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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des R in A, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. November 1994, Zl. Fr 3294/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem unter dem Datum 23. September 1994 ergangenen Bescheid hatte die Bezirkshauptmannschaft Baden als Fremdenbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
2. Über die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung entschied die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) dahingehend, daß dieser Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt wird, daß er sich nur auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stütze.
Der Beschwerdeführer besitze nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und sei somit Fremder im Sinne des Fremdengesetzes.
Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG könnten Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des 2. Teiles oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist seien und binnen einem Monat betreten würden.
Gemäß § 2 Abs. 1 FrG bräuchten Fremde für die Einreise, während des Aufenthaltes und für die Ausreise einen gültigen Reisepaß (Paßpflicht), soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt werde oder internationalen Gepflogenheiten entspräche.
Gemäß § 5 FrG bräuchten paßpflichtige Fremde für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt werde.
Der Beschwerdeführer sei am 20. September 1994 aus Ungarn kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Er sei weder im Besitz eines gültigen Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich gewesen. Er habe am 22. September 1994 einen Asylantrag eingebracht. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. September 1994 sei sein Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer habe sich in der Nacht vom 19. zum 20. September 1994 nach Ungarn begeben. Er habe die Grenze zwischen Serbien und Ungarn außerhalb eines Grenzüberganges überschritten. Auf ungarischem Gebiet hätten ihn ungarische Staatsangehörige mit einem Auto erwartet und ihn in die Nähe der österreichischen Grenze gebracht. Der Beschwerdeführer habe die Grenze zwischen Ungarn und Österreich außerhalb eines Grenzüberganges überschritten. Gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 sei ein Asylwerber, der gemäß § 6 dieses Bundesgesetzes eingereist sei, ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt worden sei, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn dieser Antrag innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet oder innerhalb einer Woche ab dem Zeitpunkt, in dem er im Bundesgebiet von der Gefahr einer Verfolgung Kenntnis erlangt habe, gestellt worden sei. Gemäß § 6 des Asylgesetzes 1991 sei ein Asylwerber, der direkt aus dem Staat komme, in dem er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen, weder wegen rechtswidriger Einreise noch wegen rechtswidriger Anwesenheit im Bundesgebiet zu bestrafen.
Der Beschwerdeführer sei nicht direkt im Sinn des § 6 des Asylgesetzes 1991 eingereist und ihm komme somit die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zu. Ungarn sei ein Mitgliedstaat der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention. Auch der UNHCR habe in diesem Staat einen Dienstsitz. Es bestehe kein Grund zur Annahme, daß die aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen in Ungarn nicht zur Anwendung kommen würden.
Bereits im Bescheid der Asylbehörde sei ausgeführt worden, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen nach § 7 (iVm § 6) des Asylgesetzes 1991 für die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht erfülle, weil er nicht direkt aus dem Staat gekommen sei, hinsichtlich dessen er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen. Der Beschwerdeführer unterliege sohin den Bestimmungen des Fremdengesetzes.
Die Erstbehörde habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt wäre. Dies wäre auch durch den Umstand, daß er keine Beschäftigung in Aussicht habe, dokumentiert. Der Beschwerdeführer sei am 26. September 1994 in die Bundesbetreuung aufgenommen worden. Sohin gehe die belangte Behörde davon aus, daß der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG nicht mehr vorliege. Der Beschwerdeführer sei jedoch weder im Besitz eines gültigen Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung und sei unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Von der Erstbehörde sei noch innerhalb eines Monats nach seiner Einreise der Ausweisungsbescheid erlassen worden. Bei der Ausweisung handle es sich um keine Strafe, sondern um eine verwaltungsbehördliche Maßnahme. Ein Verstoß gegen Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention liege demnach nicht vor.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Auffassung des Beschwerdeführers läge "kein Grund im Sinn des § 17 Absatz (2) Fremdengesetz zur Ausweisung" vor, da der "dringende Grund zur Annahme" bestehe, daß in Ungarn - obgleich dieser Staat Mitglied der MRK und der Genfer Flüchtlingskonvention sowie ein Dienstsitz des UNHCR sei - "die aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen ... nicht erfüllt werden". Es sei dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten gewesen, sich durch einen Asylantrag in Ungarn der dort bestehenden Gefahr auszusetzen, "über die Grenze zurück nach Rest-Yugoslawien oder nach Kroatien abgeschoben zu werden", was - wie "als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann" - in Ungarn immer wieder vorkomme.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend, da es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
2. Die Verfahrensrüge in bezug auf Begründungsmängel betreffend die Frage der geregelten Beschäftigung des Beschwerdeführers geht ins Leere, da sich der angefochtene Bescheid - anders als der Erstbescheid - ausschließlich auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützt und der von der Rüge erfaßte Umstand in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt.
3. Im übrigen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist zu sein; er bestreitet auch nicht, binnen eines Monats betreten worden zu sein. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 zweiter Fall FrG können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden, wenn sie unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen eines Monats betreten werden. Im Fall des Beschwerdeführers ist somit der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 zweiter Fall FrG erfüllt.
4. Nach den vorstehenden Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180627.X00Im RIS seit
20.11.2000