TE OGH 2022/1/27 12Os132/21k

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Veröffentlicht am 27.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Frank in der Strafsache gegen * K* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 1 und 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * K* und * Ka* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Jugendschöffengericht vom 9. Juni 2021, GZ 25 Hv 18/21s-125, und über die Beschwerden der genannten Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen zugleich gefasste Beschlüsse auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung und Verlängerung von Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * Ka* wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten * Ka*, den die Angeklagten * S* und * W* betreffenden Teil der Berufung der Staatsanwaltschaft sowie über die Beschwerde des Angeklagten * Ka* werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

* Ka* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Soweit für die vorliegende Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde * Ka* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 1 und 3 SMG (1./1./ bis 1./3./ und 1./5./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (5./2./) schuldig erkannt.

[2]       Danach hat er in T* und an anderen Orten vorschriftswidrig

1./ von September 2020 bis zum 28. Dezember 2020 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung in den im Urteil bezeichneten Fällen teils alleine (1./5./), teils in einverständlichem Zusammenwirken mit weiteren Mitangeklagten (1./1./ bis 1./3./) Suchtgift, nämlich Cannabiskraut (beinhaltend 10,09 % THCA und 0,77 % D-9-THC), Kokain (beinhaltend 59,41 % Cocain) und Speed (beinhaltend 10,5 % Amphetamin), in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden, im Urteil näher beschriebenen Menge (insgesamt 88,96-fache Grenzmenge) anderen gewinnbringend überlassen, „wobei * Ka* zu AZ * des Landesgerichts Linz schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden“ war;

5./2./ vom 13. November 2020 bis zum 28. Dezember 2020 Suchtgift, nämlich eine unbekannte Menge Cannabiskraut (beinhaltend THCA und D-9-THC) und 7,2 Gramm Kokain (beinhaltend Cocain) ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

[3]       Dagegen richtet sich die (nominell) auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * Ka*. Diese schlägt fehl.

[4]       Voranzustellen ist, dass die Beschwerde „erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefällten Urteils“ anmeldet, womit der Sache nach eine Tatsachenrüge (Z 5a) erhoben wird.

[5]       Dieser Nichtigkeitsgrund greift seinem Wesen nach aber erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).

[6]       An diesen Anfechtungsvoraussetzungen scheitert das Rechtsmittel, das nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung Angaben der Mitangeklagten K* und D* vor der Polizei, einen Amtsvermerk sowie einen an den Mitangeklagten K* übermittelten Brief eigenständig zu Gunsten des Beschwerdeführers interpretiert.

[7]       Soweit dieser (im Sinn einer Aufklärungsrüge) das Unterbleiben von (nicht näher bezeichneten) Ermittlungsschritten gegen „* G*“ bemängelt, legt er nicht dar, inwieweit er an darauf gerichteter Antragstellung in der Hauptverhandlung (Z 4) gehindert war (vgl RIS-Justiz RS0115823).

[8]       Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (im Spruch näher bezeichneten) Berufungen sowie die (implizite) Beschwerde des Angeklagten * Ka* folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[9]            Die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * K* sowie die Berufungen und die Beschwerden dieses Angeklagten und der Staatsanwaltschaft war einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorzubehalten.

[10]     Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht den Angeklagten * S* (unter anderem) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (1./1./, 1./2./ und 1./6./) sowie „der“ Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 neunter Fall, Abs 4 Z 2 SMG (4./2./) schuldig erkannt hat.

[11]     Nach den Feststellungen des Schöffengerichts hat dieser Angeklagte auch in Bezug auf die Suchtgiftverschaffung (4./2./) mit Additionsvorsatz gehandelt (vgl US 17), sodass die Anlastung dieser Tat nach § 27 Abs 1 Z 1 neunter Fall SMG zusätzlich neben dem Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (1./1./, 1./2./ und 1./6./) verfehlt war.

[12]     Zu einer amtwegigen Wahrnehmung dieses ungerügt gebliebenen Subsumtionsfehlers (Z 10) besteht aber mangels eines konkreten Nachteils im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO kein Anlass, weil das Erstgericht das Zusammentreffen von „Verbrechen und Vergehen“ nur pauschal als erschwerend wertete (US 31) und dieser Erschwerungsgrund auch bei Aufhebung des in Rede stehenden Schuldspruchs unverändert bestehen bliebe. Angesichts der vom Obersten Gerichtshof vorgenommenen Klarstellung ist das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung an den im aufgezeigten Sinn fehlerhaften Schuldspruch nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.252).

[13]     Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E133851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00132.21K.0127.000

Im RIS seit

16.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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