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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1175;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der E GmbH & Co Leasing KG in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 10. März 1992, 4/25 - 4/91, betreffend Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 gemäß § 299 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von 12.920 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechtes war Eigentümer eines bereits seit mehreren Jahren außer Dienst gestellten Dampfschiffes (in der Folge: Schiff). Um dieses Schiff wieder - insbesondere als "Salonschiff" - in Betrieb nehmen zu können, wurde unter Federführung der E-Bank ein Vertragsgeflecht abgeschlossen, auf Grund dessen unter maßgeblicher Beteiligung der Beschwerdeführerin, einer Publikumsabschreibungsgesellschaft (Treuhand-Kommanditbeteiligungen), zunächst die Finanzierung der Instandsetzung des Schiffes gesichert werden und dieses sodann in Form eines Vollamortisationsvertrages an den Betrieb gewerblicher Art vermietet werden sollte.
Mit Vertrag vom 22. Dezember 1986 wurde daher zunächst die Beschwerdeführerin gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist insbesondere die Vermietung von Schiffen oder Teilen von Schiffen. Komplementärin ist die E-Mobilienleasing GmbH, eine 100 %ige Tochter der E-Bank. Kommanditistin ist die E-Bank, die ausdrücklich berechtigt ist, Gesellschaftsanteile treuhändig auf Rechnung Dritter zu halten. Sie kann daher, abgesehen von ihrer Stellung als Kommanditistin, eine Vermögenseinlage im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung Dritter halten.
Am 26. Februar 1987 wurde die Beschwerdeführerin in das (vormalige) Handelsregister eingetragen, wobei festgehalten wurde, die Gesellschaft habe am 22. Dezember 1986 begonnen.
Am 23. bzw 29. Dezember 1986 schlossen die Körperschaft öffentlichen Rechtes, die E-Bank als Konzernobergesellschaft der E-Mobilienleasing GmbH und die S-KG einen Vertrag über die Abwicklung der Instandsetzung des Schiffes ab. In diesem Vertrag wurde im wesentlichen festgelegt, das Schiff sollte von der Beschwerdeführerin gekauft und nach Instandsetzung laut beiliegendem Vorvertrag bzw Mietvertrag an die Körperschaft öffentlichen Rechtes bzw deren Betrieb gewerblicher Art vermietet werden. Dem Mietvertrag sollten die Gesamtinvestitionskosten der Instandsetzung des Schiffes zugrunde gelegt werden. Gewährleistungsansprüche aus der Instandsetzung sollten an die Körperschaft öffentlichen Rechtes bzw deren Betrieb gewerblicher Art abgetreten werden. Die Instandsetzung des Schiffes habe nach den bereits vorliegenden Plänen zu erfolgen. Die S-KG werde mit der Gesamtkoordination und Überwachung der Instandsetzung beauftragt.
Mit Vertrag vom 29. Dezember 1986 verkaufte die Körperschaft öffentlichen Rechtes das Schiff an die Beschwerdeführerin um 100.000 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Unter einem gab die Körperschaft öffentlichen Rechtes eine Aufsandungserklärung für das zuständige Binnenschiffsregister ab.
Der Übergang des Eigentumsrechtes am Schiff wurde im zuständigen Binnenschiffsregister erst Ende des Jahres 1988 verbüchert.
Im ebenfalls am 29. Dezember 1986 zwischen der Körperschaft öffentlichen Rechtes und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Vorvertrag über den Abschluß eines Mietvertrages hinsichtlich des Schiffes wurde vereinbart, bis zum 31. Dezember 1987 einen Mietvertrag laut beiliegendem Mustervertrag (üblicher Mietvertrag für ein vollamortisiertes Finanzierungsleasing) abzuschließen.
Mit Vertrag vom 29. Dezember 1986 beauftragte und bevollmächtigte die Beschwerdeführerin die S-KG als Generalunternehmer mit der Instandsetzung des Schiffes nach den bereits vorliegenden Plänen und bevollmächtigte sie, ohne weitere Rücksprache Aufträge inklusive Eigenleistungen bis 13,5 Mio S zu erteilen. Die Fertigstellung des Schiffes wurde per 30. Juni 1988 vereinbart.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 1986 verpflichtete sich die E-Bank als alleinige Gesellschafterin der E-Mobilienleasing GmbH gegenüber der Körperschaft öffentlichen Rechtes unter Hinweis auf den laut Mustervertrag abzuschließenden Mietvertrag dafür Sorge zu tragen, daß
1.
die Beschwerdeführerin von ihrem Kündigungsrecht für die Dauer von 144 Monaten nicht Gebrauch machen werde,
2.
sich die Beschwerdeführerin in dem Fall, daß die Mieterin nach Ablauf der Mietvertragszeit das Schiff kaufen wolle, branchenüblich verhalten werde, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1972, 2391/71, Slg Nr 4464/F, verwiesen wurde, in dem vom Ankauf zu einer Monatsmiete die Rede sei, und
3.
die Beschwerdeführerin das Schiff auf Wunsch unter der Bedingung, daß sämtliche Treuhand-Kommanditisten bereits ausgeschieden seien, auch früher, nicht jedoch vor dem 1. Jänner 1994 an die Mieterin unter Berücksichtigung der noch aushaftenden Kreditrestschuld des zur Instandsetzung des Schiffes ursprünglich aufgenommenen Kredites zuzüglich des noch offenen Darlehensbetrages des zur Abschichtung der Treuhand-Kommanditisten aufgenommenen Darlehens verkaufen werde.
Am 7. Juli 1988 schlossen die Beschwerdeführerin und der Betrieb gewerblicher Art der Körperschaft öffentlichen Rechtes den angekündigten Mietvertrag ab. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei die Mieterin auf ihr ordentliches Kündigungsrecht für die Dauer von 144 Monaten verzichtete. Die monatliche (wertgesicherte) Miete beträgt 0,9104 % der voraussichtlichen Instandsetzungskosten von 13,5 Mio S zuzüglich Umsatzsteuer. Sollten sich die Instandsetzungskosten nach endgültiger Schlußrechnung noch erhöhen, könne die monatliche Miete um bis zu 10 % erhöht werden. Die Vermieterin tritt alle Gewährleistungsansprüche an die Mieterin ab. Übernimmt die Mieterin das Schiff nicht spätestens zwei Monate nach dessen vertragsgemäßen Bereitstellung, so ist die Vermieterin berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Diesfalls hat ihr die Mieterin alle von ihr getätigten Aufwendungen sowie Verwaltungskosten von 100.000 S zu ersetzen. Die Mieterin hat das Schiff auf ihre Kosten in ordnungsgemäßem und funktionsfähigem Zustand zu erhalten, insbesondere erforderliche Ersatzteile zu beschaffen und jeweils erforderliche Reparaturen ausführen zu lassen. Die Mieterin wird das Schiff auf ihre Kosten gegen Maschinenbruch, Kollision, Untergang, Feuer und sämtliche Elementarereignisse versichern und die Versicherungen zu Gunsten der Vermieterin vinkulieren. Mit der Übernahme des Schiffes geht jede Haftung und Gefahr auf die Mieterin über. Daher trifft die Mieterin die volle oder teilweise Nichtbenützbarkeit, der Untergang, Verlust, die Beschädigung oder der vorzeitige Verschleiß des Schiffes. Der Anspruch der Vermieterin auf Fortzahlung der Miete bis zum Ende des Vertragsverhältnisses bleibt in allen Fällen aufrecht. Dies gilt auch dann, wenn die vorzeitige Vertragsauflösung durch die Vermieterin erfolgt.
Das Schiff wurde am 1. Juli 1988 in Betrieb genommen.
Mit Schreiben vom 1. September 1988 teilte die Beschwerdeführerin dem Betrieb gewerblicher Art der Körperschaft öffentlichen Rechtes mit, die gesamten Instandsetzungskosten des Schiffes hätten (netto) 16,713.547,43 S betragen.
Mit Schreiben vom 9. Jänner 1989 trat die Beschwerdeführerin sämtliche Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit der Instandsetzung des Schiffes an den Betrieb gewerblicher Art der Körperschaft öffentlichen Rechtes ab.
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1988 machte die Beschwerdeführerin bei erklärten Entgelten von 491.616 S aus der Vermietung des Schiffes Vorsteuern von 2,823.175,35 aus dessen Instandsetzung geltend.
Im Zug einer daraufhin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung gelangte die Prüferin unter Würdigung des abgeschlossenen Vertragsgeflechtes zu dem Schluß, zwischen der Beschwerdeführerin und der Körperschaft öffentlichen Rechtes bzw deren Betrieb gewerblicher Art sei hinsichtlich des Schiffes ein Mietvertrag abgeschlossen worden. Ein Kaufvertrag (Ratenkauf) könne insbesondere deswegen nicht angenommen werden, weil nicht die Beschwerdeführerin dem Betrieb gewerblicher Art der Körperschaft öffentlichen Rechtes angeboten habe, das Schiff nach Ablauf der Vertragsdauer von 144 Monaten zu einer Monatsmiete zu erwerben, sondern nur die E-Bank am 29. Dezember 1986 gegenüber der Körperschaft öffentlichen Rechtes eine dementsprechende Verwendungszusage abgegeben habe. Weder die Körperschaft öffentlichen Rechtes noch deren Betrieb gewerblicher Art könnten daher nach dem 29. Dezember 1986 als wirtschaftliche Eigentümer des Schiffes iSd § 24 Abs 1 lit d BAO angesehen werden.
Das Finanzamt schloß sich der Ansicht der Prüferin an und erließ einen der Erklärung der Beschwerdeführerin entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1988.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1988 gemäß § 299 Abs 2 BAO auf. Zur Begründung führte sie aus, es läge auf Grund des Vertragsgeflechtes nahe zu prüfen, ob das Schiff der Körperschaft öffentlichen Rechtes bzw deren Betrieb gewerblicher Art wirtschaftlich zuzurechnen sei. Eine derartige Prüfung sei jedoch gar nicht erforderlich. Die Beschwerdeführerin sei bei Abschluß des Kaufvertrages über das Schiff noch nicht in das (vormalige) Handelsregister eingetragen und folglich noch nicht als eigentumsfähiges Gebilde vorhanden gewesen. Überdies sei der Übergang des Eigentumsrechtes am Schiff bei Abschluß des Mietvertrages noch nicht im zuständigen Binnenschiffsregister verbüchert gewesen. Die Beschwerdeführerin sei daher niemals Eigentümer des Schiffes geworden. Vielmehr sei das Schiff stets im Eigentum der Körperschaft öffentlichen Rechtes bzw deren Betrieb gewerblicher Art gestanden. Da das Finanzamt dies verkannt habe, sei der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1988 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vom eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht worden sei.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtdurchbrechung der Rechtskraft des Umatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend. Sie vertritt im wesentlichen die Ansicht, sie als kein natürliches Handelsgewerbe betreibende KG sei mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages ab Beginn ihrer Tätigkeit als GesbR und damit als Umsatzsteuersubjekt anzusehen. Auf die Eintragung in das (vormalige) Handelsregister komme es nicht an. Sie sei daher bereits bei Abschluß des Kaufvertrages über das Schiff iSd § 2 UStG unternehmerisch tätig geworden. Ebenso komme es nicht darauf an, daß der Übergang des Eigentumsrechtes am Schiff bei Abschluß des Mietvertrages noch nicht im zuständigen Binnenschiffsregister verbüchert gewesen sei. Denn das Eigentum an einem Schiff könne ebenso wie an einer Liegenschaft außerbücherlich erworben werden. Überdies hätten die an ihr beteiligten Personen den Kauf des Schiffes gewollt und das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäftes eintreten und bestehen lassen, weswegen die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 auch im Hinblick auf § 23 Abs 3 BAO rechtswidrig sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 nicht darauf gestützt, daß nach dem Vertragsgeflecht entweder die Körperschaft öffentlichen Rechtes oder deren Betrieb gewerblicher Art nach dem 29. Dezember 1986 als wirtschaftliche Eigentümer des Schiffes anzusehen ist. Es erübrigte sich daher darauf einzugehen, ob nach dem Vertragsgeflecht ein Miet- oder ein Kaufvertrag (Ratenkauf) abgeschlossen worden ist.
Mit der von der belangten Behörde für die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 gegebenen Begründung wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt. Die Beschwerdeführerin betreibt ein gewerbliches Unternehmen iSd § 2 HGB. Sie hat daher der Eintragung in das (vormalige) Handelsregister bedurft, um eine KG zu werden. Bis zur Eintragung galt sie jedoch als GesbR (vgl Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes5, 144, mwA) und war als solche auf Grund ihres wirtschaftlichen Auftretens nach außen als Umsatzsteuersubjekt anzusehen (vgl Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechtes I5, 339). Da die Beschwerdeführerin somit bereits ab dem 29. Dezember 1986 iSd § 2 UStG unternehmerisch tätig geworden ist, sie das Schiff auch ohne dessen zivilrechtlicher Eigentümer zu sein (vgl § 3 Abs 1 DRGBl 1940 I 1499) instandhalten und vermieten konnte sowie die an der Beschwerdeführerin beteiligten Personen das gewollte wirtschaftliche Ergebnis überdies eintreten und bestehen ließen (vgl § 23 Abs 3 BAO), erweist sich die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1988 aus der von der belangten Behörde gegebenen Begründung als rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992140060.X00Im RIS seit
20.11.2000