TE Vwgh Erkenntnis 2022/1/17 Ra 2019/11/0205

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Veröffentlicht am 17.01.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Führerscheingesetz

Norm

AVG §75
AVG §76 Abs1
FSG 1997 §26 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des G K in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 14. Oktober 2019, Zl. LVwG 42.36-27/2018-62, betreffend Auferlegung von Barauslagen in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 19. September 2019 wurde - in Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 12. Dezember 2017 - dem Revisionswerber die Lenkberechtigung wegen eines in Ungarn begangenen Alkoholdelikts entzogen (siehe dazu Ra 2019/11/0200), und es wurden ihm die Kosten der beigezogenen Übersetzerin auferlegt, wobei deren ziffernmäßige Festsetzung einem gesonderten Beschluss vorbehalten wurde.

2        Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 14. Oktober 2019 wurden dem Revisionswerber „gemäß §§ 53b und 76“ AVG iVm. § 17 VwGVG die im Beschwerdeverfahren entstandenen Barauslagen in Form von Dolmetschergebühren der nichtamtlichen Dolmetscherin für die ungarische Sprache, Mag. G, in der Höhe von € 469,-- auferlegt. Dieser Betrag sei binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Weiters wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision nicht zulässig sei.

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, da ihm keine amtlichen Dolmetscher für die ungarische Sprache zur Verfügung ständen, sei zur Klärung des Sachverhalts durch diverse Übersetzungen von Stellungnahmen der Polizeistelle N (Ungarn) sowie der Entscheidung des Amtsgerichts N vom 21. November 2017 die Beiziehung eines nichtamtlichen Dolmetschers notwendig gewesen. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG habe für dem Gericht bei einer Amtshandlung erwachsene Barauslagen, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Die zu den vorgeschriebenen Kosten eingeräumte Möglichkeit der Stellungnahme habe der Revisionswerber nicht wahrgenommen.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6        Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung unter anderem vor, § 76 Abs. 1 AVG treffe im Revisionsfall nicht zu, da das Verfahren nicht auf seinen Antrag hin, sondern amtswegig eingeleitet worden sei.

7        Die Revision ist schon aus diesem Grund zulässig und begründet.

8        Die maßgeblichen, nach § 17 VwGVG sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 lauten auszugsweise:

„Kosten der Behörden

§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.

...

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

...“

9        In der Begründung der Gebührenvorschreibung berief sich das Verwaltungsgericht ausschließlich auf Abs. 1 des § 76 AVG. Die Entziehung der Lenkberechtigung war jedoch von Amts wegen erfolgt, ein verfahrenseinleitender Antrag war diesbezüglich ausgeschlossen (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 17, mwN). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht weder dargetan, dass der Revisionswerber einen Antrag auf Übersetzung der ungarischen Dokumente gestellt hätte, noch, dass diese Amtshandlung durch sein Verschulden herbeigeführt worden wäre, weshalb auch eine Vorschreibung nach § 76 Abs. 2 AVG nicht in Betracht kam.

10       Der angefochtene Beschluss war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, womit sich ein Eingehen auf das weitere Revisionsvorbringen erübrigte.

11       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 17. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019110205.L00

Im RIS seit

11.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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