TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/25 L524 2217186-1

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Veröffentlicht am 25.10.2021
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Entscheidungsdatum

25.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L524 2217186-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2019, Zl. 1073849503-160665991, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.10.2021,

A) den Beschluss gefasst:

Das Verfahren betreffend die Spruchpunkte I. bis III. wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 AsylG wird XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 26.02.2016 legal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgte eine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Am 03.05.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen.

Mit Bescheid des BFA vom 05.03.2019, Zl. 1073849503-160665991, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 14.10.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste am 26.02.2016 legal in Österreich ein und stellte am 12.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 05.03.2019, Zl. 1073849503-160665991, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. zog der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 20.10.2021 zurück.

In Österreich leben zwei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers. Der Bruder und eine Schwester sind österreichische Staatsangehörige. Weiters leben Cousins des Beschwerdeführers in Österreich.

Von September 2016 bis Jänner 2017 war der Beschwerdeführer ehrenamtlich in der XXXX tätig. Der Beschwerdeführer hat den Kurs „ALMIT – Kompetenzworkshop“ im Ausmaß von 20 Unterrichtseinheiten besucht. Der Beschwerdeführer hat am LAP Vorbereitungskurs für Friseure im Zeitraum vom Jänner 2019 bis Juni 2019 teilgenommen. Er verfügt über eine Einstellungszusage und einen Arbeitsvertrag unter aufschiebender Bedingung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung. Seit September 2021 besucht er den Pflichtschulabschlusskurs. Er hat am 27.10.2020 die Integrationsprüfung Sprachniveau B1 (bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen) bestanden.

Der Beschwerdeführer verbringt seine Freizeit mit Freunden und seinen Cousins. Seit Februar 2021 hat der Beschwerdeführer eine Freundin.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers in Österreich und der Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem Bescheid des BFA.

Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Verwandten und zur Freundin des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zu den Integrationsleistungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglichen Bestätigungen (OZ 10).

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem Strafregisterauszug.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Einstellung des Verfahrens betreffend die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides (Antrag auf internationalen Schutz und Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen):

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Die Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG und Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 7 VwGVG, K 6). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, so dass die Einstellung des betreffenden Verfahrens – in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang – auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG).

Die Zurückziehung der Beschwerde ist unwiderruflich, da es sich dabei um eine einseitige, verbindliche Prozesserklärung handelt. Die Zurückziehung der Beschwerde hat ausdrücklich und unmissverständlich zu erfolgen, so dass keine Zweifel über diese Prozesserklärung verbleiben. Bestehen Zweifel über den Inhalt der Erklärung, ist nachzufragen, was die Erklärung zum Ausdruck bringen soll. Besondere Formvorschriften sind für die Zurückziehung der Beschwerde nicht normiert, so dass dafür auch eine mündliche Erklärung der Partei (etwa in einer Verhandlung) ausreicht, eine schriftliche Dokumentation dieser Prozesserklärung ist jedoch geboten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 7 VwGVG, K 7 bis K9).

Die Zurücknahme einer Berufung (nunmehr: Beschwerde) wird mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Berufung – die Pflicht der Berufungsbehörde zur Entscheidung weggefallen und das Berufungsverfahren ist einzustellen (vgl. VwGH 25.07.2013, 2013/07/010 unter Hinweis auf VwGH 23.10.1987, 87/17/0193).

Mit Schriftsatz vom 20.10.2021 zog der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides des BFA vom 05.03.2019, Zl. 1073849503-160665991, zurück.

Das Verfahren war daher einzustellen.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als türkischer Staatsangehöriger kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und ihm kommt kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Daher ist gemäß § 52 Abs. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005) stellen folgende Umstände – zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten – Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365).

Gegen den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich und für die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung sprechen die Umstände, dass der Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz grundsätzlich ein unsicherer war und ihm dieser Umstand bewusst sein musste.

Für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich spricht, dass er sich bereits seit fünf Jahren und acht Monaten in Österreich befindet. Es handelte sich im Fall des Beschwerdeführers auch um den ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer hat stets an seinem Verfahren mitgewirkt, weshalb ihm die bisherige Verfahrensdauer nicht anzulasten ist. Der Beschwerdeführer ist auch strafrechtlich unbescholten.

Von September 2016 bis Jänner 2017 war der Beschwerdeführer ehrenamtlich in der XXXX tätig. Der Beschwerdeführer hat den Kurs „ALMIT – Kompetenzworkshop“ im Ausmaß von 20 Unterrichtseinheiten besucht. Der Beschwerdeführer hat am LAP Vorbereitungskurs für Friseure im Zeitraum vom Jänner 2019 bis Juni 2019 teilgenommen. Seit September 2021 besucht er den Pflichtschulabschlusskurs. Er hat am 27.10.2020 die Integrationsprüfung Sprachniveau B1 (bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen) bestanden.

In Österreich leben zwei Schwestern, ein Bruder und Cousins des Beschwerdeführers. Der Bruder und eine Schwester sind österreichische Staatsangehörige. Der Beschwerdeführer verbringt seine Freizeit mit Freunden und seinen Cousins. Seit Februar 2021 hat der Beschwerdeführer eine Freundin.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine Einstellungszusage und einen Arbeitsvertrag unter aufschiebender Bedingung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung. Es ist daher auch von einer zukünftig erwartbaren Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen und gelangt daher zu dem Ergebnis, dass im Fall des Beschwerdeführers das private Interesse des Beschwerdeführers an der Fortführung seines Privatlebens in Österreich das öffentliche Interesse an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegt.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, da der Beschwerdeführer die Integrationsprüfung Sprachniveau B1 bestanden hat und damit das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 AsylG ist der Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Integrationsvereinbarung Interessenabwägung persönlicher Eindruck Privatleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Selbsterhaltungsfähigkeit Teileinstellung Zukunftsprognose Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L524.2217186.1.00

Im RIS seit

08.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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