Entscheidungsdatum
27.10.2021Index
66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
ASVG §33 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK !
gekürzte Ausfertigung
gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 26.06.2020, Zl. MBA/…/2020, betreffend Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung dreier öffentlicher mündlicher Verhandlungen am 16.07.2021, 13.08.2021 und am 27.09.2021
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
I. Wesentliche Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis vom 26.6.2020 legte der Magistrat der Stadt Wien, MBA (im Folgenden: belangte Behörde) Herrn A. B., geb. … (im Folgenden: Beschwerdeführer, BF), zur Last als Gewerbeinhaber (Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, die ein höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3500 Kilo nicht übersteigt) und Dienstgeber mit Standort der Gewerbeberechtigung in Wien, C.-straße, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, unterlassen zu haben, die als Paketzusteller beschäftigten Herren
1. D. E., geb. …, am 26.2.2020 und
2. F. G., geb. …, am 25.11.2019, 11.12.2019, 17.12.2019, 18.12.2019
vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Gestützt wurde die Begründung darauf, dass Organe der Finanzpolizei … am 18.2.2020 in H. im Verteilerzentrum der Firma K. GmbH bei einer Überprüfung der Dienstnehmer dieser Gesellschaft sowie deren Vertragspartner Einsicht in die Scanner-Daten genommen haben, in welchen das Datum, der Name des Fahrers, die Route des Vertragspartners, die Routenidentifikationsnummer, die Anzahl der Pakete, Start und Ende der Tour sowie die Gesamtstunden vom Zeitraum 1.7.2019 bis 19.2.2020 ersichtlich gewesen seien.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer zu den ihm zur Last gelegten Zeiten die Firma L. e.U. besaß und betrieb. Tätigkeitsfeld dieser Firma war unter anderen die Übernahme von Aufträgen zur Paketzustellung von der Firma M., welche wiederum ihre Aufträge vornehmlich von der Firma K. GmbH erhielt.
Über die Software – z.B. Applikationen für Mobiltelefone - wurden Aufträge der Firma K. GmbH von M. übernommen, welche wiederum über Applikationen die von K. ausgebildeten Lenker ihrer Subunternehmer direkt anforderte und für Touren am nächsten Tag über ihre Disponenten einteilte.
Sobald diese Daten an K. übermittelt waren, konnten sie von M. oder ihren Subunternehmern nicht mehr ohne negative Konsequenzen geändert werden, weshalb es dann öfter zu falschen Datensätzen kam, wenn es kurzfristige Änderungen wie Krankenstände etc. gab. Es kam auch häufig vor, dass M. nicht alle am Vortag bestellten Fahrer einsetzen konnte, da weniger Pakete angeliefert wurden, als angekündigt waren. In solchen Fällen wurden die überschüssigen Fahrer dann nicht eingesetzt oder wurden als sog. Rescue Mitarbeiter eingesetzt, für den Fall, dass ein eingeteilter Fahrer sein Pensum nicht zeitgerecht erfüllte.
Die Einvernahmen der Zeugen förderten jedoch auch zutage, dass solche Fehler darüber hinaus häufig wegen des Zeitdrucks sich ereigneten und von allen einvernommenen Zeugen von M. für möglich und häufig gehalten werden. Der Geschäftsführer von M. ist sogar der Überzeugung, dass Disponenten aus Kalkül die Namen von Anfängern verwendet haben, um Vereinfachungen bei der Festsetzung der Touren zu haben, da bekannt war, dass K. Lvl. 1 und Lvl. 2 Fahrer als förderungswürdigen Nachwuchs bevorzugte. Dieser Umstand war der Zeugin P., die diese Listen an die Finanzpolizei übergab, bei deren Übergabe noch nicht bekannt. Allerdings äußerte auch die Finanzpolizei ihr gegenüber wiederholt Zweifel daran, dass die Namen auf der Liste korrekt waren, sodass sie mittlerweile davon ausgeht, dass diese Listen sehr fehlerhaft waren.
Es wird festgestellt, dass D. E., geb. …, am 26.2.2020 seinen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, aber erst am nächsten Tag seine erste Tour fuhr und dass Herr F. G. seinen ersten und letzten Arbeitstag für die Firma R. B. am 13.11.2019 hatte und die Eintragung seines Namens im System für den 25.11., 11.12., 17.12., und 18.12.2019 irrtümlich erfolgte.
Dies auf Grund der äußerst glaubhaften Aussagen sowohl des Zeugen E. als auch des Zeugen G., welche beide die dem BF angelasteten Zeiten mit Sicherheit als falsch bezeichneten, und deren Aussagen von den Zeugen der M. dahingehend gestützt werden, als dass diese im Wesentlichen übereinstimmend angaben, dass Namen falsch eingetragen wurden bzw. richtig eingetragene Namen nicht geändert wurden, wenn es kurzfristige Änderungen verlangt hätten.
Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten (VGW – AS 165, 167, 181 f.) und spricht diese Unbescholtenheit auch dafür, dass der BF seine Geschäfte korrekt geführt hat.
Dementsprechend war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.
II. H i n w e i s
Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 24/2017, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.
Gemäß § 50 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 24/2017, hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall der Verhängung einer Strafe überdies die als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten (Z 1), im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe (Z 2) zu enthalten.
Das Verwaltungsgericht Wien hat am 16.07.2021, 13.08.2021 und am 27.09.2021 in der gegenständlichen Beschwerdesache die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann am 27.09.2021 das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.
Die in der mündlichen Verhandlung angefertigte Niederschrift, welcher eine Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, wurde dem Beschwerdeführer unmittelbar ausgefolgt bzw. der belangten Behörde am 04.10.2021 zugestellt. Somit wurde die Niederschrift sämtlichen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen ausgefolgt oder zugestellt.
Keine zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof beziehungsweise Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimierte Partei und kein hierzu legitimiertes Organ hat innerhalb der gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG normierten Frist von zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift einen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.
Deshalb konnte das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 iVm. § 50 Abs. 2 Z 2 VwGVG gekürzt ausgefertigt werden. Gegen diese gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4a VwGG und/oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 82 Abs. 3b VfGG nicht mehr zulässig.
Schlagworte
Pflichtversicherung; Anmeldeverpflichtung; MeldepflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.041.068.8622.2020Zuletzt aktualisiert am
09.02.2022