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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. November 1994, Zl. SD 923/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. November 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Gemäß § 17 Abs. 1 FrG seien Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.
Der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge zuletzt am 22. August 1993 über den Grenzübergang Spielfeld in Österreich eingereist. Zu diesem Zeitpunkt sei er im Besitz eines Sichtvermerkes der Bundespolizeidirektion Salzburg, der vom 25. Februar 1993 bis zum 25. August 1993 Gültigkeit gehabt habe, gewesen. Grundlage für die Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung sei eine vom Beschwerdeführer vorgelegte Verpflichtungserklärung gewesen. Wie der Beschwerdeführer anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde am 19. August 1994 angegeben habe, wäre es alleiniger Zweck seines Aufenthaltes in Österreich gewesen, im Bundesgebiet Lebensmittel zu kaufen und diese nach Bosnien zu schmuggeln. Während der Gültigkeitsdauer dieses Sichtvermerkes habe der Beschwerdeführer insgesamt siebenmal beim Grenzübergang Spielfeld die Grenze zu Österreich überschritten. Eine Verlängerung des Sichtvermerkes wäre - wie der Beschwerdeführer angebe - nicht möglich gewesen, weil sich niemand bereiterklärt hätte, für ihn neuerlich eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Trotzdem sei der Beschwerdeführer beinahe ein Jahr weiterhin in Österreich verblieben und habe jetzt, nämlich am 19. August 1994, einen Antrag bei der "Bosnienhilfe" gestellt.
Der Beschwerdeführer bestreite diesen Sachverhalt nicht, wende jedoch ein, daß auf ihn die Voraussetzungen der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 402/1993 zutreffen würden. Dem sei allerdings entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer aufgrund des ihm erteilten Sichtvermerks und nicht wegen der in seinem Heimatland herrschenden Kriegswirren nach Österreich eingereist sei. Wie dargelegt, sei der alleinige Zweck seines Aufenthalts im Bundesgebiet gewesen, von hier Lebensmittel nach Bosnien zu schmuggeln. Die Erstbehörde sei daher zu Recht davon ausgegangen, daß sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so könne aufgrund des kurzen und zum Großteil illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben keine Rede sein. Es sei daher nicht zu überprüfen gewesen, ob die vorliegende Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Entgegen der Beschwerde ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß die letzte Einreise des Beschwerdeführers in Österreich (am 22. August 1993) auf seinem damals (noch) gültigen Sichtvermerk gründete.
§ 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 368/1994, kommt für den Fall des Beschwerdeführers nämlich nicht zum Tragen. Gemäß § 1 Abs. 1 dieser Verordnung haben "Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, die auf Grund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, .. ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet". Zufolge des § 1 Abs. 2 dieser Verordnung besteht dieses Aufenthaltsrecht weiters für die nach dem 1. Juli 1993 eingereisten und einreisenden Personen gemäß Abs. 1, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich der Fremde der Grenzkontrolle stellte und ihm entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde. Der Beschwerdeführer ist - unbestrittenerweise - zuletzt nach dem 1. Juli 1993 in Österreich eingereist. Daß ihm die Einreise nicht im Hinblick auf seinen Sichtvermerk, sondern aufgrund anderer Umstände - etwa wegen der Lage in seiner Heimat - "gestattet" worden sei, wie dies von § 1 Abs. 2 der genannten Verordnung vorausgesetzt wird, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Die genannte Verordnung kann somit keine Grundlage für eine Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers in Österreich abgeben. Gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nach dem Ende der Gültigkeit seines Sichtvermerkes ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhalte, bestehen daher keine Bedenken.
Damit hat die belangte Behörde das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - für die Erlassung einer Ausweisung gegen den Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 FrG zutreffend bejaht.
2. Die Beschwerde hält den bekämpften Bescheid im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig, weil die belangte Behörde zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, "daß durch die Ausweisung wegen der Kriegssituation in Bosnien in Verbindung mit der Verfolgung der dort lebenden Moslems ein eklatanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erfolgen würde".
Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, wird doch mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0193).
Damit ist auch der Verfahrensrüge, daß der von der belangten Behörde ermittelte Sachverhalt hinsichtlich der Lage in Bosnien-Herzegowina ergänzungsbedürftig wäre, der Boden entzogen.
3. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180642.X00Im RIS seit
20.11.2000