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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GehG 1956 §30a Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des S in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 3. August 1995, Zl. 401.422/0025-2.1/95, betreffend Verwendungsgruppenzulage bzw. Verwendungsabgeltung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtssekretär i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund; seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für Landesverteidigung. Bis zu seiner mit Wirksamkeit vom 31. März 1993 erfolgten Überstellung in die Verwendungsgruppe B gehörte der Beschwerdeführer der Verwendungsgruppe C an.
Mit Schreiben vom 25. November 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um "Verwendungsabgeltung" mit der Begründung, er habe in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992 bei der Personalabteilung B fast ausschließlich Tätigkeiten der Verwendungsgruppe B (Aufnahmen, Überstellungen, Definitivstellungen und Ernennungen für H1) ausgeübt.
In einer Stellungnahme der Personalabteilung B vom 20. Jänner 1995 wurde diesbezüglich für den in Frage stehenden Zeitraum angegeben, der Beschwerdeführer sei auf einem der Verwendungsgruppe C zugeordneten Arbeitsplatz eingeteilt gewesen und habe unter der Leitung des "Ltrs HRef I" bei folgenden Angelegenheiten mitgearbeitet:
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Ernennungen in das Dienstverhältnis und Ernennungen im Dienstverhältnis von Offizieren der Verwendungsgruppe H1
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Zu- und Aberkennung der Haushaltszulage gem. § 4 GG 1956
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Führung der Personalakte der von der ho. Dienstbehörde betreuten Offiziere der Verwendungsgruppe H1.
Neben Tätigkeiten, die der Wertigkeit "C" zuzuordnen sind, erledigte der Genannte auch Aufgaben der Wertigkeit "B" im Ausmaß von ca. 20%."
Diese genannten Aufgaben wurden dem Beschwerdeführer im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.
Mit Schreiben vom 2. Mai 1995 vertrat der Beschwerdeführer dazu die Auffassung, er habe in der genannten Zeit jedenfalls im erheblichen Ausmaß B-wertige Tätigkeiten verrichtet und brachte dafür konkrete Beispiele vor. Weiters wies er darauf hin, daß nach seiner Versetzung in eine andere Abteilung die B-wertigen Tätigkeiten seines seinerzeitigen Arbeitsplatzes einem B-Beamten zugeteilt worden seien. Seine C-wertigen Arbeiten hätten sich lediglich auf die Zuerkennung der Haushaltszulage und die Führung der Personalakte für H1-Offiziere beschränkt.
Daraufhin erging der angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:
"Es wird festgestellt, daß Ihnen für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992 eine Verwendungsabgeltung nach § 30a Absatz 1 Ziffer 1 und Absatz 5 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, in der geltenden Fassung, nicht gebührt.
Ihr Antrag vom 25. November 1994 wird daher abgewiesen."
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensablaufes und Wiedergabe der Rechtslage im wesentlichen weiter aus, für die Bemessung einer Verwendungszulage bzw. Verwendungsabgeltung gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 und Abs. 5 sei eine mindestens im erheblichen Ausmaß (über 25 %) höherwertige Verwendung (diesfalls B) bezogen auf die Gesamtarbeitszeit erforderlich.
Dem Argument des Beschwerdeführers, daß nach seiner Versetzung der Arbeitsplatz B-wertig geworden sei, könne die Behörde nicht zustimmen, weil die Tätigkeiten vielfältiger geworden und einem Hilfsreferenten der Verwendungsgruppe C (unter der Dienstaufsicht des Hauptreferatsleiters) und weitere neue Agenden zur selbständigen Bearbeitung einem anderen Referenten übertragen worden seien. Die Behörde wolle aber gar nicht in Abrede stellen, daß der Beschwerdeführer neben seiner überwiegenden C-wertigen Tätigkeit fallweise B-wertige Aufgaben zu erledigen gehabt habe. Unbestritten sei jedoch, daß er im beantragten Zeitraum Agenden unter der fachlichen Leitung des Hauptreferatsleiters (das bedeute nicht vollkommen selbständig) zu erledigen gehabt habe.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem seiner Erkenntnisse vom 14. Oktober 1976, Zl. 1592/76, festgestellt habe, seien der Verwendungsgruppe B charakteristisch und damit dieser Verwendungsgruppe zuzuordnen Dienste vom Range einer selbständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit, deren klaglose Bewältigung im allgemeinen einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetze, wie sie durch Zurücklegung der als Anstellungserfordernis vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und der geforderten Ablegung entsprechender Prüfungen erlangt zu werden pflegten.
In diesem Sinne könne die Frage, ob eine dienstliche Tätigkeit in die Verwendungsgruppe C oder in die Verwendungsgruppe B einzuordnen sei, auch nicht nach dem Merkmal der "selbständigen Problemlösung" entschieden werden. Vielmehr erscheine die Bedachtnahme darauf unerläßlich, wie das einzelne Problem geartet sei und welches Wissen zu seiner Bewältigung benötigt werde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1979, Zl. 1008/78).
Wie jedoch das Ermittlungsverfahren ergeben habe und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden sei, sei seine Tätigkeit größtenteils unter der Leitung des Hauptreferatsleiters ausgeübt und damit von ihm nur eine prozentmäßig geringe, keinesfalls jedoch erheblich höherwertige Tätigkeit geleistet worden. Da von keiner erheblich höherwertigen Tätigkeit gesprochen werden könne, sei erkennbar, daß dem Beschwerdeführer "keine Verwendungsabgeltung gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 und Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 in der geltenden Fassung" gebühre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Verwendungszulage (in eventu auf Verwendungsabgeltung) nach § 30a Abs. 1 Z. 1 (in eventu iVm Abs. 5 GG) 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Da es sich bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruch um einen zeitraumbezogen zu sehenden handelt, ist die im Beschwerdefall maßgebende Rechtslage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 und Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 24. Gehaltsgesetznovelle, BGBl. Nr. 214/1972 (also in der vor dem Besoldungsreformgesetz BGBl. Nr. 550/1994 geltenden Fassung), zu beurteilen.
Nach § 30a Abs. 1 Z. 1 GG 1956 gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind.
Leistet der Beamte die im Abs. 1 erwähnten Dienste nicht dauernd, aber mindestens während eines Kalendermonates, so gebührt ihm hiefür gemäß Abs. 5 der genannten Bestimmung eine nicht ruhegenußfähige Verwendungsabgeltung.
Nach § 13b Abs. 1 GG 1956 verjährt der Anspruch auf Leistungen, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Februar 1980, Slg. NF Nr. 10.050/A, für die Unterscheidung zwischen der Verwendungszulage und der Verwendungsabgeltung es für maßgeblich erachtet, ob von vornherein eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer bestanden hat oder nicht. Eine solche Begrenzung liegt aber nicht nur dann vor, wenn der Endzeitpunkt der Verwendung bereits datumsmäßig festgelegt ist, sie kann sich auch aus der Art und den Umständen des dienstlichen Einsatzes ergeben. Handelt es sich bloß um eine Vertretung und steht fest, daß eine Nachfolge durch den Vertreter nicht in Betracht kommt, so kann darin in der Regel nur eine vorübergehende, nicht aber eine dauernde Verwendung erblickt werden (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1983, Slg. NF Nr. 11.085/A).
Für den Beamten der Verwendungsgruppe B charakteristisch und damit dieser Verwendungsgruppe zuzuordnen sind Dienste vom Rang einer selbständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit, deren klaglose Bewältigung im allgemein einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetzt, wie sie durch Zurücklegung der als Definitivstellungserfordernis festgelegten Zeit praktischer Verwendung und durch Ablegung einer entsprechenden Dienstprüfung erlangt zu werden pflegen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise Erkenntnis vom 25. Oktober 1978, Slg. NF Nr. 9.673/A).
Grundlage für einen Anspruch auf Verwendungs(gruppen)zulage ist weiters, daß die höherwertige Tätigkeit in einem erheblichen Ausmaße, nämlich von mehr als 25 % der Gesamttätigkeit, erbracht wird (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1977, Slg. NF Nr. 9.446/A).
Ungeachtet dessen, daß im ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers die Bezeichnung "Verwendungsabgeltung" verwendet wird, ergibt sich insbesondere auch aus seinem Vorbringen im Parteiengehör, daß er dem Kern nach einen Anspruch auf Verwendungs(gruppen)zulage geltend machte. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist im Gesamtzusammenhang mit der Begründung und weil über einen Anspruch nach § 30a Abs. 1 Z. 1 UND Abs. 5 GG abgesprochen worden ist dahingehend zu verstehen, daß mit diesem Bescheid seitens der belangten Behörde sowohl ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Verwendungsgruppenzulage als auch auf Verwendungsabgeltung, und zwar für den gesamten Zeitraum vom 1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992, verneint worden ist.
Sachverhaltsmäßige Voraussetzung für einen solchen Abspruch wäre die Erhebung der gesamten dienstlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum und deren Bewertung und Quantifizierung gewesen. Diesen Anforderungen wird aber schon die dem Verfahren zugrundegelegte "Stellungnahme der Personalabteilung" vom 20. Jänner 1995 nicht gerecht. Es werden in dieser zwar Angelegenheiten genannt, an denen der Beschwerdeführer angeblich lediglich MITGEARBEITET haben soll, dann aber ohne jeglichen sachverhaltsmäßigen Zusammenhang die Aussage getroffen, der Beschwerdeführer habe zu 20 % B-wertige Aufgaben besorgt. Im Parteiengehör hat der Beschwerdeführer dem entgegen unter Angabe von konkreten Beispielsfällen die Auffassung vertreten, er habe jedenfalls in erheblichem Ausmaße B-wertige Tätigkeiten verrichtet.
Vor diesem sachverhaltsmäßigen Hintergrund stützt die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Anspruches auf Verwendungs(gruppen)zulage darauf, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers sowohl nicht vollkommen selbstständig erbracht worden sei als auch die erforderliche Erheblichkeitsgrenze von 25 % B-wertiger Arbeit nicht überschritten worden sei. Diesen Aussagen mangelt es aber an entsprechenden sachverhaltsmäßigen Feststellungen. Die Behörde hat weder angegeben, welche Aufgaben der Beschwerdeführer insgesamt zu besorgen hatte, noch in welchem Umfang sie als B-wertig einzustufen wären, noch ist eine Auseinandersetzung und Feststellung hinsichtlich der angeblich weitgehenden Unselbständigkeit der Arbeitserbringung des Beschwerdeführers erfolgt. Daß Letzteres seitens des Beschwerdeführers im Parteiengehör eingeräumt worden wäre, kann ausgehend von der Stellungnahme des Beschwerdeführers keinesfalls gesagt werden.
Zu der für einen allfälligen Anspruch auf Verwendungsabgeltung entscheidenden Frage, ob der Beschwerdeführer allenfalls die im § 30a Abs. 1 Z. 1 GG erwähnten Dienste nicht dauernd, aber mindestens während eines Kalendermonates geleistet habe, fehlen jegliche sachverhaltsmäßigen Feststellungen. Auch wenn Vieles dafür spricht, daß es sich bei der Verwendung des Beschwerdeführers nicht um eine befristete, sondern um eine dauernde gehandelt hat und auch keine Problematik hinsichtlich einer allfälligen Vertretungsfunktion in dem in Frage stehenden Zeitraum vorhanden zu sein scheint, so kann diese Frage doch nicht mit Sicherheit abschließend beurteilt werden.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aus den vorher dargestellten Gründen mit so schweren Verfahrensmängeln behaftet, daß er einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im fortzusetzenden Verfahren wird allenfalls gemäß § 13b Abs. 1 GG auch darauf Bedacht zu nehmen sein, daß der Beschwerdeführer seine vermeintlichen besoldungsrechtlichen Ansprüche für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992 erst mit Schreiben vom 25. November 1994 (eingelangt bei der Behörde am 29. November 1994) geltend gemacht hat.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995120253.X00Im RIS seit
11.07.2001