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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Entscheidung der unrichtig zusammengesetzten Landesberufungskommission über den Einbehalt von Beiträgen und Umlagen vom Kassenhonorar durch die Gebietskrankenkasse zwecks Überweisung an die Ärztekammer; Mitwirkung eines nicht der Berufsgruppe der Ärzte angehörenden Beisitzers an der Entscheidung; keine Bedenken gegen die Regelung der Zusammensetzung und Kreation von Schiedskommission und Landesberufungskommission im Hinblick auf die Gebote der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit und das Klarheitsgebot; gesetzliche Deckung der Einschränkung der Beisitzer auf die Berufsgruppe der ÄrzteSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, der Beschwerdeführerin die mit S 15.000,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tage bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Angehörige der Ärztekammer für Steiermark (künftig: ÄK) und Vertragsärztin der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte (künftig: GKK). Seit mindestens 1985 werden von der GKK aus den der Beschwerdeführerin zustehenden Honoraren unter dem Titel "Kammereinbehalt" von der ÄK an die GKK bekanntgegebene Beträge einbehalten und an die ÄK abgeführt.
In dem von der Beschwerdeführerin am 10. Juni 1965 mit der GKK abgeschlossenen Einzelvertrag ist in §4 festgelegt worden, daß die Rechte und Pflichten der Parteien des Einzelvertrages sich aus dem Gesamtvertrag ergeben und weiters, in §5 des Einzelvertrages, daß der Vertragsarzt durch Unterfertigung des Einzelvertrages sein Einverständnis gibt, "daß die von der Kammer beschlossenen und dem Versicherungsträger bekanntgegebenen Abzüge von seinem Honorar vorgenommen werden können".
Nach §32 Abs1 des zwischen der ÄK und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abgeschlossenen Gesamtvertrages vom 4. Juli 1956 hat der Versicherungsträger von den den Vertragsärzten zustehenden Honoraren jene Beträge einzubehalten, "die rechtzeitig von der Kammer schriftlich bekanntgegeben werden; diese Beträge sind ehestens der Kammer zu überweisen".
1.2. Mit Schreiben vom 30. April 1990 stellte die Beschwerdeführerin an die paritätische Schiedskommission für das Land Steiermark den Antrag, der GKK aufzutragen, ihr die in den Jahren 1985 bis 1989 zu Unrecht vorenthaltenen Honorarbeträge in Höhe von S 547.634,50 samt Zinsen auszuzahlen. Mit Bescheid der paritätischen Schiedskommission für das Land Steiermark vom 25. Oktober 1990 wurde dieser Antrag abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung mit einem für die genannten Jahre als Berufungsgegenstand verbliebenen Betrag von S 107.002,50 samt Zinsen wurde von der Landesberufungskommission für das Land Steiermark mit Bescheid vom 16. Juli 1991 abgewiesen.
1.3. Aufgrund der dagegen gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des ersten Satzes des §11 Abs1 der Beitrags- und Umlagenordnung der Ärztekammer für Steiermark vom 28. Juni 1966 (BUO) idF des Beschlusses der Vollversammlung vom 10. Dezember 1975 sowie des ersten und zweiten Satzes des §11 Abs1 der BUO idF des Beschlusses der Vollversammlung vom 24. Juli 1986 ein und stellte mit Erkenntnis vom 17. Juni 1993, V44/92, fest, daß diese Bestimmungen gesetzwidrig waren.
Mit Erkenntnis vom 17. Juni 1993, B1065/91, wurde sohin der Bescheid der Landesberufungskommission für das Land Steiermark vom 16. Juli 1991 aufgehoben, weil nicht auszuschließen war, daß die Anwendung der als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen für die Beschwerdeführerin von Nachteil war.
1.4. Mit (Ersatz-)Bescheid der Landesberufungskommission für das Land Steiermark vom 20. Dezember 1993 wurde die Berufung gegen den Bescheid der paritätischen Schiedskommission für das Land Steiermark vom 25. Oktober 1990 neuerlich abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Gericht im Sinne des Art6 EMRK und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht sowie die Anwendung verfassungs- und gesetzwidriger genereller Normen behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Stellungnahme abgegeben, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, der angefochtene Bescheid verletze sie in dem nach Art6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein unparteiisches Tribunal. Die im §345 ASVG vorgesehene Zusammensetzung der Landesberufungskommission mit je zwei von der zuständigen Ärztekammer und zwei vom Hauptverband entsendeten Beisitzern sei dort zweckmäßig, wo die Interessen des Sozialversicherers mit denen eines Arztes kollidieren. Kämpfe aber ein einzelner Arzt gegen eine Klausel im Einzelvertrag an, die der Sozialversicherer und die zuständige Ärztekammer paktiert haben und liege diese im ausschließlichen Interesse der Ärztekammer, um die ihr angeblich zustehenden Umlagen und Beiträge hereinzubringen, bestünden gegen die gesetzliche Regelung Bedenken, daß sie gegen die durch Art6 EMRK gebotene Gewährleistung der Unparteilichkeit verstoße. Darüber hinaus sei für die Mitglieder der paritätischen Schiedskommission die Weisungsfreiheit durch das Gesetz nicht gewährleistet.
3.1.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß für die belangte Behörde das durch Art6 EMRK angeordnete Gebot der Unparteilichkeit gilt, da die Landesberufungskommission - wie sie durch die 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989, eingerichtet wurde - ein Gericht im Sinne des Art6 EMRK (Tribunal) ist. Verfehlt ist jedoch der Einwand der Beschwerde, daß die Entsendung von Beisitzern durch Interessenvertretungen mit der nach Art6 EMRK gebotenen Unparteilichkeit der Landesberufungskommission unvereinbar sei. Hiezu genügt es, auf die Erkenntnisse VfSlg. 9887/1983, 12470/1990 und zuletzt VfGH 30.9.1993 B1136/92 zu verweisen. Insbesondere im zuletzt zitierten Erkenntnis, dem ebenfalls ein Rechtsstreit eines einzelnen (Fach-)Arztes über eine Bestimmung seines Einzelvertrages zugrundelag, hat der Verfassungsgerichtshof eingehend begründet, daß er keine Bedenken gegen §345 ASVG aus der Sicht des Art6 EMRK hegt. Was die paritätische Schiedskommission betrifft, so gehen die Einwendungen der Beschwerdeführerin schon deshalb ins Leere, weil, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11729/1988 ausgesprochen hat, es zulässig ist, der Entscheidung durch ein Tribunal - hier die Landesberufungskommission - ein Verfahren vor einer weisungsgebundenen Verwaltungsbehörde vorzuschalten.
Der Verfassungsgerichtshof teilt die von der Beschwerdeführerin gegen die §§344 und 345 ASVG vorgetragenen Bedenken aus der Sicht des vorliegenden Falles somit nicht und sieht sich deshalb nicht veranlaßt, dem Vorwurf zu folgen, daß die Regelung zu Art6 EMRK im Widerspruch stehe.
3.2.1. Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, daß die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht gehörig zusammengesetzt gewesen sei und sie deshalb im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei. In der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Geschäftsordnungen der in den §§344, 345, 345a und 346 ASVG vorgesehenen Schiedskommissionen sei bestimmt, daß die Landesberufungskommission aus einem vom Bundesminister für Justiz zum Vorsitzenden (Stellvertreter) bestellten Richter des Dienststandes und vier Beisitzern zusammengesetzt sein müsse, von denen zwei Beisitzer von der gesetzlichen Interessenvertretung, somit im vorliegenden Fall von der Ärztekammer, und zwei weitere Beisitzer vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu entsenden seien. Aus §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung ergebe sich, daß, je nachdem, ob es sich um eine Angelegenheit handle, welche die Ärzte, Dentisten oder Hebammen betreffe, Beisitzer aus der in Betracht kommenden Berufsgruppe zur Verhandlung heranzuziehen seien. Die belangte Behörde sei insofern nicht gehörig und somit rechtswidrig besetzt gewesen, als ihr Dr. Herbert E., welcher nicht aus der Berufsgruppe der Ärzte stamme, angehörte; er sei vielmehr ausgebildeter Jurist und Leiter des Kammeramtes der Steiermärkischen Ärztekammer mit dem Titel eines Kammeramtsdirektors.
3.2.2. Diesen Ausführungen hält die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Stellungnahme entgegen, daß gemäß §345 ASVG von der zuständigen Ärztekammer und vom Hauptverband je zwei Beisitzer in die Landesberufungskommission zu entsenden seien und daß damit die Zusammensetzung der Landesberufungskommission im ASVG abschließend geregelt sei.
Aus §351 ASVG ergebe sich, daß die Bestimmungen der §§344 bis 348 ASVG über die Kommissionen auf Vertragsverhältnisse zwischen den Krankenversicherungsträgern einerseits und den Dentisten, Hebammen und deren gesetzlichen Interessenvertretungen andererseits sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden seien, daß bei der Berufung von Beisitzern die in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Vertragspartner an die Stelle der Ärztekammern treten. §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung könne nur so verstanden werden, daß im jeweiligen Fall die vom Justizminister bestellten Beisitzer nach Maßgabe der entsendenden Interessenvertretung - so sei die Wendung des §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung "aus der in Betracht kommenden Berufsgruppe" zu verstehen - heranzuziehen seien.
Sollte §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung, der, je nachdem, ob es sich um Angelegenheiten der Ärzte, Dentisten oder Hebammen handelt, vorsieht, daß Beisitzer aus der in Betracht kommenden Berufsgruppe heranzuziehen sind, bei einem Fall, der - wie der vorliegende - Angelegenheiten der Ärzte betrifft, jedoch nach sich ziehen, daß er für die Zusammensetzung "als Einschränkung der Beisitzer auf 'Ärzte' verstanden werden" müsse, dann wäre diese Bestimmung gesetzwidrig.
3.2.3.1. Im §345 Abs1 ASVG wird festlegt, daß die Landesberufungskommission aus einem vom Bundesminister für Justiz aus dem Kreise der bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätigen Richter, zwei von der zuständigen Ärztekammer und zwei vom Hauptverband "entsendeten" Beisitzern zu bestehen habe. Gemäß §351 ASVG sind hinsichtlich der Dentisten und Hebammen für die Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzel- und Gesamtvertrag stehen, für den Einzelfall unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§344 bis 348 leg.cit. ebenfalls Kommissionen zu errichten, wobei die "Berufung" von Beisitzern anstelle der Ärztekammer den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen vorbehalten ist.
§16 der Schiedskommissionsverordnung, BGBl. Nr. 128/1991, lautet wie folgt:
"(1) Die Landesberufungskommission besteht aus dem gemäß §345 Abs1 ASVG vom Bundesminister für Justiz als Vorsitzenden (Stellvertreter) bestellten Richter des Dienststandes und aus vier Beisitzern. Je zwei Beisitzer sind von der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretung und vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu entsenden. Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre.
(2) Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen haben die Beisitzer für die nächstfolgende Amtsdauer spätestens drei Monate vor deren Beginn zu entsenden. Für jeden Beisitzer sind gleichzeitig zwei Stellvertreter zu entsenden. Die Entsendung der Beisitzer (Stellvertreter) ist dem Bundesministerium für Justiz unverzüglich bekanntzugeben.
(3) Die Mitglieder der Landesberufungskommission werden vom Bundesminister für Justiz berufen (§345 Abs3 ASVG).
(4) Je nachdem, ob es sich um eine Angelegenheit handelt, welche die Ärzte, Dentisten oder Hebammen betrifft, sind die Beisitzer aus der in Betracht kommenden Berufsgruppe zur Verhandlung heranzuziehen."
3.2.3.2. Die die Kreation der Beisitzer betreffenden Formulierungen des §345 Abs1 und des §351 ASVG könnten so verstanden werden, als ob das Gesetz sowohl die Interessenvertretungen als auch den Bundesminister zur Bestellung der Beisitzer beruft und deshalb zufolge Unklarheit mit verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art18 B-VG belastet sein könnte. Der Verfassungsgerichtshof hegt solche Bedenken nicht. Er ist vielmehr der Ansicht, daß Wort und Sinn der Regelungen es erlauben, daß trotz der abwechselnden Verwendung der Worte "bestellen", "entsenden", "Berufung" und "heranziehen" §345 ASVG verfassungskonform und §16 der Schiedskommissionsverordnung gesetzeskonform dahin zu verstehen ist, daß die Beisitzer von der jeweils in Betracht kommenden Interessenvertretung und dem Hauptverband dem Bundesminister für Justiz vorzuschlagen und sodann von diesem zu bestellen sind. Diese Sicht wird zusätzlich systematisch dadurch gestützt, daß nicht nur der Vorsitzende (Stellvertreter) vom Bundesminister für Justiz zu bestellen ist, sondern daß auch alle Mitglieder bei Zutreffen der Gründe des §346 Abs4 ASVG vom Bundesminister für Justiz ihres Amtes zu entheben sind.
3.2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt aber auch nicht das Bedenken, daß §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung wegen einer "Einschränkung der Beisitzer auf Ärzte" - wie dies die belangte Behörde meint, falls man der Auffassung der Beschwerdeführerin folgen würde - gesetzwidrig ist.
§345 Abs1 ASVG ist vielmehr tatsächlich dahin zu verstehen, daß von der zuständigen Ärztekammer als Beisitzer nur Personen vorzuschlagen sind, die dem Berufsstand der Ärzte angehören. Dies gebietet sich schon deshalb, weil offenkundig die Anordnung einer Mitwirkung von Beisitzern, die von der Ärztekammer vorzuschlagen sind, bezweckt, die Fachkenntnisse, die Ärzte besitzen, in der Landesberufungskommission zum Tragen zu bringen. Dafür spricht ebenfalls, wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 12470/1990 ausgesagt hat, daß von einer Interessenvertretung nominierte Beisitzer nicht als Sprachrohr derselben zu verstehen sind und daß deshalb die Zusammensetzung einer Schiedskommission aus einem neutralen Vorsitzenden und über Vorschlag der Interessenträger bestellten Mitgliedern nicht dazu angetan ist, Zweifel im Hinblick auf die "Unparteilichkeit" im Lichte des Art6 Abs1 EMRK hervorzurufen, weil die Fachkenntnisse von Beisitzern für eine sachgerechte Entscheidung von erheblicher Bedeutung sind (vgl. auch VfSlg. 9887/1983 S. 508). Auch die Regelung des §346 Abs4 ASVG, die gemäß §345 Abs3 leg.cit. sinngemäß für die Landesberufungskommission für Ärzte gilt, sieht offensichtlich im Hinblick auf die Bedeutung, die den Fachkenntnissen der Beisitzer beigemessen wird, als Bestellungsvoraussetzung eine aktive Berufstätigkeit vor und ordnet eine Enthebung der Beisitzer durch den Bundesminister für Justiz mit ihrem Übertritt in den Ruhestand an. Daß §345 Abs1 ASVG hinsichtlich der von der Ärztekammer vorgeschlagenen Beisitzer deren Zugehörigkeit zum Berufsstand der Ärzte im Auge hat, liegt auch im Hinblick auf die von der Landesberufungskommission zu entscheidenden Streitigkeiten nahe.
Ein Verständnis des Gesetzes - wie es die belangte Behörde vertritt -, wonach Interessenvertretungen Personen welcher Art immer, so die Vertretung der Dentisten Hebammen oder umgekehrt die Interessenvertretung der Hebammen Dentisten, oder die Ärztekammer beruflich völlig Fernstehende, denen die den Angehörigen des Ärztestandes eigenen Fachkenntnisse fehlen, dem Bundesminister für Justiz als Beisitzer vorschlagen könnten, würde unter den dargelegten im Regelungszusammenhang maßgeblichen Aspekten sachlich kaum zu rechtfertigen sein und zusätzlich die Bestimmtheit des Gesetzes in Frage stellen.
Aus all dem folgt, daß §16 Abs4 der Schiedskommissionsverordnung, wonach als Beisitzer Angehörige "aus der in Betracht kommenden Berufsgruppe heranzuziehen" sind, im Gesetz Deckung findet.
4. An der angefochtenen Entscheidung hat (auch) der Kammeramtsdirektor Dr. H E mitgewirkt. Dieser war von der Ärztekammer als Beisitzer in die Landesberufungskommission entsendet worden. Da er nicht der Berufsgruppe der Ärzte angehört, sondern vielmehr ausgebildeter Jurist ist, bewirkt seine Teilnahme als entsendeter Beisitzer der Ärztekammer - wie den obigen Erwägungen zu entnehmen ist - die unrichtige Zusammensetzung der Landesberufungskommission. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid somit tatsächlich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den Kosten sind S 2.500,-- an Umsatzsteuer enthalten.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Sozialversicherung, Ärzte, Tribunal, Behördenzusammensetzung, Schiedskommission (Sozialversicherung), Determinierungsgebot, Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht ÄrzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B327.1994Dokumentnummer
JFT_10058996_94B00327_00