TE Vwgh Beschluss 2022/1/20 Ra 2021/14/0287

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Veröffentlicht am 20.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache der D A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2021, W176 2222031-1/14Z (Ausfertigung vom 31. August 2021, W176 2222031-1/21E), betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Syriens und Angehörige der kurdischen Volksgruppe, stellte am 24. April 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Sie begründete diesen im Wesentlichen damit, zu ihrem Ehemann nach Österreich zu wollen, eigene Fluchtgründe machte die Revisionswerberin dabei nicht geltend.

2        Mit Bescheid vom 25. Juni 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag hinsichtlich des Status der Asylberechtigten ab, erkannte der Revisionswerberin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine zunächst bis zum 25. Juni 2020 befristete Aufenthaltsberechtigung.

3        In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, aufgrund der politischen Gesinnung ihrer Familie und der Wehrdienstverweigerung ihrer Brüder sowie der Angehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe verfolgt zu werden.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 2.11.2021, Ra 2021/14/0213, mwN).

9        Die Revision wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung des BVwG zum Fluchtvorbringen der Revisionswerberin und rügt Ermittlungs- und Feststellungsmängel hinsichtlich der Aktualität und der Vollständigkeit der vom BVwG beigezogenen Länderberichte sowie zur Verfolgung von Familienmitgliedern von politischen Oppositionellen und von Rückkehrern.

10       Soweit sich die Revision damit gegen die Beweiswürdigung des BVwG zur fehlenden Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 10.9.2021, Ra 2021/14/0284, mwN).

11       Das BVwG erachtete das Fluchtvorbringen der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der es sich einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte, als unglaubwürdig. Dabei setzte es sich mit den von der Revisionswerberin in den verschiedenen Einvernahmen erstatteten Vorbringen und Rückkehrbefürchtungen auseinander und glich diese mit den vom BVwG eingeholten und seinem Erkenntnis zugrunde liegenden Länderberichten ab. So führte das BVwG - entgegen dem Vorbringen in der Revision - insbesondere gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Revisionswerberin betreffend die Teilnahme ihrer Brüder an Demonstrationen in den Jahren 2003 und 2004 den mangelnden zeitlichen Konnex dieser Ereignisse sowie die sich aus den Länderberichten ergebende Situation der kurdischen Volksgruppe ins Treffen. Auch übersieht die Revision, wenn sie ein Abweichen von näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rügt (vgl. VwGH 16.7.2020, Ra 2019/19/0419, wonach sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen habe), dass sich das BVwG im vorliegenden Fall nicht auf Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme gestützt hat, sondern die gebotene Gesamtschau aller Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren, in der Beschwerde und in der Beschwerdeverhandlung im Abgleich mit den Länderberichten traf. Die Revision vermag mit ihrem Vorbringen somit nicht aufzuzeigen, dass diese Beweiswürdigung unvertretbar erfolgt wäre (vgl. dazu erneut VwGH Ra 2021/14/0284, mwN).

12       Sofern die Revision Verfahrensmängel - hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel im Zusammenhang mit Länderberichten zum Herkunftsstaat - als Zulassungsgründe ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss (vgl. VwGH 12.3.2021, Ra 2021/14/0064, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem bloß pauschal gehaltenen Vorbringen jedoch vermissen.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140287.L00

Im RIS seit

21.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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