TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/18 96/12/0061

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Veröffentlicht am 18.09.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BDG 1979 §62;
DVG 1984 §3 Abs1;
GehG 1956 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24. Jänner 1996, Zl. 105.909/7-Pr/A/3/95, betreffend Auszahlung fiktiver Bezüge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberkommissär in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Mit Eingabe vom 30. März 1995 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag "auf Ausbezahlung der durch die Absolvierung des Physikstudiums (Anstellungserfordernis) entgangenen Bezüge (7 Jahre, Besoldungsstufen B/III/1 bis B/III/4 bzw. Vertragsbedienstetenentlohnungsschema B1 bis B4)". Er brachte vor, nach dem BDG 1979 sei die Überstellung von der Verwendungsgruppe B in die Verwendungsgruppe A nach Absolvierung eines Aufstiegskurses von 3 Semestern (je 12 Stunden pro Woche) für juristischen und wirtschaftwissenschaftlichen Dienst vorgesehen. Demgegenüber stehe "das Ernennungserfordernis für die Verwendungsgruppe A - Technischer Dienst, nämlich ein abgeschlossenes technisches oder naturwissenschaftliches Studium - in meinem Fall das Doktoratstudium der Experimentalphysik (Realstudiendauer von mindestens 7 Jahre, etwa jeweils 60 Stunden pro Woche)". Der B-Beamte, der in A überstellt werden wolle, erhalte ab seinem Eintritt (z.B. ab dem 18. Lebensjahr) und auch während des Aufstiegskurses mindestens den Bezug der jeweiligen Gehaltsstufe der Verwendungsgruppe B. Der Student der technischen oder der naturwissenschaftlichen Studienrichtungen erhalte keine Vergütung. Die Rechte der wissenschaftlichen Arbeiten des Studenten (z.B. Dissertation) fielen trotzdem der Republik Österreich zu. Sowohl der Absolvent eines Aufstiegskurses als auch der Absolvent eines technischen oder naturwissenschaftlichen Studiums würden (aufgrund der Überlänge der technischen und naturwissenschaftlichen Studien) "oft sogar in genau die gleiche Dienstklasse und Stufe der Verwendungsgruppe A eingestuft. Das führt dazu, daß Absolventen eines technischen oder naturwissenschaftlichen Studiums eine GERINGERE Lebensverdienstsumme erreichen als Absolventen des genannten Aufstiegskurses. Da es sich dabei um eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichheit handelt, ist der eingangs gestellte Antrag begründet. Um ehebaldigste Erlassung eines positiven diesbezüglichen Bescheides wird höflich ersucht".

Mit Erledigung vom 21. April 1995 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß seinem Antrag mangels gesetzlicher Grundlage nicht Rechnung getragen werden könne. Es dürfe aber festgestellt werden, "daß der Gesetzgeber des Gehaltsgesetzes" bei der Entlohnung allein auf die Anforderungen eines Arbeitsplatzes abstelle. Es dürfe aufgrund der im Rahmen der Grundausbildung erworbenen Kenntnisse des Dienst- und Besoldungsrechtes als bekannt vorausgesetzt werden, daß akademische Studien nur im Ausmaß der Mindeststudiendauer als Vordienstzeiten angerechnet würden.

Mit Eingabe vom 27. Juni 1995 erwiderte der Beschwerdeführer, er begehre, daß über seinen Antrag vom 30. März 1995 bescheidmäßig abgesprochen werde. Er wolle darauf hinweisen, daß sein Begehren nicht eine Verbesserung der Anrechnungsmodalitäten, sondern eine Beseitigung der Schlechterstellung der Universitätsabsolventen (insbesondere der technischen und naturwissenschaftlichen Ausbildungen) gegenüber den Maturanten mit Aufstiegsprüfung zum Inhalt habe.

Mit Erledigung vom 29. November 1995 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, es erscheine notwendig, daß er sein Begehren dahin präzisiere, auf welche Gesetzesstelle er konkret Bezug nehme. Eine Antwort des Beschwerdeführers hierauf ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Mangels Entscheidung durch die belangte Behörde über den Antrag vom 30. März 1995 erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 95/12/0268 protokollierte Säumnisbeschwerde. Dieses Beschwerdeverfahren wurde zufolge Erlassung des nun angefochtenen Bescheides mit hg. Beschluß vom 28. Februar 1996 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 DVG 1984 iVm § 8 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 3 DVG 1984 komme im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten jenen Personen Parteistellung zu, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis oder deren Rechte oder Pflichten aus einem solchen Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens seien. Demnach könne ein Beamter nur in einem Dienstrechtsverfahren Partei sein, das die Gestaltung oder Feststellung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses oder die Gestaltung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten aus diesem Dienstverhältnis zum Gegenstand habe. Nach den geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Gehaltsgesetzes 1956, bestehe kein Rechtsanspruch auf Ausbezahlung von fiktiven Bezügen, die einem Beamten des Höheren Dienstes durch die Absolvierung eines Universitätsstudiums entgangen seien. "Der Antrag war sohin mangels eines vorliegenden Rechtsanspruchs spruchgemäß zurückzuweisen".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf Parteistellung in dem Verfahren über seinen Antrag vom 30.3.1995 auf Ausbezahlung der durch die Absolvierung des Physikstudiums entgangenen Bezüge sowie im Recht auf Entscheidung über diesen Antrag in merito verletzt".

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei vor Erlassung des Bescheides nicht gehört worden, womit die belangte Behörde "das fundamentale Parteirecht des Parteiengehörs verletzt" habe. Auch sei die Zurückweisung des Antrages mangels Parteistellung verfehlt; es könne keine Frage sein, daß sein Antrag Rechte zum Gegenstand habe (nämlich Bezüge), die aus dem Dienstverhältnis erflössen. Die Aberkennung der Parteistellung sei aber "in diesem Fall eine verkleidete Sachentscheidung, weil damit ja zum Ausdruck gekommen ist, daß der Antrag des Beschwerdeführers - aus Sicht der belangten Behörde - eigentlich abzuweisen ist, weil der Bundesminister offenbar zur Auffassung gekommen ist, daß einem Antrag auf Ausbezahlung der durch die Absolvierung des Physikstudiums entgangenen Bezüge - warum auch immer - nicht stattgegeben werden kann. Ein grundsätzlicher Anspruch auf Ausbezahlung von Bezügen kann aber dem Beschwerdeführer jedenfalls nicht abgesprochen werden. Da das Ausmaß der Bezüge aber strittig sein kann, besteht diesbezüglich jedenfalls Parteistellung und wäre in merito zu entscheiden gewesen".

Die Beschwerde ist berechtigt.

Der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist darin gelegen, daß Personen in einem Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig werden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetzen bzw. Verordnungen) geltend gemacht werden können (siehe dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 1995, Zl. 93/12/0075, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Davon ausgehend, hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß das verfahrensgegenständliche Begehren des Beschwerdeführers auf "Ausbezahlung" dieser fiktiven Bezüge bereits im Ansatz verfehlt ist, weil es in der Rechtsordnung keine Deckung findet.

Allerdings war es verfehlt, den Antrag deshalb mangels Parteistellung zurückzuweisen. Das Begehren des Beschwerdeführers ist dienstrechtlicher Natur; vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles wurde der Beschwerdeführer entgegen der Beurteilung der belangten Behörde im Sinne des im angefochtenen Bescheid zutreffend wiedergegebenen § 3 DVG 1984 Partei des hiedurch ausgelösten Dienstrechtsverfahrens (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1996, Zl. 95/12/0280). Der Umstand, daß der Beschwerdeführer Bezüge für die Zeit VOR der Begründung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses begehrt (wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hervorhebt), vermag daran - jedenfalls fallbezogen - nichts zu ändern. Darauf, ob der Antrag inhaltlich berechtigt oder unberechtigt ist, kam es nicht an.

Dadurch, daß die belangte Behörde dies verkannte und den Antrag ausdrücklich mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil zuzüglich zum pauschalierte Schriftsatzaufwand Umsatzsteuer nicht gebührt (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697, wiedergegebene hg. Judikatur).

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996120061.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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