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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des G K in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 19. September 2019, Zl. LVwG 42.36-27/2018-56, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft von Bruck-Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Kostenbegehren der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem (infolge des hg. Erkenntnisses vom 26. Juli 2018, Ra 2018/11/0085, im zweiten Rechtsgang ergangenen) angefochtenen Erkenntnis wurde - in Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 12. Dezember 2017 - dem Revisionswerber die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 FSG für vier Monate ab Rechtskraft des Bescheides entzogen und gemäß § 24 Abs. 3 Z 3 FSG eine Nachschulung angeordnet (Spruchpunkt I.). Dem Revisionswerber wurden die Kosten des beigezogenen Übersetzers auferlegt, wobei deren ziffernmäßige Festsetzung einem gesonderten Beschluss vorbehalten wurde (Spruchpunkt II.; siehe dazu Ra 2019/11/0205). Weiters wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision unzulässig sei (Spruchpunkt III.).
2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, der Revisionswerber sei mit rechtskräftiger Entscheidung des Amtsgerichts N (Ungarn) vom 21. November 2017 wegen „Trunkenheit am Steuer“ schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 250.000 HUF belegt worden, weil er am 23. Oktober 2017 ein Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand (0,78 bzw. 0,77 mg/l Atemluft) gelenkt habe. Diese Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht insbesondere auf die aus Ungarn übermittelten und übersetzten Dokumente, gegen die der Revisionswerber nach Kenntnisnahme keine Einwendungen erhoben habe.
3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 2 FSG zusammengefasst aus, das Delikt entspreche jenem nach § 99 Abs. 1a StVO 1960, weshalb angesichts einer rechtskräftigen Bestrafung zwingend eine Entziehung für die in § 26 Abs. 2 Z 4 FSG vorgesehene Mindestdauer auszusprechen (Hinweis auf VwGH 20.9.2017, Ra 2015/11/0100) und gemäß § 24 Abs. 3 Z 3 FSG eine Nachschulung anzuordnen gewesen sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis - inhaltlich jedoch lediglich gegen dessen Spruchpunkt I. - richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet hat, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN). Dem Erfordernis einer (gesonderten) Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
8 Im Zulässigkeitsvorbringen der Revision wird nicht in Frage gestellt, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses eine rechtskräftige Bestrafung des Revisionswerbers (Entscheidung des Amtsgerichts N vom 21. November 2017) wegen eines unter § 99 Abs. 1a StVO 1960 fallenden Alkoholdelikts vorlag.
9 Soweit die Revision daher in diesem Zusammenhang eine Abweichung von näher zitierter hg. Judikatur zur Verhandlungspflicht einwendet, weil die belangte Behörde nicht vom Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung, sondern lediglich von einer - dasselbe Delikt betreffenden - Anzeige der Polizeistelle N vom 24. Oktober 2017 ausgegangen war, zeigt sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf (vgl. etwa VwGH 22.12.2020, Ra 2020/11/0215, mwN).
10 Auch mit dem weiteren Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
11 Soweit der Revisionswerber die Ansicht vertritt, dass die Entziehung nicht lange Zeit nach der Tatbegehung bei anschließendem Wohlverhalten erfolgen darf, ist ihm in Ansehung der in § 26 FSG geregelten Sonderfälle der Entziehung das unter anderem auch zu diesem Thema ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14. März 2003, VfSlg 16855, entgegenzuhalten (vgl. dazu auch VwGH 3.12.2018, Ra 2018/11/0232; 27.1.2014, 2013/11/0259; zu einer Entziehung 24 Monate nach der Straftat vgl. etwa VwGH 17.11.2009, 2009/11/0023).
12 Wenn der Revisionswerber weiters die Ansicht vertritt, eine Nachschulung gemäß § 24 Abs. 3 Z 3 FSG hätte deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil er das Delikt nicht in Österreich begangen habe, weshalb keine Übertretung des § 99 Abs. 1a StVO 1960 vorliege, so ist er auf § 7 Abs. 2 FSG und das (den Revisionswerber betreffende, eingangs zitierte) Erkenntnis vom 26. Juli 2018, Ra 2018/11/0085, zu verweisen. Darin wurde die Absicht des Gesetzgebers dargelegt, mit der Novellierung des § 7 Abs. 2 FSG zu erreichen, dass es „keinen Unterschied im Entziehungsverfahren dahingehend geben [soll], ob das Delikt in Österreich oder im Ausland begangen wurde“.
13 Soweit schließlich ein Feststellungsmangel hinsichtlich der Art der Erlassung der - unbestritten vorliegenden - rechtskräftigen Entscheidung des ungarischen Amtsgerichts vom 21. November 2017 behauptet wird, fehlt eine diesbezügliche Relevanzdarstellung.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
15 Das in der Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht gestellte Kostenbegehren war abzuweisen, da die Revisionsbeantwortung kein konkret auf die Revision oder auf die Sache Bezug habendes Vorbringen enthält (vgl. etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0057, mwN).
Wien, am 17. Jänner 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019110200.L00Im RIS seit
11.02.2022Zuletzt aktualisiert am
24.02.2022