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L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §57 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des W in Z, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. März 1996, Zl. 1601/6, betreffend Entzug der Tiroler Jagdkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Tiroler Jagdkarte des Beschwerdeführers gemäß § 29 Abs. 2 und Abs. 1 lit. a des Tiroler Jagdgesetzes 1983, LGBl. Nr. 60, in der Fassung LGBl. Nr. 68/1993, (JG) für ungültig erklärt und eingezogen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß gegen den Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. November 1995 ein Waffenverbot nach § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986 erlassen worden sei. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers sei innerhalb der Frist des § 57 Abs. 3 AVG das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, sodaß das Waffenverbot zwar nicht in Rechtskraft erwachsen sei, aber doch "bis zur Erlassung des neuen Bescheides" aufrecht bestehe. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers setze § 29 Abs. 1 lit. a JG nicht die Rechtskraft des Waffenverbotes voraus.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 29 Abs. 1 lit. a zweiter Fall JG ist Personen, denen der Besitz von Waffen und Munition nach § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 verboten wurde, die Ausstellung einer Tiroler Jagdkarte trotz des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 28 zu versagen.
Tritt eine der in § 29 Abs. 1 angeführten Tatsachen erst nach Ausstellung der Tiroler Jagdkarte ein, hat die Behörde nach Abs. 2 der genannten Bestimmung die Tiroler Jagdkarte für ungültig zu erklären und einzuziehen.
Nach § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Eine gegen ein Verbot nach Abs. 1 eingebrachte Berufung hat gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung keine aufschiebene Wirkung.
Unbestritten ist, daß gegen den Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. November 1995 ein Waffenverbot nach § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 erlassen wurde und daß der Beschwerdeführer gegen diesen Mandatsbescheid rechtzeitig Vorstellung erhoben hat. Der Mandatsbescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer des schweren Eingriffes in ein fremdes Jagdrecht und eines Vergehens nach dem Waffengesetz verdächtig sei. Diesbezüglich sei auch ein Strafverfahren anhängig. Beim Beschwerdeführer seien zwei gemäß § 11 Waffengesetz verbotene Waffen gefunden worden. Es sei die Annahme gerechtfertigt, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck nach Erhebung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid "bloß mit Kurzmitteilung vom 24.11.1995 an den "Bezirksanwalt beim Bezirksgericht" ersucht (habe), den Gerichtsakt nach Abschluß des dortigen Verfahrens zur Akteneinsicht zu übersenden", welche Vorgangsweise "keine Einleitung eines Verfahrens i.S. des § 32 VStG" darstelle, ist ihm entgegenzuhalten, daß die in § 57 Abs. 3 AVG verankerte Verpflichtung der Behörde, binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt, keineswegs die Vornahme von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG verlangt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, daß sie sich nach Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit befaßt. Eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form ist für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht vorgeschrieben (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 431 zitierte Rechtsprechung). Solcherart stellt auch ein Ersuchen um Übersendung des Gerichtsaktes, der die Straftat betrifft, deren Verdacht dem Mandatsbescheid zugrundegelegt wurde, einen Schritt zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens dar. Darüber hinaus ist aktenkundig, daß nach Einlangen der Vorstellung von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 24. November 1995 eine Strafregisterauskunft eingeholt und die Strafvormerkungen des Beschwerdeführers erhoben wurden. Diese Maßnahmen sind gleichfalls als dem Ermittlungsverfahren zuzurechnende Schritte anzusehen. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, daß der Mandatsbescheid, mit dem das Waffenverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde, zufolge der rechtzeitigen Einleitung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 57 Abs. 3 AVG nicht außer Kraft getreten ist.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, daß § 29 Abs. 1 lit. a zweiter Fall JG das Vorliegen eines rechtskräftigen Waffenverbotes voraussetze. Eine derartige Auslegung findet weder im Wortlaut noch im Zweck der Norm eine Grundlage. Im Gegensatz zu den Versagungsgründen der lit. b bis f des § 29 Abs. 1 JG, deren Tatbestand ausdrücklich die Rechtskraft der betreffenden Entscheidung verlangt, sieht das Gesetz für den Versagungsgrund des zweiten Falles der lit. a nicht die Rechtskraft des nach § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986 erlassenen Waffenverbotes vor. Dies ist deshalb berechtigt, weil die Verhängung eines Waffenverbotes die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauches von Waffen voraussetzt und der daraus abgeleiteten Gefährdung öffentlicher Interessen ein so großes Gewicht beigemessen wird, daß ein solches Verbot zufolge des in § 12 Abs. 2 Waffengesetz 1986 normierten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung sofort mit seiner Erlassung rechtswirksam wird. Daß ein solcherart rechtswirksames Waffenverbot einen Versagungsgrund für die Ausstellung einer Jagdkarte darstellt, findet in dem dem § 29 Abs. 1 JG innewohnenden Zweck der Hintanhaltung einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit volle Deckung. Mit seinem Einwand, man komme in diesem Falle "zu dem sachlich keinesfalls zu rechtfertigenden Ergebnis, daß jemandem, der noch nicht im Besitze einer Jagdkarte ist, trotz eines anhängigen Strafverfahrens eine solche ausgestellt werden kann, daß aber im Gegenzug ein bloß aufgrund eines Mandatsbescheides erlassenes, nicht rechtskräftiges Waffenverbot automatisch den Entzug der Jagdkarte nach sich zöge", übersieht der Beschwerdeführer, daß der Erlassung eines Waffenverbotes ein höherer Stellenwert in bezug auf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit beizumessen ist als der bloßen Anhängigkeit des Strafverfahrens. An diesem Auslegungsergebnis vermag auch der Hinweis auf § 12 Abs. 3 und 6 Waffengesetz 1986 nichts zu ändern, steht es dem Landesgesetzgeber doch frei, die Gründe für die Versagung einer Jagdkarte unabhängig von allfälligen, den angeführten Bestimmungen zugrundeliegenden Vorstellungen zu regeln.
Eine Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung des Mandatsbescheides, mit dem das Waffenverbot gegen den Beschwerdeführer verhängt wurde, hatte im gegenständlichen Verfahren entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zufolge des Eintrittes der Rechtswirksamkeit des genannten Bescheides zu unterbleiben.
Für den hier maßgebenden Tatbestand des zweiten Falles des § 29 Abs. 1 lit. a JG ist es auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer verläßlich im Sinne des § 6 Waffengesetz 1986 ist. Das darauf bezugnehmende Vorbringen in der Beschwerde geht daher ins Leere.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Jagdkarte EntzugJagdkarte AusstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996030098.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
27.06.2016