TE Vwgh Beschluss 2022/1/20 Ra 2021/05/0163

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Veröffentlicht am 20.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der O N in H, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg/Wagram, Georg-Ruck-Straße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 2. August 2021, Zlen. LVwG-AV-993/002-2021 und LVwG-AV-993/001-2021, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde H; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: H Y in H), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Eingabe vom 2. Juli 2019 beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung zum Umbau einer Garage in eine KFZ-Servicestation auf einem näher genannten Grundstück der KG H. Die Revisionswerberin nahm als Nachbarin im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) an diesem Verfahren teil, erhob Einwendungen und sodann Berufung gegen die der mitbeteiligten Partei im weiteren Verfahren erteilte Bewilligung. Nach Abweisung dieser Berufung mit Bescheid des Gemeindevorstands der Marktgemeinde H. vom 28. November 2019 erhob die Revisionswerberin dagegen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG), welches diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 15. September 2020, LVwG-AV-1/00-2020, abwies und unter einem zur Frage des Betriebes der KFZ-Servicestation festhielt, dass diese Verwendungsänderung bewilligungspflichtig gemäß § 14 Z 3 NÖ BO 2014 sei, dies jedoch vom Antrag im Verfahren nicht umfasst gewesen sei. Der Hinweis auf ein gewerbebehördlich geführtes Verfahren reiche jedenfalls nicht aus.

2        Sodann suchte die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom 29. September 2020 um „Baubewilligung für die Errichtung einer KFZ-Servicestation“ auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an. Diese Bewilligung wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 14 iVm § 23 Abs. 1 NÖ BO 2014 mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde H. vom 9. Februar 2021 unter Auflagen erteilt; die dagegen erhobene Berufung der Revisionswerberin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstands der Marktgemeinde H. vom 18. März 2021 als unbegründet abgewiesen.

3        Mit dem vorliegend in Revision gezogenen Erkenntnis gab das LVwG der im Verfahren sodann erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin dahingehend Folge, dass es den verfahrenseinleitenden Antrag der mitbeteiligten Partei vom 29. September 2020 auf Bewilligung des „Umbaus“ einer Garage in Form der Errichtung einer KFZ-Servicestation gemäß §§ 14 und 15 Abs. 1 Z 1 NÖ BO 2014 als unzulässig zurückwies.

4        Begründend führte das LVwG, soweit vorliegende relevant, aus, die Revisionswerberin habe rechtzeitig im Verfahren Einwendungen gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 erhoben. Im Verfahren sei klargestellt worden, dass die mitbeteiligte Partei lediglich eine Änderung des Verwendungszwecks beantragt habe. Dies sei gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 NÖ BO 2014 anzeigepflichtig. Ein derartiges Vorhaben sei nur dann im Bewilligungsverfahren mit zu behandeln, wenn es mit einem Vorhaben gemäß § 14 Z 1 und Z 3 NÖ BO 2014 gemeinsam eingereicht werde. Dies liege unbestrittenermaßen nicht vor. Weder sei eine Umdeutung des Antrags auf Bewilligung in eine Anzeige möglich, noch seien die beiden Verfahren wechselseitig durchlässig. Die belangte Behörde habe damit eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen, was vom LVwG aus Anlass der Beschwerde aufzugreifen sei (Verweis auf VwGH 29.9.2016, Ra 2016/05/0080). Der Beschwerde sei aus diesem Grund stattzugeben und der verfahrenseinleitende Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

5        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das LVwG sei von seiner eigenen Rechtsansicht im Erkenntnis vom 15. September 2020 abgewichen und habe in seinem Erkenntnis nicht über die Beschwerde der Revisionswerberin abgesprochen, indem es nur ausgesprochen habe, dass der verfahrenseinleitende Antrag zurückgewiesen werde, anstatt die Berufungsentscheidung dahingehend abzuändern, dass der Berufung Folge gegeben und der verfahrenseinleitende Antrag als unzulässig zurückgewiesen werde. Damit sei es von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat.

10       Diesen Anforderungen wird die Revision, soweit sie auf die bereits rechtskräftige Entscheidung des LVwG (vgl. LVwG 15.9.2020, LVwG-AV-1/002-2020) die Erteilung der Bewilligung für den Umbau der Garage an die mitbeteiligte Partei betreffend verweist, nicht gerecht, wird doch mit dem bloßen Hinweis auf eine vermeintlich uneinheitliche Judikatur der Verwaltungsgerichte für sich genommen noch keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068, mwN). Der Verweis auf den zur res judicata ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0050, ergibt mangels eines vergleichbaren Sachverhalts nichts Gegenteiliges.

11       Soweit die Revision zur Zulässigkeit weiters vermeint, das LVwG gehe von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es über die Beschwerde nicht abgesprochen habe, enthält sie im Lichte ebendieser Judikatur (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0023) keine Argumente dafür, warum die angefochtene Entscheidung des LVwG, mit der letztlich der verfahrenseinleitende Antrag der mitbeteiligten Partei auf Bewilligung der Verwendungsänderung einer Garage in Form der Errichtung einer KFZ-Servicestation gemäß §§ 14 und 15 Abs. 1 Z 1 NÖ BO 2014 als unzulässig zurückgewiesen wurde, mit der in der Revision zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch stünde. Vielmehr hat das LVwG gerade in Entsprechung der in der Revision genannten Rechtsprechung im Ergebnis den verfahrenseinleitenden Antrag erledigt. Inwiefern die Revisionswerberin dadurch (gegenüber einer Abänderung der Berufungsentscheidung in Richtung einer Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags) in ihren Rechten verletzt sein soll, legt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht dar.

12       Zur Rechtsansicht des LVwG in der Sache schließlich, dass das in Rede stehende Vorhaben der Anzeigepflicht gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 NÖ BO 2014 unterliegt, enthält die Revision kein Zulässigkeitsvorbringen.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050163.L00

Im RIS seit

15.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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