TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/9 LVwG-AV-1143/001-2021

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Veröffentlicht am 09.12.2021
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Entscheidungsdatum

09.12.2021

Norm

BauO NÖ 2014 §38
BauO NÖ 2014 §39 Abs3
BAO §4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A, ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, vom 18. Juni 2021 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 19. Mai 2021, Zahl ***, mit welchem einer Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Februar 2021, betreffend die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014, keine Folge gegeben wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist grundbücherlicher Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Bauplatzes Grundstücksnr. ***, EZ ***, KG ***, entsprechend dem geltenden Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde *** gewidmet als Bauland-Wohngebiet.

Auf diesem Baugrundstück *** wurde bereits 1897 ein baubehördlich bewilligtes Wohngebäude errichtet. Eine damalige Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages konnte nicht festgestellt werden.

An diesem Gebäude wurden in der Folge diverse baurechtlich bewilligte Um- und Zubauten vorgenommen (z.B. Aufsetzung eines Stockwerkes 1956, Errichtung eines Zubaus 1959, Errichtung einer Durchfahrt samt Einstellraum 1975).

Mit Kaufvertrag vom 11. März 2004 erwarb der nunmehrige Beschwerdeführer das Grundstück, die Einverleibung seines Eigentumsrechtes wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** zu TZ *** bewilligt.

Vom Beschwerdeführer wurden anschließend Abbruch-, Zu- und Umbauarbeiten (baubehördlich bewilligt 2005) vorgenommen sowie Nebengebäude und Carports (jeweils mit baubehördlichen Bewilligungen 2009 und 2017) errichtet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom, 16. September 2020 wurde die baubehördliche Bewilligung für einen Umbau, für Abänderungen zum Einbau einer Physiotherapie-Praxis anstatt einer bestehenden Wohnung, erteilt.

Die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe oder einer Ergänzungsabgabe bis dahin konnte nicht festgestellt werden, wie auch der Eintritt eines Vorschreibungsanlasses für eine solche Abgabe nicht festgestellt werden konnte. Eine bescheidmäßige Bauplatzerklärung ist für dieses Baugrundstück nicht erfolgt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. Jänner 2021, Zahl: ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung erteilt für Abänderungen und einen Zubau beim bestehenden Gebäude auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft.

Bewilligt wurde unter anderem die Errichtung eines Zubaues auf der bestehenden Garage als Verbindung zwischen dem straßenseitigen und dem gartenseitigen Gebäude sowie die Überdachung eines Sitzplatzes im Anschluss an das bestehende Gartenhaus. Die bewilligte Gebäudehöhe entspricht der Bauklasse III.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 27. Jänner 2021 zugestellt.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Februar 2021, Zahl ***, wurde dem Beschwerdeführer für den verfahrensgegenständlichen Bauplatz eine Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe gemäß § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 in Höhe von € 7.171,14 vorgeschrieben. Der Berechnung zugrunde gelegt wurden die Bauplatzfläche von 620 m², ein Bauklassenkoeffizient alt von 1,00, ein Bauklassenkoeffizient neu von 1,50, somit eine Bauklassendifferenz von 0,50 sowie der nunmehr geltende Einheitssatz von € 576,00.

Mit Schreiben vom 11. März 2021 erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Berufung. Bereits 1897 sei auf dem gegenständlichen Grundstück die Errichtung eines Gebäudes bewilligt worden, seither seien umfangreiche Umbauarbeiten durchgeführt wurden, welchen auch rechtskräftige Baubewilligungen zugrunde liegen würden. Es sei davon auszugehen, dass das Grundstück bereits als Bauplatz gegolten habe.

Es werde bestritten, dass niemals eine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben oder entrichtet worden sei bzw. habe der Beschwerdeführer davon ausgehen können, dass eine solche Abgabe von seinen Rechtsvorgängern bereits entrichtet worden sei. Bereits frühere Bauführungen hätten den Tatbestand einer Aufschließungsabgabe erfüllt, welche nun nicht mehr vorgeschrieben werden dürfe, auch wenn die Abgabe nicht entrichtet worden sei bzw. der Abgabenanspruch verjährt sei. Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Abgabenbescheides.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 19. Mai 2021, Zahl ***, wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Abgabenbescheid bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften im Wesentlichen dargelegt, dass bei Errichtung eines Neu- oder Zubaus eines Gebäudes gemäß § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben sei. Ebenso wurde auf die einzelnen Berufungsvorbringen näher eingegangen. Laut Aktenbestand sei die erste Bauführung auf der Liegenschaft 1897 dokumentiert.

Diverse nachfolgende Baubewilligung hätten aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen keine Tatbestände zur Vorschreibung von Aufschließungsabgaben oder Ergänzungsabgaben ausgelöst. Das gegenständliche Grundstück stelle einen ex-lege-Bauplatz dar, mit dem Baubewilligungsbescheid vom 12. Jänner 2021 sei erstmals nach Inkrafttreten des neu geschaffenen Ergänzungsabgabentatbestandes im § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 per 30. August 2018 ein Neu- oder Zubau eines Gebäudes bewilligt worden. Erst dieser Baubescheid vom 12. Jänner 2021 verwirkliche den Abgabentatbestand, weshalb die am 30. August 2018 in Kraft getretene Rechtslage anzuwenden sei.

Dagegen richtete sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 18. Juni 2021. Beantragt wurde, den angefochtenen Berufungsbescheid abzuändern bzw. den erstinstanzlichen Abgabenbescheid aufzuheben.

Im Wesentlichen wurde das Berufungsvorbringen wiederholt. Ausdrücklich werde bestritten, dass für das Grundstück niemals eine Aufschließungsabgabe vorschrieben worden sei bzw. bezahlt worden sei.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2021 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt, bestehend sowohl aus dem aktuellen wie auch aus dem historischen Bau- und Abgabenakt, beginnend mit dem erstmaligen Baubewilligungsverfahren 1896, vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen vorgelegten Akt der Stadtgemeinde ***, an dessen Vollständigkeit keine Zweifel bestehen.

Im Wesentlichen ist ergibt der Sachverhalt aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

2.2. NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der Fassung LGBl. Nr. 53/2018:

Aufschließungsabgabe

§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2

         1.       ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

         2.       eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.

Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, vorletzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben.

(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Die Wahl der Abgabentatbestände kann dabei alternativ vorgenommen werden.
Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:

A = BL x BKK x ES

Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …

(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:

Bauplatzfläche = BF
BL = ?BF

(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:

in der Bauklasse I       1,00 und

bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je  0,25 mehr,

in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung 2,00

bei einer Geschoßflächenzahl

- bis zu 0,8        1,5

- bis zu 1,1        1,75

- bis zu 1,5        2,0

- bis zu 2,0        2,5 und

- über 2,0        3,5

Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.

Im Falle einer gleichzeitig festgelegten Geschoßflächenzahl ist jedoch diese für den Bauklassenkoeffizienten maßgeblich.

Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird oder zulässig ist, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

(…)

Ergänzungsabgabe

§ 39. (1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10 und V. Abschnitt des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung) ist dem Eigentümer mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 bzw. mit Erlassung des Umlegungsbescheides nach § 44 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.

Eine Vorschreibung hat bei der Vereinigung eines nach § 11 Abs. 1 Z 4 bebauten Grundstücks mit unbebauten Grundstücken nicht zu erfolgen, wenn für den Baubestand erst durch die Vereinigung mit den an einer oder mehreren Seiten anschließenden unbebauten Grundstücken oder Teilen davon die Voraussetzungen für eine Bewilligung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplans sowie im Hinblick auf den Brandschutz bei (Außen-)Wänden gegenüber einer Grundstücksgrenze nach einer Verordnung der Landesregierung erfüllt würden.

Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:

Von der Summe der neuen Berechnungslängen wird die Summe der damaligen Berechnungslängen abgezogen. Der Differenzbetrag wird mit dem zur Zeit der Bewilligung der Grenzänderung (§ 10) geltenden Bauklassenkoeffizienten und Einheitssatz multipliziert und das Produkt nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen auf die neuen Bauplätze aufgeteilt;

z. B. 3 Bauplätze neu (1, 2, 3), 2 Bauplätze alt (a, b)

EA = [(BL1 + BL2 + BL3) – (BLa + BLb)] x BKK x ES

EA/m (Ergänzungsabgabe pro Meter) = EA : (BL1 + BL2 + BL3)

EA für Bauplatz 1 = EA/m x BL1

EA für Bauplatz 2 = EA/m x BL2

EA für Bauplatz 3 = EA/m x BL3

Erfolgt die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe für einen Bauplatz, der durch eine Teilfläche des Grundstücks vergrößert wurde, für das eine Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 vorgeschrieben wurde, sind die entrichteten Teilbeträge anteilsmäßig zu berücksichtigen. Der Anteil ergibt sich aus dem Verhältnis des Ausmaßes der Teilfläche zum Gesamtausmaß der Grundstücksfläche, für die die Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 entrichtet wurde. Bei der Berechnung der auf den Anteil entfallenden Vorauszahlung ist der Einheitssatz, der der Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zu Grunde zu legen ist, heranzuziehen.

(2) Erfolgt eine Bauplatzerklärung für einen Grundstücksteil nach § 11 Abs. 5, ist eine Ergänzungsabgabe unter sinngemäßer Anwendung von Abs. 1 vorzuschreiben.

(3) Eine Ergänzungsabgabe ist auch vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 eine Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes – ausgenommen Gebäude im Sinn des § 18 Abs. 1a Z 1 – oder einer großvolumigen Anlage erteilt wird und

- bei einer Grundabteilung (§ 10 Abs. 1 NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, und NÖ Bauordnung 1976 bzw. NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200) nach dem 1. Jänner 1970 ein Aufschließungsbeitrag bzw. nach dem 1. Jänner 1989 eine Ergänzungsabgabe oder

- bei einer Bauplatzerklärung eine Aufschließungsabgabe oder

- anlässlich einer Baubewilligung ein Aufschließungsbeitrag, eine Aufschließungsabgabe oder eine Ergänzungsabgabe

vorgeschrieben und bei der Berechnung

- kein oder

- ein niedrigerer Bauklassenkoeffizient angewendet wurde als jener, der der im Bebauungsplan nunmehr höchstzulässigen Bauklasse oder Gebäudehöhe entspricht. Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan ist ein Bauklassenkoeffizient von mindestens 1,25 zu berücksichtigen, sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird oder zulässig ist, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

Die Ergänzungsabgabe ist aus diesem Anlass auch dann vorzuschreiben, wenn bei einem bebauten Bauplatz noch nie ein Aufschließungsbeitrag, eine Aufschließungsabgabe oder Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wurde.

Die Höhe dieser Ergänzungsabgabe wird wie folgt berechnet:

Von dem zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung (§ 23) anzuwendenden Bauklassenkoeffizienten wird der bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages bzw. der Aufschließungsabgabe oder der Ergänzungsabgabe angewendete Bauklassenkoeffizient – mindestens jedoch 1 – abgezogen und die Differenz mit der Berechnungslänge (abgeleitet vom Ausmaß des Bauplatzes zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung) und dem zur Zeit dieser Baubewilligung geltenden Einheitssatz multipliziert:

BKK alt = 1 oder höher

EA = (BKK neu – BKK alt) x BL x ES neu

(4) Die Ergänzungsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl.Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Für die Ergänzungsabgabe gelten die Bestimmungen des § 38 Abs. 4 bis 6 und 9 sinngemäß. Falls bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Aufschließungsabgabe eingehoben wurde, gilt auch § 38 Abs. 7 sinngemäß. Wenn eine Ergänzungsabgabe nach Abs. 1 für Bauplätze im Baulandbereich ohne Bebauungsplan vorzuschreiben ist, beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern auf den neugeformten Bauplätzen nicht Gebäude mit einer Höhe zulässig sind, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

2.3.
Gemäß Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** über die Festsetzung des Einheitssatzes für die Aufschließungsabgabe vom 16. September 2014 ist der Einheitssatz mit € 576,00 festgesetzt.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Februar 2021, Zahl ***, wurde Herrn A aus Anlass der mit Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. Jänner 2021, Zahl: ***, für einen Zubau beim bestehenden Gebäude auf seinem Grundstück Nr. ***, KG ***, eine Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe gemäß § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 vorgeschrieben.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich auf die Frage reduzieren, ob diese Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe dem Grunde nach zu Recht erfolgen durfte.

Die Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes voraus. Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 82/17/0085).

Gemäß § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Unter dem Tatbestand, an dessen Verwirklichung § 4 Bundesabgabenordnung das Entstehen der Abgabenschuld knüpft, ist die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen (hier in der NÖ Bauordnung 2014) enthaltenen abstrakten Voraussetzungen zu verstehen, bei deren konkretem Vorliegen (Tatbestandsverwirklichung) bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten sollen.

Der Abgabenbescheid ist dann lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419).

Der Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe stünde auch eine frühere Vorschreibung oder Entrichtung einer Aufschließungsabgabe – schon aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung – nicht entgegen.

Bei mehrfacher Verwirklichung eines Abgabentatbestandes kommt die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe auch mehrfach in Betracht.

Die möglichen Abgabentatbestände einer Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe regelt § 39 NÖ Bauordnung 2014.

Gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn für die bisherigen Bauplätze bereits der Höhe nach bestimmte Aufschließungsbeiträge oder -abgaben vorgeschrieben und entrichtet wurden und das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.

Eine Vergrößerung der Fläche ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, ebenso wenig eine Vergrößerung der Anzahl der Bauplätze oder eine Bauplatzerklärung für einen Grundstücksteil. Ein Abgabentatbestand nach § 39 Abs. 1 oder Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 wurde im vorliegenden Fall nicht verwirklicht.

Eine Ergänzungsabgabe ist darüber hinaus jedoch auch dann vorzuschreiben, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 vorliegen.

Nach dieser mit der NÖ Bauordnung 2014 LGBl. Nr. 1/2015, in Kraft getreten am 1. Februar 2015, geschaffenen Bestimmung soll auch ein Zubau eines Gebäudes Anlass für eine Ergänzungsabgabe sein.

Erste Voraussetzung dafür ist die rechtskräftige Erteilung einer Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage.

Diese Voraussetzung ist im gegenständlichen Fall erfüllt durch die mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. Jänner 2021, Zahl: ***, rechtskräftig erteilten Bewilligung eines Zubaus beim bestehenden Wohnhaus auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück ***.

Die Bauführungen 2017 (Carport, Errichtung einer baulichen Anlage) und 2020 (Abänderung einer Wohnung innerhalb des Gebäudes) erfüllten diese Voraussetzung nicht.

Jedenfalls die bewilligte Errichtung eines Zubaues auf der bestehenden Garage als Verbindung zwischen dem straßenseitigen und dem gartenseitigen Gebäude sowie die Überdachung eines Sitzplatzes im Anschluss an das bestehende Gartenhaus stellen eine Erweiterung der bestehenden Gebäude dar, welche den Tatbestand eines Zubaues erfüllt.

Das Gesetz stellt dabei ausdrücklich auf die Erlassung des (letztinstanzlichen) Bescheides über die Baubewilligung ab, weshalb die erste Voraussetzung § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 mit der Zustellung des unbekämpft gebliebenen Baubewilligungsbescheides am 27. Jänner 2021 erfüllt ist.

Als zweite Voraussetzung fordert § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 zunächst, dass entweder bei einer Grundabteilung ein Aufschließungsbeitrag bzw. eine Ergänzungsabgabe oder bei einer Bauplatzerklärung eine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben wurde und dass bei der der damaligen Abgabenberechnung kein oder ein niedrigerer Bauklassenkoeffizient als jener, der der nunmehr höchstzulässigen Bauklasse oder Gebäudehöhe entspricht, angewendet wurde.

Sofern, wie dies in der Beschwerde behauptet wird, eine Aufschließungsabgabe früher vorgeschrieben worden wäre oder vorzuschreiben gewesen wäre, so wäre dementsprechend der Tatbestand einer Ergänzungsabgabe schon nach dieser Bestimmung erfüllt.

Für den gegenständlichen (ex-lege) Bauplatz (gemäß § 11 Abs. 1 Z.4 NÖ Bauordnung 2014) konnte weder die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages, noch die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe oder einer Ergänzungsabgabe bis dato festgestellt werden. An der Vollständigkeit der vorgelegten Akten bestehen für das erkennende Gericht auch keinerlei Zweifel bzw. war auch das sich diesbezüglich in Mutmaßungen erschöpfende unsubstantiierte Beschwerdevorbringen nicht geeignet, entsprechende Zweifel entstehen zu lassen.

Auch der Eintritt eines Vorschreibungsanlasses für eine solche Abgabe in der Vergangenheit konnte nicht festgestellt werden.

Die zweite Voraussetzung des § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 erscheint damit zunächst nicht erfüllt. So hätte auch aus Anlass früherer Baubewilligungen für Um- und Zubauten, mangels früherer Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages, einer Aufschließungsabgabe oder einer Ergänzungsabgabe ein Abgabentatbestand einer Ergänzungsabgabe nach § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 nicht eintreten können.

Allerdings wurde mit LGBl. Nr. 53/2018, in Kraft getreten am 30. August 2018, der folgende, nunmehr vorletzte Satz des § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014, neu erlassen:

Die Ergänzungsabgabe ist aus diesem Anlass auch dann vorzuschreiben, wenn bei einem bebauten Bauplatz noch nie ein Aufschließungsbeitrag, eine Aufschließungsabgabe oder eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wurde.

Im Motivenbericht des Landtages zu der am 28. Juni 2018 beschlossenen Änderung der NÖ Bauordnung 2014, Besonderer Teil, Z.34 (zur Änderung des § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014) ist dazu Folgendes ausgeführt:

„Bei Bauplätzen aufgrund alter Baubestände (beispielsweise bei § 11 Abs. 1 Z 4-Bauplätzen) war früher meist noch kein Abgabentatbestand gegeben (s. BO für NÖ aus dem Jahr 1883: damals wurde die Auferlegung eines Kostenbeitrages nach § 14 Abs. 5 durch eine Grundabteilung, nicht jedoch durch eine Bauführung ohne Grundabteilung ausgelöst), weshalb zumindest für solche Fälle – im Sinne einer Gleichbehandlung – eine Angleichung an die späteren Abgabentatbestände nach dieser Bestimmung erfolgen soll.“

Anlässlich einer Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes ist nunmehr auch dann eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn für den bereits bebauten Bauplatz noch nie eine Abgabe vorgeschrieben worden ist.

Dieses alternative, durch die angeführte Gesetzesänderung seit 30. August 2018 neu hinzugekommene Tatbestandsmerkmal ist im gegenständlichen Fall - aus Anlass der nach Inkrafttreten dieser Regelung erteilten Baubewilligung vom 12. Jänner 2021, Zahl: *** - zweifellos erfüllt.

Für den bereits seit 1897 bebauten Bauplatz wurde – entsprechend den Feststellungen - noch nie ein Aufschließungsbeitrag, eine Aufschließungsabgabe oder eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben.

Auch konnten die dokumentierten früheren Bauführungen, entsprechend der damals bestehenden Rechtslage, keinen Tatbestand bzw. Vorschreibungsanlass einer Aufschließungsabgabe begründen. Aber selbst das Vorliegen eines früheren (allenfalls verjährten) Vorschreibungsanlasses oder die erfolgte Entrichtung einer Aufschließungsabgabe würden der nunmehrigen Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe aus Anlass eines Zubaues dem Grunde nach nicht entgegenstehen.

Besteht auf einem Grundstück bereits ein Gebäude und wurde die Baubewilligung für ein weiteres – wenn auch gleich hohes – Gebäude oder für einen Zubau zu einem bestehenden Gebäude erteilt, so erfüllt dies den Tatbestand für eine Ergänzungsabgabe, wenn für dieses Grundstück bereits eine Aufschließungsabgabe oder eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wurde, nunmehr (seit 30. August 2018) auch dann, wenn noch nie eine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben wurde.

Der Zeitpunkt, zu dem sich der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist der Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides, mit dem die Baubewilligung für einen Zubau auf diesem Bauplatz erteilt wurde.

Zufolge des Grundsatzes der Zeitbezogenheit von Abgaben (VwGH 174/75; 3706/80, uva.) sind für die Vorschreibung einer Abgabe die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches vorliegenden Verhältnisse maßgebend, das heißt die Sach- und Rechtslage (geltende Gesetzeslage, verordneter Einheitssatz, Eigentumsverhältnisse, Berechnungslängen, Bauklassenkoeffizienten etc.) in diesem Zeitpunkt.

Es liegt einer jener Fälle vor, deren der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Zl. 898/75, Slg 9315 A/1977, gedacht hat, wenn er ausführte, eine "andere Betrachtungsweise" (nämlich eine andere als das Abstellen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) werde "auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war". Der sogenannte Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgaben stellt eine solche aus der Systematik der Abgabengesetze gewonnene rechtliche Regel dar. Es ist jene Rechtslage maßgebend, unter deren zeitlicher Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht wurde bzw. der Abgabenanspruch entstanden ist.

Es ist daher im gegenständlichen Fall die am 30. August 2018 in Kraft getretene Fassung des § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 maßgeblich.

Gemäß § 39 Abs. 3 letzter Satz NÖ Bauordnung 2014 wird die Höhe dieser Ergänzungsabgabe wie folgt berechnet:

Von dem zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung (§ 23) anzuwendenden Bauklassenkoeffizienten wird der bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages bzw. der Aufschließungsabgabe oder der Ergänzungsabgabe angewendete Bauklassenkoeffizient – mindestens jedoch 1 – abgezogen und die Differenz mit der Berechnungslänge (abgeleitet vom Ausmaß des Bauplatzes zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung) und dem zur Zeit dieser Baubewilligung geltenden Einheitssatz multipliziert.

BKK alt = 1 oder höher

EA = (BKK neu – BKK alt) x BL x ES neu

Der Bauklassenkoeffizient neu ergibt sich (im gegenständlichen Fall mangels geltendem Bebauungsplan) aus der in der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung und beträgt entsprechend der bewilligten Gebäudehöhe in der Bauklasse III gemäß § 38 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 1,50.

BKK neu = 1,50

Der Bauklassenkoeffizient alt ergibt sich aus dem bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages bzw. der Aufschließungsabgabe oder der Ergänzungsabgabe angewendeten Bauklassenkoeffizient, beträgt jedoch mindestens 1,00.

Früher geltende Bauordnungen für Niederösterreich, in welchen ein Aufschließungsbeitrag nur für Grundabteilungen, nicht jedoch für die Errichtung von Gebäuden vorgesehen war, hatten die Gebäudehöhe nicht als Faktor für eine Abgabenermittlung vorgesehen. § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 bezieht sich daher nur auf solche Abgabenvorschreibungen, für welche bereits nach derselben Berechnungsmethode ab der NÖ Bauordnung 1996 die Berechnung nach einem Bauklassenkoeffizienten erfolgte.

Da eine solche Abgabenvorschreibung für die gegenständliche Liegenschaft bisher gerade nicht erfolgt ist und bisher keine Abgabe unter Verwendung des bereits höheren Bauklassenkoeffizienten vorgeschrieben wurde, somit für die Berechnung einer Abgabe – mangels bisheriger Abgabenvorschreibung - auch kein Bauklassenkoeffizient angewendet wurde, beträgt der abzuziehende Bauklassenkoeffizient alt 1,00.

Auf die Gebäudehöhe des Altbestandes kommt es mangels bisheriger Abgabenvorschreibung unter Anwendung eines Bauklassenkoeffizienten nicht an.

BKK alt = 1,00

Aus dem im Verfahren unbestrittenen Bauplatzfläche (BF) von 620 m² ergibt sich gemäß § 38 Abs.4 NÖ Bauordnung 2014 die Berechnungslänge (BL) als Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates (BL = ?BF).

BL = ?620 = 24,8998

Der anzuwendende, zur Zeit der Baubewilligung geltende Einheitssatz betrug gemäß der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** über die Festsetzung des Einheitssatzes für die Aufschließungsabgabe € 576,-.

ES neu = € 576,-

Die vorzuschreibende Ergänzungsabgabe errechnet sich daher wie folgt:

EA = (BKK neu – BKK alt) x BL x ES neu

EA = (1,50 – 1,00) x 24,8998 x € 576,- = € 7.171,14

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Die gegenständliche Entscheidung konnte gemäß § 274 Bundesabgabenordnung unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern nicht beantragt. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal im vorliegenden Fall ausschließlich Rechtsfragen zu erörtern waren (vgl. EGMR vom 5. September 2002, Zl. 42057/98, Speil/Austria).

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Ergänzungsabgabe; Abgabenschuld; Abgabenbescheid;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1143.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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