TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/19 LVwG-2021/37/1919-19

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Veröffentlicht am 19.02.2022
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Entscheidungsdatum

19.02.2022

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §1
AWG 2002 §2
AWG 2002 §15
AWG 2002 §79
VStG §5
VStG §19
VStG §20
VStG §45
VwGVG 2014 §47
VwGVG 2014 §50
VwGVG 2014 §52

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X (= belangte Behörde) vom 01.06.2021, Zl ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.  Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis betreffend den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe es zu verantworten, dass zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber vor dem 15.10.2018, auf dem Gst Nr **1, KG Z, ein Personenkraftwagen der Marke CC mit der Fahrgestellnummer *** (ehemaliges Wechselkennzeichen: **-*****) und ein Personenkraftwagen der Marke DD, Fahrgestellnummer ***, die gefährlichen Abfall darstellen würden, abgelagert worden seien, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen abfallrechtlichen Bewilligung zu sein, obwohl gemäß § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen, und oben genanntes Grundstück keinesfalls eine derartige Anlage darstelle, aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.  Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

2.1.    dass es der Beschwerdeführer zu verantworten hat,

a)    dass jedenfalls seit dem 04.07.2020 auf dem Gst Nr **2, aber auch auf dem Gst Nr **1, beide GB *** Z, ein PKW der Marke EE, weiß, Fahrgestellnummer ***, ehemaliges Wechselkennzeichen: **-*****, welches einen gefährlichen Abfall darstellt, sowie

b)    dass seit einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber vor dem 15.10.2018 auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, verschiedene Gegenstände, wie Eisenteile, Altholz, Autoreifen, Schubkarren etc, die nicht gefährlichen Abfall („Sperrmüll“) darstellen,

gelagert wird/werden, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen abfallrechtlichen Bewilligung zu sein, obwohl gemäß § 15 Abs 3 AWG 2002 Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen und obgenannte Grundstücke keinesfalls eine derartige Anlage darstellen;

2.2.    dass es im angefochtenen Straferkenntnis

         bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Taten verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG):

„§ 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 71/2019 in Verbindung mit (iVm) § 79 Abs 1 Z 1 [zu lit a] und Abs 2 Z 3 [zu lit b] AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 71/2019

und bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG):

zu a) „§ 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 71/2019“ und

zu b) „§ 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 71/2019

zu lauten hat.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1.       Verfahrensgang bei der belangten Behörde:

Mit Straferkenntnis vom 01.06.2021, Zl ***, hat die Bezirkshaupt-mannschaft X AA, Adresse 1, **** Z, zur Last gelegt, es zu verantworten, dass zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber vor dem 15.10.2018, auf dem Gst Nr **1, KG Z, drei Altfahrzeuge ? ein PKW der Marke EE und ein PKW der Marke CC, mit dem Wechselkennzeichen **-***** und den Fahrgestellnummern *** und *** und ein PKW der Marke DD, Fahrgestellnummer ***, welche gefährlichen Abfall darstellen würden, sowie Sperrmüll in Form von Eisenteilen, Schubkarren, Kühlschrank etc, welcher nicht gefährlichen Abfall darstelle, abgelagert worden seien, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen abfallrechtlichen Bewilligung zu sein, obwohl gemäß § 15 Abs 3 AWG 2002 Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen und obgenanntes Grundstück keinesfalls eine derartige Anlage darstelle. Dadurch habe der Beschuldigte § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 in der geltenden Fassung (idgF), verletzt, weswegen über ihn gemäß § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von Euro 850,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 17 Stunden) verhängt wurde.

Gegen dieses Straferkenntnis hat AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, Beschwerde erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; hilfsweise wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft X zurückzuverweisen, allenfalls die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Mit Schriftsatz vom 12.07.2021, Zahl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft X den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 01.06.2021 dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

2.       Verfahrensgang beim Landesverwaltungsgericht Tirol:

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat die Bezirkshauptmannschaft X mit Schriftsatz vom 24.08.2021, Zl ***, mitgeteilt, dass sich die im angefochtenen Straferkenntnis erwähnten Ablagerungen auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, befinden würden. Ergänzend dazu hat sich die Bezirkshauptmannschaft X mit Schriftsatz vom 24.08.2021 zu einer allfälligen Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers sowie zu einer allfälligen Gewerbeberechtigung des FF geäußert. Der Landeshauptmann von Tirol hat mit Schriftsatz vom 02.09.2021, Zl ***, mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer über keine Erlaubnis zum Sammeln und/oder Behandeln von gefährlichen/nicht gefährlichen Abfällen verfügt.

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat der kraftfahrtechnische Amtssachverständige GG unter Berücksichtigung der Mitteilung des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen JJ vom 05.10.2021 mit Schriftsatz vom 03.11.2021, Zl ***, Befund und Gutachten erstattet.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat über die Bezirkshauptmannschaft X Erhebungen zu verschiedenen, auf den Beschwerdeführer zugelassenen Fahrzeuge eingeholt. Die entsprechenden Mitteilungen erstattete die Bezirkshauptmannschaft X mit den Schriftsätzen vom 16.12.2021. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht sich in den Schriftsätzen vom 13.09.2021 und vom 30.11.2021 ergänzend – insbesondere zu den weiteren Ermittlungsergebnissen – geäußert.

Am 13.01.2022 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Beschwerdeführer hat dabei im Wesentlichen auf das bisherige schriftliche Vorbringen, insbesondere in der Beschwerde vom 29.06.2021 sowie in den Stellungnahmen vom 13.09.2021 und 30.11.2021 verwiesen.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei, durch die Einvernahme der Zeugin Oberkontrolleurin KK, durch die Einvernahme des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen GG sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des behördlichen Aktes und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.

Weitere Beweise wurden nicht aufgenommen. Den Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines abfalltechnischen Gutachtens zur Beurteilung der auf dem verfahrensgegenständlichen Areal befindlichen, im angefochtenen Straferkenntnis als „Sperrmüll“ bezeichneten Gegenstände, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol mit verfahrensleitendem Beschluss als unerheblich zurückgewiesen.

II.      Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass es sich bei den im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Fahrzeugen der Marke EE und der Marke CC mit dem Wechselkennzeichen **-***** und beim weiteren Personenkraftwagen der Marke DD nicht um gefährlichen Abfall handeln würde. Weder der subjektive noch der objektive Abfallbegriff seien erfüllt. Der Beschwerdeführer habe sich dieser Fahrzeuge nicht entledigen wollen, noch sei die Behandlung dieser Fahrzeuge als Abfall erforderlich. Das Wechselkennzeichen mache deutlich, dass die entsprechenden Fahrzeuge mit einem gültigen „Pickerl“ ausgestattet gewesen seien. Ebenso wenig handle es ich bei dem Personenkraftwagen der Marke EE um ein Altfahrzeug. Dieses gebrauchsfähige Fahrzeug habe er [= der Beschwerdeführer] für Transporte immer wieder in Betrieb gehabt.

Zu den sonstigen von der Bezirkshauptmannschaft als Abfall qualifizierten Gegenständen hält der Beschwerdeführer fest, er sei im Handel mit Altwaren tätig. Bei dem auf Gst Nr **2, GB *** Z, abgelagerten Gegenständen handle es sich somit nicht um Sperrmüll, sondern um Altwaren, die zur weiteren Verwendung bestimmt seien. Er [= der Beschwerdeführer] arbeite mit FF zusammen, der einen Handel mit Altwaren an der Adresse Adresse 2, **** W, betreibe. Die belangte Behörde habe es unterlassen festzustellen, welche der von ihr wahrgenommenen Utensilien im Eigentum des Beschwerdeführers stünden und welche im Eigentum des FF. Darüber hinaus leide der angefochtene Bescheid an Nichtigkeit. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beziehe sich nämlich auf das Gst Nr **1, GB *** Z, in der Begründung werde aber davon ausgegangen, dass er [= der Beschwerdeführer] das Gst Nr **2, GB *** Z, zur Ablagerung von Abfall benutze.

III.     Sachverhalt:

1.       Allgemeine Feststellungen:

Der am **.**.**** geborene Beschwerdeführer ist an der Adresse 1, **** Z, wohnhaft. Er verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 1.425,00. Er ist gegenüber seiner Ehefrau sorgepflichtig.

Im Vorstrafenregister scheinen drei Vorstrafen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) und eine Vorstrafe nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) auf.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Gewerbeberechtigung zum Handel mit Altwaren und keine Erlaubnis zum Sammeln und/oder Behandeln von gefährlichen/nicht gefährlichen Abfällen. FF, der Stiefsohn des Beschuldigten, war über den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 07.10.2019 zur Ausübung des Handelsgewerbes (mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe) berechtigt. Derzeit verfügt FF über keine Gewerbeberechtigung.

2.1.     Zum „Abstellplatz“:

Der Beschwerdeführer nutzt das Gst Nr **2, GB *** Z, zum Abstellen von Fahrzeugen und verschiedener anderer Gegenstände im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer LL. Wegen der Nutzung des an das Gst Nr **2, GB *** Z, angrenzenden Gst Nr **1 (= MM; öffentliches Wassergut), GB *** Z, gab es zwischen dem Beschwerdeführer und einem Mitarbeiter des Baubezirksamtes X Rücksprachen.

Das Areal, auf dem der Beschwerdeführer Fahrzeuge und sonstige Gegenstände lagert, ist abgezäunt, sodass zum „Lagerplatz“ ein Zutritt durch Dritte nicht möglich ist. An der Grenze zwischen den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, besteht keine gesonderte Abgrenzung.

2.2.     Feststellungen zu verschiedenen Fahrzeugen:

Das Fahrzeug der Marke DD, Fahrgestellnummer ***, Erstzulassung 07.07.1999, hat der Beschwerdeführer am 14.09.2016 auf sich angemeldet. Die Abmeldung erfolgte am 07.03.2018. Das zu diesem Fahrzeug zuletzt erstattete § 57a KFG-Gutachten stammt vom 07.07.2015. Darin werden leichte Mängel nachgewiesen. Das Gutachten ist mit November 2016 abgelaufen. Das zu diesem Fahrzeug am 19.12.2018 anhängige Gerichtsverfahren endete zugunsten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat dieses Fahrzeug in der Zwischenzeit verkauft. Wann genau dieser Verkauf stattgefunden hat, lässt sich nicht feststellen. Jedenfalls befindet sich dieses Fahrzeug nicht mehr auf dem abgegrenzten Areal der Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z.

Den Personenkraftwagen der Marke NN, Farbe orange, Erstzulassung 09.05.2000, Fahrgestellnummer ***, ehemaliges Wechselkennzeichen: **-*****, hat der Beschwerdeführer am 07.03.2018 angemeldet. Die Abmeldung dieses Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer erfolgte am 12.09.2019. Das zuletzt zu diesem Fahrzeug erstattete § 57a KFG-Gutachten stammt vom 17.04.2018. Darin werden leichte Mängel festgestellt. Dieses Gutachten ist mit September 2019 abgelaufen. Auch dieses Fahrzeug hat der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit verkauft und befindet sich nicht mehr auf dem abgegrenzten Areal auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z. Wann der Verkauf stattgefunden hat, lässt sich nicht mehr feststellen.

Das Fahrzeug der Marke CC, Typ ***, Handelsbezeichnung ***, Fahrgestellnummer ***, Erstzulassung 19.09.1990, ehemaliges Wechselkennzeichen: **-*****, hat der Beschwerdeführer am 16.02.2017 angemeldet und am 28.08.2020 abgemeldet. Das letzte § 57a KFG-Gutachten stammt vom 04.09.2018. Laut diesem Gutachten wies das angeführte Fahrzeug schwere Mängel auf und war nicht verkehrs- und betriebssicher, eine Reparatur wurde aber nicht durchgeführt. Auch dieses Fahrzeug hat der Beschwerdeführer verkauft und befindet sich somit nicht mehr auf dem abgegrenzten Areal der Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z. Wann der Verkauf stattgefunden hat, lässt sich nicht mehr feststellen.

Am 20.04.2021 – an diesem Tag hat die zuständige Sachbearbeiterin der Bezirkshaupt-mannschaft X einen Lokalaugenschein durchgeführt – war innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, ein Personenkraftwagen der Marke OO abgestellt. Dieses Fahrzeug hat der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit verkauft und befindet sich folglich nicht mehr auf dem eben angeführten Areal. Wann dieser Verkauf stattgefunden hat, lässt sich nicht feststellen.

Am Tag 20.04.2021 war außerhalb des abgegrenzten Areals ein EE, Farbe Blau, abgestellt. Dieses Fahrzeug hat der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit ebenfalls verkauft.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Fahrzeuges der Marke EE, Handelsbezeichnung ***, Fahrgestellnummer ***, ehemaliges Wechselkennzeichen: **-*****. Dieses, bis zum 18.02.2015 auf PP zugelassene Fahrzeug hat der Beschwerdeführer am 26.02.2015 angemeldet. Die Abmeldung erfolgte am 03.07.2020, da der Beschwerdeführer damals das Fahrzeug verkaufen wollte, allerdings kam der Verkauf nicht zustande. Der Beschwerdeführer behielt das Fahrzeug, um es in weiterer Folge selbst zu reparieren. Die letzte Überprüfung gemäß § 57a KFG 1967 war bis Juli 2015 gültig.

Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen zum Wohnmobil ausgebauten Kastenwagen. Der Innenausbau des Fahrzeuges wurde insbesondere im Heckbereich weitgehend entfernt. Küchenblock und Sitzgruppe im vorderen Bereich sind im Originalzustand erhalten.

Der Motorraum des Fahrzeuges ist sauber, der Motorblock im vorderen unteren Bereich leicht ölfeucht. Es befinden sich sämtlich Betriebsflüssigkeiten im Fahrzeug. Ein Flüssigkeitsverlust ist nicht feststellbar.

Tragende Teile des Fahrzeuges sind oberflächlich angerostet. Die Festigkeit der betreffenden Bauteile wird dadurch nicht vermindert.

Die Bodengruppe des Aufbaues ist an der Oberfläche angerostet, weist jedoch keine offensichtlichen Durchrostungen auf. An den Außenblechen des Aufbaus sind zahlreiche Durchrostungen sichtbar, die den Einsatz von Reparaturblechen erforderlich machen. Das Fahrzeug ist nicht verkehrs- und betriebssicher.

Für dieses Fahrzeug besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in die Liste historischer Fahrzeuge eingetragen zu werden. Für eine solche Eintragung sind insbesondere im Hinblick auf die Durchrostungen der Außenbleche des Aufbaues Reparaturen durchzuführen. Der Reparaturaufwand wird den momentanen Zeitwert überschreiten. Derzeit verfügt der Beschwerdeführer nicht über die finanziellen Mittel, eine derartige Reparatur durchzuführen, allenfalls ist der Beschwerdeführer im April 2022 in der Lage, die erforderlichen Reparaturarbeiten vornehmen zu lassen. Für eine Eintragung in die Liste der historischen Fahrzeuge ist zudem im Heckbereich wiederum eine Innenrichtung einzubauen.

Dieses Fahrzeug hat der Beschwerdeführer vorwiegend im abgegrenzten Areal auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, abgestellt.

2.3.     Zu den sonstigen Gegenständen:

Innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, hat der Beschwerdeführer verschiedene Gegenstände, wie Go-Kart, einen Kinderwagen, Rasenmäher, Autoreifen, Holzteile, Eisenteile etc, gelagert. Die Lagerung erfolgt in ungeordneter Weise, die Gegenstände sind nicht gegen Witterungseinflüsse geschützt.

IV.      Beweiswürdigung:

Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat sich der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußert. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat zur Person des Beschwerdeführers einen Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister eingeholt.

Zu allfälligen Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers sowie des FF hat sich die Bezirkshauptmannschaft X im Schriftsatz vom 24.08.2021 geäußert. Der Landeshauptmann von Tirol als zuständige Abfallbehörde hat mit Schriftsatz vom 02.09.2021, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer über keine Erlaubnis zum Sammeln und/oder Behandeln von gefährlichen/nicht gefährlichen Abfällen verfügt. Der Beschwerdeführer selbst hat eingeräumt, über keine Gewerbeberechtigung zum Handel mit Altwaren zu verfügen. Laut seinen Aussagen hat er vormals seinem Stiefsohn FF bei dessen Gewerbeausübung beraten.

Die angeführten Beweismittel bilden die Grundlage für die Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

Die in Kapitel 2.1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Darlegungen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme am 13.01.2022. Die Zulassungsdaten zu den Fahrzeugen der Marke DD, NN und CC, Typ ***, ergeben sich aus der entsprechenden Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.12.2021. Die zu den genannten Fahrzeugen zuletzt ergangenen § 57a KFG-Gutachten hat der kraftfahrtechnische Amtssachverständige JJ in seiner Mitteilung vom 05.10.2021 angeführt.

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Einvernahme am 13.01.2022 festgehalten, dass diese Fahrzeuge vormals innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, abgestellt waren, er diese Fahrzeuge aber nunmehr verkauft habe. Laut seinen Aussagen waren Ausländer Käufer dieser Fahrzeuge, schriftliche Kaufverträge seien nicht erstellt worden. Wann genau die Verkäufe stattgefunden haben, ließ sich folglich nicht mehr ermitteln. Der kraftfahrtechnische Amtssachverständige GG bestätigte im Rahmen seiner Einvernahme, dass anlässlich des von ihm durchgeführten Lokalaugenscheines am 02.11.2021 außer dem von ihm begutachteten EE (Kleinbus) sonst keine Fahrzeuge innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, abgestellt waren.

Über Vorhalt der dem von der Bezirkshauptmannschaft X am 22.04.2021 angefertigten Aktenvermerk beigefügten Lichtbilder hat der Beschwerdeführer bestätigt, dass zum damaligen Zeitpunkt das Fahrzeug der Marke OO innerhalb des beschriebenen Areals abgestellt gewesen sei, auch dieses Fahrzeug sei in der Zwischenzeit verkauft worden. Laut Aussage des Beschwerdeführers sei auch der am 20.04.2021 außerhalb des abgegrenzten Areals abgestellte EE, Farbe blau, verkauft worden.

Der Beschwerdeführer ist unbestrittenermaßen derzeit im Besitz des Fahrzeuges der Marke EE, Handelsbezeichnung ***. Dies hat der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Einvernahme am 13.01.2022 eingeräumt.

Zum Zustand dieses Fahrzeuges hat sich der kraftfahrtechnische Amtssachverständige GG in seinem Gutachten vom 03.11.2021, Zl ***, geäußert und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.01.2022 sein Gutachten ergänzt. Insbesondere hat er umfangreich erläutert, ob und bei Erfüllung welcher Voraussetzungen allenfalls eine Eintragung des Fahrzeuges in die Liste historischer Fahrzeuge zulässig wäre. Er hat ausdrücklich bestätigt, dass die dafür erforderlichen Reparaturarbeiten durchgeführt werden können, die dafür anfallenden Kosten allerdings den momentanen Zeitwert übersteigen würden.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol stützt die Feststellungen in Kapitel 2.2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses zum Fahrzeug der Marke EE, Handelsbezeichnung ***, weitgehend auf die Darlegungen des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen GG. Grundlage für die sonstigen Feststellungen in Kapitel 2.2. der Sachverhaltsdarstellung sind die Aussagen des Beschwerdeführers sowie die Auskunft der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.12.2021. Zudem hat das Landesverwaltungsgericht Tirol auch die Mitteilung des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen JJ vom 05.10.2021 berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer hat eingeräumt, dass die sonstigen, innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, gelagerten Gegenstände von ihm stammen würden. Die Gegenstände sind auf zahlreichen, von der Zollstelle X angefertigten Lichtbildern sowie auf den anlässlich des Lokalaugenscheines durch die Bezirkshauptmannschaft X am 20.04.2021 gemachten Fotos zu sehen. Diese, zu verschiedenen Zeitpunkten – zuletzt am 10.01.2022 – aufgenommenen Fotos zeigen, dass die Gegenstände weitgehend ohne Abdeckung innerhalb des beschriebenen, abgegrenzten Areals abgestellt sind. Auf diesen Umstand hat auch die Zeugin Oberkontrolleurin KK anlässlich ihrer Einvernahme hingewiesen.

Auf diese Ermittlungsergebnisse stützt das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen des Kapitels 2.3. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

Der Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines abfalltechnischen Gutachtens zur Beurteilung der im angefochten Straferkenntis als „Sperrmüll“ bezeichneten Gegenstände war als unerheblich zurückzuweisen, da deren rechtliche Qualifikation nicht durch einen Amtssachverständigen vorzunehmen ist.

V.       Rechtslage:

1.       Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Die wesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in den Fassungen BGBl I Nr 71/2019 (§ 79) und BGBl I Nr 200/2021 (§§ 1, 2 und 15) lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Ziele und Grundsätze

§ 1.

[…]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.  die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.  Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.  die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.  die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.  Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.  Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.  das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.  die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.  Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

[…]“

„Begriffsbestimmungen

§ 2.

(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.  deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.  deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) nicht zu beeinträchtigen.

[…]

(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

[…]

2.   „Siedlungsabfälle“

a)   gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;

b)   gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind.

Siedlungsabfälle umfassen keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und keine Bau- und Abbruchabfälle. Gemischte Siedlungsabfälle gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.

3.   „gefährliche Abfälle“ jene Abfälle, die gemäß einer Verordnung nach § 4 als gefährlich festgelegt sind.

[…]

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.  ist ‚Abfallbesitzer‘

a) der Abfallerzeuger oder

b) jede Person, welche die Abfälle innehat

2.  ist ‚Abfallerzeuger‘

a) jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder

b)  jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Abfallbehandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;

[…]“

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

§ 15. […]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.  hiefür genehmigten Anlagen oder

2.  für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]“

„Strafhöhe

§ 79.

(1) Wer

1.  gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,

[…]

begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von € 850,00 bis € 41.200,00 zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von € 4.200,00 bedroht.

(2) Wer

[…]

3.  nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3, 4 oder 4b sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,

[…]

begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8.400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2.100 € bedroht;

[…]

2.       Abfallnachweisverordnung:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über ein Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnisverordnung 2020), BGBl II Nr 409/2020, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Geltungsbereich

§ 2. Diese Verordnung gilt für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002.“

„Gefährliche Abfälle

§ 4. (1) Als gefährliche Abfälle gelten jene Abfallarten, die im Abfallsverzeichnis gemäß Anhang 1 mit einem „g“ (gefährlich), sowie jene, die mit einem „gn“ (gefährlich, nicht ausstufbar) versehen sind.

[…]“

In Anhang 1 werden unter der Schlüsselnummer (SN) 35203 „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und –teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)“ angeführt. Diese Abfallart ist mit einem „gn“ versehen.

3.       Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 2 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG), LGBl Nr 3/2008 in der Fassung (idF) LGBl Nr 28/2011, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Sperrmüll ist jener Siedlungsabfall, der wegen seiner Größe oder Form nicht in die für die Sammlung des Siedlungsabfalls auf den einzelnen Grundstücken bestimmten Müllbehälter eingebracht werden kann.

[…]“

4.       Kraftfahrgesetz 1967:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 33 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl Nr 267/1967 idF BGBl I Nr 19/2019, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„§ 33.

Änderungen an einzelnen Fahrzeugen

[…]

(3a) Auf Antrag hat der Landeshauptmann ein bereits genehmigtes Fahrzeug auch ohne Änderungen am Fahrzeug als historisches Fahrzeug zu genehmigen, sofern die Voraussetzungen für ein historisches Fahrzeug erfüllt sind. Eine solche Genehmigung ist im Wege der Datenfernübertragung in die Genehmigungsdatenbank einzugeben.

[…]“

5.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, in den Fassungen BGBl Nr 52/1991 (§ 20), BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19 und 45) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 5), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.“

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

[…]“

„Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.   der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.   die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.   die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

6.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018, lauten samt Überschriften auszugweise wie folgt:

„Schluss der Verhandlung

§ 47. (1) Das Verfahren ist möglichst in einer Verhandlung abzuschließen. Wenn sich die Vernehmung des der Verhandlung fern gebliebenen Beschuldigten oder die Aufnahme weiterer Beweise als notwendig erweist, dann ist die Verhandlung zu vertagen.

[…]

(4) Hierauf ist die Verhandlung zu schließen. Im Verfahren vor dem Senat zieht sich dieser zur Beratung und Abstimmung zurück. Der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung sind nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden.“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

„Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

[…]“

(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.“

VI.      Erwägungen:

1.         Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem zum damaligen Zeitpunkt im verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren nicht vertretenen Beschwerdeführer am 04.06.2021 zugestellt. Die Beschwerde des nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers ist am 29.06.2021 und daher innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft X eingelangt. Der Beschwerdeführer hat somit sein Rechtsmittel rechtzeitig erhoben.

2.       In der Sache:

2.1.    Zum Abfallbegriff:

Gemäß § 2 Abs 1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (Z 1) oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist (Z 2), um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen. Abfall liegt somit vor, wenn entweder der objektive Abfallbegriff (§ 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002) oder der subjektive Abfallbegriff (§ 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002) erfüllt ist. Der subjektive Abfallbegriff ist dann erfüllt, wenn jemand eine Sache loswerden will und somit insoweit eine Entledigungsabsicht besteht (vgl VwGH 16.03.2016, Ra 2016/05/0012).

Zu den Fahrzeugen:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses waren die Fahrzeuge der Marke QQ (NN) und der Marke DD, Handelsbezeichnung ***, nicht mehr im Besitz des Beschwerdeführers und folglich auch nicht mehr innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, abgestellt. Laut den § 57a KFG-Gutachten aus den Jahren 2015 (DD) und 2018 (QQ) wiesen diese Fahrzeuge lediglich leichte Mängel auf, sie waren jedenfalls noch verkehrs- und betriebssicher. Mangels weiterer Untersuchungen fehlen somit Anhaltspunkte, um diese beiden Fahrzeuge als Abfall im objektiven Sinn zu qualifizieren. Im Hinblick auf den – nicht widerlegbaren – Verkauf dieser beiden Fahrzeuge lässt sich auch eine Entledigungsabsicht in dem eben beschriebenen Sinn nicht begründen. Folglich lassen sich die beiden, vormals innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, abgestellten Fahrzeuge nicht als Abfall qualifizieren.

Das Fahrzeug der Marke CC ***, Handelsbezeichnung ***, wies laut dem (zuletzt) erstellten § 57a KFG-Gutachten am 04.09.20218 schwere Mängel auf und war nicht mehr verkehrs- und betriebssicher. Eine Reparatur dieses Fahrzeuges erfolgte nicht. Allerdings war auch dieses Fahrzeug zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses nicht mehr im Besitz des Beschwerdeführers und folglich innerhalb des beschriebenen Areals nicht mehr abgestellt. Mangels weiterer Untersuchungen fehlen somit hinreichend bestimmte Anhaltspunkte, um dieses Fahrzeug als Abfall im objektiven Sinn zu qualifizieren. Im Hinblick auf den – nicht widerlegbaren – Verkauf dieses Fahrzeuges ist auch nicht der subjektive Abfallbegriff im beschriebenen Sinn erfüllt.

Das Fahrzeug der Marke EE, Fahrgestellnummer ***, ist nach wie vor im Besitz des Beschwerdeführers, auch wenn er dieses Fahrzeug am 03.07.2020 abgemeldet hat. Das Fahrzeug ist nicht verkehrs- und betriebssicher und beinhaltet alle Betriebsflüssigkeiten. Im Heckbereich wurde der Innenausbau des Fahrzeuges weitgehend entfernt. Eine Genehmigung dieses Personenkraftwagens als historisches Fahrzeug gemäß § 33 Abs 3a KFG 1967 ist zwar grundsätzlich möglich, allerdings sind – vor allem im Hinblick auf die Durchrostungen an den Außenblechen des Aufbaues – Reparaturarbeiten notwendig, deren Kosten den momentanen Zeitwert überschreiten. Bereits zum Zeitpunkt der Abmeldung durch den Beschwerdeführer am 04.07.2020 waren zur Herstellung der Fahrtüchtigkeit Reparaturen notwendig. Folglich ist bei diesem Fahrzeug jedenfalls seit dessen Abmeldung der objektive Abfallbegriff gemäß § 2 Abs 2 Z 2 iVm § 1 Abs 3 Z 2 AWG 2002 erfüllt. Ausgehend von § 2 Abs 4 Z 3 AWG 2002 iVm der Abfallnachweisverordnung 2020 – vergleiche § 4 und Anhang 1 der Abfallverzeichnisverordnung 2020 – ist dieses Altfahrzeug als gefährlicher Abfall zu qualifizieren.

Die weiteren Fahrzeuge der Marke OO und der Marke EE, Farbe blau, werden vom angefochtenen Straferkenntnis nicht erfasst. Eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Fahrzeugen erübrigt sich daher. Zum Fahrzeug der Marke OO ist allerdings der bereits rechtskräftige Entfernungsauftrag vom 15.10.2019, Zl ***, ergangen.

Zu den sonstigen Gegenständen:

Die sonstigen im angefochtenen Straferkenntnis beschriebenen Gegenstände sind innerhalb des abgegrenzten Areals auf den Gste Nrn **2 und **1, beide GB *** Z, ungeordnet und gegenüber Witterungseinflüssen ungeschützt gelagert und weisen jedenfalls teilweise einen äußerst schlechten Zustand auf. Einzelne dieser Gegenstände sind schon über einen längeren Zeitraum gelagert. Der Beschwerdeführer verfügte zu keinem Zeitpunkt über die Gewerbeberechtigung zum Handel mit Altwaren. Die entsprechende Berechtigung des FF ist seit 08.10.2019 abgelaufen. Dieser sonstigen Gegenstände haben sich somit andere Personen entledigt, der Beschwerdeführer hat diese übernommen und innerhalb des beschriebenen abgegrenzten Areals abgestellt. Bei den beschriebenen Gegenständen ist somit der subjektive Abfallbegriff gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 erfüllt. Diese Abfälle sind der Abfallart „Siedlungsabfälle“ im Sinne des § 2 Abs 4 Z 2 AWG 2002 zuzuordnen. Unter Berücksichtigung ihrer Größe und Form zählen sie zum „Sperrmüll“ im Sinne des § 2 Abs 1 TAWG. Zu diesen als „Sperrmüll“ zu qualifizierenden Gegenständen ist der rechtskräftige Entfernungsauftrag vom 15.10.2019 ergangen. An die in diesem Bescheid vorgenommene – korrekte – rechtliche Qualifikation der Gegenstände – sie entsprechen im Wesentlichen den sonstigen im angefochtenen Straferkenntnis genannten Gegenstände – als Abfall ist das Landesverwaltungsgericht Tirol gebunden.

2.2.    Zum Begriff des Abfallbesitzers:

Gemäß § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 ist Abfallbesitzer jede Person, die die Abfälle innehat. Es reicht somit bereits die Innehabung der Abfälle aus, wobei der Begriff „Abfallbesitzer“ weit auszulegen ist. Auf einen „Besitzwillen“ (des Inhabers) kommt es somit nicht an.

Gemäß § 309 erster Satz Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) heißt, wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, ihr Inhaber. Innehabung ist nicht bloß räumlich/körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Vorausgesetzt ist somit nur, dass sich eine Sache in der Herrschaft einer Person befindet, wobei für die Gewahrsame die Nähe zur Sache und die Möglichkeit der Einflussnahme darauf erforderlich sind (vgl VwGH 24.04.2018, Ra 2016/05/0100, mit Hinweisen auf die Judikatur und Literatur).

Der Beschwerdeführer ist jedenfalls Inhaber des Personenkraftwagens der Marke EE, weiß, Fahrgestellnummer ***, sowie der sonstigen, als „Sperrmüll“ zu qualifizierenden Gegenstände. Gegenteiliges hat der Beschwerdeführer auch im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens nicht vorgebracht.

2.3.    Zum Tatbestand des § 15 Abs 3 AWG 2002:

Der Begriff „lagern“ im AWG 2002 bedeutet etwas Vorübergehendes, der Begriff „ablagern“ hingegen etwas Langfristiges. Unter der Lagerung von Abfällen im Sinn des § 15 Abs 3 AWG 2002 ist daher die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen (vgl VwGH 15.09.2011, 2009/07/0154).

Das AWG 2002 unterwirft jede Lagerung von Abfällen den Vorschriften des § 15 Abs 3 AWG 2002, auch die Lagerung von Abfällen über kurze Zeiträume. Auch eine kurzfristige Lagerung von Abfällen entgegen der Vorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002 verwirklicht somit den Straftatbestand des § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 (VwGH 15.09.2011, 2009/07/0154).

Das Abstellen des Fahrzeuges der Marke EE – dieses Fahrzeug befindet sich nach wie vor auf dem Gelände des Beschwerdeführers – sowie das Aufbewahren der weiteren, als Sperrmüll zu qualifizierenden Gegenstände ist daher als „Lagerung“ im Sinne des § 15 Abs 3 AWG 2002 zu qualifizieren. Allerdings ist gemäß dem Wortlaut des § 15 Abs 3 AWG 2002 nicht von vornherein auszuschließen, dass eine Lagerung von Abfällen keiner behördlichen Bewilligung bedarf. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 (vgl VwGH 21.04.2014, 2013/07/0269).

Die Lagerung des als gefährlicher Abfall zu qualifizierenden Fahrzeuges hat jedenfalls in dafür geeigneten behördlich bewilligten Lagern zu erfolgen. Ebenso bedarf die Lagerung der weiteren, als Sperrmüll zu qualifizierenden Gegenstände einer entsprechenden Anlage.

2.4.    Zu den Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 3 AWG 2002:

Die vom Beschwerdeführer gehandhabte Lagerung ist nicht geeignet,

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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