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GerichtsgebührenNorm
EGVG Art2Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wrulich, über die Beschwerde des Dr. JS in W, vertreten durch Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Untere Viaduktgasse 55/11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Kreisgerichtes Wels vom 18. November 1985, Zl. Jv 2456-14g/85, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der in einer Strafsache vor dem Kreisgericht Wels zur Hauptverhandlung am 12. September 1985 mit StPOForm 16 aus Wien als Zeuge geladen war, der Ladung Folge geleistet hatte und auch vernommen worden war, machte unbestrittenermaßen fristgerecht beim genannten Gericht als Zeugengebühr seine Fahrtkosten für die Reise von Wien nach Wels und zurück sowie Entschädigung für Zeitversäumnis in der Dauer von acht Stunden geltend. Er legte dem mit der Bestimmung der Gebühr betrauten Bediensteten des Gerichtes (Kostenbeamter) als Bescheinigung seines Einkommens eine Kopie seines letzten Einkommensteuerbescheides (für das Jahr 1983) vor. Der Kostenbeamte bestimmte die Zeugengebühr schriftlich mit S 600,--, wovon S 480,-- auf die Kosten der Bahnfahrt, S 30,-- auf zwei Straßenbahnfahrten in Wien, S 24,-- auf zwei Busfahrten in Wels und S 66,-- auf Verpflegskosten (ein Mittagessen) entfielen.
Das Mehrbegehren für Verdienstentgang wies der Kostenbeamte ab. Zur Begründung führte er aus, nach Meinung des Bundesministers für Justiz sei die Entschädigung für Zeitversäumnis je Stunde mit einem Betrag zu bemessen, der dem bescheinigten Nettostundeneinkommen des betreffenden Zeugen entspreche. „Netto“ sei dabei nach Abzug aller Betriebsausgaben und aller Steuern, auch der Einkommensteuer zu verstehen. Zu bescheinigen sei das Einkommen durch den letzten Steuerbescheid, nach dem das Nettojahreseinkommen durch Anwendung der Einkommensteuertabelle und das durchschnittliche stündliche Einkommen durch eine Division mit dem Divisor 1.800 (Zahl der jährlichen Arbeitsstunden) zu ermitteln sei. Diese Berechnung sei jedoch nur bei selbständig Erwerbstätigen anzuwenden, deren Einkommen vorwiegend auf ihrer persönlichen Arbeitsleistung beruhe, also bei Freiberuflern oder Gewerbetreibenden, die ohne Dienstnehmer oder bloß mit einzelnen Hilfskräften für vergleichsweise untergeordnete Tätigkeiten arbeiteten. Diese Lösung sei nicht für selbständig Erwerbstätige anwendbar, deren Betrieb unabhängig von ihrer persönlichen Anwesenheit mehr oder weniger unverändert „weiterlaufe“. Bei einem steuerpflichtigen Umsatz von S 31,832.520,-- für das Jahr 1983 handle es sich offensichtlich um einen größeren Betrieb, was nach telefonischer Anfrage vom Bundespolizeikommissariat Wien 2 bestätigt worden sei. Daher müsse der beantragte „Verdienstentgang“ abgewiesen werden.
Der Beschwerdeführer focht diese Entscheidung fristgerecht mit Beschwerde insofern an, als das Begehren um „Verdienstentgang“ abgewiesen wurde und als für zwei Straßenbahnfahrten in Wien nur S 30,-- (und nicht S 36,--) zugesprochen wurden. Hinsichtlich des „Verdienstentganges“ sei der Bescheid verfehlt, weil der Beschwerdeführer ein Einzelunternehmen betreibe, keinen Prokuristen oder Geschäftsführer habe und sein Einkommen ausschließlich auf seinem persönlichen Einsatz basiere. Sein Betrieb laufe ohne seinen persönlichen Einsatz und ohne seine Anwesenheit nicht weiter, weil der Beschwerdeführer bezüglich Preis bzw. Einkauf „allein bestimmend“ sei. Seine Angestellten hätten in Verkaufsangelegenheiten (Autohandel) kein pouvoir. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer schon durch Jahrzehnte keinen Urlaub genommen. Außerdem sei die Entscheidung „extrem“ gleichheitswidrig, weil es nicht angehe, selbständige Einzelunternehmer „derart“ zu diskriminieren. Der Beschwerdeführer beantrage daher, ihn für seine Zeitversäumnis mit dem bescheinigten Nettostundeneinkommen zu entschädigen. Er habe sein Nettoeinkommen auch ordnungsgemäß durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides bescheinigt. Der Beschwerdeführer habe auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die er höchstpersönlich verrichten müsse, sodaß der Bescheid des Kostenbeamten schon deshalb „vollkommen“ verfehlt sei.
Der Präsident des Kreisgerichtes Wels (in der Folge: belangte Behörde) forderte hierauf den Beschwerdeführer auf, für den Verdienstausfall aus nichtselbständiger Arbeit eine Verdienstentgangsbestätigung auf dem zur Verfügung gestellten Formular beizubringen, und wies den Beschwerdeführer darauf hin, daß bei Arbeitnehmern, die in einem Angestelltenverhältnis stünden, laut kollektivvertraglicher Vereinbarung der Dienstgeber zur Fortzahlung des Entgeltes (Gehaltes) verpflichtet sei und wegen der Vorladung seines Angestellten zu Gericht Abzüge vom Gehalt nicht vornehmen dürfe. Was den angeblichen „Verdienstentgang“ aus selbständiger Arbeit betreffe, ergebe sich aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1983, daß der Beschwerdeführer keinerlei Einkünfte aus Gewerbebetrieb gehabt habe, sondern einen Verlust in Höhe von S 633.177,--. Ein „Verdienstausfall“ sei daher nicht bescheinigt. Zu den Kosten für die Straßenbahnfahrt in Wien sei zu bemerken, daß laut Auskunft der Wiener Verkehrsbetriebe ein Straßenbahnfahrschein im Vorverkauf lediglich S 12,-- koste, weshalb der Kostenbeamte diesbezüglich zuviel zuerkannt habe.
Der Beschwerdeführer legte hierauf der belangten Behörde eine Bestätigung seines Dienstgebers, der Z AG, vor, wonach der Beschwerdeführer von ihr im Jahre 1984 ein Fixum in Höhe von S 45.600,-- und Provisionen in Höhe von S 75.291,-- brutto erhalten habe. Aus dieser Bestätigung gehe hervor, daß auch die Einkünfte des Beschwerdeführers aus unselbständiger Tätigkeit zum Großteil aus Provisionen bestünden, ein Zeitentfall also Einkommensminderung bewirke. Es sei zu bedenken, daß Zeitversäumnis in der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers dessen Gewinn schmälere bzw. bei negativem Geschäftserfolg den Verlust vergrößere, der wieder ausgeglichen werden müsse. Außerdem legte der Beschwerdeführer einen Wiener Straßenbahnfahrschein vor, der für die einfache Fahrt einen Preis von S 18,-- auswies.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag mit der Begründung nicht statt, aus der selbständigen Erwerbstätigkeit habe der Beschwerdeführer keine tatsächliche finanzielle Einbuße haben können, weil er laut Einkommensteuerbescheid 1983 keinen Gewinn, sondern einen Verlust von S 633.177,-- „erzielt“ habe. Zum Entgang des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit habe der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keine Verdienstentgangsbestätigung für den Tag seiner Zeugeneinvernahme vorgelegt, sondern eine Bestätigung über seinen Bruttoverdienst 1984. Tatsächlicher, also auf konkrete Geschäfte bezogener Provisionsentgang sei nicht einmal behauptet worden. Der Nachweis tatsächlich entgangenen Verdienstes bzw. tatsächlich entgangenen reinen Einkommens sei dem Beschwerdeführer daher nicht gelungen. Der Einwand, Zeitversäumnis vergrößere bei negativem Geschäftserfolg den Verlust, sei ebenfalls nicht stichhältig, weil nur der Nachweis eines konkreten Einkommensverlustes, der während dieser Zeit entstanden sei, zum Ersatz eben dieses Verdienstausfalles führen könne. Zu den Kosten für die Straßenbahn in Wien sei auf § 7 Abs. 3 Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/1975 (in der Folge: GebAG) zu verweisen, wonach der Fahrpreis für ein Massenbeförderungsmittel nach den jeweiligen Tarifen nach Maßgabe allgemeiner Tarifermäßigungen (hier Vorverkaufspreis) zu vergüten sei.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht als Zeuge auf Entschädigung für Zeitversäumnis verletzt sowie auf Ersatz der Reisekosten für die Benützung der Straßenbahn unter Berücksichtigung des Preises des Einzelfahrscheines von S 18,-- und nicht des Preises des Vorverkaufsfahrscheines; er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung verschiedener Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes geltend (§§ 13 a, 18, 61 a AVG 1950). Dabei übersieht er, daß die Justizverwaltungsbehörden nicht zu jenen Behörden zählen, die das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden haben. Von ihnen sind allerdings die darin niedergelegten allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens in der Verwaltung bei Bestimmung der Zeugengebühr zu beachten (Verwaltungsgerichtshof 28. Jänner 1983, Zl. 82/17/0078, und die darin zitierte Judikatur).
Wie weit im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Zeugengebühr Belehrungspflichten der Behörden bestehen, ist daher nicht dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz zu entnehmen, sondern § 19 Abs. 3 GebAG, wonach der Zeuge auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung in der Ladung aufmerksam zu machen ist.
Eine weitergehende Belehrungspflicht traf die Verwaltungsbehörde somit nicht. Die Rechtsbelehrung im Sinne der genannten Gesetzesstelle war dem Beschwerdeführer bereits im Vordruck des Zeugenladungsformulars StPOForm 16 richtig und vollständig erteilt worden. Darüber hinaus ist auch noch im Beschwerdeverfahren von der belangten Behörde in dem erwähnten Schreiben vom 28. Oktober 1985 ausreichende Anleitung ergangen.
Von einer ungenügenden Rechtsbelehrung des Beschwerdeführers über seinen Zeugengebührenanspruch und über die ihn treffende Beweis- oder Bescheinigungspflicht kann daher überhaupt keine Rede sein.
Abgesehen davon ließe sich dem Beschwerdevorbringen auch die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels nicht entnehmen, weil nicht zu erkennen ist, daß der Beschwerdeführer auch bei weitergehender Belehrung in der Lage gewesen wäre, weitergehende Beweise oder Bescheinigungen für seinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis zu erbringen.
2. Wollte man auch davon ausgehen, daß die belangte Behörde auf Grund rechtsstaatlicher Grundsätze eine dem § 61 a AVG 1950 entsprechende Belehrungspflicht getroffen hätte, läge in der Verletzung dieser Belehrungspflicht kein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, weil hiedurch eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht erfolgt ist.
3. Die Gebühr des Zeugen umfaßt gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 GebAG die Entschädigung für Zeitversäumnis; diese betrifft
a) beim unselbständig Erwerbstätigen den tatsächlich entgangenen Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) bei ausschließlich im Haushalt Tätigen die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Hilfskraft.
Gemäß § 17 GebAG bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z. 2) auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß. Bei der Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 3 Abs. 1 Z. 2 a ist gemäß § 18 Abs. 1 das entgangene reine Arbeitseinkommen samt zusätzlichen Vergütungen zu ersetzen. Vermag der Zeuge zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen, so gebührt ihm gemäß § 18 Abs. 2 GebAG eine Entschädigung von 45 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Oktober 1980, Zl. 1743/80, zum Ausdruck gebracht, daß nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes unter „tatsächlich entgangenem“ Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen verstanden werden darf. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 3 Abs. 1 GebAG ist zu erschließen, daß beim selbständig Erwerbstätigen unter Verdienstentgang nur das fallen sollte, was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte. Es ist daher sehr wohl auf den konkreten Vermögensschaden abzustellen. Im Erkenntnis vom 22. Mai 1985, Zl. 84/01/0210, wurde diese Rechtsansicht vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt, ebenso im Erkenntnis vom 14. Februar 1986, Zl. 86/17/0023.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch das Vorbringen in der Beschwerde nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Von einem tatsächlichen Einkommensentgang kann beim selbständig Erwerbstätigen daher nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verlorenging. Für diesen Einkommensentgang ist daher nicht entscheidend, ob der Zeuge im selben Kalender(Wirtschafts-)jahr oder in früheren Jahren Einkünfte erzielte, aus denen sich ein fiktives Stundeneinkommen errechnen ließe.
Beim unselbständig Erwerbstätigen ist gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a in Verbindung mit § 18 Abs. 1 GebAG das entgangene reine Arbeitseinkommen samt zusätzlichen Vergütungen, welches der Zeuge während seiner Verhinderung durch die Erfüllung der Zeugenpflicht ins Verdienen gebracht hätte, für die Entschädigung für Zeitversäumnis maßgebend.
Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer einen tatsächlich entgangenen Verdienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a in Verbindung mit § 18 Abs. 1 in bestimmter Höhe ebensowenig bescheinigt hat wie ein der Höhe nach bestimmtes tatsächlich entgangenes Einkommen aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG.
4. Zu Recht verweist der Beschwerdeführer jedoch darauf, daß die belangte Behörde § 18 Abs. 2 GebAG zu Unrecht unbeachtet gelassen habe. Hat der Zeuge zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen vermocht, so gebührt ihm eine Entschädigung von 45 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Der Beschwerdeführer hat - von der belangten Behörde unwiderlegt - dargestellt, daß er ein Einzelunternehmen betreibe, welches allein auf seinen persönlichen Einsatz angewiesen sei, in dem der Betrieb (Autohandel) also nur bei persönlicher Anwesenheit des Beschwerdeführers fortlaufe. Nach der Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, daß in einem derartigen Geschäftszweig während einer achtstündigen Abwesenheit an einem Arbeitstag wenigstens irgendwelche Geschäftsabschlüsse, seien sie auch noch so geringen Umfangs, zustandegekommen wären, welche die Erlöse des Beschwerdeführers erhöht hätten. Da die belangte Behörde offenbar nicht in der Lage war, diese Lebenserfahrung zu widerlegen, hätte sie davon auszugehen gehabt, daß die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2 GebAG bescheinigt ist. Ihre Ansicht, entgangenes Einkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers als Autohändler sei deshalb auszuschließen, weil der Beschwerdeführer 1983 einen steuerlichen Verlust von S 633.177,-- gehabt habe, ist verfehlt. Abgesehen davon, daß es für den Einkommensentgang im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG - wie bereits erwähnt - nicht auf Jahreseinkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes ankommt, liegt tatsächlich entgangenes Einkommen auch bei negativen Einkünften vor, wenn Erlöse durch die Zeitversäumnis als Zeuge geschmälert werden, wobei sich der Zeuge die infolge der Zeitversäumnis ersparten, im notwendigen Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Abzug bringen lassen muß.
Dem Beschwerdeführer hätte daher Entschädigung für Zeitversäumnis von S 45,-- für jede der acht versäumten Stunden gemäß § 18 Abs. 2 GebAG zuerkannt werden müssen.
5. Die belangte Behörde hat aber auch bei Anwendung des § 7 Abs. 3 GebAG die Rechtslage verkannt. Nach dieser Bestimmung ist der Fahrpreis nach den jeweils geltenden Tarifen zu vergüten; hiebei sind allgemeine Tarifermäßigungen maßgebend.
Von einer allgemeinen Tarifermäßigung kann jedoch nur gesprochen werden, wenn sie die im Zusammenhalt mit der Erfüllung der betreffenden Zeugenpflicht erforderliche Fahrt betroffen hätte. Sie kam dem Beschwerdeführer durch den Vorteil des Vorverkaufsfahrscheines bei den Wiener Verkehrsbetrieben nicht zugute, weil solche Fahrscheine nur in der Mindestmenge von fünf Stück ausgegeben werden, sei es an Vorverkaufsschaltern der Wiener Verkehrsbetriebe, sei es in Trafiken, die sich mit dem Verkauf befassen und besonders als solche gekennzeichnet sind. Der Beschwerdeführer hätte daher S 60,-- für fünf Fahrscheine auslegen müssen, um lediglich für zwei durch die Zeugenladung verursachte Straßenbahnfahrten in Wien den Vorteil des verbilligten Vorverkaufsfahrscheines erlangen zu können. Es handelt sich daher bei diesem Tarifvorteil um einen Art Mengenrabatt und nicht um eine allgemeine Tarifermäßigung, die vom Beschwerdeführer allein bei den durch die Zeugenpflicht verursachten Fahrten hätte in Anspruch genommen werden können.
Dem Beschwerdeführer hätten daher an Fahrtkosten für die Benützung der Straßenbahn in Wien (zwei Fahrten) S 36,-- und nicht nur S 30,-- gebührt.
Der angefochtene Bescheid mußte deshalb wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Hinblick auf die Vorjudikatur im Dreiersenat ergehen
Von der Durchführung der Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil der Inhalt der von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erstatteten Schriftsätze und der vorgelegten Verwaltungsakten erkennen ließ, daß von der Durchführung der Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 14. März 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1985170165.X00Im RIS seit
21.02.2022Zuletzt aktualisiert am
22.02.2022