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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §31 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Höslinger und die Räte Dr. Porias, Dr. Vejborny, Dr. Kaniak und Dr. Krzizek als Richter, im Beisein des Regierungsoberkommissärs der nö. Landesregierung Kinscher als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. OW in S gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereiche des Landes vom 17. Februar 1957, Zl. M.Abt. 70 - IX-385/56, betreffend Einwendungen gegen den Anspruch, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, hatte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 6. Juli 1953 der Verwaltungsübertretung nach § 35 Abs. 1 Straßenpolizeiordnung, BGBl. Nr. 59/1947, (StPolO) in Verbindung mit § 36 Abs. 1 lit. c StPolO schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von 50 S (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, am 23. Oktober 1952 bei einer bestimmten Straßenstelle die vorgeschriebene Geschwindigkeitsverminderung unterlassen zu haben. Der dagegen erhobenen Berufung hatte das Amt der Wiener Landesregierung - im selbständigen Wirkungsbereiche des Landes mit Bescheid vom 25. März 1955 keine Folge gegeben. Am 5. Mai 1955 hatte die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer zum Erlag der Geldstrafe aufgefordert. Am 27. August 1955 hatte die Bundespolizeidirektion Salzburg als ersuchte Behörde beim Bezirksgericht Salzburg zur Hereinbringung der gegen den Beschwerdeführer vollstreckbaren Forderung von 60 S die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf beweglicher Sache beantragt. Das Bezirksgericht Salzburg hatte die Exekution am gleichen Tage bewilligt und am 15. Oktober 1955 durch Pfändung eines Ölgemäldes und einer Holzschnitzfigur vollzogen. Da diese Gegenstände von einem Dritten als sein Eigentum angesprochen worden waren, hatte die Bundespolizeidirektion Salzburg die Einstellung der Fahrnisexekution hinsichtlich dieser Gegenstände gemäß § 39 Z. 6 EO und gleichzeitig neuerlichen Vollzug der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 27. August 1955 bewilligten Exekution beantragt. Diesem Antrag hatte das Gericht mit Beschluß vom 5. November 1955 stattgegeben. Am 14. November 1955 wurde dem Beschwerdeführer Bargeld im Betrage von 53 S abgenommen und ein Herrenanzug gepfändet. Am 2. Dezember 1955 beantragte der Beschwerdeführer beim Amt der Wiener Landesregierung die Feststellung gemäß § 35 EO, daß die mit Bescheid vom 9. Jänner 1953 verhängte Geldstrafe von 50 S samt Verfahrenskosten nicht mehr vollstreckt werden dürfe und der Antrag vom 5. November 1955 nach Eintritt der Verjährung im Sinne des § 31 Abs. 3 VStG zu Unrecht erfolgt sei. Ferner wurde die Einstellung der beim Bezirksgericht Salzburg „behängenden Exekution“ beantragt. Nachdem das Bezirksgericht Salzburg die Einstellung des Verkaufes nach § 200 Z. 3 und § 282 EO bewilligt hatte, wies die Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, an die das Amt der Wiener Landesregierung die Eingabe zur Entscheidung übermittelt hatte, den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 8. Februar 1956 mit der Begründung ab, daß keine Tatsachen eingetreten seien, die die Vollstreckbarkeit des Anspruches aufhoben. Der Vollzug der Exekution sei vom Vollzug der Strafe zu trennen. Neuerliche Vollzugsakte im Rahmen der vor Ablauf der Verjährungszeit bewilligten Exekution seien zulässig. Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab das Amt der Wiener Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich des Landes mit Bescheid vom 17. Februar 1957 nicht Folge und lehnte den Berufungsantrag das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 P c VStG einzustellen, ab. Auch die Berufungsinstanz war der Meinung, daß Vollstreckungsverjährung nicht mehr eintreten könne, wenn die Behörde einen Exekutionsantrag innerhalb der Verjährungsfrist stellt.
Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer mit der vorliegenden, beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Mit den gegenständlichen Fragen hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. Nr. 1809/A, auseinandergesetzt. Er ist dort zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Vollstreckungsverjährung nicht mehr eintreten kann, sobald der tatsächliche Vollzug einer Strafe noch innerhalb der Verjährungsfrist eingesetzt hat. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Ansicht abzugehen. Im vorliegenden Falle hat der Vollzug tatsächlich innerhalb der Verjährungsfrist eingesetzt. Aus dem Umstand, daß auf Grund der vom Bezirksgericht Salzburg mit Beschluß vom 27. August 1955 bewilligten Exekution bereits am 15. Oktober 1955 eine Pfändung stattgefunden hatte, ist zu schließen, daß der Auftrag zur Vornahme der ersten Exekutionshandlung noch innerhalb der Verjährungsfrist an das zu dessen Ausführung bestimmte Organ gelangt ist (§ 33 EO). Durch das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Juli 1953 und den Berufungsbescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 25. März 1955 ist für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zu einer Geldleistung von zusammen 60 S (50 S und 10 S Verfahrenskosten) entstanden. Eine solche Verpflichtung ist gemäß § 3 Abs. 1 VVG in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde selbst die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben vornimmt oder durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Falle schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berichtigten als betreibenden Gläubigers ein. Als Machthaber des betreibenden Gläubigers setzt die Verwaltungsbehörde keine Vollstreckungshandlungen, sondern veranlaßt die Eintreibung nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften. Dem Gerichte mag es im Grunde des § 31 Abs. 3 VStG verwehrt sein, eine so beantragte Exekution nach Eintritt der Vollstreckungsverjährung zu bewilligen. Hat aber das Gericht die Exekution bewilligt, dann folgen die sich an die Exekutionsbewilligung anschließenden Vollzugsakte zwangsläufig. Diese Vollzugsakte finden ihre Deckung in der Exekutionsbewilligung.
Der Gerichtshof kann daher nicht finden, daß der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet wäre.
Aber auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die vom Beschwerdeführer zwar behauptet, aber nicht begründet wird, liegt nicht vor, weil der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt der gegebenen Rechts- und Sachlage entsprach. Zu der Behauptung des Beschwerdeführers, die Bundespolizeidirektion Salzburg hätte die Einstellung der Exekution gemäß § 39 Z. 6 EO beantragt, sei bemerkt, daß zwar in dem beim Bezirksgericht Salzburg vom 5. November 1955 eingelangten Antrag § 39 Z. 6 EO bezogen wurde, aus dem gleichzeitigen Antrag auf neuerlichen Vollzug aber zu ersehen ist, daß die Bundespolizeidirektion Salzburg die Einschränkung der Exekution in Rücksicht auf die am 15. Oktober 1955 gepfändeten Sachen im Auge hatte, was allerdings richtigerweise durch Anführung des § 41 EO zum Ausdruck hätte kommen sollen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 5. Mai 1958
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1958:1957000622.X00Im RIS seit
10.02.2022Zuletzt aktualisiert am
10.02.2022