TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/17 95/05/0228

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Veröffentlicht am 17.09.1996
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO OÖ 1976 §49 Abs4;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der I-Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Juli 1995, Zl. BauR - 020295/3 - 1995 Pe/Vi, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 9. Mai 1984 wurde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung für das "XY-Center, bestehend als Geschäfts-, Büro- und Wohnobjekt mit zweigeschoßiger Tiefgarage samt Nebenräumen" im Standort X-Straße 6-14 erteilt (Spruchpunkt I). Unter den "Bedingungen und Auflagen" Punkt 2 findet sich in diesem Bescheid folgende Anordnung:

"2.

Die beiliegenden und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Formblätter sind in den angeführten Punkten einzuhalten:

a)

"Allgemeine Vorschreibungen für die Genehmigung von Bauvorhaben", Ausgabe August 1983: ... 1.8., ...

..."

Punkt 1.8. der angeführten Allgemeinen Vorschreibungen lautet wie folgt:

"1.8. Die in den genehmigten Plänen vorgesehenen 198 (in Worten hundertneunzigundacht) Stellplätze (Mindestmaße für PKW 5,00 x 2,3 m) sind in geeigneter Weise zu kennzeichnen und ständig für die Kraftfahrzeuge der Bewohner, des Betriebes bzw. der Gefolgschaft und der Besucher bereitzuhalten."

Unter Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin "von der Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen eine Erleichterung in der Form einer teilweisen Befreiung von der Errichtung für 39 Stellplätze gewährt".

Auf Anfrage teilte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30. September 1992 betreffend die Nutzung der 198 vorgeschriebenen Stellplätze im verfahrensgegenständlichen Objekt folgendes mit:

"Aufstellung der derzeit gültigen Dauermieter:

    Einzelmietverträge

        (inkl. vier Verträge mit Hausbewohnern)  32 Stück

    C                                            10 "

    L                                            15 "

    O                                             2 "

    I                                            10 "

Die verbleibenden Stellflächen werden stundenweise vergeben."

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1994 drohte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz unter Hinweis auf die der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin im angeführten Baubewilligungsbescheid vom 9. Mai 1984 vorgeschriebenen Pflichtstellplätze mit, daß aufgrund "des durchgeführten Ermittlungsverfahrens festgestellt wurde, daß insgesamt 55 Kfz-Stellplätze durch vorhandene Dauermietverträge nicht wie bescheidmäßig vorgeschrieben den Bewohnern bzw. Besuchern und der Gefolgschaft der im ggstdl. Objekt vorhandenen Betriebes zur Verfügung gestellt werden." Zur bescheidkonformen Erfüllung dieser Verpflichtung werde eine Nachfrist von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides gesetzt und eine allfällige Zwangsstrafe in der Höhe von S 3.000,-- angedroht.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1995 wurde die angedrohte Zwangsstrafe in der Höhe von S 3.000,-- verhängt, da der angeführten Auflage noch immer nicht entsprochen worden sei.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin unbestritten Rechtsnachfolgerin der seinerzeitigen Bauwerberin sei, die nach der angeführten Auflage im Baubewilligungsbescheid vom 9. Mai 1984 die Verpflichtung treffe, die beim gegenständlichen Objekt bewilligten bzw. vorgeschriebenen 189 (wohl richtig: 198) (Tiefgaragen-) Stellplätze "ständig für die Kraftfahrzeuge für Bewohner, des Betriebes bzw. der Gefolgschaft und der Besucher bereitzuhalten". Im Verfahren habe die Beschwerdeführerin selbst angegeben, insgesamt 69 dieser Stellplätze auf Dauer vermietet zu haben. Unter Abzug der vier an Hausbewohner und der zehn an die Firma C vermieteten Plätze verblieben 55 Stellplätze, die an "externe" Firmen und Einzelpersonen dauernd vermietet würden. Dieser Sachverhalt sei auch in der Berufung nicht bestritten worden. Die Vergabe von Abstellplätzen "auch an andere Personen als die in der Bescheidauflage genannten Personen" als "Dauerparker" sei im Gegenteil vielmehr sogar ausdrücklich zugestanden worden. Die festgestellte Dauervermietung fast eines Viertels der vorgeschriebenen Stellplätze stehe im Widerspruch zu den Intentionen der gesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen, weshalb die Beschwerdeführerin mit dem Einwand der Unbestimmtheit der in Rede stehenden Bescheidauflage für ihren Rechtsstandpunkt nichts gewinnen könne. An dieser Beurteilung könne auch der Einwand nichts ändern, daß für die Bewohner, die Besucher usw. des Objektes aufgrund des computergesteuerten Garagenbetriebes offenbar jederzeit ein (freier) Parkplatz gefunden werden könne, da auch diese Maßnahme nicht dazu führe, daß die vorgeschriebene Anzahl von Pflichtstellplätzen letztlich zur Verfügung stehe. Gemäß § 5 Abs. 1 VVG werde die Verpflichtung u.a. zu einer unvertretbaren Handlung dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten werde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht, zur Erfüllung der im Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 9. Mai 1984 in Punkt 1.8. der "Allgemeinen Vorschreibungen für die Genehmigung von Bauvorhaben" enthaltenen Vorschreibung zur ständigen Bereithaltung von 198 Stellplätzen für die Kraftfahrzeuge der Bewohner, des Betriebes bzw. der Gefolgschaft und Besucher nicht verpflichtet zu sein, und im Recht gemäß § 5 VVG auf Nichteinleitung eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens sowie auf Nichtverhängung einer Geldstrafe aufgrund des angeführten Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist. Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von S 10.000,--, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen. Die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel ist gemäß § 5 Abs. 4 VVG auch gegen Körperschaften und andere nicht physische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts zulässig.

Die beschwerdeführende Gesellschaft macht geltend, daß der bloße Hinweis auf die im angeführten Vordruck enthaltenen Vorschreibungen des Baubewilligungsbescheides vom 9. Mai 1984 im Umfange dieser Vorschreibungen weder den Anforderungen des § 59 Abs. 1 AVG gerecht werde, noch werde hiedurch dem Erfordernis der Präzisierung von Auflagen im Spruch des Bescheides entsprochen. Die den konkreten Streitgegenstand bildende Auflage sei sowohl dem Inhalt nach so unbestimmt formuliert, als auch bei wörtlicher Auslegung in sich widerspruchsvoll, daß hiermit eine bescheidmäßige Verpflichtung nicht begründet werde und, selbst wenn diese Auflage Teil des Titelbescheides sein sollte, die Rechtswirkung der Vollstreckbarkeit fehle.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Gesellschaft sind die unter Punkt 2. der Auflagen des Baubewilligungsbescheides vom 9. Mai 1984 verwiesenen Punkte der "Allgemeinen Vorschreibungen für die Genehmigung von Bauvorhaben", Ausgabe August 1983, Bestandteil des Spruches des Titelbescheides. Genauso wie die Vorschreibung von Auflagen durch die Verweisung auf die Verhandlungsschrift und auf Gutachten von Sachverständigen dem Bestimmtheitserfordernis des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, wenn der Inhalt der solcherart vorgeschriebenen Auflagen aus den dem Bescheid angeschlossenen Beilagen eindeutig zu entnehmen ist (siehe die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1989, Zl. 88/03/0135, und vom 13. März 1991, Zl. 90/03/0038), ist auch der Verweis auf ein dem Bescheid angeschlossenes Formblatt, das die "Allgemeinen Vorschreibungen für die Genehmigung von Bauvorhaben" enthält, zulässig, weil sich der Inhalt der so vorgeschriebenen Auflage eindeutig aus dieser Beilage ergibt.

Es kann auch nicht der Auffassung der beschwerdeführenden Gesellschaft gefolgt werden, daß die verfahrensgegenständliche Auflage nicht ausreichend bestimmt sei (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/04/0054, vom 26. September 1985, Zl. 85/06/0074, und vom 13. November 1989, Zl. 89/10/0130). Es sind danach die in den Plänen vorgesehenen, genehmigten 198 Stellplätze STÄNDIG für die Kraftfahrzeuge der Bewohner, des Betriebes bzw. der Gefolgschaft und der Besucher bereitzuhalten. Der Umstand, daß unter Umständen sämtliche 198 Stellplätze von Besuchern benützt werden können, kann die Bestimmtheit dieser Auflage nicht in Frage stellen, ist sie doch auf den angeführten Personenkreis mit der absoluten Zahl von 198 beschränkt.

Auch der in der Auflage verwendete Ausdruck "Kraftfahrzeuge der Bewohner, des Betriebes bzw. der Gefolgschaft und der Besucher" kann nicht als unbestimmt erkannt werden, da er nur im Zusammenhalt mit dem in diesem Bescheid bewilligten Bauvorhaben, nämlich dem "XY-Center", bestehend aus Geschäfts-, Büro- und Wohnobjekten, ausgelegt werden kann. Es sind damit Kraftfahrzeuge der Bewohner des verfahrensgegenständlichen Hauses, der in diesem befindlichen Betriebe, deren Mitarbeitern (als Gefolgschaft bezeichnet) und der Besucher dieser Betriebe zu verstehen. Die verfahrensgegenständliche Auflage ist somit als ausreichend bestimmt anzusehen.

Die belangte Behörde hat weiters zutreffend festgestellt, daß mit dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten "rotierenden Parksystem" die angeführte Auflage nicht erfüllt wird, ordnet doch diese Auflage die STÄNDIGE Bereithaltung sämtlicher 198 Stellplätze für die genannten Personengruppen an, sodaß schon die unbestrittene Vermietung von 55 Dauerabstellplätzen an nicht den genannten Personengruppen angehörende Personen gegen die mit der angeführten Auflage statuierte Verpflichtung verstößt. Die Auflage geht nicht dahin - wie die Beschwerdeführerin behauptet -, daß lediglich den genannten Personen bei konkretem Bedarf Abstellplätze bereitgestellt werden müssen. Es stellt daher auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, daß die belangte Behörde zu der mit diesem System begründeten Behauptung der Beschwerdeführerin, die angeführte Bescheidauflage sei erfüllt, namhaft gemachte Zeugen nicht vernommen hat. Die verfahrensgegenständliche Vorschreibung einer Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG erweist sich somit als rechtmäßig, da auch die übrigen Voraussetzungen des § 5 VVG, die von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurden, vorliegen (insbesondere die vorherige Androhung der Zwangsstrafe).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050228.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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