sei es dem Beklagten auch nicht unzumutbar gewesen, die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin zu beschäftigen. Auch dieser Berufung sei daher nicht Folge zu geben.
[29] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil die Frage, ob einem Rechtsanwaltsanwärter gegenüber seinem Dienstgeber und Ausbildungsrechtsanwalt ein Anspruch auf Beschäftigung zukomme, in der Rechtsprechung noch nicht beantwortet worden sei.
[30] Gegen den klagsabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil im Sinn einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[31] Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Urteil dahingehend zu ändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird.
[32] Die Parteien beantragen jeweils das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.
[33] Die Revision der Klägerin ist – entgegen dem für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen. Die Revision des Beklagten ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Zur Revision der Klägerin:
Rechtliche Beurteilung
[34] 1. Die Frage, ob die der klagenden Partei nach § 12 Abs 12 GlBG obliegende Glaubhaftmachung eines Diskrimierungstatbestands, also die Bescheinigung der behaupteten Tatsachen gelungen ist oder nicht, stellt das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung, keine rechtliche Beurteilung dar (RIS-Justiz RS0040286). Das Ergebnis dieser Beurteilung ist als Tatfrage nicht revisibel (vgl RS0040286 [T3]). Erst dann, wenn der klagenden Partei die Glaubhaftmachung von Umständen gelungen ist, die den Diskriminierungstatbestand indizieren, wird die „Beweislast“ auf den Arbeitgeber verlagert (RS0111216 [T4]).
[35] Aus dieser Beweiserleichterung lässt sich entgegen der Revision nicht ableiten, dass, wenn beide Parteien als grundsätzlich glaubwürdig erachtet werden, ausschließlich Feststellungen zu treffen sind, die dem Vorbringen des sich auf eine Belästigung Berufenden entsprechen. Auch glaubwürdige Parteien und Zeugen können in ihrer Wahrnehmung irren oder aus unterschiedlichen Gründen und Motiven in einzelnen Punkten von der Wahrheit abweichen.
[36] Dass das Erstgericht daher die Aussage der Klägerin nicht zur Gänze seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat, sondern jeweils abgewogen hat, welchen Beweisergebnissen zu folgen ist, bedeutet nicht, dass es bzw das Berufungsgericht, das die Beweiswürdigung des Erstgerichts als überzeugend erachtete, das Beweismaß falsch beurteilt haben.
[37] 2. Wenn die Klägerin weiters davon ausgeht, dass das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung rechtlich unrichtig für die Annahme einer sexuellen Belästigung eine Demütigungsabsicht voraussetze, so werden von ihr in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Erstgerichts unvollständig zitiert. Auch wenn das Erstgericht anführte, dass sexuelle Belästigung typischerweise mit einer Demütigungsabsicht einhergeht, prüfte es in seiner Beweiswürdigung auch, ob der Beklagte aus allfälligen anderen Motiven die von der Klägerin behaupteten Verhaltensweisen gesetzt hat. Das Erstgericht hat daher seine Feststellungen nicht auf Grundlage unrichtiger rechtlicher Prämissen getroffen, sondern weil es aufgrund der Beweisergebnisse, insbesondere auch aufgrund des vom Beklagten gewonnenen Eindrucks von einem bestimmten Sachverhalt überzeugt war. Wenn es davon ausgehend den von der Klägerin dem Beklagten zur Last gelegten Sachverhalt nicht als bescheinigt angesehen hat, ist dies vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen.
[38] 3. Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann grundsätzlich im Revisionsverfahren nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hat, ist sein Verfahren mangelhaft (RS0043371). Eine knapp gehaltene Begründung, die noch erkennen lässt, dass eine Überprüfung stattgefunden hat, wird als ausreichend angesehen. Dabei ist das Berufungsgericht nicht verpflichtet, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis und mit jedem Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen. Vom Revisionsgericht ist nicht zu überprüfen, ob eine vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung richtig oder fehlerhaft ist. Zu untersuchen ist nur, ob bei der Stoffsammlung oder Erörterung eine Verfahrensvorschrift verletzt wurde (RS0043371 [T2, T4, T5, T7]).
[39] Davon ausgehend ist der in der Revision erhobene Vorwurf, dass das Berufungsgericht sich nicht oder nur scheinbar inhaltlich mit ihrer Beweisrüge auseinandergesetzt habe, nicht berechtigt. Richtig ist, dass das Berufungsgericht dabei sowohl auf die seiner Ansicht nach überzeugende Beweiswürdigung des Erstgerichts verwiesen hat als auch auf den persönlichen Eindruck, den das Erstgericht von den Parteien bei der Einvernahme gewonnen hat. Selbst die Klägerin betont, dass Belästigungen in der Regel nicht vor Dritten erfolgen, die Beweiswürdigung muss sich daher notwendigerweise oftmals auf die Aussagen der Beteiligten konzentrieren. Das Berufungsgericht hat aber auch zu den Einvernahmen der Zeugen, die, auch das ist richtig, nur einen allgemeinen Eindruck und keinen zu den konkreten Vorwürfen schildern konnten, sowie auch zu einzelnen vorliegenden Urkunden Stellung genommen. Soweit die Klägerin in ihren Ausführungen versucht, diese Beurteilung zu widerlegen oder als unrichtig darzustellen, laufen ihre Ausführungen tatsächlich auf eine inhaltliche Überprüfung der Beweiswürdigung hinaus, die aber, wie ausgeführt, nicht zulässig ist.
[40] Soweit die Klägerin eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes geltend macht, so ist es gerade die Aufgabe des Berufungsgerichts bei Behandlung der Beweisrüge, Beweisergebnisse auf ihre Stimmigkeit mit anderen Beweisergebnissen zu überprüfen, was, sofern es nicht zu einer Beweiswiederholung kommt, auf Grundlage des Akteninhalts erfolgt. Sofern das Berufungsgericht dabei nicht zu von den Feststellungen des Erstgerichts abweichenden Feststellungen gelangt, liegt darin keine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes.
[41] 4. Der Dienstgeber ist nur verpflichtet, ein „einfaches“ Dienstzeugnis über Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen. Es besteht kein Anspruch des Dienstnehmers auf ein „qualifiziertes“ Dienstzeugnis mit Werturteilen des Dienstgebers über Leistung und Führung im Dienst (vgl 9 ObA 164/08w mwN; RS0029978 [T3]).
[42] Die Klägerin bestreitet das nicht, sondern leitet den Anspruch auf Ausstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses im konkreten Fall aus einer vertraglichen Vereinbarung ab.
[43] Für den Abschluss einer Vereinbarung bedarf es übereinstimmender Willenserklärungen beider Vertragsteile. Die Erklärungen müssen ausreichend bestimmt sein und es muss ein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kommen. Ob sich die Parteien binden wollen, ist – ebenso wie der Inhalt einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung – nach allgemeinen Auslegungsregeln zu beurteilen (RS0038607 [T11], RS0013968). Für das Vorliegen ebenso wie für die Bedeutung einer Erklärung kommt es nicht primär auf den Willen des Erklärenden, sondern vielmehr auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und gewonnen hat (RS0113932 [T2]). Ob ein Vertrag zustande gekommen und im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).
[44] Im vorliegenden Fall ist schon fraglich, ob die Erklärungen der Parteien, auf die sich die Klägerin stützt, überhaupt auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet waren und nicht nur ein Ersuchen um eine Gefälligkeit („vielleicht könnten Sie sich ja für das Verfassen eines qualifizierten Dienstzeugnisses erwärmen“), dem zu entsprechen sich der Beklagte bereit erklärt hat.
[45] Unabhängig davon hält sich die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Antwort des Beklagten auch für einen objektiven Erklärungsempfänger keine Zusage eines qualifizierten Dienstzeugnisses beinhaltete, im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Diese Antwort nimmt nur Bezug darauf, im Zeugnis auch die Zeit, in der die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Beklagten tätig war, zu berücksichtigen. Dass der Beklagte nicht ausdrücklich ablehnte, ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen, lässt weder für sich allein noch im Zusammenhang mit der von ihm gewählten Formulierung auf einen Verpflichtungswillen im Hinblick auf den Inhalt des Zeugnisses schließen.
[46] Auch der Umstand, dass der Beklagte der Klägerin in der Folge nicht nur ein einfaches Dienstzeugnis übermittelte, lässt keinen Rückschluss auf einen natürlichen Konsens im Hinblick auf die Verpflichtung zu einem qualifizierten Zeugnis zu. Soweit die Revision aus der Übermittlung dieses Zeugnisses ein Vertragsanbot iSd § 863 ABGB ableiten möchte, so fehlt es diesbezüglich schon an den gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer schlüssigen Willenserklärung.
[47] 5. Gemäß § 6 Abs 1 Z 1 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, wenn eine Person vom Arbeitgeber sexuell belästigt wird. In einem solchen Fall hat die betroffene Person gegenüber dem Belästiger nach § 12 Abs 11 erster Satz GlBG Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens.
[48] Sexuelle Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Die Frage, ob ein Verhalten die Kriterien der sexuellen Belästigung nach diesen Bestimmungen erfüllt, ist einzelfallbezogen und begründet in der Regel außer bei krasser Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl 8 ObA 6/17s; 8 ObA 73/13p).
[49] Wenn im Zusammenhang mit französischen Übersetzungen der Klägerin ihre Französischkenntnisse gelobt werden, ist dies bei objektiver Betrachtung kein die sexuelle Sphäre berührendes Verhalten, selbst dann nicht, wenn die Klägerin subjektiv dem Wort „Französisch“ eine doppelte Bedeutung beimisst. Auch im Hinblick auf die Bemerkung „Sie müssen nicht vor mir knien“ könnte diese zwar, in anderem Zusammenhang, eine sexuelle Anspielung darstellen, auch diese ist jedoch im Kontext der Situation zu sehen. Die Klägerin hockte vor dem Beklagten, er forderte sie auf, sich einen Sessel zu nehmen.
[50] Wenn die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang auch werteten, dass diese Bemerkungen nicht als sexuelle Anspielung gemeint waren, so ist es zwar richtig, dass es auf die Absicht des Belästigers nicht ankommt, allerdings ergibt sich gerade bei zweideutig gemeinten Bemerkungen die sexuelle Konnotation oft nicht aus dem Wortlaut sondern aus dem Tonfall oder der Betonung. Insoweit kann es sehr wohl von Bedeutung sein, ob eine sexuelle Anspielung beabsichtigt war oder nicht.
[51] Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine zufällige Berührung des Gesäßes bei objektiver Betrachtung nicht geeignet ist, eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt zu schaffen, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass eine solche Berührung, auch wenn sie unbeabsichtigt erfolgt, unerwünscht und unangenehm sein kann, allerdings ist ein derartiger einmaliger Vorfall, selbst wenn er vom anderen bei größerer Sorgfalt hätte vermieden werden können, nicht notwendigerweise prägend für die Arbeitsumwelt.
[52] Hinsichtlich des Sitzens auf der Armlehne des Fauteuils hat das Berufungsgericht in einer Gesamtbetrachtung sowohl die konkrete Situation, kurzfristige Annäherung, um etwas in einem Buch nachzusehen, sowie das generell lockere Verhältnis zwischen den Parteien berücksichtigt. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass aufgrund des Hierarchiegefälles zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Umgangston in der Regel vom Arbeitgeber geprägt wird und aus einem defensiven Verhalten nicht auf mangelnde Erkennbarkeit der Unerwünschtheit oder gar auf Zustimmung geschlossen werden kann. Richtig ist auch, dass in der Entscheidung 9 ObA 38/17d klargestellt wurde, dass die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 GlBG ist (RS0131404). Davon sind auch die Vorinstanzen ausgegangen. Dessen ungeachtet kann bei der Prüfung eines konkreten Falls auch das Verhältnis zwischen den Parteien zu berücksichtigen sein, um beurteilen zu können, ob bei objektiver Betrachtungsweise von einer Belästigung auszugehen ist. Im konkreten Fall ist nach den Feststellungen das Verhältnis zwischen den Parteien auch vom selbstbewussten Auftreten der Klägerin und dem „wechselseitigen Spaß an pointierten Formulierungen“ geprägt gewesen. Wenn das Berufungsgericht daher hinsichtlich dieses Vorfalls, bei dem es zu einer als unangenehm empfundenen Annäherung, aber zu keiner Berührung gekommen ist und dem zwar keine Notwendigkeit, aber der objektive Zweck zugrunde lag, etwas in einem Buch nachzulesen, davon ausgegangen ist, dass noch keine sexuelle Belästigung vorlag, liegt darin keine grobe Fehlbeurteilung.
[53] Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang diverse Feststellungen zur allgemeinen Beziehung zwischen den Parteien vermisst, sind diese zum Teil irrelevant (beispielsweise: „Die Gesprächschemie war von Anfang an sehr gut. Der Beklagte war mit der Klägerin über die Maßen zufrieden.“), zum anderen Teil beziehen sie sich auf den allgemeinen Umgangston zwischen den Parteien, zu dem das Erstgericht ohnehin Feststellungen getroffen hat und stellen sich damit in Widerspruch zu diesen.
[54] Insgesamt ist daher die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die inkriminierten Bemerkungen nicht als sexuelle Belästigung anzusehen, nicht korrekturbedürftig.
[55] 6. Zu den Motiven für die Kündigung moniert die Klägerin, dass die Vorinstanzen von überschießenden Feststellungen ausgegangen sind. Dabei übergeht sie, dass der Beklagte vorgebracht hat, dass für ihn nach dem E-Mail vom 15. 1. 2018 klar war, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich ist und dass für ihn Grund für die Kündigung unter anderem der unpassende Ton und die unsachliche Kommunikation war.
[56] Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Wertungen der Vorinstanzen zu verschiedenen Beweisergebnissen beanstandet, handelt es sich wiederum um eine unzulässige Beweisrüge. Im Übrigen sind die Vorinstanzen ohnehin davon ausgegangen, dass die Kündigung jedenfalls auch aufgrund des Inhalts des E-Mails erfolgt ist, wofür ein ideeller Schadenersatz nach § 12 Abs 7 GlBG zuerkannt wurde. Dass dabei mäßigend berücksichtigt worden wäre, dass auch die Formulierung des E-Mails Grund für die Kündigung war, lässt sich der Entscheidung gerade nicht entnehmen.
[57] 7. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 9 ObA 87/15g darauf hingewiesen, dass die in der Literatur zum Teil vertretene generelle Begrenzung der Ersatzpflicht mit dem nächsten regulären Kündigungstermin nur bei vorzeitigen Beendigungen einen Ersatzanspruch bewirkt und das im Widerspruch zu den Intentionen von Art 18 der GleichbehandlungsRL 2006/54/EG und § 12 Abs 7 GlBG steht.
[58] Geht man aber von der Auffassung aus, dass der Schadenersatz dazu dient, den entstandenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen, setzt der Anspruch auch einen tatsächlich entstandenen Schaden voraus, der aber nach allgemeinen Grundsätzen von der Klägerin zu beweisen ist.
[59] Die Klägerin hat jedoch nicht nur keinen Schaden behauptet, sondern sich ausdrücklich darauf berufen, dass ein konkreter Schaden keine Anspruchsvoraussetzung ist. Dabei übersieht sie, dass sie keine Forderung nach § 29 AngG geltend macht, nach dem der Angestellte Anspruch auf Kündigungsentschädigung für die ersten drei Monate ohne Abzug eines allfälligen anderen Verdienstes geltend machen kann, sondern einen Anspruch nach § 12 Abs 7 GlBG. Da ihr daher für diese Periode schon mangels entsprechenden Vorbringens zu einem Vermögensschaden kein Ersatzanspruch zusteht, kommt es auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob ein „venire contra factum proprium“ vorliegt, nicht an. Ebenso wenig muss geprüft werden, ob der Umstand, dass die Klägerin zunächst das aufrechte Bestehen des Dienstverhältnisses geltend gemacht hat, eine Konsumation ihres Wahlrechts darstellt.
[60] 8. Die Bemessung des immateriellen Schadens bei einem Verstoß gegen das GlBG ist eine Ermessensentscheidung, der keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0130287 [T2]; RS0111431 [T1]; RS0108277 [T2]).
[61] 9. § 12 Abs 7 letzter Satz GlBG sieht eine Entschädigung für eine Kündigung wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen vor, wobei das Gesetz dafür keine Untergrenze normiert. Daher ist nach § 12 Abs 14 GlBG die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie Diskriminierungen verhindert werden. Davon ausgehend hält sich die Entscheidung der Vorinstanzen im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Wenn die Klägerin darauf verweist, dass der zuerkannte Betrag höher sein müsse, als der nach § 12 Abs 1 Z 2 bzw Abs 5 Z 2 GlBG vorgesehene Entschädigungsbetrag, so ist dies vorliegend ohnehin der Fall. Auch aus diesem Argument ist daher für sie nichts zu gewinnen.
[62] 10. Die von der Klägerin weiters relevierten vertragswidrigen Umstände während ihrer Tätigkeit für den Beklagten stehen in keinem Zusammenhang mit einer sexuellen Belästigung, aus diesen kann sie daher keinen immateriellen Schadenersatz nach dem GlBG ableiten.
[63] 11. Zu den Folgediskriminierungen wendet sich die Klägerin wiederum unzulässig gegen die Feststellungen des Erstgerichts. Auch zu dieser Frage ist das Berufungsgericht vertretbar davon ausgegangen, dass die Feststellungen nicht überschießend sind. Soweit die Klägerin daher sekundäre Feststellungsmängel geltend macht, stehen die von ihr geforderten „ergänzenden“ Feststellungen in Widerspruch zu den getroffenen, weshalb es sich auch dabei um eine unzulässige Tatsachenrüge handelt.
[64] Da nach den Feststellungen die Absage der Seminare durch den Beklagten und die Nichtbezahlung der aufgelaufenen Kosten aufgrund einer unrichtigen Rechtsansicht und nicht als Reaktion auf die Beschwerde der Klägerin erfolgten, steht aus diesem Grund kein immaterieller Schadenersatz wegen sexueller Diskriminierung zu.
[65] 12. Auch die Zuerkennung eines Entschädigungsbetrags dafür, dass die Dienstfreistellung aufgrund der Beschwerde der Klägerin erfolgte, liegt nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen des Ermessensspielraums. Dass der Beklagte wusste, dass diese Zeit dann der Klägerin nicht als Ausbildungszeit angerechnet wird, lässt noch nicht auf eine Schädigungsabsicht schließen, was sich schon daraus ergibt, dass der Beklagte grundsätzlich bereit war, der Klägerin ein wenn auch unrichtiges Dienstzeugnis über die gesamte Zeit auszustellen. Für einen höheren Schadenersatz lässt sich daher auch aus den von der Klägerin ergänzend gewünschten Feststellungen nichts ableiten.
[66] 13. Richtig ist, dass das Berufungsgericht offenbar irrtümlich in seiner rechtlichen Beurteilung ausführt, dass die Klägerin die Feststellung, der Beklagte wolle sich mit der verspäteten Übermittlung und der Formulierung des Dienstzeugnisses nicht an der Klägerin revanchieren, nicht bekämpft habe (S 67 des Berufungsurteils). Dabei hat es offenbar aber auch übersehen, dass es diese in der umfangreichen Berufung der Klägerin enthaltenen Beweisrüge inhaltlich ohnehin behandelt (S 50 f des Berufungsurteils) und die Feststellung gehalten hat. Von dieser ist daher auch im Revisionsverfahren auszugehen. Da danach auch die Übermittlung und Formulierung des Dienstzeugnisses nicht als Reaktion auf die Beschwerde der Klägerin erfolgte, ist die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass dafür kein Ersatzbetrag zusteht, nicht zu beanstanden.
[67] 14. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, weshalb die Revision zurückzuweisen war.
II. Zur Revision des Beklagten:
[68] 1. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht mit der Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren selbst sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge des Berufungswerbers nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben (RS0042963 [T58]).
[69] Soweit der Beklagte daher rügt, dass die Feststellungen des Erstgerichts zu seiner belästigenden Bemerkung überraschend erfolgt sei, man ihm nicht ermöglicht habe weitere Fragen zu stellen bzw wesentliche Zeugen nicht einvernommen worden seien, handelt es sich um behauptete Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens. Nicht richtig ist, dass das Berufungsgericht sich mit dieser Mängelrüge nicht auseinandergesetzt hat. Die inhaltliche Richtigkeit ist vom Revisionsgericht nicht zu überprüfen.
[70] 2. Wie bereits bei Behandlung der Revision der Klägerin ausgeführt, ist der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz. Feststellungen sind nicht revisibel. Soweit der Beklagte daher die Feststellungen des Erstgerichts in umfangreicher Auseinandersetzung mit Beweisergebnissen bezweifelt, handelt es sich tatsächlich um eine unzulässige Beweisrüge.
[71] 3. Der Beklagte macht als sekundären Feststellungsmangel geltend, dass das Erstgericht nicht festgestellt habe, um welche Zeit und an welchem Ort der Vorfall vom 23. 11. 2017 stattgefunden hat. Allerdings zeigt er nicht auf, inwieweit diese Feststellungen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung hätten haben sollen. Tatsächlich will der Beklagte aus Uhrzeit und Ort offenbar die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung der Vorinstanzen ableiten, es handelt sich daher auch dabei inhaltlich um eine Beweisrüge, die im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden kann, nicht um das Fehlen rechtlich relevanter Feststellungen.
[72] 4. Richtig wird in der Revision darauf hingewiesen, dass eine Voraussetzung für den Tatbestand der sexuellen Belästigung nach § 6 Abs 2 GlBG ist, dass das unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhalten eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
[73] Dass im Rahmen der beruflichen Zusammenarbeit in einem arbeitsrechtlichen Ober- und Unterordnungsverhältnis eindeutige oder offen zweideutige sexuelle Anspielungen geeignet sind, die Würde des anderen zu beeinträchtigen, ist nicht zu bezweifeln. Das gilt insbesondere, wenn der Belästigte, was auch für die Tätigkeit der Klägerin für den Beklagten vor Jänner 2018 gilt, in einer gewissen Abhängigkeit vom Belästiger steht. Davon ausgehend sind solche Bemerkungen auch objektiv geeignet, eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für den Betroffenen zu schaffen, ist er doch unangebracht sexuellen Anspielungen ausgesetzt. Richtig sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass das auch auf die Bemerkung des Beklagten gegenüber einer jüngeren, in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Mitarbeiterin zutrifft. Festgestellt wurde auch, dass die Klägerin in der Folge subjektiv den Eindruck hatte, dass der Beklagte an ihr als Frau interessiert sei, was ihr unangenehm war und sie auch ihr Verhalten darauf einstellte und sich ihm gegenüber reservierter verhielt als zuvor.
[74] Der Beklagte argumentiert damit, dass bei der Klägerin nicht davon auszugehen sei, dass sie die Arbeitsumwelt in der Kanzlei als belastend angesehen habe, weil sie ungeachtet dieser Bemerkung ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis mit ihm eingegangen sei und sogar nach der Kündigung einen Anspruch auf ein aufrechtes Dienstverhältnis geltend gemacht habe. Es schließen sich aber entgegen der Ansicht des Beklagten der Umstand, dass eine Situation in einem Arbeitsverhältnis als äußerst belastend empfunden wird und dass, aus welchen Gründen auch immer, dieses Arbeitsverhältnis angestrebt oder aufrecht erhalten wird, nicht aus. Insbesondere würde es auch der Intention des GlBG diametral entgegenlaufen, würde man einer sexuellen Belästigung die Tatbestandsmäßigkeit absprechen, nur weil der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aufgrund der belastenden Situation nicht beendet.
[75] Zu Recht sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass im gegebenen Zusammenhang die Bemerkung des Beklagten eine sexuelle Belästigung iSd § 6 GlBG darstellt.
[76] 5. Nach § 21b Abs 1 RAO hat der Rechtsanwalt für eine umfassende Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters entsprechend dem Berufsbild des Rechtsanwalts Sorge zu tragen und ihn dementsprechend hauptberuflich zu verwenden. Die Tätigkeit des Rechtsanwaltsanwärters ist wesensmäßig als Ausbildungszeit für jene gedacht, die den Beruf eines Rechtsanwalts tatsächlich anstreben (VfGH, B 293/05).
[77] Die Ausbildungsverpflichtung des Rechtsanwalts ist umfassend. Der Rechtsanwaltsanwärter ist in allen rechtlichen und praktischen Belangen der zukünftigen Berufsausübung auszubilden und weiters in die Standes- und Berufsregeln einzuführen. Der Rechtsanwalt ist dafür verantwortlich, dass eine entsprechende Beschäftigung und Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters stattfindet (Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 § 21b Rz 3).
[78] Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass mit dieser Ausbildungspflicht auch eine Beschäftigungspflicht einhergeht.
[79] Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung besteht nicht. Abgesehen von bestimmten gesetzlichen Tatbeständen (zB § 18 BAG; § 18 TAG) wurde nur in Ausnahmefällen und bei bestimmten Arbeitnehmern, bei denen das Brachliegen ihrer Fähigkeiten zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust und zur Minderung des Niveaus führt, ein solches, sich aus der Natur des abgeschlossenen Arbeitsvertrags ergebendes Recht auf Beschäftigung zuerkannt (Gefäßchirurg: 9 ObA 2263/96a; Neurochirurg: 8 ObA 202/02t; Profifußballer: 9 ObA 121/06v).
[80] Richtig ist, wenn der Beklagte darauf verweist, dass bei einer Dienstfreistellung eines Rechtsanwaltsanwärters von zwei bis drei Monaten nicht mit einem Qualitätsverlust oder einer Minderung des Niveaus im Sinn dieser Entscheidungen zu rechnen ist. Damit haben aber die Vorinstanzen auch nicht argumentiert.
[81] Schon nach dem Gesetzeswortlaut hat der Rechtsanwalt den Rechtsanwaltsanwärter „zu verwenden“. Die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt nach § 2 RAO ist nur anrechenbar, soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Diese Bestimmung soll sicherstellen, dass der Berufsanwärter tatsächlich die erforderliche Praxiszeit absolviert, um die für die Ausübung des Rechtsanwalts – unter Aufsicht des Ausbildungsanwalts – notwendige Erfahrung und praktische Tätigkeit im geforderten Ausmaß auch zu erlangen (Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 § 2 Rz 5). Das bedeutet auch, dass bei Nichtverwendung eine Anrechenbarkeit der Tätigkeit im Rahmen der in § 1 RAO normierten Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft nicht gegeben ist. Den Vorinstanzen ist daher zuzustimmen, dass vergleichbar mit der Beschäftigungspflicht bei Lehrlingen auch ein Rechtsanwaltsanwärter grundsätzlich ein Recht auf Beschäftigung hat (so schon Adler/Höller in Klang, ABGB2 V 247 mwN).
[82] Allerdings ist weiters zu prüfen, ob den schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers an der Beschäftigung gewichtige Gründe entgegenstehen, die dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers objektiv unzumutbar machen (8 ObA 12/21d mwN).
[83] Im konkreten Fall hat sich der Beklagte mit der Dienstfreistellung der Klägerin implizit geweigert seiner Verpflichtung zur Ausbildung nachzukommen und ist aufgrund der Dauer der Dienstfreistellung für einen Zeitraum von über zwei Monaten von einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der auszubildenden Klägerin auszugehen. Wenn der Beklagte demgegenüber auf berechtigte Interessen an der Dienstfreistellung verweist, kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar ist grundsätzlich richtig, dass sowohl die Sorge vor einem geschäftsschädigenden Verhalten eines Gekündigten, als auch eine mögliche Beeinträchtigung der Interessen von Klienten oder ein nachhaltiges Stören des Kanzleiklimas solche Gründe darstellen könnten. Dass im vorliegenden Fall aber Grund für die Annahme eines solchen Verhaltens der Klägerin bestand, ergibt sich aus den Feststellungen nicht ausreichend konkret. Auch dass die Klägerin, aufgrund der von ihr als nicht vertragskonform empfundenen Arbeitssituation das Gespräch über eine höhere Bezahlung suchte, stellt einen solchen Grund nicht dar.
[84] Der Beklagte macht weiters geltend, dass aufgrund des E-Mails der Klägerin, das f