Entscheidungsdatum
25.11.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W124 2192926-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Vorverfahren:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. In der am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zu seinem Fluchtgrund an, er sei als Angehöriger der BNP von der regierenden Partei verfolgt worden.
1.2. Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: Bundesamt), im Rahmen welcher er seine Fluchtgründe insoweit präzisierte, als er vorbrachte, man habe ihm telefonisch gedroht, wenn er nicht seine Partei verlasse und sich der Partei Awami League (AL) anschließe, werde man ihn töten. Er habe versucht, Anzeige zu erstatten und Schutz von der Polizei zu erhalten. Diese sei allerdings ein verlängerter Arm der Awami League. Die Polizei sei zu ihm nachhause gekommen und habe nach ihm gesucht, er sei jedoch nicht dort gewesen. In der Folge sei er zu einem Freund nach Dhaka verzogen. Am XXXX sei er von Mitgliedern der Awami League angezeigt worden. Die Anzeige sei an ein Gericht weitergeleitet worden. Schließlich sei am XXXX gegen ihn ein offizieller Haftbefehl erlassen worden. In weiterer Folge habe eine Gerichtsverhandlung stattgefunden, der BF sei jedoch nicht erschienen, sondern habe sich noch immer bei einem Freund aufgehalten. Als seine Mutter im Sterben gelegen sei, sei er trotz der Gefahr in seinen Heimatort zurückgekehrt. Als er wieder abreisen habe wollen, habe er zufällig einen Journalisten getroffen, mit welchem er ein Interview geführt habe, welches am nächsten Tag veröffentlicht worden sei. Seine Familie sei in der Folge mehreren Angriffen ausgesetzt gewesen. Der BF habe in der Folge an verschiedenen Orten gewohnt und sei verschiedenen Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Er habe jedoch nirgends in Sicherheit leben können, zumal ein Haftbefehl gegen ihn bestanden habe und die Leute immer neugierig gewesen seien, woher er komme und weshalb er umgezogen sei.
Im Rahmen seiner Einvernahme brachte der BF ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage und brachte dazu vor, es handle sich um einen Erstinformationsbericht, das Anzeigeprotokoll, eine Anklageschrift, einen Haftbefehl, einen Beschlagnahmungsbefehl sowie weitere Dokumente.
1.3. In der Folge stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Anfrage an die Staatendokumentation betreffend die Verifizierung der vorgelegten Dokumente. In einer weiteren Einvernahme am XXXX wurde dem BF die Anfragebeantwortung zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt V.). Ferner wurde ihm eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde betreffend die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids festgehalten, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen habe der BF nicht glaubhaft machen können. Gegen den BF seien in Bangladesch weder Anzeigen erstattet worden, noch würden Haftbefehle vorliegen. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergebe sich überdies, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG im vorliegenden Fall nicht gegeben seien.
Das Erkenntnis wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des BF am XXXX im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt, sodass es am XXXX in Rechtskraft erwachsen ist.
2. Gegenständliches Verfahren:
2.1. Am XXXX stellte der BF den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Daraufhin erfolgte am XXXX seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen welcher er zu seiner Person angab, der Volksgruppe der Bengalen anzugehören und sich zum muslimischen Glauben zu bekennen. Zur Begründung seines Antrags führte er an, er kenne seit drei Jahren einen Mann, welchen er „ XXXX “ nenne. Er wohne mit ihm seit zweieinhalb Jahren gemeinsam in einer Wohnung. Sie seien beide homosexuell und ein Paar. Im Fall der Rückkehr fürchte er, wegen des gegen ihn im Herkunftsstaat nach wie vor anhängigen Verfahrens verfolgt zu werden. Zudem bestehe die Gefahr, dass er aufgrund seiner sexuellen Orientierung ermordet werde.
2.2. Mit Verfahrensanordnung wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die Verfahrensanordnung sowie das Länderinformationsblatt Bangladesch wurden dem BF am XXXX zugestellt.
2.3. Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt, im Rahmen welcher er anführte, absolut gesund zu sein. Er habe regelmäßig einen Arzt aufsuchen müssen, da er Probleme am Rücken sowie im Analbereich gehabt habe. Er sei medikamentös behandelt worden. Aktuell habe er noch Schmerzen und behandle diese mit einer Creme. Die Rückenschmerzen habe er bereits im Herkunftsstaat gehabt. Er sei für Untersuchungen mit seinem Bruder nach Indien gereist und habe auch einen Orthopäden aufgesucht. In Bangladesch habe er Injektionen bekommen, welche auch geholfen hätten.
In der Folge brachte der BF ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage, wobei er anführte, die Strafanzeige bereits im Erstverfahren vorgelegt zu haben. Der beiliegende Zettel sowie die Anklageschrift aus dem Jahr XXXX seien jedoch neu. Weiter brachte er vor, dass das Bundesamt im Jahr XXXX Ermittlungen in seinem Herkunftsstaat anstellen habe lassen. Die Person, welche ermittelt habe, arbeite für den Bangladesch Supreme Court und sei Aktivist der Awami League. Sein Vater sei von dem Ermittler erpresst worden. Konkret habe er gefordert, dass sein Vater € 3.000,-- bezahle, damit er einen für den BF günstigen Bericht verfasse. Ferner habe er erklärt, dass er nicht ermitteln werde, wenn er kein Geld erhalte. Da sein Vater nicht bezahlt habe, habe der Ermittler auf Bezirksebene der Polizeiverwaltung Bescheid gegeben, dass der BF in Österreich sei und um Asyl angesucht habe. Auf Vorhalt, dass dies bereits im Erstverfahren bekannt gewesen sein müsse, führte der BF an, sein Anwalt habe Beweismittel besorgt, die belegen, dass es die Strafanzeige gebe.
Befragt, ob es neue Fluchtgründe gebe, führte der BF an, dass er sich bereits in Bangladesch, als er noch die Schule besucht habe, zu Männern hingezogen gefühlt habe. Er habe alle neuen Filme von Salman Khan gesehen, da er schöne Lippen habe. Bei Demonstrationen habe er die Arme seiner politischen Brüder gehalten, was ihn ebenso erregt habe. Im Herkunftsstaat habe er dies jedoch nicht zugeben können, da es nicht akzeptiert gewesen sei. Er habe seine Sexualität in Bangladesch nicht ausleben können. Im September XXXX sei es erstmals zu sexuellen Handlungen mit einem Mann gekommen. Dieser Mann sei zwei bis drei Jahre älter gewesen. Letztlich sei der Mann jedoch nach Saudi-Arabien ausgereist, wodurch der Kontakt abgebrochen sei. Der BF habe sich danach wie ein Sünder gefühlt, habe den Koran gelesen und habe einige Wochen versucht, fünfmal täglich zu beten. Selbst in Österreich habe er seine Homosexualität geheim gehalten. Da ihm nunmehr aber die Abschiebung drohe, sei er gezwungen die Wahrheit zu sagen. Seit zwei Jahren habe er seine Homosexualität akzeptiert. Er besuche Lokale wie etwa die XXXX , das XXXX oder die XXXX . In die XXXX gehe er nicht so oft, da es dort auch Personen aus seinem Herkunftsstaat gebe, welche er nicht sehen wolle, da sie seinen Bruder kennen. Er befinde sich in einer Beziehung mit XXXX , geboren am XXXX . Er habe ihn im April XXXX kennengelernt. Sie hätten sich zu einem Frühlingsfest getroffen. Seit XXXX wohne er bei seinem Partner. Dieser arbeite als Lehrling in einem Hotel und befinde sich im Asylverfahren. Die Beziehung bestehe, seit sie zusammengezogen seien. Zuvor seien sie gemeinsam fortgegangen.
Befragt, wieso er seine Homosexualität nicht bereits im Erstverfahren in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX erwähnt habe, führte er an, er habe es weiterhin geheim halten wollen, da es seine Religion verbiete. Nach Rückübersetzung ergänzte er seine Angaben dahingehend, dass sein Bruder bei der Verhandlung anwesend gewesen sei.
Auf weiteren Vorhalt, dass er nach eigenen Angaben seine Homosexualität seit XXXX auslebe, und ihm daher bewusst sein hätte müssen, dass es in Österreich kein Problem sei, führte er an, er habe dies schon gewusst, habe es jedoch vor seinen Angehörigen geheim halten wollen. Zwischenzeitlich hätten es jedoch sein Bruder sowie seine Angehörigen im Herkunftsstaat mitbekommen. Am XXXX habe sein Bruder zufällig Nacktfotos des BF und seines Partners gesehen, woraufhin er geschrien und ihm erklärt habe, dass dies gegen die Regeln des Islam verstoße. Schließlich sei sein Bruder weggelaufen. Am XXXX sei er zu ihrer Wohnung gekommen und habe ihn sowie seinen Partner mit dem Tod bedroht, sollten sie sich nicht trennen. Daraufhin hätten sie versucht, eine neue Wohnung zu finden. Der BF sei umgezogen, sein Partner habe jedoch noch für die Dauer der Kündigungsfrist von drei Monaten in der alten Wohnung bleiben müssen. Nachdem der BF 10 Tage in der Wohnung gewesen sei, habe ihn die Polizei „hier“ hergebracht. Seine Schwägerin habe sich zudem gegenüber seinen Angehörigen verplappert. In seinem Heimatort würden alle Bescheid wissen. Seine Eltern hätten ihn daher verstoßen.
Auf Vorhalt, dass sein Bruder seinen Anwalt gezahlt habe, gab der BF zu Protokoll, dass sein Bruder auf ihn wütend gewesen sei, ihn jedoch im Gefängnis [gemeint wohl in der Schubhaft] besucht und Mitleid gehabt habe. Aus Mitleid helfe er ihm nunmehr, da er wisse, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat sterben werde.
Betreffend seine Beziehungen in Österreich führte der BF aus, er habe abgesehen von seinem Partner auch zu anderen homosexuellen Männern Kontakt gehabt. Sie seien Staatsangehörige von Bangladesch. Zwei von ihnen sei der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Befragt, ob XXXX nicht sein einziger Partner sei, führte er an, er sei schon sein Partner, die anderen seien sein Zeitvertreib gewesen.
Der BF beantragte schließlich die Einvernahme seines Partners, seines Bruders sowie seiner Schwägerin als Zeugen.
Abschließend brachte er vor, sobald für ihn ein Heimreisezertifikat beantragt werde, würden die Behörden mitbekommen, dass er abgeschoben werde. Am Flughafen würde er im Fall der Rückkehr sofort verhaftet werden.
2.4. Am XXXX wurde der BF im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz von XXXX , geboren am XXXX , als Zeuge vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. In der Niederschrift finden sich eingangs folgende Vermerke: „Meine Muttersprache ist Bengali und ich bin einverstanden, die Einvernahme in dieser Sprache zu machen. Der AW gibt an, dass er weder Deutsch noch Bengali versteht“. Im Rahmen der weiteren Befragung gab der BF keine Antworten bzw. erklärte auf Deutsch, nichts zu verstehen.
2.5. Mit Schreiben vom XXXX brachten der BF und XXXX vor, das Bundesamt möge eine neuerliche Einvernahme mit einem anderen Dolmetscher als XXXX durchführen. Man habe den Dolmetscher nicht gut verstehen können. In Bangladesch würden ungefähr 200 Millionen Menschen leben und in beinahe jedem Distrikt werde ein anderer Dialekt gesprochen. Ferner sei es unangenehm gewesen, vor dem Dolmetscher über das Thema Homosexualität zu sprechen. Der Dolmetscher sei in der bengalischen Community stark vertreten, sei auch Funktionär oder Vorstandsmitglied bei der Österreich-Bangladesch Gesellschaft gewesen und sei im österreichischen Zweig der Awami-League vertreten.
In der Einvernahme am XXXX habe der BF überdies nicht gesagt, dass er kein Bengali verstehe. Vielmehr habe er angeführt, den Dolmetscher nicht zu verstehen. Er sei vom Leiter der Amtshandlung sowie vom Dolmetscher eingeschüchtert gewesen. Diese hätten ihn nahezu angeschrien. Im Fall von Zweifeln könne die anwesende Rechtsberaterin als Zeugin einvernommen werden.
Es werde der Antrag gestellt, den Dolmetscher nach Qualifikationsnachweisen zu seinen Sprachkenntnissen, seiner Dolmetscherausbildung sowie zu seinen politischen Aktivitäten in Österreich zu befragen. Abschließend wurde festgehalten, der Dolmetscher habe gemeint, dass der BF und sein Partner mit Absicht nichts gesagt hätten. Als Dolmetscher hätte er jedoch neutral bleiben und nur objektive Aussagen treffen sollen.
2.6. Mit Begleitschreiben vom XXXX brachte der Beschwerdeführer unter anderem folgende Unterlagen in Kopie vor:
? Zeitungsartikel der Zeitung „ XXXX “ vom XXXX ;
? Aktenabschrift betreffend das gegen ihn anhängige Strafverfahren;
? Nachweis der DHL-Paket Zusendung von Bangladesch.
Ferner ersuchte er in seinem Schreiben um amtswegige Übersetzung der in Bengali vorgelegten Unterlagen sowie - im Fall von Zweifeln an deren Echtheit - um die Prüfung seiner Urkunden durch einen Sachverständigen. Weiter wurde beantragt, eine neuerliche Einvernahme unter Beiziehung eines Schriftführers und in Anwesenheit einer Vertrauensperson sowie unter Verwendung einer Audio- und/oder Videoaufnahme durchzuführen. Darüber hinaus wurde die Einvernahme des Mitbewohners des BF als Zeuge zum Beweis seiner Homosexualität und der Homosexualität seines Partners beantragt. Weiter wurde der Antrag gestellt, einen Sachverständigen für Sexualkunde oder aus einer ähnlichen wissenschaftlichen Disziplin zu bestellen, um den BF sowie seinen Partner hinsichtlich ihrer Homosexualität zu prüfen. Darüber hinaus wurde ein Antrag auf Akteneinsicht bzw. auf Übermittlung des Aktes in elektronischer Form gestellt. Abschließend wurde beantragt, einen Sachverständigen für Virologie zur Beurteilung der Situation in Bangladesch in Hinblick auf die Covid-19-Pandemie zu bestellen.
2.7. Mit Schreiben des Bundesamtes vom XXXX wurde der BF aufgefordert, binnen einer Woche die Beweismittel, welche mit E-Mail eingebracht worden waren, im Original vorzulegen.
2.8. In der Folge wurden vom Bundesamt eine amtswegige Übersetzung der vorgelegten Urkunden eingeholt, welche am XXXX bei der Behörde einlangte.
2.9. Mit Schreiben vom XXXX wurde dem BF das Länderinformationsblatt Bangladesch zur Stellungnahme binnen einer Woche übermittelt.
2.10. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht. Gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Festgestellt wurde zusammengefasst und verfahrenswesentlich, dass der BF Staatsangehöriger von Bangladesch sei, der Volksgruppe der Bengalen angehöre und sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam bekenne. Sein Asylverfahren zur Zl. XXXX sei rechtskräftig „negativ“ abgeschlossen worden. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens nicht geändert. Im gegenständlichen Verfahren seien keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht worden.
Beweiswürdigend wurde hinsichtlich seines Fluchtvorbringens ausgeführt, der BF habe sich in seiner Einvernahme am XXXX darauf berufen, dass die Fluchtgründe aus seinem Erstverfahren noch immer aufrecht seien. Ferner habe er angeführt, dass er bereits vor seiner endgültigen Ausreise aus dem Herkunftsstaat homosexuell gewesen sei und seit drei Jahren eine Beziehung führe. Das Vorbringen des BF zu seiner sexuellen Orientierung erweise sich jedoch als widersprüchlich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der BF einerseits anführte, erst seit zwei Jahren seine eigene Homosexualität akzeptiert zu haben, während er andererseits vorbrachte, sich seit drei Jahren in einer Beziehung zu befinden. Im Erstverfahren habe der BF überdies in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX nicht angeführt, homosexuell zu sein, obwohl er darauf hingewiesen worden sei, sämtliche Fluchtgründe darzulegen. Ferner habe er sich vor dem Bundesamt erst nach mehrmaligen Nachfragen bereit erklärt, die Daten seines Freundes anzugeben. Auf die Einvernahme seiner Schwägerin, seines Bruders und seiner Mitbewohner sei seitens der Behörde verzichtet worden, da diese Personen keine Angaben zur Beziehung des BF machen könnten.
Nachdem der Partner des BF am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und begründend angeführt habe, sich mit dem BF seit drei Jahren in einer Beziehung zu befinden, seien der BF als Zeuge und sein Partner als Partei zur Einvernahme vor dem Bundesamt geladen worden. Weder der BF noch sein Partner hätten in diesen Einvernahmen Angaben erstattet. Obwohl ihre Erstsprache Bengali sei, hätten sie angeführt, den für die Sprache Bengali bestellten Dolmetscher nicht zu verstehen. Dieser Dolmetscher sei bereits in einer Einvernahme des Partners des BF im Jahr XXXX beigezogen worden. Seinerzeit habe es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben. Ferner habe der Dolmetscher zu Protokoll gegeben, dass dem BF von seinem Partner gesagt worden sei, er solle vortäuschen, den Dolmetscher nicht zu verstehen. Nach Ansicht des Dolmetschers hätte selbst bei unterschiedlichen Dialekten eine Kommunikation möglich sein müssen. Der Dolmetscher sei sich sicher gewesen, dass der BF und sein Partner absichtlich keine Antworten gegeben hätten.
Der vermeintliche Partner des BF habe am XXXX gegenüber einem Beamten des XXXX überdies angegeben, dass der BF nie bei ihm gewohnt habe, sondern nur seinen Hauptwohnsitz an seiner Adresse gemeldet habe. Er habe weder den Wohnort noch die Telefonnummer des BF angeben können. Das Vorbringen seines Partners in seiner Erklärung vom XXXX , wonach er sich gegenüber der Polizei nicht hinreichend ausdrücken habe können und es daher zu einem Missverständnis gekommen sei, sei nicht glaubhaft, da sein Partner im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz zahlreiche Unterstützungsschreiben vorgelegt habe, wonach er über gute Deutschkenntnisse verfüge. Ferner habe er in Österreich eine Kochlehre abgeschlossen, weshalb ebenso angenommen werden könne, dass er über hinreichende Deutschkenntnisse verfüge. Der BF habe überdies bereits zu einem früheren Zeitpunkt seinen Aufenthaltsort durch Scheinmeldungen verschleiert. Bei einer Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX habe der BF seine Wohnung nicht finden können und sei in den falschen Stock gegangen. Dieses Verhalten könne nur zu dem Schluss führen, dass er mit allen Mitteln versuche, die Behörde zu täuschen.
Betreffend die vom BF vorgelegte Abschrift eines Gerichtsakts sowie eines Zeitungsartikels wurde ausgeführt, dass diese nicht aktuell seien und sich auf die Fluchtgründe beziehen würden, über welche bereits abgesprochen worden sei. Im Übrigen sei bereits im Erstverfahren festgestellt worden, dass der BF gefälschte Urkunden vorgelegt habe. Auch dem Länderinformationsblatt sei zu entnehmen, dass „echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden“ in Bangladesch gegen Zahlung problemlos erhältlich seien.
In Zusammenschau all dieser Faktoren gehe die Behörde davon aus, dass das Vorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Kern aufweise.
Rechtlich wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des Bescheids erwogen, dass weder hinsichtlich der maßgeblichen Sachlage noch hinsichtlich des Begehrens und/oder der anzuwendenden Rechtsnormen seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe. Folglich stehe die Rechtskraft des im Vorverfahren ergangenen Erkenntnisses dem neuerlichen Antrag entgegen.
2.11. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob der BF im Wege seiner Vertretung gegen den oben genannten Bescheid vollinhaltlich Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die Einvernahme von XXXX als Zeugen. Nach Darstellung des Sachverhalts wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die von der Behörde herangezogenen Länderberichte zur Beurteilung des Fluchtvorbringens des BF als unzureichend zu qualifizieren seien. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der BF insoweit ein neues Vorbringen erstattet habe, als er angegeben habe, homosexuell zu sein, eine Beziehung zu führen und seine sexuelle Orientierung offen auszuleben. Ferner sei er in der LGBTQI Community aktiv und gebe es hierfür unzählige Beweise. In Bezug auf die Beweiswürdigung der Behörde wurde ausgeführt, es sei nicht ungewöhnlich, dass Menschen aus muslimischen Ländern eine höhere Hemmschwelle hätten ihre homosexuelle Orientierung zu akzeptieren und öffentlich zu machen. Dem BF könne nicht vorgeworfen werden, dass er dies im Erstverfahren nicht vorgebracht habe.
In der Folge wurde darauf hingewiesen, dass der BF Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher gehabt habe und vor ihm nicht offen über seine sexuelle Orientierung sprechen habe können, da der Dolmetscher in der bengalischen Community vernetzt sei. Hinsichtlich der rechtliche Beurteilung im angefochtenen Bescheid wurde ausgeführt, dass der BF entgegen der Erwägungen der Behörde sehr wohl ein neues Vorbringen erstattet habe. Er habe glaubhaft dargelegt, homosexuell zu sein. Da es dem BF sehr unangenehm gewesen sei, über seine Sexualität zu sprechen, könne ihm nicht vorgeworfen werden, erst im Verfahren über seinen Folgeantrag ein diesbezügliches Vorbringen erstattet zu haben. Sein Vorbringen weise sohin jedenfalls einen glaubhaften Kern auf. Ferner komme seinen Fluchtgründen potentielle Asylrelevanz zu.
Der Beschwerde wurden mehrere Lichtbildern beigelegt.
2.12. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Verfahrensakten vor, wo diese am XXXX einlangten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF
1.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und brachte zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates vor, dass er als Angehöriger der BNP von der regierenden Partei, der Awami League, verfolgt worden sei.
Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist. Ihm wurde ferner eine Frist zur freiwilligen Ausreise in der Dauer von 14 Tagen gewährt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des BF am XXXX im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt.
1.1.2. Der BF verblieb unrechtmäßig in Österreich und stellte am XXXX den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag begründete er zunächst damit, dass seine im Erstverfahren geltend gemachten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien und er neue Beweismittel vorlegen könne. Ferner brachte er erstmals vor, homosexuell zu sein, mit XXXX eine Beziehung zu führen und mit ihm seit zweieinhalb Jahren im gleichen Haushalt zu leben.
XXXX , ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am XXXX in Österreich seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und führte im Rahmen seiner Erstbefragung an, dass er mit dem BF seit drei Jahren eine Beziehung führe.
1.1.3. Der BF hat im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht angeführt, homosexuell zu sein und aus diesem Grund im Herkunftsstaat Verfolgung zu fürchten. Dem Vorbringen des BF zu seiner sexuellen Orientierung kommt zumindest ein glaubhafter Kern zu.
1.2. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Bangladesch, Version 4
SOGI - SEXUELLE ORIENTIERUNG UND GENDERIDENTITÄT (letzte Änderung: 16.06.2021)
Frauen führen beide großen politischen Parteien an. Nichtsdestotrotz schränkt die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTI Personen, ihre Beteiligung an der Politik in der Praxis ein. Marginalisierte Gruppen sind in der Politik und in staatlichen Behörden weiterhin unterrepräsentiert. Für Transgender-Personen gibt es eine gewisse rechtliche Anerkennung, obwohl sie in der Praxis stark diskriminiert werden. Im Jahr 2019 bewarben sich mehrere Transgender-Frauen um die für Frauen reservierten Sitze im Parlament. Keine wurde gewählt (FH 3.3.2021). Zwar wurde 2019 erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt (AA 21.6.2020), aus der indischen Perspektive gesehen, sind Hijras jedoch keine Transgender , sondern Cisgender (Syed, R. o.D.)
Homosexuelle Handlungen sind illegal und können wegen "Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung" nach § 377 des "Bangladesh Penal Code, 1860" (BPC) mit lebenslangem Freiheitsentzug (HRW 13.1.2021; vgl. ILGA 12.2020), mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden (ILGA 12.2020; vgl. AA 21.6.2020). Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ (ÖB 9.2020). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 3.3.2021).
Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) erhielten Drohbotschaften per Telefon, SMS und über soziale Medien, und berichten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020).
Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 9.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Ein strafrechtliches Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen wird selten durchgesetzt, aber gesellschaftliche Diskriminierung bleibt die Norm, und jedes Jahr werden Dutzende von Angriffen auf LGBTI Personen gemeldet. Nach der Ermordung von Xulhaz Mannan, einem prominenten LGBTI Aktivisten, durch militante Islamisten im Jahr 2016 befinden sich einige LGBTI Personen im Exil (FH 3.3.2021).
Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesh (HRFB) eingereichten Bericht beim UN-Ausschuss gegen Folter vom 29.6.2019 wurden für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 434 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt. Davon betrafen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten (HRFB 22.6.2019).
Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten "Hijras", Eunuchen und Personen mit unterentwickelten oder missgebildeten Geschlechtsorganen. Diese Gruppe ist aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und massiver gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 21.6.2020). Obwohl die Regierung mit der Anerkennung von Hijras als drittes Geschlecht einen wichtigen Schritt getan hat, blieb es in der Praxis für Hijras schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie noch verschärfte (HRW 13.1.2021). Auch wenn sie eine anerkannte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in klar definierten und organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 22.8.2019; vgl AA 21.6.2020). Die Regierung verabsäumte es, den Schutz der Rechte von Hijras ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 13.1.2021).
LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 11.3.2020). Es gibt keine NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie "Boys of Bangladesh", die "Bhandu Social Welfare Society" und Online-Gemeinschaften wie "Roopbaan", das lesbische Netzwerk "Shambhab" und "Vivid Rainbow" (ILGA 3.2019).
Die Nationale Menschenrechtskommission bildete ein Komitee, das sich mit Fragen für marginalisierte Gruppen, einschließlich Transgender, befasst, und der Nationale Lehrplan- und Schulbuchausschuss von Bangladesch stimmte zu, Fragen des dritten Geschlechts in den Lehrplan der Sekundarschule aufzunehmen (HRW 13.1.2021). Im September 2020 kündigte das staatliche Statistikamt Bangladesch an, dass die Volkszählung 2021 Hijra als Kategorie des "dritten Geschlechts" einschließen wird (USDOS 30.3.2021).
[…]
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Person des BF (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit) gründen sich auf seine Angaben im gegenständlichen Verfahren, welche bereits vom Bundesamt dem nunmehr angefochtenen Bescheid als Sachverhalt zugrunde gelegt wurden und daher unstrittig sind.
Ferner ergeben sich die Feststellungen zur Einreise des BF in das Bundesgebiet sowie zum Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , sowie dem zugehörigen Zustellnachweis.
Weiters stützen sich die Feststellung zu seinem unrechtmäßigen Verbleib in Österreich, zur Stellung des verfahrensgegenständlichen zweiten Antrags auf internationalen Schutz sowie zu den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Fluchtgründen auf die Niederschriften seiner Erstbefragung am XXXX und die Niederschrift seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX .
Die Feststellungen zum Verfahren über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz von XXXX sowie zu dessen Vorbringen hinsichtlich der Beziehung mit dem BF ergeben sich aus der Einsicht in den Verwaltungs- und Gerichtsakt zur Zl. XXXX (vgl. dort insbesondere Niederschrift der Erstbefragung vom XXXX ).
2.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Bereits das Bundesamt hielt im Rahmen seiner Beweiswürdigung im nunmehr angefochtenen Bescheid fest, dass der BF im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht erwähnte, homosexuell zu sein, sondern hierzu erstmals im gegenständlichen Verfahren über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein Vorbringen erstattete. Dieser Sachverhalt erweist sich daher als unstrittig.
Die Feststellung, dass dem Vorbringen des BF zu seiner sexuellen Orientierung zumindest ein glaubhafter Kern zukommt, beruht auf folgenden Erwägungen:
Im gegenständlichen Fall hat der BF seinen Antrag in der Einvernahme am XXXX (unter anderem) damit begründet, dass er sich bereits in Bangladesch zu Männern hingezogen gefühlt habe und mit einem Mann sexuelle Handlungen vorgenommen habe. Er habe sich jedoch in weiterer Folge als Sünder gefühlt, habe den Koran gelesen und habe versucht, fünfmal täglich zu beten. Nachdem er in Österreich eingereist sei, habe er sich gewundert, welche Möglichkeiten es hier für Homosexuelle gebe, habe seine sexuelle Orientierung aber dennoch geheim gehalten. Seit zwei Jahren habe er seine eigene Homosexualität akzeptiert und sei angesichts der drohenden Abschiebung gezwungen, die Wahrheit zu sagen. Er führe seit drei Jahren eine Beziehung zu einem bengalischen Staatsangehörigen, welcher- ebenso wie er - in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Im Erstverfahren habe er kein Vorbringen zu seiner Furcht vor Verfolgung aufgrund seiner Homosexualität erstattet, da Homosexualität in seiner Religion nicht erlaubt sei. Ferner habe er seine sexuelle Orientierung vor seinen Angehörigen geheim halten wollen. Am XXXX habe sein Bruder zufällig Nacktfotos vom BF und seinem Partner entdeckt, woraufhin er geschrien und ihm erklärt habe, dass dies im Islam verboten sei. Die Schwägerin des BF habe versucht, seinen Bruder zu beruhigen. Sein Bruder sei jedoch weggelaufen. Daraufhin sei er am XXXX zur Wohnung des BF und seines Partners gekommen und habe sie mit dem Tod bedroht. Letztlich habe sein Bruder jedoch Mitleid mit ihm gehabt, da er wisse, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat getötet werde. Weiter führte der BF an, dass sich seine Schwägerin gegenüber seiner Familie verplappert habe, weshalb nunmehr seine Angehörigen sowie die Bewohner seines Heimatdorfes Bescheid wüssten. Seine Eltern hätten ihn verstoßen.
In Bezug auf dieses Vorbringen ist festzuhalten, dass der BF umfangreiche Angaben zu seiner sexuellen Orientierung erstattet hat, wenngleich dem Bundesamt insoweit zuzustimmen ist, als seine Angaben gewisse Ungereimtheiten aufweisen. Beispielsweise begründete er den Umstand, dass er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX kein Vorbringen zu seiner Homosexualität erstattet habe, damit, dass er es wegen seiner Religion verheimlichen und nur für sich und seinen Partner behalten habe wollen. Im Gegensatz dazu führte er jedoch zuvor an, seit zwei Jahren seine eigene Homosexualität akzeptiert zu haben und „Orte für Homosexuelle“, wie etwa verschiedene Bars, aufzusuchen.
Diese Ungereimtheiten vermögen jedoch nichts daran zu ändern, dass seinem Vorbringen zumindest im Kern Glaubhaftigkeit zukommt, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass XXXX im Rahmen seiner Erstbefragung betreffend den von ihm am XXXX gestellten Antrag auf internationalen Schutz bestätigte, mit dem BF eine Beziehung zu führen (vgl. dazu Akt XXXX , Niederschrift der Erstbefragung vom XXXX , AS 31) .
Hinzu kommt, dass es die belangte Behörde für erforderlich hielt, den BF im Asylverfahren von XXXX als Zeuge einzuvernehmen, was dafürspricht, dass die Behörde – entgegen ihrer Ausführungen im angefochtenen Bescheid – den Angaben zur Beziehung zwischen ihnen zumindest einen glaubhaften Kern zubilligte, wenngleich sie das Fluchtvorbringen in einer Gesamtschau als nicht glaubhaft erachtete.
Insoweit die Behörde implizit annimmt, der BF habe im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz von XXXX in seiner Einvernahme als Zeuge am XXXX absichtlich keine Antworten gegeben, ist zunächst festzuhalten, dass dieser Umstand die Behörde nicht davon entbindet, sich mit dem Parteivorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren auseinanderzusetzen. Mit Schreiben vom XXXX brachte der BF überdies vor, es sei ihm unangenehm gewesen, gegenüber dem in der Einvernahme anwesenden Dolmetscher Angaben zu seiner Homosexualität zu erstatten, da dieser Funktionär oder Vorstandsmitglied bei der Österreich-Bangladesch Gesellschaft gewesen sei und auch im österreichischen Zweig der Awami-League vertreten sei. Die Behörde ist auf dieses Vorbringen jedoch nicht eingegangen und hat sich mit der Frage der Unvoreingenommenheit des Dolmetschers nicht auseinandergesetzt.
Die Argumentation des Bundesamtes, wonach von der Einvernahme des Bruders und der Schwägerin des BF Abstand genommen werden hätte können, da sie keine Aussage zur Beziehung zwischen dem BF und seinem Partner treffen könnten, ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, führte der BF doch unter anderem an, dass sein Bruder am XXXX zufällig Nacktfotos von ihm und seinen Partner gefunden und so von seiner Homosexualität erfahren habe; seine Schwägerin sei bei dem Vorfall anwesend gewesen und habe sich in weiterer Folge gegenüber der Familie des BF im Herkunftsstaat „verplappert“, was dazu geführt habe, dass der BF von seiner Familie verstoßen worden sei.
Entgegen der Argumentation der Behörde kann ebenso wenig bereits im Vorhinein ausgeschlossen werden, dass Mitbewohner des BF einen Beitrag zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts beitragen und (zumindest) eine Aussage darüber treffen können, ob und gegebenenfalls wie lange der BF und XXXX in einem gemeinsamen Haushalt leben bzw. gelebt haben.
Wenn das Bundesamt ausführt, dass XXXX gegenüber Beamten des XXXX am XXXX angeführt habe, der BF würde nicht an seiner Adresse leben und er würde seine Telefonnummer nicht kennen, ist ergänzend festzuhalten, dass der Bericht des XXXX im Akt nicht aufliegt.
In einer Gesamtschau sind sohin die Erwägungen der Behörde – auf Grundlage des von ihr geführten Ermittlungsverfahrens –nicht ausreichend tragfähig für den Standpunkt, dass dem Vorbringen des BF zu seiner sexuellen Orientierung sowie der damit verbundenen Furcht vor Verfolgung nicht einmal ein glaubhafter Kern zukommt.
Vor diesem Hintergrund konnte eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des BF zur Verfolgung durch die Partei Awami League unterbleiben (vgl. diesbezüglich auch die näheren Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung).
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat, welche dem BF bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgehalten und dem nunmehr angefochtenen Bescheid als Sachverhalt zugrunde gelegt wurden, stützen sich auf das Länderinformationsblatt Bangladesch, Version 4. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Der BF ist den Länderberichten im Übrigen weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde hinreichend konkret entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zur Beschwerde gegen die Zurückweisung des Folgeantrags
3.1. Zu den Rechtsgrundlagen
3.1.1. In seinem Erkenntnis vom 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, führte der Verfassungsgerichtshof zu seiner bisherigen Rechtsprechung betreffend Folgeanträge auf internationalen Schutz zusammengefasst Folgendes aus:
„Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Eine dem vergleichbare Norm ist im VwGVG nicht enthalten und auch vom Verweis des § 17 VwGVG nicht erfasst, weil danach die Anwendung der Bestimmungen (u.a.) des IV. Teiles des AVG - somit auch der darin enthaltene § 68 - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG ausgeschlossen ist.
Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum VwGVG bereits festgehalten, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden darf. Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind. Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs. 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt. Auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts wird mit ihrer Erlassung rechtskräftig, wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist - auch im Verfahren der Verwaltungsgerichte - die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung der getroffenen Entscheidung (vgl. zum Ganzen VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist (auch vom Verwaltungsgericht) von der rechtskräftigen Vorentscheidung - dies kann auch eine solche einer Verwaltungsbehörde sein - auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt.
Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt. Auf dem Boden der Rechtsprechung hat auch das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. auch dazu VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN).
Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt.“
3.1.2. Artikel 40 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes lautet auszugsweise:
„Folgeanträge
(1) Wenn eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat gestellt hat, in demselben Mitgliedstaat weitere Angaben vorbringt oder einen Folgeantrag stellt, prüft dieser Mitgliedstaat diese weiteren Angaben oder die Elemente des Folgeantrags im Rahmen der Prüfung des früheren Antrags oder der Prüfung der Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, insoweit die zuständigen Behörden in diesem Rahmen alle Elemente, die den weiteren Angaben oder dem Folgeantrag zugrunde liegen, berücksichtigen können.
(2) Für die Zwecke der gemäß Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe d zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz wird ein Folgeantrag auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind.
(3) Wenn die erste Prüfung nach Absatz 2 ergibt, dass neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, wird der Antrag gemäß Kapitel II weiter geprüft. Die Mitgliedstaaten können auch andere Gründe festlegen, aus denen der Folgeantrag weiter zu prüfen ist.
(4) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Antrag nur dann weiter geprüft wird, wenn der Antragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, die in den Absätzen 2 und 3 dargelegten Sachverhalte im früheren Verfahren insbesondere durch Wahrnehmung seines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 vorzubringen. […]“
3.1.3. Aus dem Urteil des EuGH vom 10.06.2021 in der Rechtssache C-921/19, LH gegen Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid, ergibt sich in Bezug auf die Prüfung von (Folge-) Anträgen auf internationalen Schutz Folgendes:
„Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32 sieht […] eine Bearbeitung der Folgeanträge in zwei Etappen vor. In der ersten wird zunächst die Zulässigkeit dieser Anträge geprüft, während in der zweiten dann die Anträge in der Sache geprüft werden.
Die erste Etappe erfolgt ebenfalls in zwei Schritten, wobei jeweils die unterschiedlichen, von diesen Bestimmungen festgelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen geprüft werden.
So bestimmt Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32 in einem ersten Schritt, dass für die Zwecke der gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. d dieser Richtlinie zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz ein Folgeantrag zunächst daraufhin geprüft wird, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95 als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind.
Nur wenn im Vergleich zum ersten Antrag auf internationalen Schutz tatsächlich solche neuen Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, wird gemäß Art. 40 Abs. 3 dieser Richtlinie die Prüfung der Zulässigkeit des Folgeantrags fortgesetzt, um zu prüfen, ob diese neuen Elemente oder Erkenntnisse erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist.
Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen folglich zwar beide erfüllt sein, damit der Folgeantrag gemäß Art. 40 Abs. 3 dieser Richtlinie weiter geprüft wird, sie unterscheiden sich jedoch und dürfen nicht miteinander vermengt werden.“
Ferner hat der EuGH in seinem Urteil vom 09.09.2021, C-18/20, wie folgt erwogen:
„1. Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist dahin auszulegen, dass die Wendung ‚neue Elemente oder Erkenntnisse‘, die ‚zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind‘, im Sinne dieser Bestimmung sowohl Elemente oder Erkenntnisse, die nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den früheren Antrag auf internationalen Schutz eingetreten sind, als auch Elemente oder Erkenntnisse umfasst, die bereits vor Abschluss dieses Verfahrens existierten, aber vom Antragsteller nicht geltend gemacht wurden.
2. Art. 40 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32 ist dahin auszulegen, dass die Prüfung eines Folgeantrags auf internationalen Schutz in der Sache im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens über den ersten Antrag vorgenommen werden kann, sofern die auf diese Wiederaufnahme anwendbaren Vorschriften mit Kapitel II der Richtlinie 2013/32 im Einklang stehen und für die Stellung dieses Antrags keine Ausschlussfristen gelten.
3. Art. 40 Abs. 4 der Richtlinie 2013/32 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat, der keine Sondernormen zur Umsetzung dieser Bestimmung erlassen hat, nicht gestattet, in Anwendung der allgemeinen Vorschriften über das nationale Verwaltungsverfahren die Prüfung eines Folgeantrags in der Sache abzulehnen, wenn die neuen Elemente oder Erkenntnisse, auf die dieser Antrag gestützt wird, zur Zeit des Verfahrens über den früheren Antrag existierten und in diesem Verfahren durch Verschulden des Antragstellers nicht vorgebracht wurden.“
3.1.4. Vor dem Hintergrund des zuletzt zitierten Urteils des EuGH kommt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, zu dem Ergebnis, dass es – entgegen der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung - aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben nicht zulässig ist, einen Fremden, der die Gewährung von internationalem Schutz anstrebt und dafür in einem Folgeantrag im Sinn des Art. 40 Verfahrensrichtlinie „neue Elemente oder Erkenntnisse“, die „erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen“, dass er „nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist“, vorbringt oder wenn solche zutage treten, allein deshalb, weil er Gründe, die bereits vor Abschluss des ersten Verfahrens existent waren, erst im Folgeantrag geltend macht, auf die Wiederaufnahme eines früheren Asylverfahrens nach § 69 AVG oder § 32 VwGVG zu verweisen.
Das bringt es aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs mit sich, dass ein solcherart begründeter Antrag auf internationalen Schutz nicht allein deswegen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden darf, weil der nunmehr vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraft einer früheren Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erfasst sei, ohne dass die Prüfung im Sinn des Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 Verfahrensrichtlinie vorgenommen worden wäre, ob „neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist.
Kommt bei dieser Prüfung hervor, dass - allenfalls entgegen den Behauptungen eines Antragstellers - solche neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht vorliegen oder vom Antragsteller gar nicht vorgebracht worden sind, so ist eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache weiterhin - in einem Verfahren, in dem auch die Vorgaben des Kapitels II der Verfahrensrichtlinie zu beachten sind - statthaft. Das gilt auch dann, wenn zwar neue Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, die Änderungen aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Frage der Zuerkennung eines Schutzstatus führen können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat nämlich in diesen Konstellationen keine Änderung erfahren.
Liegen keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vor oder sind die neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht geeignet, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem Antragsteller ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, verlangt auch Art. 40 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie keine weitere Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Nach Art. 33 Abs. 2 lit. d iVm Art. 40 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist es in solchen Fällen erlaubt, einen Folgeantrag als unzulässig zu betrachten (vgl. zu alledem VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006).
3.2. Prüfung im gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall ist als Vergleichsentscheidung das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , heranzuziehen, welches am XXXX in Rechtskraft erwachsen ist.
3.2.1. Der BF führte zur Begründung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz an, er sei im Herkunftsstaat als Angehöriger der BNP von der regierenden Partei, der Awami League, verfolgt worden.
Im gegenständlichen Verfahren über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz brachte er erstmals vor, homosexuell zu sein und aus diesem Grund im Herkunftsstaat Verfolgung zu fürchten.
Es steht daher unzweifelhaft fest, dass er „neue Elemente“ im Sinne des Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32 dargetan hat.
3.2.2. In einem zweiten Schritt ist nunmehr zu prüfen, ob sein neues Vorbringen geeignet ist, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem BF ein Schutzstatus zuzuerkennen ist.
Aus den Feststellungen zur allgemeinen Situation in Bangladesch ergibt sich, dass homosexuelle Handlungen in Bangladesch illegal sind und wegen "Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung" nach § 377 des "Bangladesh Penal Code, 1860" (BPC) mit lebenslangem Freiheitsentzug, mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden können. Ein strafrechtliches Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen wird selten durchgesetzt, aber gesellschaftliche Diskriminierung bleibt die Norm, und jedes Jahr werden Dutzende von Angriffen auf LGBTI Personen gemeldet. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen.
Vor dem Hintergrund dieser Berichtslage ist festzuhalten, dass das Vorbringen des BF zu seiner Homosexualität geeignet ist, im Hinblick auf die Zuerkennung von internationalem Schutz zu einem anderen Ergebnis als in seinem Erstverfahren zu führen.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, kommt überdies dem diesbezüglichen Vorbringen des BF – auf Grundlage des von der Behörde geführten Ermittlungsverfahrens –zumindest ein glaubhafter Kern zu.
Die vom BF neu vorgebrachten Elemente tragen sohin erheblich zu der Wahrscheinlichkeit bei, dass ihm ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, wenngleich damit im Übrigen nicht gesagt ist, dass dem BF jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre. Es kann jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass ein inhaltlich anderslautender Bescheid zumindest möglich ist.
3.2.3. Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids, mit welchem der Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, ersatzlos zu beheben. Das Verfahren ist daher zugelassen (vgl. § 21 Abs. 3 BFA-VG).
Hat die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, so ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Eine erstmalige (inhaltliche) Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag hätte demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfah