TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/23 W235 2241677-1

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Veröffentlicht am 23.11.2021
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Entscheidungsdatum

23.11.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W235 2241677-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Libanon alias staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2021, Zl. 1275437602-210307135, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser, der im Libanon wohnhaft ist, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.03.2021, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage hat ergeben, dass der Beschwerdeführer am XXXX .05.2016 in Deutschland und am XXXX 11.2015 in Schweden jeweils einen Asylantrag stellte (vgl. AS 41).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide und über keine Familienangehörigen in Österreich verfüge. Einer seiner Brüder lebe in Schweden. Der Beschwerdeführer habe den Libanon im Jahr 2016 legal verlassen und sei über die Türkei nach Griechenland gelangt. Von dort aus sei er über Nordmazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich weiter nach Deutschland gereist, wo er bis zum gestrigen Tag aufhältig gewesen sei. In Deutschland sei es schön gewesen, aber es sei für Palästinenser schwierig zu arbeiten. Der Beschwerdeführer habe in Deutschland zweimal eine Duldung und zweimal einen Landesverweis bekommen. Den letzten Landesverweis habe er vor zwei Monaten erhalten, da die Duldung von Deutschland vor zwei Monaten abgelaufen sei. In Deutschland habe er um Asyl angesucht. Nunmehr wolle er nicht zurück nach Deutschland, sondern in Österreich bleiben.

Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 04.03.2021 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Deutschland und mit Schweden die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt (vgl. AS 51).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.03.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland.

Mit Schreiben vom 23.03.2021 stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 77).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 29.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da davon auszugehen ist, dass Deutschland für sein Verfahren zuständig ist. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 06.04.2021 nachweislich übergeben (vgl. AS 163).

1.4. Am 08.04.2021 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe einen libanesischen Personalausweis für staatenlose Palästinenser. Er sei zwar im Libanon geboren, sei aber Palästinenser. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe in Schweden und ein Onkel in Dänemark. In Österreich habe sieben Cousins, mit denen er in Kontakt sei. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe jedoch nicht. Seine fünf Cousins und seine beiden Cousinen seien anerkannte Flüchtlinge in Österreich. Ebenso seine Tante, die die Mutter von sechs der sieben Cousins bzw. Cousinen sei. Der Beschwerdeführer lebe mit niemandem in einer Familien- oder familienähnlichen Gemeinschaft, sondern im Camp. Seine Angehörigen besuche er manchmal. Es entspreche den Tatsachen, dass er am XXXX .05.2016 einen Asylantrag in Deutschland gestellt habe. Dieser Antrag sei abgewiesen worden.

Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, die Ausweisung des Beschwerdeführers aus Österreich nach Deutschland zu veranlassen, gab er an, dass er zweimal in Deutschland abgewiesen worden sei und eine Rückkehrentscheidung bekommen habe. Er sei nach Österreich gekommen, um hier zu leben. In Deutschland habe er niemanden, aber in Österreich habe der Beschwerdeführer viele Familienangehörige. Auch seine Freundin lebe in Wien. Seine Freundin heiße XXXX , sei eine seiner Cousinen und wohne im zweiten Bezirk. Die genaue Adresse habe er nicht im Kopf. Mit seiner Freundin sei der Beschwerdeführer seit vier Jahren zusammen. Am Anfang seien sie gute Freunde gewesen und dann habe sich die Beziehung weiterentwickelt. Seine Freundin sei seit 2015 in Österreich. Die Frage, ob sich die Beziehung weiterentwickelt habe, als die Freundin bereits in Österreich gewesen sei, bejahte der Beschwerdeführer und gab dazu an, dass sie auch zweimal bei ihm in Deutschland gewesen sei. Aber sie hätten täglich telefoniert. Seit der Beschwerdeführer in Österreich sei, sei die Beziehung stärker geworden. Sie würden sich ca. zweimal pro Woche sehen. Die Familie des Beschwerdeführers wisse nichts von dieser Beziehung, da es üblich sei, dass die Familie „es“ erst bei einer Verlobung erfahre. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Zukunft in Deutschland habe. Er habe studieren wollen, aber die Chance dazu nicht bekommen. In Deutschland habe er eine Ausbildung als Fitnesstrainer begonnen, aber nach fünf Monaten habe er vom Gericht eine Mitteilung erhalten, dass er nicht weitermachen dürfe. Er habe auch keinen Deutschkurs besuchen können. Der Beschwerdeführer brauche die „weiße Karte“, damit er etwas weiterbringen könne. Er wolle arbeiten gehen und studieren.

Neben der Kopie seines Personalausweises für palästinensische Flüchtlinge legte der Beschwerdeführer den Konventionspass der syrischen Staatsangehörigen XXXX , ausgestellt am XXXX .09.2016 (Nr. XXXX ) vor.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Deutschland zulässig ist.

Begründend wurde ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer zuletzt am XXXX .05.2016 in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe. Festgestellt werde, dass sich Deutschland mit Schreiben vom 23.03.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Führung ihres Asylverfahrens für zuständig erklärt habe. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass in Österreich sieben Cousins und Cousinen sowie eine Tante aufhältig seien. Diese Verwandten würden über einen Asylstatus verfügen. Mit seiner Cousine XXXX würde der Beschwerdeführer seit vier Jahren eine Beziehung führen, was jedoch der Familie nicht bekannt sei. Mit den angeführten Verwandten lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt und es bestünden auch keine Abhängigkeiten. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung der Person des Beschwerdeführers in Österreich bestehe. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Deutschland systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt sei oder diese dort zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 12 bis 18 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zur COVID-19 Pandemie und zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich im Verfahren keine Hinweise ergeben hätten, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Aufgrund des Eurodac-Treffers und der diesbezüglich widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers stehe die Antragstellung am XXXX .05.2016 in Deutschland fest. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien aufgrund seiner nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze seines bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zur Pandemie würden sich aus der weltweiten Gesamtberichterstattung ergeben, jene zu Deutschland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Der Vollständigkeit halber werde erwähnt, dass sich Deutschland mit Schreiben vom 23.03.2021 ausdrücklich zur Übernahme des Beschwerdeführers bereit erklärt habe. Daher könne nicht erkannt werden, dass ihm der Zugang zum Asylverfahren in Deutschland verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Deutschland könne daher auch nicht erwartet werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt sei. Mit seinen Verwandten lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt und es bestünden auch keine Abhängigkeiten. Ebenso wenig bestehe eine besondere Beziehungsintensität, insbesondere da sich der Beschwerdeführer erst seit 04.03.2021 im Bundesgebiet befinde und davor über mehrere Jahre kein persönlicher Kontakt existiert habe. Beziehungen des Fremden zu seinem Bruder, seinen Onkeln, Cousins und Cousinen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben würden, würden nicht in den Schutzbereich des Familienlebens fallen. Daher stelle die Außerlandesbringung aus Österreich nach Deutschland keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens dar. Betreffend seine Freundin hätten sich im Verfahren keine zusätzlichen, im Hinblick auf ein relevantes Privatleben und eine Ausweisung, entgegenstehende Aspekte ergeben. Angesichts seines unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich hätte der Beschwerdeführer nicht davon ausgehen können, dass ihm nur aufgrund der Anwesenheit einer Freundin in Österreich ein Aufenthaltsrecht zukommen könne. Ferner vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Deutschland sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Deutschland aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Deutschland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, zu untersuchen, ob im konkreten Einzelfall das Risiko einer Kettenabschiebung in ein Land bestehe, in dem der Beschwerdeführer dem Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Stattdessen seien von der belangten Behörde lediglich allgemeine Feststellungen getroffen worden. Unter Verweis auf das Urteil des EGMR im Fall Tarakhel gegen die Schweiz vom 04.11.2014 wurde ausgeführt, dass auch individuelle Umstände in Verbindung mit gewissen Defiziten ausreichen könnten, um eine Überstellung unzulässig zu machen, wenn eine Gefährdung von Grundrechten vorliege. Im Fall einer Überstellung nach Deutschland könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt sein werde.

4. Mit Schreiben vom 13.06.2021 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der deutschen Dublinbehörde bekannt, dass das Verfahren des Beschwerdeführers wegen unbekannten Aufenthalts ausgesetzt wurde und sich sohin die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein staatenloser Palästinenser mit Wohnsitz im Libanon. Er verließ den Libanon im Jahr 2016 und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten am XXXX .05.2016 in Deutschland einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. Nach einem fast fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland begab sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 04.03.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.03.2021 ein Wiederaufnahmegesuch an Deutschland, welches von der deutschen Dublinbehörde am 23.03.2021 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der deutschen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 13.06.2021 mitgeteilt.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Deutschland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

In Österreich leben eine Tante, fünf Cousins und zwei Cousinen des Beschwerdeführers als anerkannte Konventionsflüchtlinge. Zu einer dieser Cousinen pflegt der Beschwerdeführer eine partnerschaftliche Beziehung und sieht sie ca. zweimal wöchentlich. Zu den anderen genannten Angehörigen besteht ebenfalls Kontakt. Der Beschwerdeführer lebt mit keinem seiner Angehörigen – auch nicht mit seiner Freundin - im gemeinsamen Haushalt und es bestehen auch keine wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit 15.06.2021 über keine aufrechte Meldung in Österreich verfügt.

1.2. Zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland:

Zum deutschen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland und zur COVID-19 Pandemie wurden auf den Seiten 12 bis 18 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines und Dublin-Rückkehrer:

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019, vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b., BR o.D., UNHCR o.D.a.).

[…]

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).

b). Non-Refoulement:

Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).

[…]

c). Versorgung:

Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen breitgestellt. […]

Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).

Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).

Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).

[…]

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und –status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. […] Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. […] (AIDA 16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).

d). Unterbringung:

Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).

Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).

Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus finde eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).

Mit dem neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).

e). Zur COVID-19 Pandemie:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.

In Österreich gibt es mit Stand 12.04.2021, 13.20 Uhr: 578.950 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 9.706 Todesfälle; in Deutschland wurden zu diesem Zeitpunkt 3.016.176 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 78.500 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht, dies bestätigt auch Chinas Gesundheitsbehörde und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Menschen mit milden Symptomen erholen sich der WHO zufolge in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchen drei bis sieben Wochen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Deutschland den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Ausreise aus dem Libanon, zur unrechtmäßigen Einreise des Beschwerdeführers in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zur Dauer seines Aufenthalts in Deutschland, zur unrechtmäßigen Weitereise in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren sowie aus dem Akteninhalt.

Dass der Beschwerdeführer am XXXX .05.2016 in Deutschland einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen, unbedenklichen Eurodac-Treffer und wurde darüber hinaus vom Beschwerdeführer bestätigt, der in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt angab, es entspreche den Tatsachen, dass er am XXXX .05.2016 einen Asylantrag in Deutschland gestellt habe (vgl. AS 183). Ferner wurde die Asylantragstellung in Deutschland auch durch die deutsche Dublinbehörde in ihrer Zustimmungserklärung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers vom 23.03.2021 bestätigt. Dass der Asylantrag des Beschwerdeführers in Deutschland abgelehnt worden war, ergibt sich ebenso aus der Zustimmungserklärung Deutschlands, das seine Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO stützt sowie aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde, zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch Deutschland und zur Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate sowie zur diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes an die deutsche Dublinbehörde ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Deutschlands beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bzw. zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die seiner Überstellung nach Deutschland entgegenstehen könnten, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, der sowohl im Zuge seiner Erstbefragung als auch im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 08.04.2021 angab, an keinen Krankheiten zu leiden sowie sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen (vgl. AS 37 bzw. AS 175).

Ebenso gründen die Feststellungen zu den in Österreich asylberechtigten Verwandten (eine Tante, fünf Cousins und zwei Cousinen) des Beschwerdeführers auf seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt. Diesbezüglich führte er aus, dass er seine Angehörigen manchmal besuche. Dass der Beschwerdeführer mit einer dieser Cousinen eine partnerschaftliche Beziehung führt, lässt sich ebenfalls seinen Aussagen entnehmen. Er brachte vor, dass seine Freundin eine seiner Cousinen sei, mit der er seit vier Jahren zusammen sei. Seitdem er in Österreich sei, habe sich die Beziehung intensiviert und sie würden einander nunmehr ca. zweimal pro Woche sehen (vgl. AS 183, AS 185). Allerdings wisse die Familie nichts von der Beziehung. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wurde vom Beschwerdeführer dezidiert verneint und ebenso gab er an, dass er mit niemandem in einer Familien- oder familienähnlichen Gemeinschaft lebe. Da weitere Bindungen im Bundesgebiet nicht vorgebracht wurden und der Beschwerdeführer darüber hinaus untergetaucht ist, war die diesbezügliche Feststellung zu treffen. Dass der Beschwerdeführer seit 15.06.2021 über keine aufrechte Meldung in Österreich verfügt, gründet auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 18.10.2021.

2.2. Die Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern sowie zur Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Deutschland ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Deutschland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen an, dass er in Deutschland keine Zukunft habe. Er habe studieren wollen, aber die Chance dazu nicht bekommen. Auch habe er eine Ausbildung als Fitnesstrainer begonnen, die er nicht fortsetzen habe dürfen und er habe keinen Deutschkurs besuchen können (vgl. AS 187). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen ist diesem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Auch im Beschwerdeverfahren wurde weder den diesbezüglichen Länderfeststellungen entgegengetreten noch wurde ein Vorbringen zum deutschen Asylsystem erstattet, insbesondere wurden keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.

Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell und nehmen auch auf die derzeitige Situation in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie Bezug. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie Einschränkungen im Reiseverkehr, Maskenpflicht in öffentlichen Bereichen oder die Einhaltung und Überprüfung der sogenannten „3 G“-Regel [Geimpft, Genesen, Getestet] sowie auch die teilweise Zurücknahme von bereits erfolgten Lockerungen), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Deutschland nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn Deutschland für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um keine vulnerable Person handelt und keine Anzeichen dafür vorliegen, dass er zu den Personengruppen mit einem erhöhten Risiko an COVID-19 zu erkranken – wie ältere und/oder immungeschwächte Personen – gehört.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) […]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a)       einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b)       einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c)       einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d)       einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) […]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) […]

(4) […]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

Die Verpflichtung Deutschlands zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers basiert, nachdem dieser einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der abgelehnt wurde und er daraufhin in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, „Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12). Im vorliegenden Fall stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu. Hinzu kommt, dass die grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren nicht bestritten wurde. Ein Vorbringen, das die Zuständigkeit Deutschlands in Zweifel ziehen würde, wurde sohin nicht erstattet.

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, in Deutschland bereits eine negative Entscheidung (sofern diese bereits rechtskräftig geworden ist) erhalten zu haben, ändert dies nichts am Ergebnis in Bezug auf die Zuständigkeitsbegründung Deutschlands gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da die diesbezügliche Beurteilung den zuständigen Behörden Deutschlands obliegt. Sollten hierbei Fehler unterlaufen seien, wären diese im deutschen Rechtsweg zu klären (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.03.2016, C-695/16, betreffend einen Verweis auf den ungarischen Rechtsweg in Bezug auf eine beabsichtigte Zurückweisung nach Serbien).

Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da der Beschwerdeführer (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) für die Behörden nicht greifbar und sohin „flüchtig“ war und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat, was den deutschen Behörden (ebenfalls vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) mit Mitteilung vom 13.06.2021 bekanntgegeben worden war.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar – aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Deutschland gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in de

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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