TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/25 W152 2159482-1

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Veröffentlicht am 25.11.2021
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Entscheidungsdatum

25.11.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W152 2159482-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2017, Zl. 1084119803-151156982, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.11.2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer reiste am 22.08.2015 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, worauf er am 24.08.2015 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und am 28.03.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies dann den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 21.04.2017, Zahl: 1084119803-151156982, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Gleichzeitig wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 20.04.2018 erteilt (Spruchpunkt III). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger des Jemen sei. Es drohe ihm jedoch keine asylrelevante Gefahr.

Gegen Spruchpunkt I des oben genannten Bescheides erhob der Asylwerber fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Jemen und gehört der arabischen Volksgruppe und der sunnitischen Religionsgemeinschaft an. Der Beschwerdeführer, dessen Name XXXX lautet, wurde am XXXX in der Stadt Ibb im Jemen geboren, wo er sein gesamtes Leben im Jemen verbrachte. Der Beschwerdeführer begann im Zuge des „Arabischen Frühlings“ im Jahre 2011 in seiner Heimatstadt Ibb an Demonstrationen gegen das Regime des damaligen Präsidenten Ali Abdullah SALEH teilzunehmen. Der Beschwerdeführer beschränkte sich hiebei nicht auf die bloße Teilnahme an den Demonstrationen, sondern er war auch als Helfer tätig, wobei er Spenden von den Demonstranten sammelte. Nach dem Rücktritt des Präsidenten SALEH im Jahr 2012 und dessen Bündnis mit den Huthi sah man die Revolution als gefährdet an und nahm die Demonstrationen wieder auf. Der Beschwerdeführer nahm an diesen Demonstrationen in Ibb bis Juni 2014 teil, wobei er diese nunmehr mit einem Ausschuss mitorganisierte. Er erreichte hiebei auch einen gewissen Bekanntheitsgrad, weil er auf dem Platz der Demonstrationen sogar campierte. Diese Demonstrationen wurden von „Asch-shabab As-Sadg“ (Unabhängige Jugendlichen Vereinigung), deren Mitglied der Beschwerdeführer ist und diese auch die aktive Teilnahme des Beschwerdeführers bestätigte, initiiert und organisiert. Im Juli 2014 wurde der Beschwerdeführer von vier vermummten und bewaffneten Männern, die der Beschwerdeführer den „Huthi/Saleh-Milizen“ zuordnete, entführt und zwei Wochen angehalten, wobei der Beschwerdeführer über die Demonstrationen befragt und als Verräter bezeichnet wurde. Während dieser Anhaltung wurde der Beschwerdeführer auch misshandelt und musste schließlich eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, wonach er an keinen Demonstrationen mehr teilnehmen und – falls er gebraucht werde – mit ihnen kämpfen werde. Nach seiner Freilassung trat dann der Beschwerdeführer die Flucht an.

Feststellungen zur Lage im Jemen:

Politische Lage

Die Republik Jemen bezeichnet sich in ihrer am 15./16. Mai 1991 in einer Volksabstimmung angenommenen Verfassung (geändert am 28. September 1994) als unabhängigen, arabischen, islamischen und republikanischen Staat. Staatsreligion ist der Islam (GIZ 10.2019). Die innere Lage des Landes wird immer noch durch die geteilten historischen Erfahrungen geprägt: einerseits britische Kolonialherrschaft und danach sozialistische Einflüsse im Süden, andererseits konservative muslimische Herrschaft und Stammesgesellschaft im Norden. 1990 vereinigten sich beide Staaten; der Nordjemen war die dominierende Kraft (DW 30.1.2018). Die gravierenden ökonomischen, sozialen und politischen Differenzen zwischen beiden Landesteilen sind jedoch nicht überwunden (GIZ 10.2019).

Die politischen Herausforderungen für Jemen bestanden bereits vor Ausbruch des andauernden bewaffneten Konflikts im Jahr 2014. 2004 begann in der nordjemenitischen Provinz Saada der Huthi-Aufstand, ab 2007 erstarkte die sezessionistische Bewegung im Süden des Landes. Beide Gruppen begehren gegen die Marginalisierung ihrer jeweiligen Region auf. Zusätzlich bereitete sich spätestens seit 2009 das internationale islamistische Terrornetzwerk Al-Qaida im Jemen immer weiter aus. 2011 kam es landesweit zu Massenprotesten, in denen die Demonstranten das Ende des Saleh-Regimes und einen demokratischen Wandel forderten. Gleichzeitig traten jedoch Kämpfe innerhalb der Machtelite zutage (BPB 18.10.2011).

(Ex-)Präsident Ali Abdullah Saleh bekämpfte während seiner Amtszeit den mutmaßlich durch den Iran unterstützten Huthi-Aufstand. 2011 trat er nach langen Verhandlungen und unter Zugeständnissen zu seinen Gunsten wie dem Erlangen von strafrechtlicher Immunität für seine Rolle bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten gegen die Regierung zugunsten seines damaligen Vizepräsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi zurück, der 2012 von den Wählern interimistisch im Amt bestätigt wurde. Ein Konsens für die Neuordnung des politischen Systems wurde zwar begonnen, dann aber vom Huthi-Aufstand und dem bewaffneten Konflikt zum Erliegen gebracht. Hadis Regierung ist zwar international anerkannt, sie kontrolliert jedoch nicht das ganze Territorium und hat kein klares Mandat (FH 4.2.2019; vgl. Der Standard 4.12.2017).

Es gibt im Jemen keine funktionierende Zentralregierung, und staatliche Institutionen, die noch funktionieren, werden durch nicht-gewählte Beamte oder bewaffnete Gruppierungen kontrolliert (FH 4.2.2019). Das gewählte (und somit legitime) Parlament besteht laut derzeitiger Verfassung aus einer Kammer mit 301 Abgeordneten, die für sechs Jahre gewählt werden (GIZ 10.2019). Am 13. April 2019 wurde Sultan al-Barakani zum Parlamentspräsidenten gewählt, nachdem das Parlament erstmals seit Ausbruch des Konflikts 2015 wieder zusammengetreten war. Zahlreiche Abgeordnete halten sich derzeit im Ausland auf (AA 12.8.2019). Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind viele Jahre überfällig, und keiner Seite gelang es während des Krieges, genug Territorium zu kontrollieren, um etwaige Wahlen abzuhalten. Parlamentswahlen wurden zuletzt am 27. April 2003 abgehalten, und hätten eigentlich 2009 wieder durchgeführt werden sollen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2012 gab es nur einen Kandidaten. Im Kontext des Bürgerkriegs wird die politische Opposition unterdrückt. Normale politische Aktivität wird durch die Präsenz mehrerer bewaffneter Gruppen im Jemen verhindert, darunter Huthi-Rebellen, sunnitische Extremisten, südjemenitische Separatisten, ausländische Truppen der von Saudi¬Arabien angeführten Koalition, Truppen der Hadi-Regierung und lokale Milizen (FH 4.2.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.8.2019): Jemen: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jemen-node/jemen/202270. Zugriff 14.11.2019

-        Al Jazeera (27.10.2019): Draft Saudi-brokered deal aims to end south Yemen power struggle, https://www.aljazeera.com/news/2019/10/draft-saudi-brokered-deal-aims-south-yemen-power-struggle-191026164026978.html, Zugriff 15.11.2019

-        BPB - Bundeszentrale für Politische Bildung (18.10.2011): Pro-demokratische Proteste im Jemen, https://www.bpb.de/internationales/afrika/arabischer-fruehling/52404/jemen?p=all. Zugriff 15.11.2019

-        CH - Chatham House (9.2019): Between Order and ChaosA New Approach to Stalled State Transformations in Iraq and Yemen, https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/2019-09-05- StateTransformationsIraqYemen.pdf. Zugriff 15.11.2019

-        DW - Deutsche Welle (30.1.2018): Separatisten erobern Regierungssitz des Jemen, https://www.dw.com/de/separatisten-erobern-regierungssitz-des-jemen/a-42363242. Zugriff 15.11.2019

-        DW - Deutsche Welle (6.11.2019): Einigung im Südjemen: Auftakt zur Befriedung des ganzen Landes?, https://www.dw.com/de/einigung-im-s%C3%Bcdjemen-auftakt-zur-befriedung-des-ganzen-landes/a-51142448, Zugriff 15.11.2019

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html. Zugriff 11.11.2019

-        GIZ      - Länderinformationsportal (10.2019): Jemen, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jemen/geschichte-staat/. Zugriff 15.11.2019

-        The Guardian (5.11.2019): Yemen government signs power-sharing deal with separatists, https:// www.theguardian.com/world/2019/nov/05/yemen-government-signs-power-sharing-deal-with-separatists, Zugriff 15.11.2019

-        HRW      -        Human Rights Watch (17.1.2019): World   Report 2019 -        Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/yemen. Zugriff 11.11.2019

-        ICG - International Crisis Group (5.11.2019): The Beginning of the End of Yemen’s Civil War?, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/beginning-end-yemens-civil-war, Zugriff 15.11.2019

-        Der Standard (23.8.2016): Krieg im Jemen wird zur Sackgasse für die Saudis, https://derstandard.at/2000043199757/Krieg-in-Jemen-wird-zur-Sackgasse-fuer-die-Saudis?ref=rec, Zugriff 28.09.2017

-        Der Standard (4.12.2017): Jemens Expräsident tot: Seitenwechsel wurden Saleh zum Verhängnis, https://www.derstandard.at/story/2000069031715/jemen-ein-seitenwechsel-zu-viel- wurde-expraesident-saleh-zum-verhaengnis, Zugriff 15.11.2019

-        Der Standard (25.10.2019): Einigung zwischen Regierung des Jemen und Unabhängigkeitskämpfern, https://www.derstandard.at/story/2000110324214/einigung-zwischen- regierung-des-jemen-und-unabhaengigkeitskaempfern, Zugriff 15.11.2019

-        Der Standard (28.1.2018): Separatisten erobern Sitz der jemenitischen Regierung in Aden, https://www.derstandard.at/story/2000073167701/separatisten-erobern-sitz-der-jemenitischen-regierung-in-aden, Zugriff 15.11.2019

-        Der Standard (12.11.2019): Warum im Jemen und am Golf nun ein Friedenslüftchen weht, https:// www.derstandard.at/story/2000110940654/warum-im-jemen-und-am-golf-friedenslueftchen. Zugriff 15.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land ausgesprochen volatil. Die Sicherheit kann durch staatliche Behörden nicht gewährleistet werden. Der bewaffnete Konflikt zwischen Huthi-Rebellen aus dem Nordwesten des Landes und der Regierung und ihren Unterstützern. darunter die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition. dauert weiter an (AA 28.8.2019). Daneben ist auch der südjemenitische. von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützte Southern Transitional Council (STC) ein zentraler bewaffneter Akteur. Sowohl STC als auch die Kräfte. die hinter der Regierung stehen. kämpfen gegen die Huthi. Sie bekämpfen sich jedoch auch untereinander. was die Spannungen zwischen Abu Dhabi und Riyadh verdeutlicht (ICG 16.10.2019). Im Chaos des Krieges zwischen Hadi-Regierung und Huthi erstarkten außerdem Al- Qaida auf der Arabischen Halbinsel. der „Islamische Staat" und andere bewaffnete Gruppierungen (Al Jazeera 2.8.2019; vgl. The Guardian 1.10.2019).

Die fortdauernden Kampfhandlungen stellen für die Zivilbevölkerung weiterhin eine erhebliche Gefährdung dar. Die staatlichen Institutionen sind landesweit nur noch sehr eingeschränkt funktionsfähig. Bereits im September 2014 hatten Huthi-Milizen die Kontrolle über weite Landesteile. darunter auch die Hauptstadt Sanaa. übernommen und auch Teile der Sicherheitskräfte unter ihre Kontrolle gebracht. Die staatlichen Sicherheitsorgane sind nur bedingt funktionsfähig und können im Einzelfall keinen ausreichenden Schutz garantieren. Die Spannungen zwischen Nord- und Südjemen und die zunehmende Fragmentierung des Landes tragen zur Instabilität des Landes bei (AA 28.8.2019).

ACLED berichtet von mehr als 12.000 zivilen Todesfällen im Konflikt seit 2015. Insgesamt wurden seit 2015 mehr als 100.000 (militärische und zivile) Opfer gezählt. Bis Ende Oktober wurden 2019 circa 1.100 getötete Zivilisten verzeichnet. Die Gewalt konzentrierte sich 2019 auf die Gouverne¬ments Taiz. Hodeidah und Al Jawf (ACLED 31.10.2019). Die Luftschläge der saudisch-geführten Koalition und die Angriffe der Huthis unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Militärpersonen. Bei einem saudischen Luftangriff im August 2018 wurde beispielsweise ein Schulbus in Saada getroffen und 40 Kinder getötet (FH 4.2.2019).

Ab Juni 2018 war die Hafenstadt Hodeidah von starken Kämpfen betroffen. Im Dezember 2018 vermittelte die UN ein Abkommen („Stockholm-Abkommen"), das die Demilitarisierung Hodeidahs vorsah. Die Umsetzung gestaltete sich jedoch schwierig. So brachen dort z.B. gleich nach Unterzeichnung des Abkommens. so wie auch im Mai 2019 erneut Kämpfe aus. Gleichzeitig intensivierten die Huthi ihre Angriffe auf saudisches Territorium. und auch die saudischen

Luftangriffe verstärkten sich in den letzten Monaten [Mai bis Juli 2019] (ICG 18.7.2019; vgl. The Guardian 15.5.2019; vgl. FH 4.2.2019). Anfang August 2019 kam es in der Hafenstadt Aden zu schweren Gefechten zwischen südjemenitischen Separatisten und gegenüber der Hadi-Regierung loyalen Truppen. Weite Teile des Landes sind von täglichen Bombardierungen, Raketenangriffen und Kampfhandlungen am Boden betroffen (AA 28.8.2019). Im August nahmen die Separatisten Aden ein (BBC 11.8.2019). Im September erklärten die Huthis einen unilateralen Waffenstillstand; die saudischen Luftangriffe haben seitdem zumindest abgenommen (Al Jazeera 24.9.2019; vgl. ICG 10.2019). Im Oktober 2019 kam es Berichten zufolge in den Gouvernements Abyan und Shebwa zu sporadischen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Separatisten des STC. Saudische Kräfte übernahmen schrittweise die Kontrolle über Aden, und die Kräfte der VAE zogen sich zurück (ICG 10.2019; vgl. ACLED 5.11.2019).

Am 5. November 2019 wurde das „Riyad-Abkommen" unterzeichnet, nachdem die Unterzeichnung wegen Eskalation der Kämpfe in Abyan am 31. Oktober verschoben worden war. Das Abkommen zwischen den Separatisten im Südjemen und der Hadi-Regierung soll eine Machtteilung bringen. Die Kämpfe im Gouvernement Abyan gehen weiter. Luftangriffe der saudisch-geführten Militärkoalition in den Gouvernements Hajjah und Sadah, sowie in geringerem Maße in Sanaa, halten an (ACLED 5.11.2019).

Die politische Instabilität im Jemen führt dazu, dass der Fluss an Waffen und Munition in die Region nicht kontrolliert werden kann (USDOS 1.11.2019). Im ganzen Land leiden Zivilisten an einem Mangel an grundlegenden Dienstleistungen, an der sich verschlimmernden Wirtschaftskrise, sowie am Nicht-Funktionieren der Verwaltung, des Gesundheits-, Bildungs- und Justizsystems (HRW 17.1.2019). In Jemen herrscht laut UN die größte humanitäre Krise weltweit. Sie hat sich seit Beginn des Konflikts im März 2015 immer weiter zugespitzt. Von den 30 Millionen Einwohnern Jemens sind 24 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. 20 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung. Viele sind ohne Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Die Zahl der Binnenvertriebenen liegt bei über 3 Millionen Menschen (AA 12.8.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019): Jemen: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iemen-node/iemensicherheit/202260. Zugriff 15.11.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (12.8.2019): Jemen: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jemen-node/jemen/202270. Zugriff 20.11.2019

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (31.10.2019): PRESS RELEASE: Over 100,000 Reported Killed in Yemen War, https://www.acleddata.com/2019/10/31/press-release- over-100000-reported-killed-in-yemen-war/. Zugriff 13.11.2019

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (5.11.2019): Regional Overview: Middle East, 27 October - 2 November 2019, https://www.acleddata.com/2019/11/05/regional-overview- middleeast-27-october-2-november-2019/. Zugriff 20.11.2019

-        Al Jazeera (2.8.2019): Al-Qaeda launches deadly attack on army base in Southern Yemen, https:// www.aljazeera.com/news/2019/08/al-qaeda-launches-deadly-attack-army-base-southern-yemen-190802081549242.html, Zugriff 15.11.2019

-        Al Jazeera (24.9.2019): Seven children among 16 dead in Yemen air strikes, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/7-children-16-dead-yemen-air-strikes-190924122950086.html, Zugriff 20.11.2019

-        BBC News (11.8.2019): Yemen conflict: Southern separatists seize control of Aden, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-49308199. Zugriff 20.11.2019

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html. Zugriff 11.11.2019

-        The Guardian (15.5.2019): Yemen: ceasefire broken as fresh fighting breaks out in Hodeidah, https://www.theguardian.com/world/2019/may/15/yemen-ceasefire-broken-as-fresh-fighting-breaks-out-in-hodeidah, Zugriff 20.11.2019

-        The Guardian (1.10.2019): Yemen: Aden's changing alliances erupt into four-year conflict's newest front, https://www.theguardian.com/world/2019/oct/01/yemen-adens-changing-alliances- erupt-into-four-year-conflicts-newest-front, Zugriff 20.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrv-chapters/vemen. Zugriff 11.11.2019

-        ICG - International Crisis Group (18.7.2019): Saving the Stockholm Agreement and Averting a Regional Conflagration in Yemen, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and- arabian-peninsula/yemen/203-saving-stockholm-agreement-and-averting-regional-conflagration-yemen, Zugriff 20.11.2019

-        ICG - International Crisis Group (16.10.2019): Yemen’s Multiplying Conflicts, https://www.ecoi.net/en/document/2018614.html. Zugriff 20.11.2019

-        ICG - International Crisis Group (10.2019): CrisisWatch, Tracking Conflict Worldwide, Yemen, https://www.crisisgroup.org/crisiswatch/november-alerts-october-trends-2019#yemen. Zugriff 20.11.2019

-        ICG - International Crisis Group (5.11.2019): The Beginning of the End of Yemen’s Civil War?, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/beginning-end-yemens-civil-war, Zugriff 15.11.2019

-        USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 4 - Terrorist Safe Havens - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2019263.html. Zugriff 20.11.2019

Huthi (Harakat Ansar Allah)

Die Huthi - offiziell bekannt als Harakat Ansar Allah (wörtl. „Bewegung der Helfer Gottes") - sind eine vom Iran unterstützte, schiitisch-muslimische militärische und politische Bewegung. Ihre Mitglieder, die sich der Minderheit der Zaiditen des schiitischen Islam zugehörig fühlen, setzen sich für die regionale Autonomie der Zaiditen im Nordjemen ein [siehe auch Abschnitt 12.1. Religiöse Gruppe: Zaiditen], Die Gruppe hat seit 2004 eine Reihe blutiger Aufstände gegen die jemenitische Regierung ausgeführt, die zu einem Sturz des Regimes Anfang 2015 geführt haben. Die Huthi- Bewegung begann als Versuch, die Autonomie der Stämme im Nordjemen aufrechtzuerhalten und gegen den westlichen Einfluss im Nahen Osten zu protestieren. Heute streben die Huthi eine größere Rolle in der jemenitischen Regierung an und setzen sich weiterhin für die Interessen der zaiditischen Minderheit ein. Die Huthi sind für ihre heftige anti-amerikanische und antisemitische Rhetorik bekannt (CEP 2019). Sie sind außerdem durch die von ihnen so wahrgenommene wirtschaftliche Diskriminierung während der Saleh-Herrschaft motiviert (DW 1.10.2019). Die Ziele der Huthi umfassen auch Entschädigungen für die Schäden während der Saada-Kriege [Anm.:

Kriege zwischen Huthi und Regierung im Gouvernement Saada zwischen 2004 und 2010], die Interessensvertretung [der Zaiditen] innerhalb der Zentralregierung, und die Garantie, dass die Gruppe vor zukünftiger politischer und wirtschaftlicher Marginalisierung geschützt wird. Nicht alle Zaiditen im Jemen identifizieren sich mit der Huthi-Bewegung (CT 2019). Die Huthi-Bewegung besteht heute aus verschiedenen militärischen Kräften, darunter auch circa 60 Prozent ehemalige Angehörige der jemenitischen Armee unter Ex-Präsident Saleh. Schätzungen zufolge sollen die Huthi militärisch 180.000 bis 200.000 Mann stark sein und über verschiedene Waffensysteme verfügen (DW 1.10.2019). In den nördlichen Gebieten, die traditionell unter zaiditischer Kontrolle standen, gibt es Berichte über fortgesetzte Bemühungen der Huthi, ihre religiösen Bräuche auch Nicht-Zaiditen aufzuzwingen, unter anderem durch ein Musikverbot und die Forderung, dass Frauen eine Voll-Verschleierung tragen müssen (USDOS 21.6.2019). Bewaffnete Huthi-Kräfte nahmen häufig Geiseln und begingen andere ernsthafte Missbräuche an Personen, die sich in ihrem Gewahrsam befinden (HRW 25.9.2018).

Quellen:

-        CEP - Counter Extremism Projekt (2019): Houthis, https://www.counterextremism.com/threat/houthis. 21.11.2019

-        CT - Critical Threats (2019): al Houthi Movement, https://www.criticalthreats.org/organizations/al-houthi-movement. Zugriff 21.11.2019

-        DW - Deutsche Welle (1.10.2019): Yemen's Houthi rebels: Who are they and what do they want?, https://www.dw.com/en/yemens-houthi-rebels-who-are-they-and-what-do-they-want/a-50667558, Zugriff 20.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch (25.9.2018): Yemen: Houthi Hostage-Taking, https://www.ecoi.net/en/document/1444267.html. Zugriff 20.11.2019

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2011009.html. Zugriff 20.11.2019

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) und der Islamische Staat im Jemen (IS-Y)

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (eng. abk.: AQAP) ist ein Zusammenschluss von Al-Qaida- Kämpfern in Saudi-Arabien und der früheren Al-Qaida im Jemen (CISAC 7.2015). AQAP ist im gesamten Jemen vor allem in den südlichen und zentralen Regionen des Landes tätig. In vielen dieser Provinzen regiert AQAP über kleinere Gebiete mit Sharia-Gerichten und einer schwer bewaffneten Miliz. AQAP versucht die jemenitische Bevölkerung anzusprechen, indem sie die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigt, sich in die lokale Bevölkerung integriert, auch durch die Anpassung an lokale Regierungsstrukturen. Als formaler Bestandteil der Al-Qaida stehen die Ideologie und Praktiken der AQAP im Einklang mit den weiter gefassten Zielen der Al-Qaida, nämlich auf eine globale islamistische Herrschaft hinzuarbeiten (CEP 4.1.2017; vgl. CH 9.2019). AQAP nutzte die Wirren von 2015, um weite Teile der Provinzen Abyan, Shabwa und Hadramaut einzunehmen und zu kontrollieren. Gemeinsam mit verbündeten Stämmen eroberte sie Anfang April 2015 Mukalla — mit 300.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Landes und Hauptstadt der südöstlichen Provinz Hadramaut — und erbeutete große Waffenarsenale und viel Geld. Außerdem übernahm AQAP dort zusammen mit ihren Alliierten die Verwaltung. Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und deren lokale Verbündete eroberten die Stadt im April 2016 zurück (SWP 7.2017; vgl. CH 9.2019). Bis 2016 kontrollierte AQAP größere Gebiete im Jemen, in den beiden darauffolgenden Jahren erlitt AQAP Gebietsverluste (HRW 17.1.2019; vgl. Jamestown 5.4.2019).

Sowohl AQAP als auch der sog. Islamische Staat Yemen (IS-Y) profitieren weiterhin vom Konflikt mit den Huthi, indem sie von anderen Einheiten der Anti-Huthi-Koalition nicht als Feind betrachtet werden und das Sicherheitsvakuum in großen Teilen des Landes ausnutzen (USDOS 1.11.2019). Sowohl AQAP als auch IS-Y bekannten sich im Jahr 2018 zu Selbstmordanschlägen und anderen Angriffen (HRW 17.1.2019). 2018 wurden Operationen zur Terrorismusbekämpfung, vor allem durch von den VAE unterstützten Kräften, gegen AQAP durchgeführt, und zwar in den Gouvernements Abyan, Shabwa und Hadramaut. Der IS-Y ist bezüglich Mitgliederanzahl und Einfluss deutlich kleiner als AQAP. IS-Y ist jedoch weiterhin aktiv und führt Angriffe gegen AQAP, jemenitische Sicherheitskräfte und Huthi durch (USDOS 1.11.2019). Eine der aktivsten Gruppen des IS-Y soll es mit Stand September 2018 in Al-Bayda geben, genauso wie eine der aktivsten Gruppen von AQAP (Jamestown 5.4.2019). Im Juli 2018 kam es zu heftigeren Zusammenstößen zwischen AQAP und IS-Y, was die Rivalität zwischen Al-Qaida und IS allgemein zeigt (Jamestown 21.9.2018). Es wird berichtet, dass AQAP und IS-Y im Sommer 2019 das Machtvakuum im Süden des Landes ausnutzten und Angriffe gegen Truppen der Hadi-Regierung sowie des Southern Transitional Council (STC) in Aden, Abyan und Al-Bayda durchführten (ACAPS 8.2019).

Quellen:

-        ACAPS - Yemen Analysis Hub (8.2019): Crisis InSight, Yemen Crisis Impact Overview, June - August 2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20190925_yemen_crisis_impact_overview_june_august_2019.pdf, Zugriff 14.11.2019

-        CEP - Counter Extremism Projekt (4.1.2017): Al-Qaeda in the Arabian Peninsula (AQAP), https:// www.counterextremism.com/threat/al-qaeda-arabian-peninsula-aqap. Zugriff 21.11.2019

-        CH - Chatham House (9.2019): Between Order and Chaos, A New Approach to Stalled State Transformations in Iraq and Yemen, https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/2019-09-05- StateTransformationsIraqYemen.pdf. Zugriff 15.11.2019

-        CISAC - Center for International Security and Cooperation (7.2015): Al Qaeda in Yemen, https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/al-qaeda-yemen#text block 17347, Zugriff 20.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/yemen. Zugriff 11.11.2019

-        Jamestown Foundation (21.9.2018): Clashes Between Islamic State and AQAP Emblematic of Broader Competition; Terrorism Monitor Volume: 16 Issue: 18, https://www.ecoi.net/en/document/1447309.html. Zugriff 20.11.2019

-        Jamestown Foundation (5.4.2019): Continued Fighting Between Islamic State and AQAP Complicates Security in al-Bayda - Jamestown, https://www.ecoi.net/en/document/2006052.html. Zugriff 20.11.2019

-        SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik. Steinberg, Guido (7.2017): Saudi-Arabiens Krieg im Jemen, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A51_sbg.pdf. Zugriff 21.11.2019

-        USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 4 - Terrorist Safe Havens - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2019263.html. Zugriff 20.11.2019

Bewegung des Südens (Al Hirak), Southern Transitional Council (STC)

Die Bewegung des Südens. auch bekannt als „al Hirak" oder „al Harakat al Janubiyya", begann ihre Aktivitäten 2007 auf dem Gebiet der ehemaligen Demokratischen Volksrepublik Jemen. Sie war nie eine einheitliche Gruppierung. Es handelte sich mehr um eine lose Vereinigung von Kräften. deren Forderungskatalog von mehr Mitspracherecht für die Bevölkerung des Südens bis hin zur abermaligen Abspaltung und Unabhängigkeit vom Norden reicht. Die Bewegung begann mit Reparationsforderungen nach der Zerstörung des südlichen Jemen während des Bürgerkriegs 1994. Die Mitgliedergruppen unterscheiden sich in ihrem Charakter von politisch bis militant. Die Bewegung hat seit den Umbrüchen des Arabischen Frühlings 2011 starken Zulauf (GIZ 10.2019; vgl. CT 2017). Die Unterstützung des Southern Movement speist sich u.a. aus der Enttäuschung über die politische und wirtschaftliche Marginalisierung des südlichen Jemens nach der Einigung der beiden Landesteile 1990.

Das Southern Movement ist in vielerlei Hinsicht ein Vorläufer des 2017 gegründeten Southern Transitional Coucil (STC) (Jamestown 10.9.2019). Zu Beginn des Konfliktes waren es aber eher lose organisierte südjemenitische Milizen. die die Huthi-Rebellen und die Truppen der Hadi-Regierung aus ihren Gebieten im Süden vertrieben. Dabei wurden sie militärisch von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützt (CH 3.2018). Ab 2015 schlossen sich die bewaffneten Truppen des Southern Movement der Anti-Huthi-Koalition der Hadi-Regierung an. Im April 2017 kam es zu zunehmenden Spannungen in Aden. da Hadi den Bürgermeister der Stadt aus seinem Amt entließ. Nach Massenprotesten als Reaktion auf die Entlassung wurde der Southern Transitional Council (STC) mit Unterstützung durch die VAE gegründet. Der STC tritt für die Unabhängigkeit des Südjemens ein (Al Jazeera 20.9.2019).

Im Jänner 2018 brachen Kämpfe zwischen Regierungskräften und von den VAE unterstützten südjemenitischen Kräften in Aden aus (HRW 17.1.2019). Im August 2019 eroberten südjemeni¬tische separatistische Kräfte nach tagelangen Kämpfen erneut den Regierungssitz von Präsident Hadi in Aden. Die Kämpfe offenbarten Risse innerhalb der von Saudi-Arabien geführten Militär¬koalition gegen die Huthi (Der Standard 25.10.2019). Am 5.11.2019 einigten sich südjemenitische Separatisten und die Hadi-Regierung im Rahmen des „Riyadh-Abkommens" auf eine Machtteilung (Der Standard 12.11.2019).

Der Süden des Jemens ist entgegen häufiger Annahmen kein homogener Raum. Nicht alle Südjemeniten unterstützen den STC und nicht alle unterstützen das Southern Movement. Einige Personen. die seit Kriegsbeginn immer prominenter wurden. waren in der Bewegung vor dem Krieg keine wichtigen Figuren (CH 3.2018; vgl. Jamestown 10.9.2019). Außerhalb von Aden gibt es kleinere separatistische Bewegungen in den südlichen Provinzen, die die Forderung des STC nach der Wiederherstellung der Republik Südjemen mittels Gewalt ablehnen (Al Jazeera 20.9.2019).

Quellen:

-        Al Jazeera (20.9.2019): Who are south Yemen's separatists?, https://www.aliazeera.com/news/2019/09/south-vemen-separatists-190919074008631.html. Zugriff 20.11.2019

-        CH - Chatham House (3.2018): Yemen’s Southern Powder Keg. https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/publications/research/2018-03-27-yemen-southern-powder-keg-salisburv-final.pdf. Zugriff 20.11.2019

-        CT - Critical Threats (2017): Southern Movement. https://www.criticalthreats.org/organizations/southern-movement. Zugriff 21.11.2019

-        GIZ -   Länderinformationsportal (10.2019): Jemen. Geschichte & Staat. https://www.liportal.de/jemen/geschichte-staat/. Zugriff 15.11.2019

-        HRW -   Human Rights Watch (17.1.2019): World   Report 2019 - Yemen. https://www.hrw.org/world-report/2019/countrv-chapters/yemen. Zugriff 11.11.2019

-        Jamestown Foundation (10.9.2019): Some Old. Some New: Grievances. Players. and Backers in the Conflict in Southern Yemen; Terrorism Monitor Volume: 17 Issue: 17. https://www.ecoi.net/en/document/2017648.html. Zugriff 20.11.2019

-        Der Standard (25.10.2019): Einigung zwischen Regierung des Jemen und Unabhängigkeitskämpfern. https://www.derstandard.at/storv/2000110324214/einigung-zwischen- regierung-des-jemen-und-unabhaengigkeitskaempfern. Zugriff 15.11.2019

-        Der Standard (12.11.2019): Warum im Jemen und am Golf nun ein Friedenslüftchen weht. https://www.derstandard.at/storv/2000110940654/warum-im-jemen-und-am-golf-friedenslueftchen. Zugriff 15.11.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Im Jemen gibt es keine funktionierende Zentralregierung. und alle staatlichen Institutionen. die noch intakt sind. werden von nicht gewählten Beamten oder bewaffneten Gruppen kontrolliert. Das Justizwesen ist nominell unabhängig. jedoch anfällig für Beeinflussung durch politische Fraktionen. Die Behörden haben eine schlechte Bilanz. was die Durchsetzung von juristischen Urteilen angeht. besonders wenn es sich um Verurteilungen von Stammesführern oder bekannten politischen Personen handelt. Durch das Fehlen eines effektiven Gerichtswesens greift die Bevölkerung häufig auf stammesrechtliche Formen von Justiz oder Gewohnheitsrecht zurück. besonders seit der Einfluss der Regierung schwächer wird (FH 4.2.2019). Unter Kontrolle der Huthi ist die Justiz schwach und durch Korruption. politische Einmischung. gelegentliche Bestechung und mangelnde juristische Ausbildungen beeinträchtigt. Die mangelnde Kapazität der Regierung und die teilweise mangelnde Durchsetzungsbereitschaft der Gerichte. insbesondere außerhalb der Städte. haben die Glaubwürdigkeit der Justiz weiter untergraben. Kriminelle bedrohen und schikanieren Angehörige der Justiz. um den Ausgang von Verfahren zu beeinflussen (USDOS 13.3.2019). Willkürliche Verhaftungen sind üblich. In den letzten Jahren wurden hunderte solcher Fälle dokumentiert. In vielen Fällen kommt es zu gewaltsamem Verschwindenlassen. Gefangene werden oft in inoffiziellen Haftanstalten untergebracht. Es gibt unzählige Berichte über politische Gefangene (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Vor dem Gesetz sind Angeklagte unschuldig bis ihre Schuld bewiesen ist. Gerichtsverhandlungen sind im Allgemeinen öffentlich, aber Gerichte können aus Gründen der „öffentlichen Sicherheit oder Moral" geschlossene Verhandlungen abhalten. Richter nehmen aktiv an der Befragung der Zeugen und des Angeklagten teil und urteilen über Kriminalfälle. Angeklagte haben das Recht bei ihrer Gerichtsverhandlung anwesend zu sein und sich mit einem Anwalt zu beraten. Der Angeklagte kann Zeugen, die gegen ihn aussagen, befragen und konfrontieren und zu seiner eigenen Verteidigung Zeugen oder Beweise vorbringen. Die Regierung muss laut Gesetz in schweren Kriminalfällen einen Anwalt für mittellose Angeklagte zur Verfügung stellen, wobei dies in der Vergangenheit nicht immer geschehen ist. Grundsätzlich haben Angeklagte und deren Anwälte Zugang zu relevanten Beweisen und Anwälten wird ermöglicht, Klienten und Zeugen zu befragen sowie Beweise zu prüfen. Angeklagte haben das Recht auf Berufung. Angeklagte können weder zu einer Zeugenaussage noch zu einem Schuldgeständnis gezwungen werden. Es gibt außerdem ein spezielles Staatssicherheitsgericht, welches unter anderen Bedingungen arbeitet und Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführt. Dieses Gericht garantiert den Angeklagten nicht dieselben Rechte wie die ordentlichen Gerichte. Anwälte bekommen oft nicht ausreichend Zugang zu den Anklagepunkten, Beweismitteln oder Gerichtsakten. Das Fehlen von Geburtsregistern erschwert die Altersfeststellung, woraufhin die Gerichte Jugendliche wie Erwachsene verurteilen, auch zum Tode.

Neben dem bestehenden Gerichtssystem gibt es ein Stammesrechtssystem für Fälle, die nicht unter das Strafrecht fallen [Anm. d.h. z.B. Familienrecht, etc.]. Stammesrichter, meist angesehene Scheichs, entscheiden jedoch auch oft in Kriminalfällen auf stammesrechtlicher Basis. Zu diesen Fällen kommt es gewöhnlich in Folge öffentlicher Beschuldigungen, nicht in Folge von formell eingereichten Anklagepunkten. Stammes-Mediation betont oft den sozialen Zusammenhalt mehr als Bestrafung. Die Öffentlichkeit respektiert die Ergebnisse von Stammesprozessen oft mehr als das formelle Gerichtssystem, das von vielen als korrupt und nicht unabhängig angesehen wird (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html. Zugriff 11.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

Sicherheitsbehörden

Die jemenitischen Sicherheitsbehörden sind in Folge des politischen und militärischen Konflikts stark fragmentiert (EASO 15.10.2019). Die jemenitischen Streitkräfte bestehen mit Stand März 2018 grundsätzlich aus Landstreitkräften, Seestreitkräften und Küstenwache, Luftstreitkräften, Grenzwache, Strategischer Reserve, sowie militärischen Nachrichtendiensten (u.a. Department of Military Intelligence, Department of Reconnaissance) (CIA 5.11.2019). Die Huthi übernahmen 2014 die Kontrolle über das Verteidigungs- und Innenministerium in Sanaa. Laut eines Berichts haben bis zu 70 Prozent der Armee-, Polizei und paramilitärischen Kräfte zu Beginn des Krieges die Huthi-Saleh-Allianz unterstützt. Die staatliche Armee (Yemen National Army, YNA) wurde ab 2015 von der Hadi-Regierung neu formiert, indem Saleh-treues Personal ersetzt wurde, und bis zu 200.000 neue Soldaten rekrutiert wurden, darunter Stammeskämpfer (EASO 15.10.2019).

Die primären staatlichen Nachrichtendienste, die Organisation für Politische Sicherheit (Political Security Organisation - PSO) und das Büro für Nationale Sicherheit (National Security Bureau - NSB) unterstehen zuerst dem Innenminister und dann dem Präsidenten. Die Zusammenarbeit dieser beiden Organisationen bleibt unklar, und es gibt keine klaren Definitionen vieler Prioritäten des NSB. Die PSO ist laut Gesetz dafür zuständig, politische Verbrechen und Sabotageakte aufzudecken und zu verhindern. PSO und NSB gerieten Ende 2014 unter die Kontrolle der Rebellen der Huthi-Saleh-Allianz. Die Hadi-Regierung behielt jedoch ihre eigenen Posten in PSO und NSB in den von der Regierung kontrollierten Gebieten bei (USDOS 13.3.2019; vgl. GS 21.1.2015). Wie andere staatliche Institutionen auch, teilten sich Sicherheits- und Nachrichtendienste wie die PSO in parallele Strukturen auf; ein Teil wird von den Huthi kontrolliert, der andere Teil von der Hadi-Regierung. Die Dienste operieren jeweils in einem von ihrer Seite im Bürgerkrieg kontrollierten Gebiet (FH 4.2.2019). Auch die Abteilung für kriminaldienstliche Ermittlungen (Criminal Investigation Division) untersteht dem Innenministerium und führt die meisten Untersuchungen und Festnahmen in Kriminalfällen durch. Der Innenminister kontrolliert außerdem die paramilitärischen Spezialsicherheitskräfte (Special Security Forces SSF) - oft zur Kontrolle von Menschenansammlungen eingesetzt -, sowie die Anti-Terror-Einheit. Dem Verteidigungsminister unterstehen außerdem Einheiten zum Einsatz gegen interne Unruhen und in internen bewaffneten Konflikten (USDOS 13.3.2019).

Straflosigkeit von Sicherheitsbeamten bleibt ein Problem, zum einen, weil die Hadi-Regierung nur begrenzt Macht ausübt und zum anderen, weil es keine wirksamen Mechanismen zur Untersuchung und Verfolgung von Missbrauch und Korruption gibt. Die SSF, die Sondereinsatzkräfte des Jemen, die Präsidentengarde (ehemals republikanische Garde), die NSB und andere Sicherheitsorgane sind vordergründig zivilen Behörden des Innenministeriums, des Verteidigungsministeriums und des Präsidentenbüros unterstellt. Die zivile Kontrolle über diese Einrichtungen verschlechterte sich 2018 jedoch weiter, da regionale Bemühungen zur nationalen Versöhnung ins Stocken gerieten. Durch die Verschärfung des Problems der Straflosigkeit verstärkten Interessensgruppen, darunter auch die Familie des ehemaligen Präsidenten Saleh und andere Stammes- und Parteigruppen, ihren Einfluss auf die Nachrichtendienste, oft auf inoffiziellem Wege und nicht durch die formale Befehlsstruktur (USDOS 13.3.2019).

Die Southern Resistance Forces wurden ab 2016 mit Unterstützung der VAE aufgebaut. Sie werden manchmal auch als unter Kontrolle der international anerkannten jemenitischen Regierung angesehen, obwohl sie angeblich von den Vereinigten Arabischen Emiraten ferngesteuert werden (EASO 15.10.2019; vgl. MEI 31.7.2019; vgl. WP 28.8.2019).

Quellen:

-        CIA Factbook (5.11.2019): Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ym.html#People. Zugriff

11.11.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (15.10.2019): COI Query, Background on the Yemeni armed forces, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018892/2019 10 17 EASO COI Query Yemen Conscription Q23.pdf, Zugriff 12.11.2019

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html. Zugriff 11.11.2019

-        GS - Global Security (21.1.2015): Yemen Intelligence Agencies, https://www.globalsecurity.org/intell/world/yemen/index.html. Zugriff 12.11.2019

-        MEI      - Middle East Institute (31.7.2019): Security in South Yemen, https://www.mei.edu/publications/security-south-yemen. Zugriff 12.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

-        WP - The Washington Post (28.8.2019): The UAE is weakening its partnership with the Saudis in Yemen. Here’s why that matters, https://www.washingtonpost.com/politics/2019/08/28/what-saudi- arabia-uaes-changing-partnership-means-future-yemens-war/, Zugriff 12.11.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und ähnliche andere Missbräuche. Es gibt Bestimmungen, dass Folter mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann, dem Gesetz mangelt es jedoch an einer umfassenden Definition von Folter (USDOS 13.3.2019). Huthi-Rebellen, die jemenitische Regierung, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und die von den VAE unterstützten jemenitischen Kräfte inhaftieren willkürlich Menschen, einschließlich Kinder, misshandeln Gefangene und halten sie unter schlechten Bedingungen fest, und lassen Menschen gewaltsam verschwinden, die als politische Gegner oder Sicherheitsbedrohungen wahrgenommen werden. Seit Ende 2014 wurden willkürliche und missbräuchliche Festnahmen durch Huthi-Rebellen und dem früheren Präsidenten Saleh gegenüber loyalen Kräften dokumentiert, genauso wie Fälle von Verschwindenlassen, Folter und andere unmenschliche Behandlung (HRW 17.1.2019). Im Jahr 2018 erhielt OHCHR weiterhin Informationen über die Misshandlung und Folter von Gefangenen der Politischen Sicherheitsorganisation (PSO), dem Nationalen Sicherheitsbüro (NSB), bei der Kriminalpolizei und in den Gefängnissen Habrah und al-Thawra in Sanaa, sowie anderen Einrichtungen unter Huthi-Kontrolle. Laut einer Interessenvertretung, die von Familien von Häftlingen getragen wird, starben seit 2014 126 Personen an Folter in der Haft durch die Huthi (USDOS 13.3.2019). Die Huthi nahmen auch Geiseln. Im südlichen Jemen wurden willkürliche Verhaftungen, Folter und Verschwindenlassen durch die VAE, Verbündete der VAE und jemenitische Regierungskräfte dokumentiert. 2018 kam die UN-Gruppe hochrangiger Experten für den Jemen zu dem Schluss, dass die Huthi-, jemenitischen, saudischen und VAE-Truppen glaubwürdig in den Missbrauch von Häftlingen verwickelt waren, der Kriegsverbrechen gleichkommen könnte (HRW 17.1.2019). In Gebieten, die im Einflussbereich der VAE im südlichen Jemen liegen, sollen Spezialeinheiten der VAE ein Netzwerk von Geheimgefängnissen und Haftanstalten betreiben, in denen Folter weit verbreitet sein soll (FH 4.2.2019). Die VAE gestehen aber keine Rolle im Missbrauch von Häftlingen ein und haben auch keine offensichtlichen Untersuchungen durchgeführt. Hochrangige Beamte, die in die Missbräuche verwickelt waren, haben weiterhin verantwortungsvolle Positionen im ganzen Land inne (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019). Human Rights Watch erhält weiterhin Informationen über die willkürliche und missbräuchliche Inhaftierung von Migranten und Asylbewerbern sowohl im Norden als auch im Süden des Landes (HRW 17.1.2019).

Quellen:

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html. Zugriff 11.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/yemen. Zugriff 11.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

Korruption

Jemen wurde im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit 14 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean) und belegt damit Platz 176 von insgesamt 180 (TI 2019). Das Gesetz sieht Strafen für amtliche Korruption vor, die Hadi-Regierung setzt dieses Gesetz jedoch nicht effektiv durch. Kleinere Fälle von Korruption kommen häufig und in fast allen Ämtern vor. Von Bewerbern für eine Stelle wird oft erwartet, dass sie sich ihre Stelle erkaufen. Zahlreiche Regierungsbeamte und öffentliche Bedienstete erhalten Bezahlungen für Tätigkeiten, die sie nicht ausführen, oder mehrere Gehälter für ein und dieselbe Arbeitsstelle. Korruption ist ein ernstes Problem in fast allen Bereichen und auf allen Ebenen der Regierung, besonders im Sicherheitssektor. Straflosigkeit für Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden ist ein Problem, da die Regierung nur begrenzte Kontrolle ausübt, und weil effektive Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung fehlen. Politiker und die meisten Regierungsbehörden unternehmen nichts, um gegen Korruption vorzugehen (USDOS 13.3.2019). Die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Regierung war schon vor Kriegsausbruch im Jahr 2015 minimal, und das Netzwerk an Korruption und Vetternwirtschaft, das unter Saleh aufgebaut wurde, existiert weiterhin (FH 4.2.2019). Es gibt Berichte über Korruption an Checkpoints, die von Huthi-Milizen kontrolliert werden, was die rechtzeitige und effiziente Verteilung von Lebensmittelhilfen behindert, und die Nahrungsmittelunsicherheit somit noch verstärkt (USDOS 13.3.2019). Durch die Zerstörung der regulären Handelsbeziehungen während des bewaffneten Konflikts ist die Bedeutung des Schwarzmarkts angestiegen. Unter anderem wird Lebensmittelhilfe oft von Beamten aller Konfliktparteien gestohlen und am Schwarzmarkt weiterverkauft (FH 4.2.2019).

Quellen:

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019 https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html, Zugriff 11.11.2019

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, Yemen, https://www.transparency.org/countrv/YEM. Zugriff 12.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

2001 wurde im Jemen die zweijährige Wehrpflicht abgeschafft. Das Mindestalter für einen freiwilligen zweijährigen Wehrdienst beträgt 18 Jahre (CIA 5.11.2019). Viele junge Männer treten aus ökonomischen Gründen und aus Mangel an Alternativen am Arbeitsmarkt in den Militärdienst ein (IRB 8.12.2017). Obwohl Gesetz und Regierungspolitik die Praxis ausdrücklich verbieten, nahmen Kinder unter 18 Jahren direkt an bewaffneten Konflikten für Regierungs-, Huthi-, mit der Regierung verbündete Kräfte, Stammeskräfte und andere bewaffnete Gruppierungen teil, vor allem als Wächter und Kuriere (USDOS 13.3.2019; vgl. Global Security 2.9.2017). Im Jahr 2017 überprüften die Vereinten Nationen 842 Fälle von Rekrutierung und Einsatz von Jungen ab 11 Jahren, von denen fast zwei Drittel Huthi-Truppen zuzuschreiben waren (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). 2014 unterzeichnete die jemenitische Regierung einen Aktionsplan der Vereinten Nationen zur Beendigung des Einsatzes von Kindersoldaten. Mangels einer effektiven Regierung wurde der Aktionsplan jedoch noch nicht umgesetzt (HRW 12.1.2017). Fast ein Drittel der Kämpfer im Land waren nach einigen Schätzungen jünger als 18 Jahre. Das Fehlen eines einheitlichen Systems für die Registrierung von Geburten erschwert den Nachweis des Alters, was zuweilen zur Rekrutierung von Minderjährigen beiträgt (USDOS 13.3.2019).

Laut Berichten internationaler NGOs benutzten Stämme, einschließlich einiger bewaffneter und von der Regierung finanzierter Stämme, die neben der regulären Armee kämpften, minderjährige Rekruten in Kampfzonen. Huthi-Rebellen setzten regelmäßig Kinder ein, um Kontrollpunkte zu besetzen, als menschliche Schutzschilder oder Selbstmordattentäter. Berichten zufolge wurden verheiratete Burschen zwischen 12 und 15 Jahren während bewaffneter Konflikte in den nördlichen Stammesgebieten als Kämpfer eingesetzt. Gemäß der Stammestradition werden verheiratete Burschen als Erwachsene betrachtet, die dem Stamm Loyalität schulden. Infolgedessen war laut NGOs die Hälfte der Stammeskämpfer Jugendliche unter 18 Jahren. Anderen Quellen zufolge brachten die Stämme die Burschen selten in Gefahr, und setzten sie eher als Wache und nicht als Kämpfer ein (USDOS 13.3.2019).

Die Huthi rekrutieren neue Kämpfer mit verschiedenen Methoden, unter anderem durch die Einführung von Rekrutierungsquoten für Stammesführer und lokale Vertreter, die Verbreitung von Propaganda und religiöser Indoktrination, die Freilassung von Gefangenen und die Rekrutierung an Kontrollpunkten. Dabei wenden sie jeweils einen unterschiedlichen Grad von Zwang an (EASO 8.4.2019). Im Laufe des Jahres verstärkten die Huthi und andere bewaffnete Gruppen, einschließlich Stammes- und islamistischer Milizen sowie Al-Qaeda auf der Arabischen Halbinsel, die Rekrutierung von Kindern als Teilnehmer am Konflikt. Berichten zufolge betreiben Huthi-Vertreter lokale Zentren, in denen Jungen und Männer für den Kampf rekrutiert werden. Laut einer Quelle führten die Huthi Rekrutierungsquoten für lokale Vertreter ein. Laut OHCHR rekrutieren Huthi auch gewaltsam Kinder in Schulen, Krankenhäusern oder indem sie von Haus zu Haus gehen. Es wird auch mit Appellen an den Patriotismus und durch finanzielle Anreize rekrutiert (USDOS 13.2.2019).

Quellen:

-        CIA Factbook (5.11.2019): Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ym.html#People Zugriff

11.11.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (8.4.2019): Query Response, Forced recruitment of men by the Houthis, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/2019_04_08_Q10_2019_Yemen_Houthi_Recruitment.pdf, Zugriff 11.11.2019

-        Global Security (2.9.2017): Yemen Military, https://www.globalsecuritv.org/militarv/world/vemen/militarv-intro.htm. Zugriff 11.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch  (17.1.2019): World Report 2019 - Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/yemen. Zugriff 11.11.2019

-        HRW - Human Rights Watch  (12.1.2017): World Report 2017 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/1088201.html. Zugriff 21.11.2019

-        IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (8.12.2017): Yemen: Military service; reported cases of forced recruitment and conscription by government authorities and armed groups, including by       Al-Qaeda, in regions other than those under Houthi control, https://www.ecoi.net/en/document/1447406.html. Zugriff 11.11.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018

-        Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html. Zugriff 11.11.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Bevölkerung im Jemen leidet weiterhin unter den Auswirkungen des bewaffneten Konflikts, an Gewalt sowie schweren Menschenrechtsverletzungen und Missbräuchen. Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind u.a. rechtswidrige und willkürliche Tötungen, darunter politische Morde; Verschwindenlassen; Folter; willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; politische Gefangene; willkürliche Verletzungen der Rechte der Bürger auf Privatsphäre; erhebliche Eingriffe in die Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der Religionsfreiheit; die Tatsache, dass die Bürger ihre Regierung nicht durch freie und faire Wahlen wählen können; Korruption und der Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 13.3.2019; vgl. USDOS 21.6.2019). Die Hadi-Regierung unternimmt den Versuch, Menschenrechtsverletzungen durch Beamte zu verfolgen und bestrafen, wobei sie nicht alle Institutionen des Landes kontrolliert. Straffreiheit blieb jedoch ein weit verbreitetes Problem. Nicht-staatliche Akteure, darunter Huthis, Stammesmilizen, südjemenitische separatistische Gruppierungen, Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) und der IS begehen erhebliche Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019). Huthi-Truppen nahmen Geiseln. Bewaffnete Kräfte in Aden verprügelten, vergewaltigten und folterten Migranten (HRW 17.1.2019).

Der Krieg führte landesweit zu weit verbreiteter Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Laut OHCHR wurden seit Konfliktbeginn bis November 2018 mehr als 6,800 Zivilisten getötet und mehr als 10,700 verletzt, die meisten davon durch Luftangriffe der von Saudi Arabien angeführten Koalition. Die wahren Opferzahlen dürften weit höher liegen. Tausende wurden durch die Kämpfe vertrieben, und Millionen Menschen sind von Engpässen in Nahrungsmittelversorgung und medizinischer Versorgung betroffen (HRW 17.1.2019). ACLED berichtet von mehr als 12,000 zivilen Todesfällen seit 2015. Insgesamt wurden seit 2015 mehr als 100,000 (militärische und zivile) Opfer gezählt. Bis Ende Oktober wurden im Jahr 2019 circa 1,100 tote Zivilisten verzeichnet. Die Gewalt konzentrierte sich 2019 auf die Gouvernements Taiz, Hodeidah und Al Jawf (ACLED 31.10.2019). Die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition führte zahlreiche wahllose und unverhältnis¬mäßige Luftangriffe durch, unter anderem auf Wohnhäuser, Märkte, Schulen, Krankenhäuser und Moscheen, bei denen Tausende von Zivilisten getötet und zivile Objekte unter Verletzung des Völkerrechts beschossen bzw. zerstört wurden. Die Koalition setzte auch international verbotene Streumunition ein. Huthi-Truppen setzten verbotene Landminen ein, es kam zur Rekrutierung von Kindern, und es wurde mit Artillerie wahllos auf Städte gefeuert (HRW 17.1.2019; vgl. FH 4.2.2019)

Obwohl Beweise auf Völkerrechtsverletzungen durch die Konfliktparteien hindeuten, sind diese bis jetzt nicht adäquat zur Rechenschaft gezogen worden (HRW 17.1.2019).

Alle Konfliktparteien verschlimmerten die humanitäre Katastrophe noch weiter, indem sie dringend benötigte Hilfslieferungen verzögerten bzw. verhinderten. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden teils mit Gewalt in ihrer Arbeit behindert (HRW 17.1.2019). Laut UN OCHA waren Anfang 2019 nahezu 25 Prozent der Bevölkerung unterernährt. Alle Konfliktparteien zerstörten Einrichtungen, die für das Überleben der jemenitischen Bevölkerung notwendig sind. Luftangriffe der Koalition zerstörten z.B. Ackerland, Bewässerungsanlagen und wichtige Hafeninfrastruktur. Auch medizinische Einrichtungen wurden beschädigt oder zerstört (HRC

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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