Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H* F*, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 7.586,26 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Februar 2021, GZ 14 R 174/20s-17, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Oktober 2020, GZ 33 Cg 12/20g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Nichtigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 477 Abs 1 [offenbar gemeint Z 1] ZPO („für den Fall, dass diesem Ablehnungsantrag [Anm: 'in Ansehung der Person der den erkennenden Berufungssenat bildenden RichterInnen des Oberlandesgerichtes Wien'] stattgegeben wird“) liegt nicht vor:
[2] Dieser Nichtigkeitsgrund setzt voraus, dass ausgeschlossene oder bereits erfolgreich abgelehnte Richter das Urteil gefällt oder als Senatsmitglieder an der Urteilsfällung mitgewirkt haben (RIS-Justiz RS0109254; RS0007462; vgl auch RS0042046).
[3] Die Ablehnung des „Oberlandesgerichts Wien“ („in eventu: sämtlicher RichterInnen des Oberlandesgerichts Wien“) zur Entscheidung über die Ablehnung der drei Mitglieder des Berufungssenats wurde vom erkennenden Senat mit dem zu 1 Nc 14/21f ergangenen Beschluss zurückgewiesen. Dem Rekurs gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Mitglieder des Berufungssenats wurde mit Beschluss des erkennenden Senats zu 1 Ob 227/21w nicht Folge gegeben. Auf eine erfolgreiche Ablehnung des Berufungssenats kann der Revisionswerber damit nicht verweisen. Für die Behauptung, es läge eine „Nichtigkeit wegen Missachtung eines präjudiziellen Ablehnungsverfahrens vor“, nennt der Revisionswerber weder Gesetzesstelle noch Judikatur.
[4] 2. Es trifft auch nicht zu, dass aus diesem Grund (angebliche „Missachtung eines präjudiziellen Ablehnungsverfahrens“) das Berufungsverfahren mit einem (einfachen) Verfahrensmangel behaftet wäre.
[5] Eine rechtsmissbräuchliche Ablehnung muss nach ständiger Rechtsprechung nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden; es ist aber ein Aktenvermerk über die Unterlassung ratsam (RS0046015; vgl auch RS0042028 [T7, T15, T18, T24, T27]).
[6] In Kenntnis der Unzulässigkeit von Pauschalablehnungen sowie des Umstands, dass die Ablehnung nicht der Geltendmachung einer (vermeintlichen) Fehlerhaftigkeit des Hauptverfahrens dient und sie damit nicht als Mittel, sich eines nicht genehmen Richters zu entledigen, missbraucht werden darf (RS0046090 [bes T8]; RS0111290; RS0109379; RS0046087; RS0045916), brachte der immer wieder kaskadenartig Ablehnungen bei für ihn ungünstigen Entscheidungen erhebende Rechtsmittelwerber nach dem Urteil des Erstgerichts nicht nur eine Ablehnung betreffend die Erstrichterin ein, sondern lehnte zugleich auch „das Landesgericht für ZRS Wien (alle RichterInnen des Landesgerichtes für ZRS Wien) in Ansehung der Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag“ ab.
[7] Das Berufungsgericht sah diese Ablehnungen in unbedenklicher Weise als offenkundig rechtsmissbräuchlich an und verwies auf den (beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien) verfassten Aktenvermerk. Es bedurfte daher keiner Unterbrechung des Berufungsverfahrens (und keines Abwartens einer Entscheidung des Ablehnungssenats; vgl nur 1 Ob 3/21d).
[8] 3. Zum Haftungsausschluss nach § 2 Abs 3 AHG und dessen Verfassungskonformität (RS0077508) besteht langjährige und gefestigte Judikatur (RS0077508 [T1, T2, T3]; RS0082344).
[9] Ebenso ist in der Rechtsprechung längst geklärt, dass unter „Erkenntnis“ iSd § 2 Abs 3 AHG jede Art von Entscheidung durch ein Höchstgericht zu verstehen ist, in welcher verfahrensrechtlich vorgesehenen Weise auch immer sie gefällt wird (RS0077508 [T4]; vgl RS0132058 und 1 Ob 187/11y = RS0127986; Schragel, AHG³ Rz 195 mwN).
[10] Erkenntnis iSd § 2 Abs 3 AHG ist damit nach Rechtsprechung und Lehre auch jeder Beschluss, mit dem ein Höchstgericht ein Rechtsmittel mangels erheblicher Rechtsfrage zurückweist, womit – soweit die Kognition des angerufenen Höchstgerichts reicht (vgl RS0077506; RS0077496) – von diesem die mangelnde Korrekturbedürftigkeit und damit auch die Vertretbarkeit der Entscheidung der Vorinstanz zum Ausdruck gebracht wird (Schragel aaO Rz 196; zur Zurückweisung der Revision durch den Obersten Gerichtshof RS0107173; zur Zurückweisung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof RS0120512 bzw der Revision seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 [BGBl I 2012/51] siehe Mader/Vollmaier in Schwimann/Kodek ABGB4 § 2 AHG Rz 14 FN 116). Warum dies für das nach den Gesetzesmaterialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 und dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (BGBl I 2013/33) an die ZPO angelehnte Revisionsmodell (s ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16 sowie ErläutRV 2009 BlgNR 24. GP 10 f) und die seither vorgesehene Zurückweisung einer außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof anders zu sehen sein sollte, vermag der Revisionswerber mit seiner rein formal-begrifflichen Argumentation nicht aufzuzeigen.
[11] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E133827European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00083.21V.1214.000Im RIS seit
15.02.2022Zuletzt aktualisiert am
15.02.2022