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E000 EU- Recht allgemeinNorm
ABGB §268 Abs1 idF 2013/I/015Beachte
Rechtssatz
Regelungen, nach denen ein (anderer als die in § 6 Abs. 1 Z 7, 18, 23 oder 24 UStG 1994 aufgezählten) Rechtsträger als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt würde, sieht das österreichische Umsatzsteuerrecht nicht vor. Die gerichtliche Bestellung eines Rechtsanwalts zum Sachwalter im Einzelfall begründet noch nicht die Anerkennung dieses (konkreten) Rechtsanwalts als "Einrichtung mit sozialem Charakter" (vgl. 15.4.2021, EuGH C-846/19, Rn. 83: die Betrauung mit der Tätigkeit durch die Justizbehörde ist nur ein Umstand, der für die Beurteilung dieser Frage zu berücksichtigen ist). Private Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht (wie ein Rechtsanwalt) können nicht allein deshalb als Einrichtungen mit sozialem Charakter qualifiziert werden, weil sie auch Leistungen mit sozialem Charakter erbringen (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 72). Entscheidend ist, ob ein Rechtsanwalt sein Unternehmen unter Bedingungen betreibt, die eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter rechtfertigen (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 78). Es ist aber für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt nur mehr Leistungen als Sachwalter erbringt (vgl. insbesondere den Tenor EuGH C-846/19: "... in den Grenzen dieser Dienstleistungen ..."; vgl. weiters EuGH 8.6.2006, L. u. P., C-106/05, Rn. 53 f; 15.11.2012, Zimmermann, C-174/11, Rn. 37; diesen Entscheidungen lagen jeweils nationale Regelungen zu Grunde, die eine bestimmte Schwelle für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter vorsahen, was impliziert, dass das Vorliegen nicht begünstigter Umsätze der grundsätzlichen Anerkennung im Übrigen nicht entgegensteht). Anwaltliche Leistungen, die im Rahmen von Sachwalterschaften oder auch außerhalb dieser erbracht werden, sind aber steuerlich schon deswegen nicht begünstigt, weil es sich hiebei nicht um eng mit der Sozialfürsorge verbundene Leistungen handelt (vgl. - neuerlich - EuGH C-846/19, Rn. 66). Ob der Rechtsanwalt als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist, ist anhand sämtlicher maßgeblicher Umstände zu prüfen (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 81). Kriterien, die dabei zu berücksichtigen sind, finden sich insbesondere in Rn. 70 und Rn. 83 bis 87 des angeführten Urteils. Wenn eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, schließt dies eine Anerkennung im Rahmen der Gesamtabwägung nicht jedenfalls aus (vgl. EuGH 10.6.2010, CopyGene, C-262/08, Rn. 71; vgl. auch EuGH 21.1.2016, Les Jardins de Jouvence, C-335/14, Rn. 39).
Gerichtsentscheidung
EuGH 62005CJ0106 L.u.P. VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019130025.L06Im RIS seit
10.02.2022Zuletzt aktualisiert am
09.03.2022