TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/21 LVwG-414-13/2021-R1

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Veröffentlicht am 21.01.2022
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Entscheidungsdatum

21.01.2022

Norm

GewO 1994 §80 Abs3

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Nikolaus Brandtner über die Beschwerde der 1. A gmbH, L sowie der 2. D gmbH, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 25.08.2021, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Begründung

1.   Mit angefochtenem Bescheid wurde gemäß § 80 Abs 3 Gewerbeordnung 1994 der Antrag der Beschwerdeführerinnen vom 22.04.2021, ergänzt am 28.06.2021 auf Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme der Betriebsanlage abgewiesen.

2.   Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführerinnen rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringen sie (zusammengefasst) im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Verlängerung der Betriebsanlagengenehmigung hätte bis zum 31.12.2022 erteilt werden müssen.

Der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerinnen sei von der Bezirkshauptmannschaft B mit Bescheid vom 11.03.2014 ua die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Appartementhotels in diesen Räumlichkeiten auf den GST-NRN XXX, YYY und ZZZ, GB S, sowie die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung von anfallenden Bach- und Oberflächenwässern in den Lbach erteilt worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 11.09.2017 sei unter anderem die Frist zur Inbetriebnahme der mit Bescheid vom 11.03.2014 gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage bis zum 22.04.2021 verlängert worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 01.03.2019 seien ganz wesentliche Umbauten, Erweiterungen und Änderungen nochmals bewilligt worden. Dabei sei der Termin für die Fertigstellung der bewilligten Anlage auf den 31.12.2022 festgesetzt worden. Diese Betriebsanlagengenehmigung für das Projekt sei gemäß Spruchpunkt IV. lit a [gemeint wohl: IVa.] für das gesamte Projekt mit einer Hotel- und Appartementanlage auf den GST-NRN XXX, ZZZ und WWW erteilt worden und nicht nur für die Erweiterung und Änderungen des Projektes. Lediglich die zitierte Gesetzesbestimmung der Gewerbeordnung, nämlich § 81, betreffe Änderungen einer Betriebsanlagengenehmigung.

Werde für ein Projekt eine Betriebsanlagengenehmigung erteilt und dann, bevor diese Betriebsanlage eröffnet werde, aufgrund von Projektänderungen oder Erweiterungen eine neuerliche Betriebsanlagengenehmigung für diese Änderung erteilt und eine Fertigstellungsfrist anlässlich der Erweiterung und Abänderung festgelegt, dann sei diese für das Gesamtprojekt maßgeblich.

Mit Bescheid vom 01.03.2019 habe die Bezirkshauptmannschaft B gemäß Spruchpunkt IVa. die Betriebsanlagengenehmigung nicht nur für bestimmte Erweiterungen, wie zB zusätzliche 89 Appartements und Hotelzimmer erweitert, sondern die Betriebsanlagengenehmigung für das gesamte Projekt, bestehend aus einer Hotel- und Appartementanlage mit ua 133 Hotelzimmern, 33 Appartements und einem Restaurant, einem Festsaal, einem Wellnessbereich, einer Tiefgarage sowie Abstellplätzen und einer Pelletsheizung auf den GST-NRN XXX, ZZZ und WWW erteilt. Gemäß Punkt VI. dieses Bescheides sei der Termin für die Fertigstellung der laut Punkt IVa. bewilligten Gesamtanlage auf den 31.12.2022 festgesetzt worden. Aus diesem Grund wäre eine Verlängerung der Betriebsanlagengenehmigung 2014 bereits deshalb zu genehmigen, weil sonst widersprüchliche Bescheide und widersprüchliche Fertigstellungsfristen in zwei verschiedenen Bescheiden für dasselbe vorliegen würden.

Wegen entschiedener Rechtssache im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 01.03.2019 Punkt IVa. iVm Punkt VI. könne und müsse für den ursprünglichen Bescheid eine Frist auf den 31.12.2022 verlängert werden. Ansonsten wäre aber der Antrag auf Verlängerung zurückzuweisen, weil dieser nicht erforderlich sei, da mit Bescheid 2019 die Betriebsanlagengenehmigung für das Gesamtprojekt erteilt worden sei und die Fertigstellungsfrist nach der Gewerbeordnung mit 31.12.2022 bestimmt worden sei.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 11.03.2014 erhielt ein näher bezeichnetes Unternehmen unter anderem die Bewilligung nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung für die Errichtung einer Ferienappartementanlage mit ua 70 Appartements, einem Restaurant, Wellnessbereich, Tiefgaragen und einem Müllhaus auf den Grundstücken GST-NRN XXX, YYY und ZZZ, KG S, und für die erforderlichen Maßnahmen im Uferschutzbereich des Lbaches für die Einleitung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässer.

Das Unternehmen erhielt weiters die Baubewilligung für die Errichtung einer gewerblichen Ferienappartementanlage für die obgenannten Maßnahme mit Ausnahme der Maßnahmen im Uferschutzbereiches des Lbaches für die Einleitung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässer.

Weiters wurde dem Unternehmen die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die obgenannten Maßnahmen und entsprechend der Konzentrationsbestimmung des § 356b GewO 1994 die Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 erteilt.

Unter Spruchpunkt V. dieses Bescheides wurde in Anwendung der Konzentrationsbestimmung des § 356b GewO 1994 iVm § 112 Abs 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 als spätester Termin für die Fertigstellung der Anlage zur Abwassereinleitung der 01.11.2017 festgesetzt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 11.09.2017 erhielt das Unternehmen ua gemäß § 80 Abs 3 GewO 1994 eine Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme der mit Bescheid vom 11.03.2014 genehmigten Betriebsanlage bis zum 22.04.2021 (Spruchpunkt III.)

Unter Spruchpunkt IV. dieses Bescheides wurde gemäß § 356b GewO iVm § 112 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 die mit 01.11.2017 festgesetzte Frist bis zum 12.12.2019 verlängert.

Mit Ansuchen vom 24.07.2018 haben die nunmehrigen Beschwerdeführerinnen (Rechtsnachfolgerinnen) bei der Bezirkshauptmannschaft B um Änderung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung vom 11.03.2014 durch die Errichtung und den Betrieb einer Hotel- und Appartementanlage mit ua 133 Hotelzimmern und 33 Appartements, einem Restaurant und einem Festsaal, einem Wellnessbereich, einer Tiefgarage sowie Abstellplätzen und einer Pelletsheizung auf den Grundstücken GST-NRN XXX, ZZZ und WWW (zukünftig GST-NRN ZZZ und YYY sowie WWW), XXX, VVV), alle KG S, sowie die Einleitung von anfallenden Dach- und Oberflächenwässern über die Grundstücke GST-NRN XXX und VVV (zukünftig GST-NRN UUU und YYY) alle KG S, in den Lbach ersucht. Weiters haben sie (soweit für dieses Verfahren relevant, um die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung von Dach- und Oberflächenwässern (auch von Oberliegern) in den Lbach auf den GST-NRN UUU und YYY, beide KG S, ersucht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 01.03.2019 wurde den Beschwerdeführerinnen (soweit hier relevant) unter Spruchpunkt IVa. die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gemäß §§ 81, 77 und 353 ff sowie (entsprechend der Konzentrationsbestimmung des § 356b Gewerbeordnung 1994) gemäß § 32 Abs 2 lit a Wasserrechtsgesetz 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für näher bezeichnete umfangreiche Maßnahmen erteilt.

Dieser Spruchpunkt (ohne Auflagen) lautet wörtlich wie folgt:

IVa.

Der A gmbH, N, und der D gmbH, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr Karl Schelling, wird gemäß den §§ 81, 77 und 353 ff unter Berücksichtigung von § 356b Abs 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF, iVm § 32 Abs 2 lit a des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 215/1959 idgF, iVm den §§ 93 und 99 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994 idgF, nach Maßgabe des oben festgestellten Sachverhaltes sowie der obgenannten Plan- und Beschreibungsunterlagen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung, ursprünglich erteilt für die A GmbH, B, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 11.03.2014, durch die Errichtung und den Betrieb einer Hotel- und Appartementanlage mit ua 133 Hotelzimmern und 33 Appartements, einem Restaurant und einem Festsaal, einem Wellnessbereich, einer Tiefgarage sowie Abstellplätzen und einer Pelletsheizung auf den Gst XXX, ZZZ und WWW (zukünftig Gst ZZZ und YYY sowie WWW (Abstellplätze S), XXX (Tiefgarage Zubau und südliche Parkplätze), VVV (zukünftige Gemeindestraße)), alle KG S, sowie der Einleitung von anfallenden Dach- und Oberflächenwässern über Gst XXX und UUU (zukünftig Gst UUU und YYY), alle KG S, in den Lbach unter folgenden Auflagen erteilt:“

Unter Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 356b GewO 1994 iVm § 112 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 als spätester Termin für die Fertigstellung der im Spruchpunkt IV. nach dem WRG mitbewilligten Anlage zur Einleitung von Dach- Oberflächenwässern in den Lbach der 31.12.2022 festgelegt.

Dieser Spruchpunkt lautet wörtlich wie folgt:

VI.

Gemäß § 356b GewO 1994 iVm § 112 Abs 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 215/1959 idgF, wird als spätester Termin für die Fertigstellung der im Spruchpunkt IV. und V. bewilligten Anlage zur Einleitung von Dach- und Oberflächenwässern in den Lbach der 31.12.2022 festgelegt.“

4.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund der Verwaltungsakten und aufgrund der mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen. Dieser Sachverhalt ist unstrittig.

5.1. Relevante Bestimmungen:

§ 80 Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl Nr 194/1994, idF BGBl I Nr 65/2002, lautet:

„§ 80. (1) Die Genehmigung der Betriebsanlage erlischt, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Der Inhaber einer genehmigten Anlage, deren Betrieb gänzlich oder teilweise unterbrochen wird, hat die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine sich aus der Betriebsunterbre-chung ergebende Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteilige Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 zu vermeiden. Er hat, soweit Abs. 2 nicht anderes bestimmt, die Be-triebsunterbrechung und seine Vorkehrungen anläßlich der Betriebsunterbrechung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde innerhalb eines Monats nach Eintritt der Be-triebsunterbrechung anzuzeigen, wenn diese Unterbrechung zumindest einen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage betrifft und voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anläßlich der Betriebsunterbrechung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkeh-rungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.

(2) Der Inhaber einer genehmigten Anlage hat durch Elementarereignisse oder sonstige besondere Umstände bewirkte Unterbrechungen des Betriebes der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde und, wenn diese Behörde nicht die Bezirksverwaltungsbehörde ist, auch der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn er Grund zur Annahme haben muß, daß betriebliche Vorkehrungen nicht ausreichen, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu wahren oder Belastungen der Umwelt im Sinne des § 69a zu vermeiden. Abs. 1 vorletzter und letzter Satz gilt sinngemäß.

(3) Die Behörde hat die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage auf Grund eines vor Ablauf der Frist gestellten Antrages zu verlängern, wenn es Art und Umfang des Vorhabens erfordern oder die Fertigstellung des Vorhabens unvorhergesehenen Schwierigkeiten begegnet. Durch den Antrag wird der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung gehemmt. Die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage darf insgesamt sieben Jahre nicht übersteigen.

(4) Abs. 3 ist auf die Unterbrechung des Betriebes sinngemäß anzuwenden.

(5) Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt.“

§ 356b Abs 1 GewO, BGBl Nr 194/1994, idF BGBl I Nr 96/2017, lautet:

„§ 356b. (1) Bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswirkungen der Anlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Anlage oder eine Bewilligung zur Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) erforderlich ist, entfallen, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungsvorschriften, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Betriebsanlagengenehmigung bzw. Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes. Die Mitanwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 – WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der jeweils geltenden Fassung, bezieht sich auf folgende mit Errichtung, Betrieb oder Änderung der Betriebsanlage verbundene Maßnahmen:

     1. Wasserentnahmen aus Fließgewässern für Kühl- oder Feuerlöschzwecke (§ 9 WRG 1959);

     2. Erd- und Wasserwärmepumpen (§ 31c Abs. 5 WRG 1959);

     3. Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959), ausgenommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer;

     4. Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird (§ 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959);

     5. Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b WRG 1959);

     6. Beseitigung von Dach-, Parkplatz- und Straßenwässern;

     7. Brücken und Stege im Hochwasserabflussbereich (§ 38 WRG 1959).

Insbesondere sind die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 betreffend Stand der Technik einschließlich der Gewährung von Ausnahmen vom Stand der Technik, persönliche Ladung von Parteien, Emissions- und Immissionsbegrenzungen sowie Überwachung jedenfalls mitanzuwenden. Dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan (§ 55 Abs. 4 WRG 1959) kommt in allen Verfahren, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, Parteistellung zur Wahrung dieser Interessen einschließlich der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht des Landes, der Revision wegen Rechtswidrigkeit und des Antrages auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof zu.“

§ 112 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG), BGBl Nr 215/1959, idF BGBl I Nr 97/2013, lautet:

„Fristen.

§ 112. (1) Zugleich mit der Bewilligung sind angemessene Fristen für die Bauvollendung der bewilligten Anlage kalendermäßig zu bestimmen; erforderlichenfalls können auch Teilfristen für wesentliche Anlagenteile festgesetzt und Fristen für den Baubeginn bestimmt werden. Fristverlängerungen, die durch das Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten notwendig werden, sind von Amts wegen vorzunehmen. Die Nichteinhaltung solcher Fristen hat bei Wasserbenutzungsanlagen das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes (§ 27 Abs. 1 lit. f) zur Folge, sofern nicht die Wasserrechtsbehörde gemäß § 121 Abs. 1, letzter Satz, hievon absieht.“

5.2. Rechtliche Beurteilung

Nach dem Wortlaut der oben zitierten Bestimmung des § 80 GewO erlischt die Betriebsanlagengenehmigung grundsätzlich nach fünf Jahren, wenn nicht wesentliche Teile der Anlage in Betrieb genommen wurden. Nach § 80 Abs 3 GewO hat die Behörde die Frist zur Inbetriebnahme unter gewissen Umständen auf Antrag zu verlängern. Dies ist im gegenständlichen Fall mit dem Bescheid aus dem Jahr 2017 erfolgt. Nach § 80 Abs 3 letzter Satz GewO darf die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage insgesamt sieben Jahre nicht übersteigen.

Unstrittig ist im gegenständlichen Verfahren, dass seit Rechtskraft der Grundgenehmigung vom 11.03.2014 mehr als sieben Jahre vergangen sind. Unstrittig ist ebenfalls, dass mit Bescheid vom 01.03.2019 wesentliche Änderungen der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO bewilligt wurden. Auch dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, mit dem Bescheid vom 01.03.2019 sei erneut eine Grundgenehmigung für die Anlage erteilt worden, ist entgegenzuhalten, dass dies nach dem Wortlaut des Antrages und auch nach dem eindeutigen Wortlaut des Spruches (Spruchpunkt IVa.) nicht zutreffend ist. Nach dem Wortlaut dieses Spruchpunktes wurde eine Betriebsanlagenänderungsgenehmigung erteilt. Selbst wenn – der Argumentation der Beschwerdeführerinnen folgend – eine neue Grundgenehmigung zu erteilen gewesen wäre, wurde eine solche nach dem Wortlaut weder beantragt noch erteilt. Die Änderungsgenehmigung ist in Rechtskraft erwachsen und somit als solchen Gegenstand des hier zu beurteilenden Sachverhaltes.

Zu beurteilen ist in weiterer Folge, ob sich die in § 80 Abs 3 letzter Satz GewO normierte Frist von sieben Jahren für die Inbetriebnahme der Anlage von der Rechtskraft der Grundgenehmigung oder vom Zeitpunkt der Rechtskraft der – letzten – Betriebsanlagenänderungsgenehmigung an errechnet.

Im Durchführungserlass zur Gewerbeordnung 1973 wird dazu Folgendes ausgeführt: Im Falle genehmigungspflichtiger Änderungen (§ 81) an einer bereits genehmigten Betriebsanlage, mit deren Betrieb aber noch nicht begonnen worden ist, läuft die Frist, innerhalb der mit dem gesamten Betrieb einschließlich dieser Änderung begonnen werden muss, nicht vom Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung für die Änderung, sondern weiterhin vom Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung der Betriebsanlage in ihrer ursprünglichen Form. Anders verhält es sich selbstverständlich im Falle von Änderungsgenehmigungen für bereits in Betrieb genommene Betriebsanlagen. Hier läuft die Frist für das Erlöschen der Genehmigung der Änderung wegen nicht rechtzeitiger Inbetriebnahme dieser Änderung ab Rechtskraft des Bescheides nach § 81 (vgl Stolzlechner/Müller/Seidel/Vogelsang/Höllbacher, GewO4, RZ 4 zu § 80).

Wie sich aus den erläuternden Bemerkungen zu § 80 GewO ergibt (395 BlgNR 13.GB) ist der Sinn der Bestimmung über das Erlöschen der Genehmigung darin gelegen, zu verhindern, dass eine Genehmigung, von der in der nächsten Zeit gar nicht Gebrauch machen werden soll, nur deswegen angestrebt wird, weil sie in einem späteren Zeitpunkt nur unter schweren Bedingungen und Auflagen erreicht werden könnte, etwa weil in der nächsten Umgebung neue Wohnhäuser gebaut werden sollen. Im Begutachtungsverfahren wurde darauf hingewiesen, dass dieselben Erwägungen, wie sie für das Erlöschen der Genehmigung im Falle der Nichtaufnahme des Betriebes ins Treffen geführt werden, auch für ein Erlöschen der Genehmigung in den nicht seltenen Fällen der Unterbrechung des Betriebes sprächen. Es solle sich niemand auf die Genehmigung einer jahrzehntelang nicht betriebenen Anlage berufen können.

Ein Horten von Genehmigungen hätte den weiteren Nachteil, dass ein veralteter Stand der Technik „konserviert“ würde. Zudem ist es auch konsequent, eine Genehmigung, die auf „tatsächlichen örtlichen Verhältnissen“ basiert, an einen zeitnahen Realisierungstermin zu koppeln (vgl Stolzlechner/Müller/Seidel/Vogelsang/Höllbacher, GewO4, RZ 1 zu § 80 und die dort angeführte Literatur).

Diese Überlegungen stützen die im Durchführungserlass 1973 festgehaltene Auslegung, dass sich die Frist des § 80 Abs 3 letzter Satz GewO ab Rechtskraft der Grundgenehmigung und nicht erst ab Rechtskraft der letzten Änderungsgenehmigung errechnet, wenn der Betrieb hinsichtlich der Grundgenehmigung noch nicht aufgenommen wurde. Es wäre ansonsten zudem ein Leichtes, durch fortlaufendes Beantragen von – wenn auch nur geringfügigen – genehmigungspflichtigen Änderungen, die Frist zur Inbetriebnahme immer weiter zu erstrecken. So könnte der Zweck der Regelung des § 80 GewO unterlaufen werden.

Da seit Rechtskraft des Grundgenehmigungsbescheides im gegenständlichen Fall unzweifelhaft mehr als sieben Jahre vergangen sind ist der Antrag der Beschwerdeführerinnen nach § 80 Abs 3 GewO auf Verlängerung der Frist zur Inbetriebnahme der Anlage abzuweisen.

Mit ihrem Vorbringen, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 01.03.2019 ein Termin für die Fertigstellung mit 31.12.2022 festgesetzt worden sei, verkennen die Beschwerdeführerinnen, dass es sich dabei nicht um einen Termin für die Fertigstellung der Betriebsanlage handelt, sondern um einen Termin für die Fertigstellung der wasserrechtlich genehmigungspflichtigen Anlage zur Einleitung von Dach- und Oberflächenwässern in den Lbach, welche entsprechend der Konzentrationsbestimmung des § 356b GewO im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren mit zu bewilligen war (vgl die entsprechenden Wortfolgen in Spruchpunkt IVa. und VI. des Bescheides vom 01.03.2019).

6.              Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehlt, ob sich die in § 80 Abs 3 letzter Satz GewO normierte Frist ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Grundgenehmigung oder ab dem Zeitpunkt der letzten Änderungsgenehmigung an berechnet, wenn der Betrieb betreffend die Grundgenehmigung noch nicht (zumindest in wesentlichen Teilen) aufgenommen wurde.

Schlagworte

Gewerberechtliche Betriebsanlage, Verlängerung Frist zur Inbetriebnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2022:LVwG.414.13.2021.R1

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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