TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/19 96/07/0064

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Veröffentlicht am 19.09.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/04 Erbrecht einschließlich Anerbenrecht;

Norm

HöfeG Tir §3 Abs1;
HöfeG Tir §5 Abs1;
HöfeG Tir §7 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des W in P, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 1995, Zl. LHK-77/4, betreffend Aufhebung der Hofeigenschaft und Abtrennung vom geschlossenen Hof, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 9. Februar 1995 beantragte der Beschwerdeführer bei der Höfekommission der Gemeinde P. (HK) die Aufhebung der Hofeigenschaft des geschlossenen Hofes "Sch." Begründet wurde der Antrag damit, daß aus den landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücken des Hofes nicht einmal das Existenzminimum für einen Zweipersonenhaushalt erwirtschaftet werden könne, geschweige denn der Unterhalt einer fünfköpfigen Familie. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers habe seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus dem auf dem Grundstück Nr. 207/2 betriebenen Gast- und Beherbergungsbetrieb erwirtschaftet. Der Beschwerdeführer habe diese Möglichkeit nicht, weil ihm die Befähigung zur Führung eines Gastgewerbebetriebes fehle und er nur die Landwirtschaft betreiben wolle.

Mit einem weiteren Antrag vom 25. April 1995 begehrte der Beschwerdeführer die Bewilligung zur Abtrennung des Grundstückes Nr. 207/2 aus dem Gutsbestand des geschlossenen Hofes "Sch." Zur Begründung führte er aus, auf Grundstück Nr. 207/2 werde ausschließlich ein Gewerbebetrieb unterhalten. Das Grundstück werde daher nicht landwirtschaftlich genützt, weshalb ein Verbleib im Grundstücksverband des geschlossenen Hofes untunlich sei. Der Hof sei schwer verschuldet. Um diese Schulden abzutragen, müsse der Beschwerdeführer die vorhandene Substanz so gut wie möglich nützen. Die derzeitige Situation sei dadurch gekennzeichnet, daß der Beschwerdeführer mit seiner Familie inmitten der Fremdenzimmer wohne. Die Versuche seines Rechtsvorgängers, sich im Bereich des Wirtschaftsgebäudes auf Grundstück Nr. 313 ein Wohngebäude zu errichten, seien daran gescheitert, daß nach Ansicht der Baubehörde der geschlossene Hof als solcher über eine Wohnstätte verfüge und deshalb ein derartiger Neubau nicht erforderlich sei und der Raumordnung nicht entspreche. Es liege auf der Hand, daß der Gast- und Beherbergungsbetrieb nicht wirklich einträglich bewirtschaftet werden könne, wenn Bauer und Dienstleute, von Feld und Stall kommend, durch die für die Gäste gewidmeten Räumlichkeiten streifen müßten. Eine Trennung dieser Bereiche sei daher dringend erforderlich. Der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes werde durch das Herauslösen des gewerblich genutzten Grundstückes Nr. 207/2 nicht gefährdet.

Mit Bescheid vom 10. Juli 1995 wies die HK gemäß § 7 des Tiroler Höfegesetzes, LGBl. Nr. 47/1900 (THG) den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Hofeigenschaft ab und versagte gemäß § 5 THG die Bewilligung zur Abtrennung des Grundstückes Nr. 207/2.

In der Begründung heißt es, der Sch.-Hof mit einer Flächenaustattung von fast 4 ha Wiesen in bester Lage samt intaktem Wirtschaftsgebäude könne sehr wohl als Grundlage für einen bäuerlichen Familienbetrieb im Sinne des THG angesehen werden. Der Hof habe weder durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse noch durch andere Umstände die Eignung zur Erhaltung einer Familie verloren.

Der Gastbetrieb mit integrierter Wohnung habe seit jeher einen integrierenden Bestandteil des geschlossenen Hofes dargestellt. Die jeweiligen Eigentümer hätten stets im Wohn- und Gastgewerbegebäude gewohnt. Der Beschwerdeführer habe den Hof als Landwirt erworben. Durch die Abtrennung des Wohngebäudes würde die Eigenschaft als Hof verlorengehen und es stünden der Abtrennung erhebliche wirtschaftliche Bedenken entgegen. Durch die Abtrennung sei eine landwirtschaftliche Nutzung nur mehr unter erschwerten Umständen möglich, vor allem dann, wenn das Gebäude in fremde Hände übergehen sollte, was nach dem Grundverkehrsgesetz möglich wäre. Es bestünde keine ordnungsgemäße Zufahrt mehr, insbesondere würde durch gänzliche Abtrennung der Hofraum eingeengt, da ja ein neues landwirtschaftliches Wohngebäude im bestehenden Hofraum errichtet werden müßte.

Der Beschwerdeführer berief.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Landwirtschaft zu der Frage ein, welcher Ertrag auf dem geschlossenen Hof des Beschwerdeführers bei einer Bewirtschaftung durch einen Durchschnittslandwirt erzielt werden kann.

Der Amtssachverständige kam in seinem Gutachten vom 9. Oktober 1995 zu dem Ergebnis, der Hof des Beschwerdeführers erziele bei Bewirtschaftung durch einen Durchschnittslandwirt folgenden Ertrag:

    1. Ertrag aus Forstwirtschaft         S   8.500,-

    2. Ertrag aus der Landwirtschaft      S  32.500,--

    3. Ertrag aus Beihilfen und Zuschüssen S  28.483,--

    4. Mietwert Bauernhaus                S 154.080,--

    5. Mietwert Wirtschaftsgebäude        S 102.000,--

    jährlicher Ertrag                     S 325.563,--

    Dies entspreche einem monatlichen Nettoeinkommen von

S 27.130,--.

Zu den Punkten "Ertrag aus Beihilfen und Zuschüssen", "Mietwert Bauernhaus" und "Mietwert Wirtschaftsgebäude" heißt es im Gutachten:

3. Einkommen aus Beihilfen und Zuschüssen

Diese Zuschüsse sind rechtlich verankert und bilden mit Sicherheit einen fixen Bestandteil im landwirtschaftlichen Einkommen. Ihnen kommt in Zukunft jedoch eine weit größere Bedeutung zu, da die EU dadurch versucht, die massiven Preiseinbrüche etwas abzufangen. Durchscnittslandwirte mit Facharbeiterprüfung verfügen sicherlich über solche Kenntnisse, daß sie die Bewirtschaftung des Betriebes so optimieren, damit die bestmöglichen Förderungen in Anspruch genommen werden können.

Somit wäre die Teilnahme an den unten angeführten Programmen ohne weiteres möglich, weshalb für einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Zone I mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 3,66 ha folgende Zuschüsse denkbar wären:

    Ausgleichszulage (Zone I)

         S 1.400,--/ha x 3,66             = S  5.124,--

    Elementarförderung

         S   650,--/ha x 3,66             = S  2.379,--

    Förderung aus ÖPUL

    (biologische Wirtschaftsweise)

         S 3.000,--/ha x 3,66             = S 10.980,--

    Mutterkuhhaltungsprämie

         S 2.500,--/Kuh x 4               = S 10.000,--

    Summe der Beihilfen                   = S 28.483,--

                                          =============

4. Ertrag aus dem zum Betrieb gehörenden Wohnhaus

Das Bauernhaus wird derzeit als Gasthof mit Fremdenzimmervermietung genutzt und daher auf gewerblicher Basis geführt. Einem Durchschnittslandwirt kann die Führung eines Gewerbebetriebes sicherlich nicht zugemutet werden, deshalb kann nicht der Ertrag aus dem Gewerbebetrieb herangezogen werden.

Vielmehr ist dafür der Mietwert des restlichen Gebäudes (neben Betriebsleiterwohnung und Altenteil, die selbst benötigt werden) als Einnahmequelle in Rechnung zu stellen.

Dies sieht wie folgt aus:

         Gesamtwohnnutzfläche             1.130 m2

         - Eigenbedarf

           (Betriebsleiterwohnung,

            Altenteil                 -     200 m2

         Restfläche für Vermietung          930 m2

Der Eigenbedarf von 200 m2 Wohnnutzfläche resultiert aus 130 m2 bis 150 m2 für die Betriebsleiterwohnung und 50 m2 bis 70 m2 für den Altenteil. Dies entspricht jenem Standard, der tirolweit großteils vorhanden ist.

Bei einem Preis von ca. S 38,--/m2 und Monat, der in der Gemeinde P. für die Vermietung erzielt wird, ergibt sich ein Ertrag aus der Vermietung von:

930 m2 x S 38,-- = S 35.340,-- pro Monat

Es wird darauf hingewiesen, daß die oben angeführten Zahlen über Gesamtwohnnutzfläche und Mietwert pro m2 und Monat auf Angaben der Gemeinde P. basieren.

Nimmt man nun den Mietwert für die Betriebsleiterwohnung und den Altenteil mit S 2.500,-- pro Monat und zählt den Mietwert der Restfläche hinzu, so ist ein Rohertrag aus dem Wohnhaus von S 37.840,-- pro Monat zu erzielen.

Dies entspricht einem jährlichen Rohertrag von:

S 37.840,-- x 12 = S 454.080,--.

Nach Abzug der AfA (Gebäudeabschreibung 1 % jährlich), Versicherungen, Steuern und Gebühren in der Höhe von insgesamt S 300.000,-- bleibt ein jährlicher Ertrag von:

    Rohertrag                             S 454.080,--

    - AfA, Versicherungen, Steuern,

      Gebühren                        -   S 300.000,--

    Ertrag Wohnhaus                       S 154.080,--

5. Ertrag aus dem Wirtschaftsgebäude:

Wie eingangs festgestellt, verfügt der Hof "Sch." in EZl. 90004 GB U. über ein relativ großes Wirtschaftsgebäude. Der Rinderbereich im Stallteil reicht aus, um den auf die vorhandene Eigenfläche ausgelegten Viehstand unterzubringen. Zusätzlich sind 20 Pferdeboxen in diesem Gebäude untergebracht.

Es liegt sicher nicht im Interesse eines Durchschnittslandwirtes, diesen Pferdestall leerstehen zu lassen, sondern für eine sogenannte Pensionspferdehaltung zu verwerten. Dabei werden die vorhandenen Boxen vom Landwirt zur Verfügung gestellt. Die Fütterung und Pflege der Tiere erfolgt durch den Besitzer. Da die Nachfrage in dieser Gegend gegeben ist, ist ein Mietwert von S 800,-- pro Pferdebox und Monat realistisch, sodaß bei 20 Pferdeboxen ein Rohertrag von S 192.000,-- pro Jahr (S 800,-- x 20 x 12) zu verzeichnen ist.

Für das gesamte Stallgebäude im Wert von rund S 4 Millionen und einer Nutzungsdauer von 50 Jahren wird ein Betrag von jährlich S 90.000,-- für AfA (= Abschreibung für Abnützung) und Versicherungen in Abzug gebracht.

    Rohertrag                             S 192.000,--

    - AfA, Versicherungen             -   S  90.000,--

    Ertrag Wirtschaftsgebäude             S 102.000,--"

Der Beschwerdeführer brachte in seiner Stellungnahme zu diesem Gutachten vor, bei der Berechnung des Ertrages aus Forstwirtschaft und aus Viehhaltung seien offenbar Maximalpreise angesetzt worden. Beihilfen und Zuschüsse stellten schon begrifflich keinen Ertrag dar und es könne keineswegs angenommen werden, daß diese Zahlungen überhaupt und wenn ja, auf Dauer zur Verfügung stünden. Die Erträge aus dem zum Betrieb gehörenden Wohnhaus und aus dem Wirtschaftsgebäude stünden mit der Landwirtschaft in keinem Zusammenhang und seien daher nicht zu berücksichtigen. Der Amtssachverständige begründe auch seine Behauptung nicht, daß Nachfrage nach einer Pensionspferdehaltung gegeben sei. Angesichts der geringen Besiedlungsdichte und der überwiegend agrarwirtschaftlichen Strukturen sei nicht ersichtlich, wer einen solchen andauernden Bedarf an 20 Pferdepensionsgelegenheiten haben könnte.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

In der Begründung stützte sie sich bezüglich der Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Hofeigenschaft im wesentlichen auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft.

Zur Ablehnung des Antrages auf Bewilligung der Abtrennung des Grundstückes Nr. 207/2 führte die belangte Behörde aus, aus den Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978 folge, daß der Tiroler Landesgesetzgeber beengte Orts- und Hoflagen als Mangel der Agrarstruktur ansehe, den es zu beseitigen gelte. Wenn man nun berücksichtige, daß im Beschwerdefall beabsichtigt sei, das Wohngebäude, welches im unmittelbaren Nahbereich des Wirtschaftsgebäudes liege, abzutrennen, so würde genau ein derartiger Mangel in der Agrarstruktur, nämlich eine beengte Hoflage, neu geschaffen. Zutreffend habe die erste Instanz in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß im Falle der Abtrennung des bestehenden Wohnhauses im Nahbereich des Wirtschaftsgebäudes ein neues Wohnhaus geschaffen werden müßte. Anknüpfend daran müsse nach Auffassung der belangten Behörde weiters davon ausgegangen werden, daß der beabsichtigten Abtrennung des landwirtschaftlichen Wohnhauses auch erhebliche wirtschaftliche Bedenken im Hinblick auf die gedeihliche Entwicklung des Hofes als wirtschaftliche Einheit entgegenstünden. Darüber hinaus würde der Sch.-Hof im Falle der Abtrennung des Wohnhauses jedoch auch die weitere Eignung zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie verlieren, weil der geschlossene Hof seiner wesentlichen Substanz beraubt würde und die Neuerrichtung eines Wohnhauses vor dem Hintergrund der vom landwirtschaftlichen Amtssachverständigen durchgeführten Ertragsberechnung wohl nicht mehr möglich wäre. Verfehlt sei auch die Auffassung des Beschwerdeführers, für die beabsichtigte Abtrennung des Wohngebäudes könne die Vorschrift des § 6 Abs. 1 THG herangezogen werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 93/96-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, die vom Gutachter vorgenommenen Holz- und Fleischbewertungen setzten eine überaus optimistische Sicht der Wirtschaftslage voraus. Vor allem aber sei zu rügen, daß Einkünfte in die Berechnung der Ertragskraft des Hofes einbezogen worden seien, die nichts mit dem Hof als landwirtschaftlichem Betrieb zu tun hätten.

Beihilfen und Zuschüsse seien nicht als Ertrag anzusehen. Mieteinnahmen stellten keine bäuerliche Einkunftsart dar. Außerdem gehe die Ermittlung eines Mietwertes für das Bauernhaus vollkommen am tatsächlichen Markt vorbei. Unberücksichtigt bleibe auch, daß zur Schaffung dieser Vermietungsgelegenheit namhafte Aufwendungen in Form von Umbauarbeiten anfallen würden. Auch die Übernahme von Pensionspferden stelle keine landwirtschaftliche Tätigkeit dar. Außerdem habe der Sachverständige seine Behauptung, es sei Nachfrage nach einer solchen Pensionspferdehaltung gegeben, nicht begründet, was angesichts der geringen Besiedlungsdichte in dieser Gegend und der überwiegenden agrarwirtschaftlichen Strukturen der dort gelegenen Siedlungen unverständlich sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn ein geschlossener Hof durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse oder durch andere Umstände die Eignung zur Erhaltung einer Familie überhaupt dauernd verliert, so ist nach § 7 Abs. 1 THG über Einschreiten des Eigentümers auf Aufhebung der Hofeigenschaft zu erkennen.

Der Begriff der Familie nach § 7 Abs. 1 THG ist so wie in § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 THG zu verstehen, d.h. der Fortbestand der Höfeeigenschaft ist von der weiteren Eignung zur angemessenen Erhaltung einer fünfköpfigen Familie abhängig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1971, Slg. N.F. 8.000/A).

Die belangte Behörde nahm, dem Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft folgend, einen Ertrag aus Fortwirtschaft in Höhe von S 8.500,-- und aus Viehhaltung von S 32.500,-- an. Dem hält der Beschwerdeführer lediglich entgegen, die im Gutachten vorgenommenen Holz- und Fleischbewertungen setzten eine überaus optimistische Sicht der Wirtschaftslage voraus, ein Einwand, der als bloße, nicht näher konkretisierte Behauptung nicht geeignet ist, die Ausführungen des Sachverständigen als unrichtig erkennen zu lassen.

Die belangte Behörde hat dem aus dem geschlossenen Hof des Beschwerdeführers zu erwirtschaftenden Ertrag auch Einnahmen aus Beihilfen und Zuschüssen zugerechnet. Daß die vom Amtssachverständigen aufgelisteten Beihilfen und Zuschüsse für den Betrieb des Beschwerdeführers von vornherein nicht in Frage kommen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen handelt es sich dabei um Zuschüsse und Beihilfen, die bei entsprechender Bewirtschaftung des Hofes zu erhalten sind. Der sachverständig getroffenen Feststellung, daß solche Zuschüsse und Beihilfen zu erhalten sind, ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Schließlich hat die belangte Behörde dem Ertrag aus dem geschlossenen Hof auch die aus einer Vermietung des Bauernhauses und einer Vermietung des Wirtschaftsgebäudes für Zwecke der Pensionspferdehaltung erzielbaren Einnahmen hinzugerechnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Nebenerwerbsmöglichkeiten, die nicht der landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind, im THG nicht Bedacht genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1971, Slg. N.F. 8.000/A). Der Ertrag aus irgendeinem tatsächlich gerade ausgeübten oder einem für die Berechnung gedachten, nach den jeweiligen Umständen in Betracht kommenden Nebenerwerb kann dem Hof als landwirtschaftliche Besitzung (§ 1 THG) nicht zugeordnet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1985, Zl. 84/07/0370).

Der vom Amtssachverständigen als Ertrag aus dem zum Betrieb gehörenden Wohnhaus angesetzte Betrag von S 154.080,-- geht von der fiktiven Annahme der Möglichkeit einer Vermietung der nicht für den Eigenbedarf benötigten Gesamtwohnnutzfläche aus. Solche - fiktiven - Einnahmen stehen in keinem Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit, sondern stellen eine Einnahme aus einem Nebenerwerb dar und sind daher bei der Ermittlung des Ertrages nicht zu berücksichtigen.

Der Amtssachverständige versteht unter der "Pensionspferdehaltung" die Überlassung der im Hof des Beschwerdeführers vorhandenen Pferdeboxen an fremde Pferdebesitzer zur Einstellung der Pferde, wobei diese durch die Besitzer der Tiere gefüttert und gepflegt werden. Eine derartige Tätigkeit zählt nicht mehr zur Landwirtschaft, wie sich aus der Gewerbeordnung ableiten läßt.

Nach § 2 Abs. 3 Z. 2 der Gewerbeordnung 1994

- vergleichbare Normen fanden sich bereits in den Vorgängerbestimmungen - gehört zu der - von der Gewerbeordnung ausgenommenen - landwirtschaftlichen Tätigkeit das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnise. Wesentliches Typenmerkmal der zur Landwirtschaft zählenden Tierhaltung sind zumindest minimale Betreuungs- oder Fütterungstätigkeiten (vgl. Massauer, Die Land- und Forstwirtschaft in der GewO einschließlich der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, in: Rill, Gewerberecht - Beiträge zu Grundfragen der GewO 1973, 37, und das dort angeführte hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 1969, Slg. N.F. 7.693/A), wobei es nicht erforderlich ist, daß der Betreuer der Tiere auch ihr Eigentümer ist. Ein bloßes Überlassen von Pferdeboxen ohne irgendeine Betreuungs- und Fütterungstätigkeit stellt aber keine landwirtschaftliche Tätigkeit dar, sondern einen Nebenerwerb, der bei der Ertragsberechnung außer Betracht zu bleiben hat. Davon abgesehen, hat der Amtssachverständige seine Behauptung, daß eine Nachfrage nach derartigen Leistungen am Hof des Beschwerdeführers bestünde, trotz entsprechender Einwände des Beschwerdeführers nicht begründet.

Überdies hat die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen, welcher finanzielle Aufwand erforderlich ist, um eine fünfköpfige Familie unter Bedachtnahme auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erhalten. Die Frage, ob die Erträgnisse eines geschlossenen Hofes zur angemessenen Erhaltung einer fünfköpfigen Familie ausreichen, kann aber nur auf der Basis der nach objektiven Kriterien zu ermittelnden Höhe des finanziellen Aufwandes zur angemessenen Erhaltung einer Familie dieser Größe beantwortet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 90/18/0275, u.a.).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch der Antrag des Beschwerdeführers, ihm die Abtrennung von Bestandteilen seines geschlossenen Hofes zu bewilligen, abgewiesen.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung zur Abtrennung des Grundstückes Nr. 207/2 aus dem Gutsbestand des geschlossenen Hofes stellt einen Eventualantrag dar, über den nur dann zu entscheiden war, wenn der Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft abgewiesen wurde, da im Falle einer positiven Entscheidung über den letztgenannten Antrag eine Bewilligung zur Abtrennung nicht mehr erforderlich wäre. Mit dem vorliegenden Erkenntnis wird die Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Hofeigenschaft rückwirkend (§ 42 Abs. 3 VwGG) aufgehoben. Damit fällt rückwirkend auch die Voraussetzung für die Entscheidung über den Eventualantrag weg, sodaß auch die Abweisung des Antrages auf Abtrennung aufzuheben ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Familie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996070064.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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