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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag WienNorm
BauO Wr §129 Abs10Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Bezirksrichters Dr. Gottlich als Schriftführer, über die Beschwerde des Dipl. Arch. KH in W, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 20. Jänner 1961, M. Abt. 64 - 166/60/Str., betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem am 3. Dezember 1958 zugestellten Bescheid des Wiener Magistrates, M. Abt. 36, vom 23. September 1958 wurde der Eigentümerin des Hauses Wien IX, L-gasse , VB zu Handen des Beschwerdeführers als Hausverwalters gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wunder Auftrag erteilt, die Fehleinmündung der Heizstelle vom Zimmer der Wohnung Nr. 3 in den Rauchfang vom P/2 binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides beseitigen zu lassen. Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen. Am 19. Mai 1959 wurde die Hauseigentümerin zu Handen des Beschwerdeführers darauf aufmerksam gemacht, daß dem vorangeführten baupolizeilichen Auftrag bisher nicht entsprochen wurde und gemahnt, den Auftrag bei sonstigen Zwangsfolgen ohne Verzug zu erfüllen. Gegen den Beschwerdeführer wurde wegen Übertretung des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Im Zuge dieses Verfahrene brachte der Beschwerdeführer zu seiner Rechtfertigung vor, die Hausverwaltung habe schon am 23.September 1958 die Mieterin der Wohnung aufgefordert, die Arbeiten durchführen zu lassen. Diese habe im Hinblick auf die einsetzende Heizperiode die Vornahme der Arbeiten nicht geduldet. Nach Ablauf der Heizperiode habe der Beschwerdeführer durch seinen Anwalt der Mieterin mittels Briefes vom 12. Juni 1959 aufgefordert, binnen acht Tagen die Erklärung abzugeben, daß sie mit der Beseitigung des Anschlusses und der Durchführung der notwendigen Arbeiten einverstanden sei. Diese Frist sei abgelaufen, ohne daß die Zustimmungserklärung der Mieterin eingelangt wäre. Der Hausverwalter habe keine Möglichkeit gehabt, in die Wohnung einzudringen oder die Partei außer auf Grund eines gerichtlichen Urteiles zu zwingen, die Arbeiten durchführen zu lassen. Erfahrungsgemäß dauere ein solcher Rechtsstreit viele Monate. Es könne daher dem Beschwerdeführer kein Vorwurf gemacht werden, wenn er zunächst die Beendigung der Heizperiode abgewartet und die Mieterin erst dann durch einen Rechtsanwalt aufgefordert habe, die Bewilligung zur Vornahme der Arbeiten zu erteilen. Erst nach zweimaliger Intervention des Rechtsanwaltes sei es gelungen, die Mieterin zu bewegen, die Arbeiten vornehmen zu lassen. Ein Verschulden liege nicht vor.
Mit dem Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den IX. Bezirk vom 3. August 1960 wurde sodann der Beschwerdeführer als Verwalter des Hauses Wien IX, L-gasse 9 der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 135 Abs. 1 und 3 leg, cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 300, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von zwei Tagen verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe als Verwalter des Hauses in der Zeit vom 19. Dezember 1958 bis 24. September 1959 ohne Veranlassung und ohne Vorwissen des Hauseigentümers die Fehleinmündung der Heizstelle vom Zimmer der Wohnung Nr. 3 in den Rauchfang P/2 nicht beseitigen lassen. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer Berufung ein, in der er wiederum sein Verschulden an der unterbliebenen rechtzeitigen Behebung der Fehleinmündung bestritt. Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 1961 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es: her Berufungswerber hätte, nachdem ein Einvernehmen mit der Mieterin nicht möglich gewesen sei, eine Klage auf Duldung einbringen müssen. Nur auf diese Weise hätte er von sich aus alle Maßnahmen getroffen, um innerhalb der Erfüllungsfrist die Beseitigung der Fehleinmündung zu erwirken. Dem Einwand, die Gerichte seien so überlastet, daß der Berufungswerber durch die Einbringung einer Klage nicht fristgerecht die Durchführung der Arbeiten hätte erwirken können, müsse entgegnet werden, daß er im Weg einer einstweiligen Verfügung die Durchführung der Arbeiten hätte erzwingen können. Sei eine gütliche Einigung nicht möglich gewesen, so hätte der Beschwerdeführer das Risiko der Prozeßführung und die damit verbundenen Kosten auf sich nehmen müssen, um sich von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu befreien. Die Tatsache, daß der konsenswidrige Zustand schon durch mehrere Jahre bestanden haben solle, sei für die Strafbarkeit unerheblich. Daher sei auch der Antrag, hierüber Beweise durch Sachverständige zu führen, abzulehnen gewesen. Ein Beweis, daß die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne Verschulden des Beschwerdeführers unmöglich gewesen sei, sei nicht erbracht worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Hiezu wird ausgeführt: Die Behörde habe in rechtswidriger Weise das Verschulden des Beschwerdeführers angenommen, der sich darauf berufen habe, innerhalb der festgesetzten Frist sei die Beseitigung der Mängel unmöglich gewesen. Die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer hätte die Durchführung der Arbeiten im Weg einer einstweiligen Verfügung erzwingen können, seien unrichtig, da die Voraussetzungen hiefür nach der Exekutionsordnung nicht gegeben seien. Es hätte eine Klage gegen die Mieterin eingebracht werden müssen, wobei die Prozeßdauer die Einhaltung der erteilten Frist gleichfalls unmöglich gemacht hätte. Der angefochtene Bescheid verkenne die durch das Mietengesetz dem Mieter geschaffene Position, die in der Weigerung der Vornahme derartiger Arbeiten während der Heizperiode keine Kündigungsmöglichkeit vorsehe. Da der bisherige Zustand schon mehr als 30 Jahre bestanden hatte und bei Überprüfungen niemals beanstandet wurde, hätte die Mieterin sich mit Recht darauf berufen können, die Wohnung in diesem Zustand gemietet zu haben, weshalb sie sich für berechtigt erachtet hätte, während der Heizperiode die Vornahme der Arbeiten zu verweigern. Der Beschwerdeführer habe durch die Inanspruchnahme von Anwaltshilfe alles getan, was unter den gegebenen Verhältnissen in seiner Macht gestanden sei. Die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der von ihm beantragte Beweis über die Dauer des konsenswidrigen Zustandes und die unterbliebene Beanstandung seitens der Behörde nicht durchgeführt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Übertretung der Vorschriften des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien ist ein Ungehorsamsdelikt (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 1960, Zl. 598/599/58). Bei einem solchen zieht zufolge § 5 Abs. 1 VStG 1950 schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Den nach dieser Gesetzesstelle geforderten Entlastungsbeweis will der Beschwerdeführer in der Weise angeboten haben, daß ihm die rechtzeitige Erfüllung des baupolizeilichen Auftrages infolge des Widerstandes der Mieterin der in Frage kommenden Wohnung unmöglich gewesen sei. Der Widerstand eines Dritten, der sich der Erfüllung eines baupolizeilichen Auftrages entgegenstellt, kann allerdings nur dann als Rechtfertigung im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 gewertet werden, wenn der Eigentümer (Hausverwalter) beweist, daß er alle ihm zu Gebote stehenden Mittel angewandt hatte, um diesen Widerstand zu brechen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1959, Zl. 1946/58). Diese Voraussetzung konnte im vorliegenden Falle die belangte Behörde als nicht gegeben annehmen.
In dem Bescheid vom 23. September 1958 war für die Erfüllung des baupolizeilichen Auftrages eine Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides festgesetzt und überdies der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Bereits bei Erhalt dieses Bescheides hätte der Beschwerdeführer aus diesen Umständen erkennen müssen, daß es sich um die dringende Beseitigung eines die Sicherheit der Mieterin gefährdenden Zustandes gehandelt hatte, und sich schon angesichts der Weigerung der Mieterin der Hilfe eines Anwaltes bedienen müssen, um der behördlichen Anordnung nachkommen zu können. Überdies hätte er prüfen müssen, ob ihm bei den gegebenen Umständen die Einhaltung der festgesetzten Frist möglich sein werde und erforderlichenfalls wegen Unmöglichkeit der Leistung Berufung gegen den Bescheid einbringen müssen. Dies hatte er nach seinem Vorbringen und der Aktenlage nicht getan. Aus der Aktenlage ergibt sich, ferner, daß der Beschwerdeführer erst nach Erhalt der Mahnung vom 19. Mai 1959, nämlich am 12. Juni 1959, durch seinen Rechtsanwalt an die Mieterin um Duldung der Arbeiten in ihrer Wohnung herangetreten war und daß er, als deren Zustimmung nicht einlangte, die Sache zunächst auf sich hatte beruhen lassen. Bei einem solchen Verhalten kann nicht davon gesprochen werden, daß der Beschwerdeführer alle ihm zu geboten stehenden Mittel, wozu auch die Einbringung einer Klage auf Duldung gehört hätte, angewandt hatte, um den Widerstand der Mieterin zu brechen und für die fristgerechte Erfüllung des Auftrages Sorge zu tragen. Es ist daher für die Frage des Verschuldens ohne Bedeutung, ob der Beschwerdeführerin der Lage war, zur Durchführung der notwendigen Arbeiten eine einstweilige Verfügung bei Gericht zu erwirken. Jedenfalls kann der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie bei dem gegebenen Sachverhalt angenommen hatte, daß der Beschwerdeführer den vom Gesetz geforderten Entlastungsbeweis nicht erbracht hatte. Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes in der Frage des Verschuldens ist sohin nicht gegeben. Auch eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes liegt nicht vor, weil es für die Verhängung einer Strafe wegen Übertretung nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien nicht darauf ankommt, wie lange der gesetzwidrige Zustand, dessen Beseitigung aufgetragen wurde, bereits bestanden hatte.
Die sohin in allen Punkten unbegründete Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden.
Wien, am 8. Mai 1962
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1962:1961000636.X00Im RIS seit
21.02.2022Zuletzt aktualisiert am
21.02.2022