TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/2 G304 2205710-1

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Veröffentlicht am 02.11.2021
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Entscheidungsdatum

02.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


G304 2205710-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)       

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 13.08.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf internationalen Schutz vom 30.11.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sein Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 14.09.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist irakischer Staatsangehöriger, stammt aus Bagdad, und gehört der Volksgruppe der Araber und der muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung an.

Seine Muttersprache ist Arabisch.

1.2. Der BF lebte in Bagdad und hat dort die Schule besucht.

1.3. Im Jahr 2013 kam er mit einem Visum nach Österreich, um hier die Schule zu besuchen. Der BF ging in Österreich zur Schule und kehrte im Jahr 2014 für ungefähr zwei Monate zusammen mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern in den Irak zurück, um dort Behördenwege zu erledigen, kam dann jedoch wieder nach Österreich zurück.

Im Jahr 2015 hat der BF in Österreich die Schule abgeschlossen. Kurze Zeit vor Ablauf seines NAG-Aufenthaltstitels hat der BF den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.4. Das Fluchtvorbringen des BF, wegen einer Bedrohung seines Vaters bzw. wegen seines westlichen Lebensstils den Irak verlassen zu haben, war unglaubwürdig.

1.5. Der BF hat im Irak nach wie vor familiäre Beziehungen, leben dort doch noch Onkeln väterlicherseits.

Die Familie des BF verfügt im Irak zudem über ein Haus, das derzeit leer steht.

1.6. Die Eltern und die Schwester des BF leben nunmehr in der Türkei.

1.7. Der BF hat in Österreich zwei Brüder, wobei von einem zwischen ihnen und dem BF bestehenden näheren Verhältnis bzw. Familienleben ausgegangen werden kann.

Er geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und wird von seinem Vater finanziell unterstützt.

Abgesehen von der nachweislichen Absolvierung eines Deutschkurses, Niveaustufe A2, hat der BF keine maßgeblichen Integrationsschritte in Österreich setzen können.

2. Zur Lage im Irak wird festgestellt:

2.1. (Ehemalige) Politische Lage (Auszug)

Nach dem im März 2003 erfolgten Sturz von Saddam Hussein, einem Angehörigen der sunnitischen Minderheit, wurden die Regierungen von Vertretern der schiitischen Mehrheitsbevölkerung geführt (BPB 9.11.2015). Mit 2003 begann der Aufstieg von (vorwiegend) irantreuen bzw. dem Iran nahestehenden, schiitischen Parteien / Milizen, denen die amerikanischen Invasoren erlaubten, aus dem iranischen Exil in ihre Heimat zurückzukehren (SWP 8.2016; vgl. Hiltermann 26.4.2017).

Als die nach der Entmachtung Saddam Husseins neu aufgestellte Armee vorübergehend „kollabierte“, mobilisierten schiitische Führer in Notwehr ihre Gefolgschaft, wodurch die schiitischen Milizen (allen voran die Badr Organisation, Asaib Ahl al-Haq und Kataeb Hezbollah, mit Unterstützung des Irans) verstärkt auf den Plan traten und sich nordwärts in die sunnitischen Gebiete bewegten (Hiltermann 26.4.2017).

Bezüglich der schiitischen Milizen spielt auch der (stark schiitisch dominierte) Iran eine große Rolle, der insgesamt einen großen Einfluss auf den Irak ausübt. An den Schalthebeln der Macht in Bagdad werden selbst hochrangige irakische Kabinettsmitglieder von der iranischen Führung abgesegnet oder „Hinauskomplementiert“. Dadurch kommt es auch dazu, dass Gesetze verabschiedet werden, wie Z.B. jenes (vom November 2016 – s. Harrer 28.11.2016), das die schiitischen Milizen effektiv zu einem permanenten Fixum der irakischen Sicherheitskräfte macht (NYTimes 15.7.2017), und sie im Rahmen der Dachorganisation PMF (auch PMU, Popular Mobilisation Forces/Units, Volksmobilisierung, arabisch: Al-Hashd al-Shaabi, oder auch nur „Hashd“) der irakischen Armee gleichstellt (Harrer 9.12.2016).

Quellen:

?        BPB – Bundeszentrale für politische Bildung (9.11.2015): Innerstaatliche Konflikte Irak, http://www.bpb.de(internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54603/irak, Zugriff 9.8.2017

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2016): Die „Volksmobilisierung“ im Irak, https://www. Swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A52_sbg.pdf, Zugriff 21.8.2017

?        Hiltermann Joost – Program Director Middle East & North at the International Crisis Group (26.4.2017): EASO COI Meeting Report Iraq, Practical Cooperation Meeting 25.-26- April, Brussels. https://coi.easoeuropa.eu/administration/easo/PLib/IRQ_Meeting_REport.pdf, Zugriff 24.7.2017

?        Harrer Gudrun – in Der Standard (28.11.2016): Irakische Milizen: Zerstörung der Armee, http://derstandard.at/2000048292489/Irakische-Milizen-Zerstoerung-der-Armee, Zugriff 21.8.2017

?        NYTimes – New York Times (15.7.2017): Iran Dominates in Iraq After U.S. „Handed the Country Over“, https:// www.nytimes.com/2017/07/15/world/middleeast/iran-raq.iranian-power.html, Zugriff 21.7.2017

?        Harrer, Gudrun – in Der Standard (9.12.2016): Mossul: Zähes Ringen mit dem „Islamischen Staat“, http://der standardd.at/2000048999294/Mossul-Zaehes-Ringen-mit-dem-Islamischen-Staat, Zugriff 9.8.2016

2.2. Sicherheitslage

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Dadurch sind die irakischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, den Schutz der Bürger sicherzustellen. Durch die staatliche Legitimierung der Milizen verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 07.02.2017).

Quelle:

?        AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/file upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezemeber-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

2.3. Allgemeine Menschenrechtslage

Auch wenn in der Verfassung aus dem Jahr 2005 wichtige demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Schutz von Minderheiten und Gleichberechtigung verankert sind, kommt es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und andere Sicherheitskräfte. (AA 7.2.2017)

Quelle:

?        AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/file upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezemeber-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

2.4. Die Sicherheitsbehörden und die wichtigsten im Irak operierenden militärischen Akteure

2.4.1. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF)

Die ISF bestehen aus den Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, aus jenen, die vom Verteidigungsministerium verwaltet werden, aus den (vorrangig schiitischen) Milizen, die unter der Dachorganisation der Volksmobilisierung (PMF) zusammengefasst wurden und dem Counter-Terrorism Service (CTS). (USDOS 3.3.2017).

Quelle:

?        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Iraq, https://www.ecoi.net/local_link/337187/479950_de.html

2.4.2. Volksmobilisierungseinheiten (PMF)

Der Name „Volksmobilisierungskräfte“ (al-hashd al-sha‘bi, engl.: popular mobilization forces bzw. popular mobilization front, PMF oder popular mobilization units, PMU), bezeichnet eine Dachorganisation für etwa 40 bis 70 Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen (Süß 21.8.2017)

Obwohl das Milizenbündnis der PMF unter der Aufsicht des 2014 gegründeten Volksmobilisierungskomitees steht und Ende 2016 ein Gesetz in Kraft trat, das die PMF dem regulären irakischen Militär in allen Belangen gleichstellt und somit der Weisung des Premierministers unterstellt, hat der irakische Staat nur mäßige Kontrolle über die Milizen. In diesem Zusammenhang kommt vor allem Badr eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von Badr dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann. Die einzelnen Teilorganisationen agieren größtenteils eigenständig und weisen eigene Kommandostrukturen auf, was zu Koordinationsproblemen führt und letztendlich eine institutionelle Integrität verhindert (Süß 21.8.2017).

Quelle:

?        Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Al-Hashd ash-Sha’bi: Die irakischen „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMU/PMF), in BFA Staatendokumentation: Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1410004/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf


2.5. Bewegungsfreiheit

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von IDPs und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen (USDOS 20.04.2018).

Quelle:

?        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html

2.6. Grundversorgung / Wirtschaft

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. (AA 12.2.2018).

Quelle:

?        AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf

2.7. Rückkehr

Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig – u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. (AA 7.2.2017)

Quelle:

?        AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/file upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezemeber-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

2.8. Echtheit der Dokumente / Zugang zu gefälschten Dokumenten

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 7.2.2017).


Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/file upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezemeber-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person des BF:

Die Identität des BF ergab sich aus dem von ihm vorgelegten irakischen Identitätsdokument.

Dass der BF aus Bagdad stammt, der arabischen Volksgruppe und muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung angehört und Arabisch als Muttersprache hat, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.3. Dass der BF im Irak als familiäre Anknüpfungspunkte noch Onkeln väterlicherseits hat und sich dort auch das – derzeit leerstehende – Haus seiner Familie befindet, ergab sich ebenso aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt wie dass sich die Eltern und die Schwester des BF in der Türkei aufhalten, zumal auch nach Beschwerdeeinbringung nichts Anderes bekannt (gemacht) worden ist.

2.4. Zum Fluchtvorbringen des BF

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 18.10.2016 brachte der BF befragt nach seinen Fluchtgründen Folgendes vor:

„Entscheidend für meine Flucht im Jahr 2013 war, dass mein Vater bedroht wurde und dass eine Bombe vor unserer Haustüre gelegt wurde. Deswegen musste ich damals auch mitten im Schuljahr das Land verlassen. Ich kann mich bis heute genau erinnern, das um 7:45 in der Früh. Ich wollte damals in die Schule fahren. Damals hat mein Vater einen Chauffeur beauftragt, mich in die Schule zu fahren, da mein Vater es abgelehnt hat, dass ich alleine in die Schule gehe. Das war in der Früh um 7:45 Uhr. Wir haben einen Chauffeur namens (...), er fuhr einen Wagen der Marke (…).

Der Chauffeur kam um mich abzuholen, aber ist bei der Explosion umgekommen. Der Fahrer ist vor mir aus dem Haus gegangen und er ist bei der Detonation ums Leben gekommen.

Ich bin nur verschont geblieben, da mir meine Mutter zugerufen hat, dass ich mein Handy vergessen habe, weshalb ich nochmals umdrehte. Wäre das nicht passiert, wäre ich gemeinsam mit dem Chauffeur ums Leben gekommen.

Der Chauffeur wurde getötet, danach hat mir mein Vater untersagt, das Haus zu verlassen. Mein Vater hat in Österreich einen Freund gehabt, ich glaub er at (…) geheißen und er hat ihn im Rahmen seiner Arbeit kennengelernt. Mein Vater fragte diesen, ob es eine Schule in Österreich gibt, wo er uns hinschicken kann. Er hat sich halt in Österreich für uns umgeschaut und teilte uns mit, dass er in (…) eine Schule für uns gefunden hat. Der Freund meines Vaters hat uns geholfen ein Touristenvisum zu bekommen. Dann sind wir nach Österreich gekommen und haben die Schule besucht. Wir haben die Schule für 2 bis 3 Tage besucht. Danach sind wir nach Istanbul zurückgekehrt. Dann hat die Schule uns dabei geholfen, einen Aufenthaltstitel der Kategorie D zu bekommen. Mit unserem Visum durften wir kein anderes Land als Österreich bereisen. Wir kamen dann nach Österreich. Ich pendelte immer zwischen Österreich und Istanbul, in den Ferien war ich in Istanbul.

Ich habe angefangen 2 Monate vor Ende des Schuljahres am Unterricht teilzunehmen. Für das neue Schuljahr wollte die Schule Zeugnisse von uns haben. Wir haben damals der Schule gesagt, dass wir nicht in den Irak zurückkehren können. Mein Vater hat der Schule klargemacht, dass wir nicht in den Irak zurückkönnen. Das war 2014. Die Schule hat darauf beharrt, dass wir die Zeugnisse vorlegen müssen, da wir ansonsten die Schule nicht weiter besuchen dürfen. Im Jahr 2014 reisten wir in die Türkei und von dort aus in den Irak zurück.

Wir kehrten in den Irak zurück, aber nicht in unser Haus. Unser Haus befindet sich im Stadtteil (…). Wir zogen in den Bezirk (…), etwa soweit auseinander, wie hier in Wien Karlsplatz und Praterstern.

Wir wohnten dort in einem Haus, welches einem Freund von meinem Vater gehört. Wir durften beim Freund meines Vaters im 2. Stock wohnen. Ich, mein Vater und meine zwei Brüder. Wir wollten uns um die Zeugnisse kümmern. Wir gingen zur Schule um die Zeugnisse zu bekommen. Wir haben die Zeugnisse beglaubigt und übersetzt gebraucht. Wir bekamen die Zeugnisse und haben sie auch übersetzen lassen. Das hat etwa 2 Monate gedauert, da wir die Zeugnisse erst vom Bildungsministerium beglaubigen lassen mussten und anschließend vom Außenministerium. Das Ganze hat ca. 2 Monate gedauert, weil die Behörden im Irak langsam arbeiten. Dann sind wir vom Irak aus wieder in die Türkei gereist und von dort nach Österreich. Danach bin ich nie wieder in den Irak zurückgereist. Ich habe hier die Schule besucht, in den Ferien bin ich dann immer wieder nach Istanbul gereist. Im Mai 2015 habe ich die Schule abgeschlossen und mein Vater hat mir gesagt, ich soll in die Türkei zurückkehren. Er wollte, dass ich dort mit ihm arbeite.

Mit meinem Vater bin ich mit dem Flugzeug nach Österreich gereist und von hier mit dem Auto nach Belgien. Wir kehrten dann wieder mit dem Auto nach Österreich zurück. Ich bin dann wieder mit meinem Vater in die Türkei zurückgekehrt. Ich blieb dort 10 Tage.

In der Türkei hatte ich das Problem, dass mein Visum abgelaufen war. Ich bekam eine Aufforderung innerhalb von 10 Tagen das Land zu verlassen. Ich reiste nach Österreich. Mein Vater wollte mich immer einschränken.

Ich kann nicht in den Irak zurück, da es dort für mich gefährlich ist. Ich möchte auch nicht in die Türkei zurück und deshalb habe ich hier in Österreich um Asyl angesucht. Ich wollte eigentlich schon damals, als ich in Österreich war um Asyl ansuchen, da ich damals jedoch noch minderjährigen war und ohne Erlaubnis meines Vaters konnte ich dies nicht machen. Jetzt da ich volljährig und alleine bin, habe ich mir gedacht, ich ersuche um Asyl an, daran kann mich niemand mehr hindern.

Mein Vater ist ein bisschen egoistisch. Meine Mutter durfte meine beiden Brüder in Österreich kein einziges Mal besuchen. Miene Mutter wollte unbedingt nach Österreich kommen, um meine beiden Brüder zu besuchen, da sie diese schon lange nicht mehr gesehen hat, aber mein Vater hat es ihr nicht erlaubt. Ich habe dann um Asyl angesucht, ich wandte mich an die Caritas um finanzielle Unterstützung zu erhalten, was diese ablehnte, da ich mit einem Visum eingereist bin und mich mein Vater deshalb finanziell unterstützen muss.

Mein Vater überweist mir im Monat etwa 150,- bis 200,- Euro monatlich. Ich kann dies durch Kontoauszüge belegen, falls notwendig. Ich habe auch schon einige harte tage hier erlebt. Mehr als die150,- bis 200,- Euro hat e rmir nur dann überwiesen, wenn ich einen Kurs besuchen wollte.

Ich habe ihm immer einen höheren Betrag genannte, damit ich mir die Summe für einen schwarzen Tag sparen kann. Zuletzt hat er mir 200 Euro überwiesen. Wenn ich die Kosten für das Internet, sowie die Kosten für den Fahrschein und mein Handy zusammenzähle reicht das Geld gar nicht aus.

Ich kann bis heute nicht in den Irak zurückkehren. Ich weiß auch nicht wer wirklich Ziel dieses Anschlages war, entweder ich oder mein Vater.

Mein Vater hatte eine Fabrik im Stadtteil (…) gehabt, welche durch Mörser- und Raketenbeschuss zerstört wurde. Die gesamte auf Lager befindliche Ware wurde dabei zerstört. Ich kann nicht sagen, wer Ziel des Anschlages war.“ (AS 51ff)

Aus dem soeben wiedergegebenen Fluchtvorbringen geht hervor, dass der BF im Jahr 2013 seinen Herkunftsstaat nicht aufgrund einer fluchtauslösenden Bedrohungssituation verlassen hat, sondern mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern mittels Visums nach Österreich gekommen ist, um hier die Schule zu besuchen, und der BF mit seinem Vater und seinen Brüdern auch während seines zweimonatigen Aufenthaltes nach seiner Rückkehr in den Irak im Jahr 2014, um irakische Zeugnisse von der Schule abzuholen und diese beglaubigen und übersetzen zu lassen, keiner konkreten Gefahr ausgesetzt war.

Der BF gab diesbezüglich an, das Ganze habe ca. zwei Monate gedauert, weil die Behörden im Irak langsam arbeiten würden, und er habe während dieser Zeit mit seinem Vater und seinen Brüdern im Haus eines Freundes seines Vaters in einen von seinem Heimatort entfernten Bezirk gewohnt.

Von einer konkreten Gefahrensituation während dieser Zeit war nicht die Rede.

Nach Rückkehr nach Österreich habe er weiter die Schule besucht und diese im Mai 2015 abgeschlossen, und sei er in den Ferien immer wieder in die Türkei gereist. Sein Vater habe wollen, dass der BF dort arbeite. Der BF gab dann zusammenhanglos an, mit seinem Vater mit dem Flugzeug nach Österreich gereist und von Österreich mit dem Auto nach Belgien gefahren zu sein, bevor er wieder mit dem Auto nach Österreich gereist und dann in die Türkei zurückgekehrt sei. Der BF sei zehn Tage lang in der Türkei geblieben, und nachdem sein Visum dort abgelaufen sei, wieder nach Österreich gereist. Sein Vater habe wollen, dass der BF in Österreich mit der türkischen Botschaft Kontakt aufnehme, um nach Istanbul zurückkehren zu können. Dies habe der BF jedoch abgelehnt. Sein Vater habe ihn immer einschränken wollen.

Dann gab der BF wörtlich Folgendes an:

„Ich kann nicht in den Irak zurück, da es dort für mich gefährlich ist. Ich möchte auch nicht in die Türkei zurück und deshalb habe ich hier in Österreich um Asyl angesucht. Ich wollte eigentlich schon damals, als ich in Österreich war, um Asyl ansuchen, da ich damals jedoch noch minderjährig war und ohne Erlaubnis meines Vaters konnte ich dies nicht machen. Jetzt da ich volljährig und alleine bin, habe ich mir gedacht, ich ersuche um Asyl an, daran kann mich niemand mehr hindern.“ (AS 53)

Es ist völlig unglaubwürdig, dass der BF bereits von Anfang an in Österreich um Asyl ansuchen wollen, dies jedoch mangels Erlaubnis seines Vaters nicht gemacht habe, weil es grundsätzlich gegen die Natur eines Vaters spricht, seinem Kind Schutz vor drohender Gefahr zu verweigern, und außerdem laut Fluchtvorbringen des BF eine Bedrohung seines Vaters damals fluchtauslösend gewesen sein soll und demnach auch sein Vater Anlass dazu gehabt hätte, nach ihrer Einreise in Österreich im Jahr 2013 um Asyl anzusuchen, was dieser jedoch, wie aus dem Akteninhalt hervorgehend, nicht getan hat. Auch die Brüder des BF haben in Österreich keinen Asylantrag gestellt, was bei einer sie alle bei ihrer Ausreise damals im Jahr 2013 tatsächlich konkret betroffenen Bedrohungssituation jedoch ebenso zu erwarten gewesen wäre.

Wäre der BF tatsächlich aufgrund einer konkreten Bedrohungssituation geflüchtet, hätte er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gleich nach seiner Einreise in Österreich davon berichtet. Daran hätte ihn niemand hindern können, zumal sich der BF bereits bei seiner Einreise in Österreich im Jahr 2013 mit seinen damaligen 16 Jahren in einem Alter befunden hat, in welchem er Pubertätsjahre und damit wichtige Entwicklungsjahre bereits durchlebt hatte und als in Österreich grundsätzlich strafmündige Person wissen musste, was er tut und zu tun hat.

Dass der BF oder sein Vater vor der Ausreise jemals persönlich bedroht worden wäre, ist unglaubwürdig, zumal sich auch der Vater vor der Ausreise – offenbar in aller Ruhe über einen Freund – ein Touristenvisum beschaffen konnte.

Glaubhaft ist, dass der BF mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern mit einem Visum nach Österreich gekommen sind und hier die Schule besucht hat und diese im Jahr 2015 abgeschlossen hat, auch, dass sie im Jahr 2014 für zwei Monate wieder im Irak gewesen sind, um Behördenwege zu erledigen, und dass der BF zwischen Österreich und Istanbul immer wieder hin- und hergependelt ist, in den Schulferien in der Türkei war und nunmehr nicht mehr in die Türkei zurückkehren möchte.

Irgendwo bleiben oder nicht zurückkehren zu wollen, hat mit einem internationalen Schutzbedürfnis jedenfalls nichts zu tun.

Eine Furcht vor Bedrohung war aus dem gesamten Vorbringen des BF nicht erkennbar.

Der BF verneinte außerdem selbst die Frage nach einer jemals stattgefundenen persönlichen Bedrohung bzw. gab er befragt danach an:

„Nein, lediglich im Jahr 2006, als meinem Vater gedroht wurde, dass ich entführt werden würde, wenn er die Ware aus China, die damals bei uns in der Garage gelagert wurde, nicht woanders lagern würde.“ (AS 55)

Daraufhin befragt ob er sich vielleicht noch erinnern könne, wer diese Drohung ausgesprochen habe, brachte der BF Folgendes vor:

„Nein, ich war damals 9 Jahre alt. Sie kamen nicht persönlich zu meinem Vater, sondern haben die Drohung mit einem Spray an die Außenmauer des Hauses geschrieben: „Aus konfessionellen Gründen gesucht.“ Desweiteren ließen sie meinem Vater durch ortsansässige Personen ausrichten, dass sie mich entführen werden, sollte mein Vater die Ware nicht anderswo lagern.“ (AS 55)

Daraufhin befragt, wie er von der Drohung erfahren habe, gab der BF an:

„Durch meinen Vater. Er hat es mir nicht direkt gesagt, aber ich habe es mitbekommen, wie er mit meiner Mutter gesprochen hat.“ (AS 55)

Dieses Vorbringen war unkonkret. Der BF konnte nicht angeben, von wem die behauptete Bedrohung damals ausgegangen wäre.

Der BF gab in der Einvernahme vor dem BFA befragt danach, ob er jemals Probleme mit der Polizei, weiteren (Sicherheits-) Behörden, dem Militär oder Gerichten gehabt habe, an:

„Nein. Bis heute weiß man nicht, warum eine Bombe vor unser Haus „gelegt hat“ (stattdessen offenbar „gelegt worden ist“ gemeint) und auch nicht, wer eigentlich Ziel des Anschlages war.“ (AS 57)

Der BF konnte nicht angeben, wer diese Bombe gelegt haben, gegen wen dieser Anschlag konkret gerichtet gewesen sein soll und ob es hinsichtlich dieses Anschlags überhaupt eine Anzeigeerstattung durch seinen Vater gegeben hätte, und fügte auf die allgemeine Sicherheitslage im Irak Bezug nehmend Folgendes hinzu:

„Aber die Polizei hätte sowieso nichts gemacht. Sie dürfen sich nicht vorstellen, dass die Polizei in Bagdad mit der in Wien zu vergleichen ist. Sie wissen, dass es immer wieder zu Anschlägen in Bagdad kommt, deshalb kümmert sich die Polizei nicht wirklich darum.“ (AS 55).

Zu seiner Rückkehrbefürchtung befragt gab er vor dem BFA zudem Folgendes an:

„Ich habe vor allem Angst. 2015 war der IS kurz davor Bagdad zu erreichen. Sie sind bis kurz vor dem Flughafen von Bagdad vorgedrungen. Desweiteren wimmelt es nur von Milizen in Bagdad, niemand kann sie aufhalten. Wenn man in einem sunnitischen Viertel wohnt, dann muss man sich zwischen dem IS und den Milizen entscheiden. Ich will damit nicht sagen, dass alle Sunniten und Schiiten schlecht sind, aber wenn ein Sunnit in einem schiitischen Viertel bzw. umgekehrt wohnt, dann wird einem das Leben sehr erschwert.“ (AS 57)

Dieses Vorbringen zeugt von einer Furcht aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage. Der BF nahm da auf die Sicherheitslage in Bagdad im Jahr 2015 Bezug bzw. auf eine Zeit, nachdem er nach zwei Monaten Aufenthalt im Irak im Jahr 2014 wieder über die Türkei nach Österreich zurückgekommen war.

An dieser Stelle wird ergänzend noch darauf hingewiesen, dass, wie glaubhaft seitens der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgehalten, keine nähere Auseinandersetzung mit den vom BF vorgelegten in arabischer Sprache verfassten Schriftstücken erfolgt ist bzw. erfolgen konnte, weil die Qualität dieser Schriftstücke nicht ausreichend war, um diese übersetzen zu lassen, und außerdem der BF nicht angeben konnte bzw. wollte, was in diesen von ihm vorgelegten Schriftstücken steht.

Der BF hat im Zuge seines Fluchtvorbringens vorwiegend auf die damalige Lage im Irak bzw. den konfessionellen Konflikt Bezug genommen. Bezüglich der vom BF angesprochenen Problemen zwischen den einzelnen Konfessionen handelt es sich um kein den BF persönlich betreffendes, sondern ein allgemeines Problem, weshalb der BF mit dieser Schilderung keine konkrete Bedrohung seiner Person untermauern konnte. Dass im Irak eine systematische, gezielte Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung stattfindet, geht aus amtsbekannten aktuellen Länderberichten jedenfalls nicht hervor.

Dem BF ist es somit nicht gelungen, glaubhaft zu machen, den Irak im Jahr 2013 – zusammen mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern – aufgrund einer konkreten persönlichen Bedrohungssituation verlassen zu haben.

Wie aus seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen hervorgehend, verlief auch sein zweimonatiger Aufenthalt im Irak im Jahr 2014 ohne Vorfälle.

Befragt danach, ob es in dieser Zeit irgendwelche Vorfälle oder Drohungen gegeben habe, gab der BF wörtlich an:

„Nein, weil wir woanders, nämlich in einem anderen Bezirk gewohnt haben und niemand gewusst hat, dass wir in der Stadt sind. Wenn ich damals vor meiner Ausreise gewusst hätte, dass ich eines Tages um Asyl ansuchen würde, dann hätte ich sämtliche relevanten Dokumente und Unterlagen mitgenommen, um diese vorlegen zu können.“ (AS 55)

Davon, dass niemand vom Aufenthalt des BF in der Stadt gewusst hätte, kann nicht gesprochen werden, zumal, wie aus seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen hervorgehend, Behördenwege bzw. Gänge in der Öffentlichkeit notwendig waren.

Dass diese während des zweimonatigen Aufenthaltes im Irak problemlos und in Ruhe erledigt werden konnten, ging ebenso aus dem Vorbringen des BF hervor.

Die Aussage des BF, „wenn ich damals vor meiner Ausreise gewusst hätte, dass ich eines Tages um Asyl ansuchen würde, dann hätte ich sämtliche relevanten Dokumente und Unterlagen mitgenommen, um diese vorlegen zu können“ bzw. diese vom BF im Nachhinein angestellten Überlegungen, sprechen eindeutig gegen eine Ausreise aufgrund eines fluchtauslösenden Vorfalls bzw. einer konkreten Bedrohung, geht doch daraus nur hervor, dass der BF mit allen Mitteln zu einem Bleiberecht und nicht zu Schutz vor einer konkreten Bedrohung gelangen möchte.

Nach diesem Vorbringen ist der BF auch nicht wie von ihm zuvor angeführt, nur um irakische Zeugnisse zu holen, in den Irak zurückgekehrt (AS 53), sondern hat er von dort „sämtliche relevante Dokumente und Unterlagen“ mitgenommen (AS 55), in der Absicht, in Österreich einen Asylantrag zu stellen.

Fest steht, dass der BF dann erst kurz vor Ablauf seines NAG-Aufenthaltstitels gegen Ende November 2015 einen Asylantrag gestellt hat, offenbar nur deshalb, um über ein Asylverfahren in Österreich zu einem Bleiberecht zu gelangen.

Das in der Einvernahme vor dem BFA am 18.10.2016 erstattete Fluchtvorbringen des BF hinsichtlich einer konkreten persönlichen Bedrohungssituation bzw. einer persönlichen Bedrohung seines Vaters war unglaubwürdig.

In der darauffolgenden Einvernahme vor dem BFA am 20.11.2017 nahm der BF im Zuge seines Fluchtvorbringens zudem gar nicht mehr ausdrücklich auf eine Bedrohung seines Vaters Bezug, sondern brachte er zu seinen Fluchtgründen insgesamt Folgendes vor:

„Ich habe im Irak 2013 verlassen, nachdem vor unserem Haus ein Anschlag verübt wurde. Es war in der Früh und mein Chauffeur hat vor der Haustür auf mich gewartet. Kurz bevor ich ging, hat mir meine Mutter gesagt, dass ich mein Handy vergessen habe. Ich wollte es holen und in genau diesem Zeitraum ist die Bombe explodiert, wobei mein Chauffeur getötet wurde. Danach hat mein Vater entschieden, dass meine Brüder und ich den Irak verlassen müssten. Außerdem kann ich nicht im Irak leben, da ich sehr westlich orientiert bin. Ich glaube nicht an die arabischen Traditionen und die arabische Kultur. Ich habe auch keine arabischen Freunde und wenn ich mit Arabern eine Diskussion beginne, streiten wir, weil wir nicht derselben Meinung sind.“ (AS 163f)

Dann befragt danach, wie sich seine westliche Orientierung äußere, gab der BF an:

„Ich persönlich habe keine Probleme mit der arabischen Kultur. Die Araber respektieren Frauen nicht. Wenn man etwas gegen die Religion sagt, dann wird man gleich als Ungläubiger bezeichnet. Ich möchte auch ein Beispiel anführen: Ich habe gehört, dass im Irak ein 17-jähriges Mädchen von ihrer Familie umgebracht wurde, weil sie einen Freund hatte. Ich selbst hätte keine Probleme damit, wenn meine Schwester einen Freund hätte, sie hat die gleichen Rechte wie ich auch. Ich selbst trinke auch und habe auch hier in Österreich keine arabischen Freunde, da ich mit den Arabern immer wieder in Streit gerate, da ich ihre Ansichten nicht teile.“ (AS 164)

Die darauffolgende Einvernahme des BF vor dem BFA am 20.11.2017 gestaltete sich wie folgt:

„LA: Wäre es Ihnen möglich in einem anderen Ort, einer anderen Stadt im Irak zu leben und zu arbeiten?

VP: Das kann ich mir nicht vorstellen, wo sollte ich hin. Ich würde mit keinem Iraker zurechtkommen. Ich kenne niemanden dort und habe auch keine Freunde.

LA: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute in den Irak zurückkehren würden bzw. müssten?

VP: Die Lage im Irak ist allgemein nicht sicher. Ich habe Angst davor getötet zu werden, wenn ich offen über meine Meinung rede bzw. religiöse Personen, Parteiangehörige oder Angehörige von religiösen Gruppierungen kritisiere, würden mich diese sicherlich töten. Ich möchte noch angeben, dass es im Irak religiös motivierte Diskriminierungen gibt. Mir persönlich ist es egal, ob jemand Sunnit oder Schiit ist, Gott entscheidet über den Menschen. Aber im Irak sind leider Personen an der Macht, die andere wegen ihrer religiösen Gesinnung töten. Ich selbst kann nicht unter Menschen sein, da sie in ihren Ansichten und Meinungen zu radikal sind.

LA: Was müsste geschehen, damit Sie in den Irak zurückkehren könnten?

VP: Es müsste sich das gesamte Land ändern. Die Menschen müssten sich vollständig ändern und auch die Regierung. Die Menschen müssten eine entsprechende Ausbildung erhalten. Sie müssten offen und tolerant sein und die Ansichten anderer akzeptieren.“ (AS 164, 166)

Der BF gab in seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.11.2017 befragt danach, was geschehen müsste, dass er in den Irak zurückkehren könnte (AS 164), mit seiner darauf unter anderem gegebenen Antwort, „die Menschen müssten eine entsprechende Ausbildung erhalten“, zu, dass die Ausbildungssituation im Herkunftsstaat Beweggrund für sein in Österreich angestrebtes Bleiberecht ist.

Soweit der BF in diesem Fluchtvorbringen auch auf seine westliche Orientierung Bezug nahm, liegt diesbezüglich ein gesteigertes Vorbringen gegenüber dem Fluchtvorbringen in der vorherigen Einvernahme vor dem BFA am 18.10.2016 vor, in welcher bereits eine westliche Orientierung des BF vorgebracht werden können hätte.

Das Fluchtvorbringen des BF vor dem BFA rund um eine Bedrohung seines Vaters und seiner westlichen Orientierung konnte folglich nur für unglaubwürdig gehalten werden.

Darauf hingewiesen wird ergänzend noch, dass die Beschwerde vorwiegend unkonkret blieb und auf allgemeine Länderberichte zur Sicherheitslage gestützt war (AS 272ff), daran anschließend festgehalten wurde, dass aus diesen Gründen dem BF zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen hätte (AS 277), und dem daran anschließenden Beschwerdevorbringen zufolge auch die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und dem BF zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens ein Aufenthaltstitel nach § 55 Abs. 1 AsylG zu erteilen wäre (AS 277)

Der BF konnte dem angefochtenen Bescheid mit der Beschwerde somit nicht substantiiert entgegentreten.

2.5. Zu den Länderfeststellungen:

Die dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage im Irak betreffen Länderberichte aus Quellen staatlicher und nichtstaatlicher Natur und decken sich mit den im aktuell gültigen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation angeführten diesbezüglichen Länderberichten.

2.6. Zum Familien- bzw. Privatleben des BF in Österreich

Dass der BF in Österreich zwei Brüder hat, diesbezüglich von einem zwischen dem BF und ihnen bestehenden Familienleben ausgegangen werden kann, der BF im Jahr 2013 mit einem Visum nach Österreich gekommen ist und gegen Ende November 2015 kurze Zeit vor Ablauf seines NAG-Aufenthaltstitels den gegenständlichen Asylantrag gestellt hat, in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, von seinem Vater finanziell unterstützt wird, und außer einem nachweislich absolvierten Deutschkurs A2 keine maßgeblichen Integrationsschritte gesetzt hat, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

Die beiden Brüder des BF halten sich, wie der BF in der Einvernahme vor dem BFA am 20.11.2017 angab, mit einem Studentenvisum in Österreich auf. (AS 161)

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu Spruchteil A):

3.2. Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Das Fluchtvorbringen des BF, wegen der Bedrohung seines Vaters bzw. wegen seines westlichen Lebensstils den Irak verlassen zu haben, war unglaubwürdig.

Der BF hat den gegenständlichen Asylantrag kurz vor Ablauf seines in Österreich erhaltenen NAG-Aufenthaltstitels nur deshalb gestellt, um über ein Asylverfahren zu einem weiteren Bleiberecht zu gelangen.

Eine dem BF als sunnitischen Araber bei einer Rückkehr im Irak drohende Verfolgung war aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen bzw. amtsbekannter aktueller Länderberichte zudem nicht erkennbar, zumal aus amtsbekannten aktuellen Länderberichten keine systematische gezielte Verfolgung aller (männlichen) der sunnitisch-arabischen Bevölkerungsgruppe angehörenden Rückkehrer hervorgeht.

Der BF konnte somit eine bei einer Rückkehr im Irak drohende Verfolgung iSv Art. 1 Abschnitt A der GFK nicht glaubhaft machen, und war eine solche aus dem gesamten Akteninhalt vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen zudem auch von Amts wegen nicht erkennbar.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung sind zunächst konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein „real risk“ einer gegen Art. 3 MRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236; VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwN). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwH).

Unter „real risk“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (grundlegend VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; RV 952 BlgNR XXII. GP 37). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die Feststellung einer Gefahrenlage im Sinn des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erfordert das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung.

Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; 14.10.1998, Zl. 98/01/0122).

Nach der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofs obliegt es dabei grundsätzlich dem Beschwerdeführer, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (EGMR U 05.09.2013, I. gegen Schweden, Nr. 61204/09; VwGH 18.03.2015, Ra 2015/01/0255; VwGH 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich das erkennende Gericht nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (etwa die familiäre, gesundheitliche oder finanzielle Situation), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 18.12.2002, Zl. 2002/18/0279). Der Antragsteller muss die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben schlüssig darstellen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus, wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (EGMR U 17.10.1986, Kilic gegen Schweiz, Nr. 12364/86). So führt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller, Beweise zu beschaffen, dennoch ihm obliegt so weit als möglich Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (EGMR U 05.07.2005, Said gegen Niederlande, 5.7.2005).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

3.3.2. Auf Grund des vom BFA durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gegeben sind.

Dass der BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Wie aus den Länderfeststellungen hervorgehend, ist die Sicherheit von Rückkehrern von einer Vielzahl von Faktoren abhängig – u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit und den Verhältnissen vor Ort.

Der nunmehr 24 Jahre alte BF, der bereits im Irak die Schule besucht und in Österreich die Schule abgeschlossen hat, ist mangels gegenteiligen Nachweises gesund und arbeitsfähig und wird bei einer Rückkehr nach Bagdad im – leerstehenden – Haus der Familie unterkommen und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von seinen im Irak lebenden Onkeln Hilfe bei der Reintegration und von seinem Vater wie auch jetzt in Österreich finanzielle Unterstützung erwarten, sowie alsbald eine Arbeit aufnehmen und Selbsterhaltungsfähigkeit erlangen können.

In Gesamtbetrachtung aller sich aus dem Akteninhalt ergebenden Umstände kann vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen bzw. der amtsbekannten aktuellen Länderberichtslage somit nicht erkannt werden, dass dem BF bei einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059).

Hingewiesen wird zudem darauf, dass amtsbeka

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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