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72/01 HochschulorganisationNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung des Antrags auf Aufhebung von Wortfolgen der Privatuniversitäten-AkkreditierungsV 2015; gesetzliche Grundlage der Privatuniversitäten-AkkreditierungsV 2015 im Hochschul-QualitätssicherungsG; Konkretisierung des gesetzlichen Prüfbereichs betreffend Organisation und Leitungsstrukturen von Privatuniversitäten durch die Verordnung zur Sicherung der Freiheiten für Universitätsangehörige ist keine unzulässige Verweisung auf das UniversitätsG 2002; verordnungsrechtliche Frist für die Behebung von Mängeln bei der Verlängerung der Akkreditierung steht nicht im Widerspruch zum Hochschul-QualitätssicherungsGSpruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht
"[die] Aufhebung der Wortfolge 'insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und' in §14 Abs5 litb sowie der Wortfolge 'bis zu' in §15 Abs2 der Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (PU-AkkVO), beschlossen in der 27. Sitzung des Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria am 28. Mai 2015, kundgemacht auf der Internetseite der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, wegen Gesetzwidrigkeit".
In eventu stellt das Bundesverwaltungsgericht
"den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Wortfolge 'insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und' in §14 Abs5 litb sowie die Wortfolge 'bis zu' in §15 Abs2 der Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (PU-AkkVO), beschlossen in der 27. Sitzung des Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria am 28. Mai 2015, kundgemacht auf der Internetseite der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, gesetzwidrig waren;
in eventu
den Antrag auf Aufhebung von §14 Abs5 litb sowie §15 Abs2 der Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (PU-AkkVO), beschlossen in der 27. Sitzung des Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria am 28. Mai 2015, kundgemacht auf der Internetseite der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, wegen Gesetzwidrigkeit;
in eventu
den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass §14 Abs5 litb sowie §15 Abs2 der Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (PU-AkkVO), beschlossen in der 27. Sitzung des Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria am 28. Mai 2015, kundgemacht auf der Internetseite der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, gesetzwidrig waren."
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen der in der 27. Sitzung des Boards der AQ Austria am 28. Mai 2015 beschlossenen und auf der Internetseite der AQ Austria kundgemachten Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (im Folgenden: PU-AkkVO 2015) lauten auszugsweise (die im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Institutionelle Akkreditierung
[…]
Kriterien für die Beurteilung der Prüfbereiche
§14. Für die Beurteilung der Prüfbereiche für die institutionelle Akkreditierung gelten insbesondere die folgenden Kriterien:
(1) […]
(5) Organisation der Privatuniversität und ihrer Leistungen
a. Die antragstellende Institution ist eine juristische Person mit Sitz in Österreich. b. Die Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten der Privatuniversität entsprechen hinsichtlich der Organe der Institution, deren Bestellung und Aufgaben internationalen Standards, wie sie insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und die Hochschulautonomie sowie die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bzw die Freiheit des künstlerischen Schaffens und der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre gewährleisten.
c. […]
(6) […]
§15. (1) Für die Verlängerung der institutionellen Akkreditierung gelten die Prüfbereiche gemäß §13 und die Kriterien für die Beurteilung der Prüfbereiche gemäß §14.
(2) Die Verlängerung der Akkreditierung kann mit Auflagen verbunden werden, wenn Mängel festgestellt werden, die voraussichtlich innerhalb einer Frist von bis zu zwei Jahren behebbar sind."
2. §24 des Bundesgesetzes über die externe Qualitätssicherung im Hochschulwesen und die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz – HS-QSG), BGBl I 74/2011, idF BGBl I 129/2017 lautet auszugsweise:
Akkreditierung von Privatuniversitäten und Studien an Privatuniversitäten
§24. (1) […]
(6) Das Board hat nach Durchführung eines öffentlichen Begutachtungsverfahrens eine Verordnung zu erlassen, in der Festlegungen hinsichtlich der Prüfbereiche und methodischen Verfahrensgrundsätze der institutionellen Akkreditierung und Programmakkreditierung zu treffen sind.
(7) […]
(9) Die erstmalige Akkreditierung einer Bildungseinrichtung oder von Studien kann nicht unter Auflagen erfolgen. Eine Verlängerung der Akkreditierung kann auch unter Auflagen erfolgen, wenn im Zuge des Akkreditierungsverfahrens Mängel festgestellt werden, die als innerhalb eines bestimmten Zeitraums behebbar eingestuft werden. Wird die Akkreditierung mit Auflagen erteilt, hat die Bildungseinrichtung der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria ein Entwicklungskonzept vorzulegen und innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nachzuweisen, dass die Auflagen erfüllt wurden. Erfolgt dies nicht, ist die Akkreditierung mit Bescheid zu widerrufen.
(10) […]"
3. §24 HS-QSG, BGBl I 74/2011, idF BGBl I 77/2020 lautet auszugsweise:
"Akkreditierung von Privathochschulen oder Privatuniversitäten und Studien an Privathochschulen oder Privatuniversitäten
§24. (1) […]
(6) Das Board hat nach Durchführung eines öffentlichen Begutachtungsverfahrens eine Verordnung zu erlassen, in der Festlegungen hinsichtlich der Prüfbereiche und Akkreditierungsvoraussetzungen gemäß PrivHG sowie den methodischen Verfahrensgrundsätze der institutionellen Akkreditierung und Programmakkreditierung zu treffen sind.
(7) […]
(9) Die erstmalige Akkreditierung einer Bildungseinrichtung oder von Studien kann nicht unter Auflagen erfolgen.
Eine Verlängerung der institutionellen Akkreditierung kann unter Auflagen erfolgen, wenn im Zuge des Akkreditierungsverfahrens Mängel festgestellt werden, die als innerhalb eines bestimmten Zeitraums behebbar eingestuft werden. Wird die Akkreditierung mit Auflagen erteilt, hat die Bildungseinrichtung innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwei Jahren nachzuweisen, dass die Auflagen erfüllt wurden. Erfolgt dies nicht, ist die Akkreditierung mit Bescheid zu widerrufen.
(10) […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die beschwerdeführende Partei vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragte die Verlängerung der institutionellen Akkreditierung als Privatuniversität. Das Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (im Folgenden: AQ Austria) gab diesem Antrag mit Bescheid vom 20. September 2019 unter Auflagen statt. Diese Auflagen stützten sich unter anderem auf §14 Abs5 litb der in der 27. Sitzung des Boards der AQ Austria am 28. Mai 2015 beschlossenen und auf der Internetseite der AQ Austria kundgemachten Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung (im Folgenden: PU-AkkVO 2015) und betrafen die Zusammensetzung und die Zuständigkeiten des Organs zur strategischen Steuerung sowie die Wahl des Rektors und des Prorektors. In den Auflagen war jeweils die Ausgestaltung "analog zu §21 UG" verlangt. Zur Erfüllung dieser zwei Auflagen setzte die AQ Austria gemäß §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 jeweils eine Frist von neun Monaten.
2. Aus Anlass der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde stellt das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof und beantragt die Aufhebung näher bezeichneter Wortfolgen in §14 Abs5 litb sowie in §15 Abs2 PU-AkkVO 2015, in eventu die Aufhebung dieser Bestimmungen zur Gänze, in eventu die Feststellung, dass diese Wortfolgen bzw diese Bestimmungen gesetzwidrig waren.
2.1. Das Bundesverwaltungsgericht führt zunächst aus, dass die AQ Austria §14 Abs5 litb sowie §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 herangezogen und sohin auch das Bundesverwaltungsgericht diese Bestimmungen bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsbehördlichen Handelns anzuwenden habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Bestimmungen der PU-AkkVO 2015 auf das bei ihm anhängige Beschwerdeverfahren anzuwenden, weil §21 Abs2 der in der 49. Sitzung des Boards der AQ Austria am 11. September 2018 beschlossenen und auf der Internetseite der AQ Austria kundgemachten (neuen) Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung 2019 (im Folgenden: PU-AkkVO 2019) anordne, dass für zum Zeitpunkt des lnkrafttretens der neuen Verordnung bereits anhängige Verfahren die (alte) PU-AkkVO (aus 2015) gelte.
2.2. In der Sache hegt das Bundesverwaltungsgericht gegen die angefochtene Wortfolge "insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und" in §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 zunächst das Bedenken, dass das Board der AQ Austria als Verordnungsgeber damit in verfassungsrechtlich unzulässigerweise auf Bestimmungen einer anderen Rechtssetzungsautorität, nämlich des Bundesgesetzgebers verweise und diese – wie die vorgeschriebenen Auflagen nahelegen würden – auch vollziehe.
§24 Abs6 HS-QSG ermächtige die AQ Austria zwar dazu, nach Durchführung eines öffentlichen Begutachtungsverfahrens eine Verordnung zu erlassen, in der Festlegungen hinsichtlich der Prüfbereiche (im Verständnis von §24 Abs3 Z5 HS-QSG, der als Prüfbereich auch die "Organisation der Hochschule und ihrer Leistungen" umfasse) und der methodischen Verfahrensgrundsätze der institutionellen Akkreditierung und Programmakkreditierung zu treffen seien. Indem das Board der AQ Austria allerdings "näher bestimmte Rechtsvorschriften aus dem Universitätsgesetz 2002, welche die Leitung und den inneren Aufbau einer Universität samt der Bestimmungen über die Konstituierung der universitären Organe betreffen", als maßgeblichen Regelungsinhalt vorsehe, habe es zudem seine Verordnungskompetenz überschritten. Eine entsprechende Verordnungsermächtigung finde sich auch nicht im Bundesgesetz über Privatuniversitäten (Privatuniversitätengesetz – PUG). Ferner komme auch eine Berufung auf Art18 Abs2 B-VG für ausgegliederte Rechtsträger wie die AQ Austria nicht in Betracht, sodass diese ohne Rechtsgrundlage gehandelt habe.
2.3. Ferner habe das Board der AQ Austria die Verordnungsermächtigung des §24 Abs6 HS-QSG durch die Festlegung einer Mängelbehebungsfrist von "bis zu zwei Jahren" in §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 überschritten. Denn §24 Abs9 dritter Satz HS-QSG sehe vor, dass eine Bildungseinrichtung "innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nachzuweisen [habe], dass die Auflagen erfüllt wurden". Indem es §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 erlaube, für die Behebung eines festgestellten Mangels einen kürzeren Zeitraum von "bis zu" zwei Jahren im Akkreditierungsbescheid vorzuschreiben, stehe diese Verordnungsbestimmung in einem Widerspruch zu §24 Abs9 dritter Satz HS-QSG und sei sohin gesetzwidrig.
2.4. Schließlich sei die PU-AkkVO 2015 zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, weil sie auf der nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes verfassungswidrigen gesetzlichen Grundlage des §24 Abs6 HS-QSG beruhe.
3. Das Board der AQ Austria hat die Akten betreffend das Zustandekommen der Verordnungsbestimmungen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der es den im Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes dargelegten Bedenken auszugsweise (ohne Hervorhebungen im Original) entgegentritt:
"Zu §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015
[…]
Nach der Bestimmung des §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 ist für die Beurteilung der Prüfbereiche für die institutionelle Akkreditierung ua folgendes Kriterium vorgesehen: 'Die Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten der Privatuniversität entsprechen hinsichtlich der Organe der Institution, deren Bestellung und Aufgaben internationalen Standards, wie sie insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und die Hochschulautonomie sowie die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bzw die Freiheit des künstlerischen Schaffens und der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre gewährleisten.' In der gegenständlichen Bestimmung wird auf das UG 2002 beispielhaft ('insbesondere') und vergleichsweise Bezug genommen.
Die Formulierung war seitens de[s] Board[s] der AQ Austria nicht als dynamische Verweisung intendiert, sondern als anlehnendes Beispiel in Zusammenhang mit dem unbestimmten Gesetzesbegriff der 'internationalen Standards', der im konkreten Einzelfall der Auslegung bedarf. Dies kommt auch in dem Schreiben der AQ Austria an die Privatuniversitäten vom 03.06.2015 zum Ausdruck, in welchem ausgeführt wird, dass es dem Board wichtig ist festzuhalten, dass es nicht um die Kopie der Organisationsstrukturen und -zuständigkeiten der öffentlich-rechtlichen Universitäten gehe, was aus rechtlichen Gründen an vielen Privatuniversitäten nicht möglich wäre. Vielmehr gehe es darum, solche Gremien und Zuständigkeiten zu definieren, welche den aufgeführten Prinzipien folgen. Das Universitätsgesetz 2002 diene hier als gutes Beispiel für die Umsetzung dieser Prinzipien.
Diese Sichtweise wird auch in der vom Board der AQ Austria in seiner 38. Sitzung am 13.12.2016 beschlossenen 'Handreichung zur Auslegung des §14 Abs5 litb PU-AkkVO: Organisationsstruktur an Privatuniversitäten' deutlich. Dieses Grundsatzpapier sollte explizit als Orientierungshilfe für die Anwendung des §14 Abs5 litb PU-AkkVO dienen, sowohl für die Hochschulen während der Antragstellung als auch für die Gutachter/innen im Begutachtungsprozess. Die Ausführungen sollten die Überlegungen des Board[s] der AQ Austria zu dem betreffenden Kriterium der PU-AkkVO vermitteln und waren nicht als zusätzliches Kriterium zu verstehen. So wurde explizit ausgeführt, dass abweichende Regelungen möglich sind, soweit sie an den in der Handreichung unter Kapitel 1 angeführten Grundlagen und Prinzipien orientiert und schlüssig begründet seien.
Die §§20 bis 25 UG gelangen somit nicht direkt zur Anwendung, sondern werden in analoger Form unter entsprechender Berücksichtigung der Besonderheiten von Privatuniversitäten eingefordert. Gewisse Grundzüge und Prinzipien hinsichtlich einer strukturellen Absicherung der universitären Freiheiten in der Governance sind von Privatuniversitäten nach Auffassung des Board[s] der AQ Austria jedenfalls zu erfüllen. Diese sind in der 'Handreichung zur Auslegung des §14 Abs5 litb PU-AkkVO: Organisationsstruktur an Privatuniversitäten' umschrieben.
Aus Sicht de[s] Board[s] der AQ Austria ist die Regelung des §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 somit nicht als gesetzwidrig einzustufen.
Zu §15 Abs2 PU-AkkVO 2015
Gemäß §24 Abs9 HS-QSG kann eine Verlängerung der Akkreditierung unter Auflagen erfolgen, wenn im Zuge des Akkreditierungsverfahrens Mängel festgestellt werden, die als innerhalb eines bestimmten Zeitraums behebbar eingestuft werden. Wird die Akkreditierung mit Auflagen erteilt, hat die Bildungseinrichtung der AQ Austria ein Entwicklungskonzept vorzulegen und innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nachzuweisen, dass die Auflagen erfüllt wurden. Erfolgt dies nicht, ist die Akkreditierung mit Bescheid zu widerrufen.
[…] Nach der Bestimmung des §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 kann die Akkreditierung mit Auflagen verbunden werden, wenn Mängel festgestellt werden, die voraussichtlich innerhalb einer Frist von bis zu zwei Jahren behebbar sind. Die Regelung erfolgte in Konkretisierung des Wortlautes von §24 Abs9 zweiter Satz ('innerhalb eines bestimmten Zeitraums') und wurde vom Board der AQ Austria in dem Sinne ausgelegt, dass die Behörde den adäquaten Zeitraum für den Nachweis der Auflagenerfüllung im jeweiligen Einzelfall innerhalb des gesetzlichen Rahmens bestimmen kann. Die Formulierung 'Mängel (...), die innerhalb eines bestimmten Zeitraums behebbar eingestuft werden' lässt darauf schließen, dass das Board der AQ Austria für jede Auflage einen bestimmten Zeitraum zur Erfüllung der Auflage und Erbringung der erforderlichen Nachweise vorschreiben kann. Diese Vorschreibung der Frist für die Auflagenerfüllung erfolgt individuell unter Berücksichtigung des Inhalts der jeweiligen Auflage und nicht pauschal für alle erteilten Auflagen.
[…]
In der vom Nationalrat am 07.07.2020 beschlossenen Neufassung des §24 Abs9 HS-QSG (BGBl I Nr 77/2020) wird nunmehr auf gesetzlicher Ebene ausdrücklich klargestellt, dass die Frist zum Nachweis der Auflagenerfüllung von der Behörde mit bis zu zwei Jahren festgesetzt werden kann. Die zusätzliche Regelung betreffend Vorlage eines Entwicklungskonzepts innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren wurde vom Gesetzgeber nicht mehr aufgegriffen. Aus Sicht des Board[s] der AQ Austria ist die Regelung des §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 somit nicht als gesetzwidrig einzustufen."
4. Die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführende Partei hat ebenfalls eine Äußerung erstattet und führt insbesondere aus (ohne Hervorhebungen im Original):
"Wenn in der Äußerung vom 7. August 2020 ausgeführt wird, dass Privatuniversitäten nur gewisse Grundzüge der §§20 bis 25 UG unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Privatuniversitäten zu erfüllen haben, ist dies nicht geeignet, das Vorbringen im Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes zu widerlegen. Denn der klare Wortlaut des §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015, der pauschal die analoge Anwendung der §§20 bis 25 UG anordnet, lässt die in der Äußerung vom 7. August 2020 ins Treffen geführte einschränkende Auslegung dieser Verordnungsbestimmung nicht zu. An diesem Ergebnis ändern das in der Äußerung erwähnte Schreiben vom 3. Juni 2015 sowie die am 13. Dezember 2016 beschlossene 'Handreichung zur Auslegung' nichts, weil sie nicht rechtsverbindlich sind.
[…] Außerdem hat das Board der AQ Austria bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 20. September 2019 die Vorschrift des §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 selbst nicht so ausgelegt, dass nur gewisse Grundprinzipien, die in §§20 bis 25 UG zum Ausdruck kommen, relevant seien. Vielmehr wurde in den Punkten 5.9. und 5.10. dieses Bescheides ausdrücklich angeordnet, dass sich die Zuständigkeit des Organs zur strategischen Steuerung nach §21 UG zu richten hat und für die Wahl des Rektors und des Prorektors §[…] 21 und §25 UG in vollem Umfang maßgeblich sind.
[…]
Wenn §24 Abs9 dritter Satz HS-QSG idgF tatsächlich so zu verstehen wäre, dass es im Ermessen des Boardes der AQ Austria liegt, eine kürzere Frist als zwei Jahre für die Erfüllung der Auflagen festzulegen, wäre es nicht verständlich, weshalb nunmehr in der Fassung BGBl I Nr 77/2020 die Wortfolge 'bis zu' eingefügt wird. Es ist daher eindeutig, dass die Wendung 'innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren' in der geltenden Fassung so zu verstehen ist, dass die Frist für die Erfüllung der Auflagen zwingend zwei Jahre betragen muss, und dass erst ab der mit 1. Jänner 2021 geltenden Novelle, die insoweit dem Wortlaut des §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 entspricht, die Festsetzung einer kürzeren Frist zulässig ist."
IV. Erwägungen
A. Zur Zulässigkeit des Antrages
1. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der angefochtenen Wortfolgen in §14 Abs5 litb und §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 zweifeln ließe. Vor dem Hintergrund der Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes ist der (Haupt-)Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen und" in §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 sowie der Wortfolge "bis zu" in §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 auch nicht zu eng gefasst. Eine Anfechtung der gesamten PU-AkkVO 2015 im Hinblick auf die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage dieser Verordnung in §24 Abs6 HS-QSG ist mit Blick auf Art139 Abs3 Z1 B-VG nicht erforderlich.
2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig, sodass auf die Eventualanträge nicht einzugehen ist.
B. In der Sache
Der Antrag ist nicht begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2. Die Bedenken, dass der PU-AkkVO 2015 die gesetzliche Grundlage fehle, weil §24 Abs6 HS-QSG verfassungswidrig sei, treffen nicht zu (siehe VfGH 16.12.2021, G390/2020 ua).
3. Zu den Bedenken gegen §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015:
3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hegt gegen §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 die Bedenken, dass diese Bestimmung eine unzulässige dynamische Verweisung auf näher bezeichnete Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 enthalte und das Board der AQ Austria, indem es Festlegungen hinsichtlich der Leitung und den inneren Aufbau einer Universität samt Bestimmungen über die Konstituierung der universitären Organe getroffen habe, die in §24 Abs6 HS-QSG enthaltene Verordnungsermächtigung überschritten habe.
3.2. Das Board der AQ Austria hält den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes zusammengefasst entgegen, dass der Verweis auf die §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 lediglich beispielhaften Charakter in Zusammenhang mit dem unbestimmten Gesetzesbegriff der internationalen Standards betreffend die Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten einer Privatuniversität habe, was gerade das Wort "insbesondere" in §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 verdeutliche.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes nicht:
§24 Abs6 HS-QSG ermächtigt das Board der AQ Austria dazu, nach Durchführung eines öffentlichen Begutachtungsverfahrens eine Verordnung zu erlassen, in der Festlegungen hinsichtlich der Prüfbereiche und Akkreditierungsvoraussetzungen sowie der methodischen Verfahrensgrundsätze der institutionellen Akkreditierung und Programmakkreditierung zu treffen sind. Die mit Verordnung näher zu konkretisierenden Prüfbereiche für die institutionelle Akkreditierung sind in §24 Abs3 HS-QSG festgelegt. Als einen Prüfbereich nennt §24 Abs3 Z5 HS-QSG die "Organisation der Hochschule und ihrer Leistungen". Dieser Prüfbereich ist, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2021, G390/2020 ua, ausgeführt hat, im Lichte der einschlägigen Vorgaben zu beurteilen, die das Bundesgesetz über Privathochschulen (Privathochschulgesetz – PrivHG; vormals PUG) für die institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten vorgibt. Dazu zählt insbesondere, dass eine Privathochschule ihre Tätigkeiten an der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bzw der Freiheit des künstlerischen Schaffens, der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre und in diesem Zusammenhang an der Vielfalt wissenschaftlicher und künstlerischer Theorien, Methoden und Lehrmeinungen zu orientieren hat (§2 Abs2 Z1, 2 und 4 PrivHG, siehe auch §2 Abs2 Z1, 2 und 4 PUG). Damit wird – in Verbindung mit der Vorgabe des §5 Abs1 PrivHG (vormals §4 Abs1 PUG), dass die Satzung die Prinzipien der Hochschulautonomie zu achten hat – deutlich gemacht, dass die Privathochschule auch von ihren internen Ordnungsvorschriften her Gewähr dafür bieten muss, dass die Freiheit von Forschung und Lehre an dieser Bildungseinrichtung gewährleistet ist.
§14 Abs5 PU-AkkVO 2015 konkretisiert nun den – internationalen Standards, wie sie §5 Abs1 PrivHG (bzw zuvor §4 Abs1 PUG) vor Augen hat, entsprechenden – Prüfbereich und verlangt dazu unter anderem in seiner litb, dass die "Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten der Privatuniversität […] hinsichtlich der Organe der Institution, deren Bestellung und Aufgaben internationalen Standards, wie sie insbesondere in §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 zum Ausdruck kommen, [zu entsprechen] und die Hochschulautonomie sowie die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bzw die Freiheit des künstlerischen Schaffens und der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre [zu] gewährleisten" haben. Damit soll sichergestellt werden, dass (auch) Privatuniversitäten eine Organisation und Leitungsstrukturen aufweisen, die die genannten Freiheiten für die Universitätsangehörigen gewährleisten. §14 Abs5 PU-AkkVO 2015 knüpft an die §§20 bis 25 Universitätsgesetz 2002 an und nimmt diese Regelungen nur als ein Beispiel für den internationalen Standard, an dem Privatuniversitäten im Akkreditierungsverfahren zu messen sind.
Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof in §14 Abs5 litb PU-AkkVO 2015 weder eine verfassungsrechtlich unzulässige Verweisung noch zu erkennen, dass diese Bestimmung keine Deckung in §24 Abs6 (iVm Abs3 Z5) HS-QSG findet.
4. Zu den Bedenken gegen §15 Abs2 PU-AkkVO 2015:
4.1. Das Bundesverwaltungsgericht hegt weiters das Bedenken, dass das Board der AQ Austria die Verordnungsermächtigung des §24 Abs6 HS-QSG durch die Festlegung einer Mängelbehebungsfrist von "bis zu zwei Jahren" in §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 überschritten habe, weil §24 Abs9 dritter Satz HS-QSG vorsehe, dass eine Bildungseinrichtung "innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nachzuweisen [habe], dass die Auflagen erfüllt wurden".
Das Board der AQ Austria hält den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes unter anderem entgegen, dass §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 in Konkretisierung des §24 Abs9 HS-QSG ("innerhalb eines bestimmten Zeitraums") festlege, dass eine Verlängerung der Akkreditierung mit Auflagen verbunden werden könne, wenn Mängel festgestellt werden, die voraussichtlich innerhalb einer Frist von bis zu zwei Jahren behebbar sind.
4.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt auch diese Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes nicht:
Werden im Zuge eines Verfahrens zur Verlängerung der Akkreditierung Mängel festgestellt, kann die Verlängerung der Akkreditierung gemäß §24 Abs9 zweiter Satz HS-QSG unter Auflagen erfolgen, wenn die Mängel als innerhalb eines bestimmten Zeitraumes behebbar eingestuft werden. Anschließend an §24 Abs9 HS-QSG legt §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 fest, dass eine Verlängerung der Akkreditierung mit Auflagen verbunden werden kann, wenn Mängel festgestellt werden, die voraussichtlich innerhalb einer Frist von bis zu zwei Jahren behebbar sind. Damit konkretisiert §15 Abs2 PU-AkkVO 2015 lediglich den Zeitraum, in dem ein Mangel behebbar sein muss, um eine Verlängerung der Akkreditierung unter Auflagen erteilen zu können, und steht sohin nicht in einem Widerspruch zu §24 Abs9 HS-QSG.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Hochschulen Organisation, Verweisung, Verordnung, Bindung (des Verordnungsgebers), Wissenschaftsfreiheit, Fristen, VfGH / Gerichtsantrag, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V460.2020Zuletzt aktualisiert am
16.02.2022