TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/19 94/07/0031

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Veröffentlicht am 19.09.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs1;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde

1) des LK und 2) der EK, beide in E und beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. Jänner 1994, Zl. III/1-34.654-94, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Partei: M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf dem heute im Eigentum der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) stehenden Grundstück Nr. 124/2 KG R. befindet sich ein um das Jahr 1950 von den damaligen Eigentümern dieses Grundstückes errichteter Grundwasserbrunnen und ein Wasserreservoir. Eigentümer des Grundstückes Nr. 124/2 KG R. waren zum Zeitpunkt der Errichtung der Brunnenanlage Franz und Maria K., denen auch das heute noch in ihrem Eigentum stehende westlich anschließende Grundstück Nr. 124/1 und das östlich an das Grundstück Nr. 124/2 anschließende Grundstück Nr. 107, je KG R., gehört hatte, welches heute im Eigentum der Beschwerdeführer steht. Franz und Maria K. hatten auf diesen Grundstücken eine Landwirtschaft betrieben, die heute nur mehr von den Beschwerdeführern auf dem östlich des Grundstückes Nr. 124/2 gelegenen Grundstück Nr. 107 geführt wird.

Im Jahre 1971 wurde auf dem westlich des Grundstückes Nr. 124/2 gelegenen Grundstück Nr. 124/1 (im Eigentum von Franz und Maria K. verblieben) eine Quelle gefaßt und das Quellwasser dem auf Grundstück Nr. 124/2 (heute im Eigentum der MP) befindlichen Wasserreservoir zugeleitet. Von diesem Wasserreservoir gehen drei Wasserleitungen aus. Eine führt zurück nach Westen zur Versorgung des Anwesens von Franz und Maria K. auf dem Grundstück Nr. 124/1, die zweite führt zu dem auf dem Grundstück Nr. 124/2 gelegenen Wohnhaus der MP und die dritte verläuft zum östlich gelegenen Grundstück Nr. 107 der Beschwerdeführer.

Nach der Abtrennung der Grundstücke Nr. 124/1 und 124/2 vom landwirtschaftlichen Betrieb und dessen alleiniger Fortführung durch die Beschwerdeführer vom Grundstück Nr. 107 aus kam es im Jahre 1991 zum Abschluß eines Vertrages zwischen Franz und Maria K. als Eigentümern des Grundstückes Nr. 124/1, der MP als Eigentümer des Grundstückes Nr. 124/2 und den Beschwerdeführern als den Eigentümern des Grundstückes Nr. 107, mit dem folgendes vereinbart wurde:

"1)

(MP) ist Eigentümer der Liegenschaft ... mit dem

Grundstück 124/2 ..., auf welchem sich, wie aus der

beiliegenden Planskizze ersichtlich ist, eine Brunnenanlage

befindet, zu welcher das Wasser aus der auf dem

Grundstück 124/1 ... befindlichen Quelle bezogen wird und von

welcher das Wasser durch die im Plan eingezeichneten

Wasserleitungen wieder zum Grundstück 124/1 ... und zum

Grundstück 107 ... weitergeleitet wird, wobei die

Liegenschaftseigentümer ebenfalls ihr Wasser aus der genannten Brunnenanlage beziehen.

Die Vertragsparteien beabsichtigen die gemeinsame Errichtung eines Wasserreservoirs neben dem Brunnen und die grundbücherliche Sicherstellung dieser Wasserleitungs- und -bezugsrechte.

2)

Die Ehegatten Franz und Maria K. für sich und ihre

Rechtsnachfolger als Eigentümer der Liegenschaft ... mit dem

Grundstück 124/1 ... räumen nunmehr den jeweiligen Eigentümern

des Grundstückes 124/2 ... das unentgeltliche Recht der

Wasserentnahme aus dem im Plan ersichtlichen Brunnen sowie der Wasserleitung über das Grundstück 124/1 ..., wie diese im Plan eingezeichnet ist, ein.

(MP) für sich und seine Rechtsnachfolger als Eigentümer des

Grundstückes 124/2 ... räumt nunmehr seinerseits den jeweiligen

Eigentümern des Grundstückes 124/1 ..., sowie der ... mit den

Grundstücken 107 ... das unentgeltliche Recht der

Wasserentnahme aus dem auf dem Grundstück 124/2 ...

befindlichen Brunnen mit Reservoir, sowie der Wasserleitung, wie diese im beiliegenden Plan eingezeichnet ist, ein.

3)

Die Vertragsparteien erteilen ihre Einwilligung zu nachstehenden Eintragungen:

a)

In der (Liegenschaft von Franz und Maria K.) zur Einverleibung der Dienstbarkeit der Wasserentnahme und der Wasserleitung gemäß Inhalt und Umfang dieses Vertrages zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 124/2 ...,

b)  in der (Liegenschaft der MP) zur Einverleibung der

    Dienstbarkeit der Wasserentnahme und der Wasserleitung

    gemäß Inhalt und Umfang dieses Vertrages zugunsten der

    jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 124/1 ... und der

    Grundstücke 107 ... und 5 ... (ebenfalls der

    Beschwerdeführer).

                              4)

Für die Erhaltung sowohl der Quelle als auch der Leitung vom

Brunnen auf dem Grundstück 124/2 ... und Erhaltung der Brunnen-

und Wasserreservoir-Anlage auf dem Grundstück 124/2 ... haben

die Liegenschaftseigentümer der Liegenschaften

(Beschwerdeführer, MP sowie Franz und Maria K.) gleichteilig

aufzukommen, während die Leitungsrechte von der Brunnen- und

Wasserreservoir-Anlage zu den einzelnen Bezugsberechtigten von

diesen auf ihre eigenen Kosten erhalten werden müssen.

5)

Die Vertragsparteien vereinbaren wechselseitig die Dienstbarkeit unter Schonung und Rücksichtnahme der Mitberechtigten auszuüben, jede Störung oder sonstige Beeinträchtigung zu unterlassen und für jeden verursachten Schaden an der gesamten Anlage aus Eigenem aufzukommen.

...

7)

Für diesen Dienstbarkeitsvertrag wird wechselseitig keine Gegenleistung vereinbart, da alle drei Liegenschaftseigentümer das Wasser nur von der vorangeführten Quelle beziehen können.

..."

Mit Eingabe vom 4. August 1992 teilten die Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft Melk (BH) unter Bekanntgabe des vorstehenden Sachverhaltes mit, daß die MP es ihren Mietern des Grundstückes 124/2 gestattet habe, unmittelbar neben der bestehenden Brunnenanlage samt Reservoir einen Bohrbrunnen zu errichten, für den eine Bewilligung nicht eingeholt worden sei. Die Mieter versorgten aus diesem von ihnen konsenslos errichteten Brunnen nicht nur das auf dem Grundstück 124/2 stehende Wohnhaus samt dem darin befindlichen Hallenschwimmbad, sondern auch das Grundstück des Franz und der Maria K. Nr. 124/1 mit Wasser, sodaß von der alten Anlage aus lediglich das Anwesen der Beschwerdeführer Wasser beziehe. Seit der konsenslosen Errichtung der neuen Brunnenanlage hätten sich für die Beschwerdeführer die Verhältnisse in der Wasserversorgung grundlegend geändert. Der neue Brunnen befinde sich in einer Entfernung von etwa zwei Metern von dem bestehenden Brunnen samt Wasserreservoir; in dem alten Reservoir sei seit Errichtung des neuen Brunnens nahezu kein Wasser mehr, was insbesondere dann der Fall sei, wenn das Hallenschwimmbad mit Wasser versorgt werde. Es seien bereits mehrere Feuerwehreinsätze notwendig gewesen, um den landwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer mit etwa 200 Stück Schweinen durch Tankwagen mit Wasser zu versorgen. Bis zur Errichtung des konsenslosen Brunnens durch die Mieter der MP habe die alte Wasserversorgungsanlage immer ausreichend Wasser gefördert. Auch die Wasserqualität habe sich grundlegend verschlechtert. Die Wasserüberprüfungen im Jahre 1971 und Februar 1992 hätten ergeben, daß die Beschaffenheit des Wassers dem eines Trinkwassers entspreche. Zwei nach der Errichtung des konsenslosen Brunnens durchgeführte Wasseruntersuchungen hingegen hätten ergeben, daß das Wasser nicht mehr als Trinkwasser geeignet sei. Um wasserrechtliche Überprüfung des geschilderten Sachverhaltes werde ersucht.

Nachdem die BH den Beschwerdeführern mit 27. August 1992 mitgeteilt hatte, daß eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Streitschlichtung nicht gesehen werde, stellten die Beschwerdeführer am 2. Juli 1993 unter Vorlage eines im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens eingeholten Gutachtens über die negative Beeinflussung der Wasserbezugsmöglichkeit der Beschwerdeführer aus der alten Anlage durch den neuen Brunnen an die BH den Antrag, der MP und ihren Mietern bescheidmäßig aufzutragen, den neu errichteten Bohrbrunnen unverzüglich zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen. Da mit dem neuen Bohrbrunnen nicht nur das Grundstück Nr. 124/2 der MP sondern auch das Grundstück Nr. 124/1 von Franz und Maria K. versorgt werde, liege eine bewilligungsfreie Grundwassernutzung durch die MP nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 nicht vor. Es sei eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zudem auch nach § 10 Abs. 4 WRG 1959 gegeben.

Die BH führte am 9. August 1993 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Verlauf der Amtssachverständige für Geohydrologie einen Zusammenhang der Wasserspiegelabsenkung im alten Brunnen (Reservoir) mit einer Wasserspiegelabsenkung im neu errichteten Brunnen bejahte. Durch die natürliche Abdichtung der Sohle im alten Brunnen und den relativ konstanten Zulauf aus der Quelle sowie durch die Tatsache, daß aus dem neuen Bohrbrunnen nicht regelmäßig bzw. nur relativ geringe Wassermengen entnommen würden, erreiche die Absenkung im alten Brunnen im Normalbetrieb nur ein relativ geringes Ausmaß. Bei der Entnahme von großen Wassermengen aus dem Bohrbrunnen ergebe sich damit eine entsprechend größere Beeinflussung des alten Brunnens, die im Extremfall zu einem Trockenfallen dieses Brunnens führen könne.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 1993 wies die BH den von den Beschwerdeführern gestellten Antrag auf Erlassung eines Auftrages zur Beseitigung des Bohrbrunnens und zur Wiederherstellung des früheren Zustandes aus dem Grunde der Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zurück. In der Begründung ihres Bescheides vertrat die BH die Auffassung, daß der neu errichtete Bohrbrunnen einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht bedurft habe. In den Wohnhäusern auf den Grundstücken Nr. 124/2 und 124/1 lebten derzeit maximal neun Personen; die Deckung des Bedarfes für neun Personen und zum Gartengießen entspreche nach den Erfahrungen des täglichen Lebens durchaus dem üblichen und auch notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf insbesondere im ländlichen Raum. Daß ein Grundeigentümer im Rahmen der bewilligungsfreien Erschließung von Grundwasser ausschließlich nur den notwenigen eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf decken dürfe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen; vielmehr sei es durchaus zulässig, daß der Grundeigentümer auch Dritten Grundwasser im Rahmen der gegebenen Einschränkungen des § 10 Abs. 1 WRG 1959 zur Verfügung stelle. Die der BH zukommende Streitschlichtungskompetenz nach § 10 Abs. 4 WRG 1959 gelte nur für jene Fälle, in denen verschiedene Grundeigentümer einander bei der Nutzung des Grundwassers auf dem eigenen Grundstück beeinträchtigten. Nicht zuständig sei die Wasserrechtsbehörde hingegen dann, wenn es zur Beeinträchtigung von Wassernutzungen verschiedener Nutzungsberechtiger von einem Grundstück ein- und desselben Grundeigentümers komme, weil ein solcher Fall eine Vereinbarung mit dem Grundeigentümer über die Nutzung zur Voraussetzung habe. Die Beschwerdeführer hätten ihre Ansprüche demnach vor den Zivilgerichten durchzusetzen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandten sich die Beschwerdeführer im wesentlichen gegen die rechtliche Beurteilung der BH, der neu errichtete Bohrbrunnen sei bewilligungsfrei gewesen, indem sie geltend machten, daß durch die Versorgung auch des Grundstückes Nr. 124/1 schon die Benutzung des auf Grundstück 124/2 erschlossenen Grundwassers über den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf im Sinne des § 10 Abs. 1 WRG 1959 hinausgehe. Die BH übersehe zudem, daß der alte Brunnen von einer Quelle aus der Liegenschaft 124/1 gespeist werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der ebenso wie schon der erstinstanzliche Bescheid den Beschwerdeführern und der MP gegenüber erging, änderte die belangte Behörde den Spruch des Bescheides der BH vom 21. Oktober 1993 dahin ab, daß der Antrag der Beschwerdeführer mangels ihrer Parteistellung zurückgewiesen und der Bescheid auf § 138 WRG 1959 gestützt wurde, und wies die Berufung der Beschwerdeführer im übrigen ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Auffassung der BH über die Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer nicht beizutreten sei, weil § 10 Abs. 1 WRG 1959 restriktiv ausgelegt werden müsse. Es habe der neue Bohrbrunnen entgegen dem von der BH eingenommenen Rechtsstandpunkt einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft, weil die Bewilligungsfreiheit der Grundwassernutzung des Grundeigentümers nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 eine Wasserbenutzung ausschließlich für den eigenen Bedarf voraussetze. Gleiches habe aber auch für den alten Brunnen zu gelten, der ebensowenig bewilligungsfrei gewesen sei wie der neue. Die Wassernutzung der Beschwerdeführer aus dem alten Brunnen könne demnach nicht als rechtmäßig geübte Wassernutzung im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 angesehen werden, welche den Beschwerdeführern die Rechtsstellung als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG 1959 verschaffen hätte können. Anderslautende Regelungen des Privatrechtes könnten auf die wasserrechtliche Rechtslage keine Auswirkungen haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehren, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren und auf Beseitigung einer wasserrechtlichen Neuerung verletzt zu sein.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die MP beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die Beschwerdeführer haben repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 WRG 1959 bedarf der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt, oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht.

Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen ist in allen anderen Fällen zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.

Die Benutzung der privaten Tagwässer hingegen sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, einer Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen des Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne dieser Gesetzesstelle ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind - erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, Slg. N.F. Nr. 13.492/A).

Als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 sind nach dem sechsten Absatz dieses Paragraphen die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

§ 12 Abs. 2 WRG 1959 definiert als bestehende Rechte rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

Gemäß § 5 Abs. 2 WRG 1959 schließlich steht die Benutzung der Privatgewässer mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen denjenigen zu, denen sie gehören.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß der den Gegenstand des Antrages der Beschwerdeführer bildende neue Bohrbrunnen einer wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Grunde des § 10 Abs. 2 WRG 1959 bedurft hatte. Der von der BH angenommenen Bewilligungsfreiheit dieses neuen Bohrbrunnens stand der Wortlaut der Bestimmung des § 10 Abs. 1 WRG 1959 insofern entgegen, als allein der Umstand der Versorgung auch des Nachbargrundstückes Nr. 124/1 von Franz und Maria K. keine Grundwasserentnahme mehr in einem angemessenen Verhältnis zum EIGENEN Grunde bildete und damit bereits eine über den notwendigen (eigenen) Haus- und Wirtschaftsbedarf hinausgehende Grundwassernutzung darstellte (vgl. hiezu schon das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1961, 2066/59). Einer Beurteilung des Begehrens der Beschwerdeführer im Lichte der Bestimmung des § 10 Abs. 4 WRG 1959 war damit schon deshalb der Boden entzogen, weil diese Vorschrift nur für bewilligungsfreie Grundwassernutzungen nach § 10 Abs. 1 WRG 1959 gilt. Der auf dem Grundstück der MP errichtete Bohrbrunnen erwies sich damit als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, deren Beseitigung von einem Betroffenen im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG 1959 verlangt werden durfte, weshalb die belangte Behörde von der Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden zur Entscheidung über das Anbringen der Beschwerdeführer zutreffend ausgegangen ist.

Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer mangels deren Parteistellung allerdings war verfehlt. Parteistellung hatten die Beschwerdeführer zufolge der Bestimmung des § 102 Abs. 1 lit. a WRG 1959 schon dadurch erworben, daß sie an die Wasserrechtsbehörde einen im Gesetz vorgesehenen Antrag gerichtet hatten, über dessen Berechtigung abzusprechen war. Fehlte den Beschwerdeführern die Rechtsstellung als Betroffene nach § 138 Abs. 6 WRG 1959, dann berührte dies nicht ihre durch Stellung eines im Gesetz vorgesehenen Antrages nach § 102 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erworbene Parteistellung, sondern die inhaltliche Berechtigung ihres Begehrens, welches diesfalls ab- und nicht zurückzuweisen gewesen wäre. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführern eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berechtigung ihres Antrages zwar nicht verwehrt, wäre aber verfahrensrechtlich im Beschwerdefall nicht berechtigt gewesen, den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid aus dem Grunde mangelnder Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde in Richtung einer - auf der Basis der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde gebotenen - meritorischen Abweisung des von den Beschwerdeführern gestellten Antrages abzuändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/07/0079). Aus diesem Grunde kann der Verwaltungsgerichtshof in Erledigung des Beschwerdefalles auch die Rechtsansicht der belangten Behörde über das Fehlen einer Rechtsstellung der Beschwerdeführer als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG 1959 einer formellen Überprüfung nicht unterziehen, weil auch die Richtigkeit der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung an der Rechtswidrigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer nichts änderte.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren nach der gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebotenen ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides durch die belangte Behörde wird die Wasserrechtsbehörde erster Instanz die von den Beschwerdeführern behauptete Inhaberschaft bestehender Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 zu prüfen haben. Mit Rücksicht darauf, daß sachverhaltsbezogen eine Beeinträchtigung des Wasserbezuges der Beschwerdeführer durch den neuen Bohrbrunnen hinsichtlich unterschiedlicher Wasserspenden (alter Grundwasserbrunnen einerseits und zugeleitetes Quellwasser andererseits) in Betracht kommt, wird im Tatsachenbereich klarzustellen sein, ob der Wasserbezug der Beschwerdeführer nur aus dem alten Grundwasserbrunnen oder auch jener aus dem zugeleiteten Quellwasser vom Grundstück Nr. 124/1 durch den neuen Bohrbrunnen beeinträchtigt wird. In rechtlicher Hinsicht wird für den Fall einer Beeinträchtigung (auch) des Quellwasserbezuges der Beschwerdeführer zur Beurteilung ihrer behaupteten Rechtsstellung als Betroffene nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 WRG 1959 Bedacht zu nehmen sein, in welchem Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der Norm des § 5 Abs. 2 WRG 1959 auf seine Erkenntnisse vom 5. April 1976, 1611/75, vom 19. Mai 1987, 87/07/0013, vom 19. November 1991, 89/07/0082, vom 28. Juli 1994, 92/07/0085, und vom 25. Oktober 1994, 92/07/0098, hinweist. Sollte der neue Bohrbrunnen lediglich den Wasserbezug der Beschwerdeführer aus dem alten Grundwasserbrunnen beeinträchtigen, dann setzte eine Verneinung der Rechtsstellung der Beschwerdeführer als Betroffene nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 die Auseinandersetzung mit der Frage voraus, aus welchen Gründen der alte Grundwasserbrunnen entweder schon zum Zeitpunkt seiner Errichtung wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 WRG 1959 der wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte oder weshalb vom nachträglichen Eintritt einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht für diesen alten Brunnen auszugehen wäre. Im Falle einer Bejahung der Rechtsstellung der Beschwerdeführer als Betroffene nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 wäre zudem die Frage des für einen wasserpolizeilichen Auftrag in Betracht kommenden Adressaten zu klären.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich darauf, daß die Repliken der Beschwerdeführer zu den Gegenschriften zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren und daß an Stempelgebühren nur Beträge von S 360,-- für die dreifach zu überreichende Beschwerdeschrift und von S 90,-- für den lediglich in einfacher Ausfertigung anzuschließenden angefochtenen Bescheid zugesprochen werden konnten.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung KassationInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Parteibegriff Tätigkeit der BehördeBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz (siehe auch Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung)VerfahrensbestimmungenIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994070031.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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