Entscheidungsdatum
30.12.2021Norm
AVG §17Spruch
W170 2247794-1/21E
W170 2248193-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten vom 09.09.2021, Zl. 2021-0.621.911, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG und 112 Abs. 1 Z 3 BDG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat: „ XXXX wird gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 vorläufig suspendiert.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 6, vom 08.10.2021, Zl. 2021-0.633.917, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht (weitere Partei: Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten XXXX ):
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG und 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat: „Die Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarsenat 6, hat am 06.10.2021 durch Mag.a Susanne Haunold-Thiel als Senatsvorsitzende sowie Dr. Helmut Tichy und Mag. Karl-August Lux als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, XXXX , geb. XXXX , gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH in den verbundenen Verfahren über die Beschwerden von XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, gegen (1.) den Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten vom 09.09.2021, Zl. 2021-0.621.911, und (2.) den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 6, vom 08.10.2021, Zl. 2021-0.633.917, (weitere Partei im 2. Verfahren: Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten XXXX ) beschlossen:
1. Die Anträge des XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, vom 30.11.2021 und vom 14.12.2021 auf Beischaffung aller relevanten Aktenteile zur Gewährleistung der gesetzmäßigen Akteneinsicht (§ 17 AVG) des XXXX werden gemäß §§ 17 AVG, 17 VwGVG abgewiesen.
2. Der Beweisantrag des XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, vom 15.12.2021, XXXX zum Beweisthema einzuvernehmen, dass die Konsequenz ihres Gutachtens sei, dass hinsichtlich des XXXX der Verdacht, er könnte jenes Dokument, das XXXX gefilmt oder fotografiert habe, diesen gezeigt oder gegeben haben, wegfalle, da XXXX zu einem solchen Dokument nicht einmal theoretisch einen Zugang hatte, wird abgewiesen.
3. Der Beweisantrag des XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, vom 15.12.2021 auf Einvernahme von XXXX und XXXX zum Beweis, dass XXXX wenn überhaupt nur eine Kopie des OPCW-Dokuments übergeben worden sein konnte, wird abgewiesen.
4. Der Antrag des XXXX , vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, vom 21.12.2021 auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des XXXX (in Folge: Beschwerdeführer):
Der Beschwerdeführer ist Beamter im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, er war von Juni 2018 bis Anfang Jänner 2020 XXXX des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten und bis zur vorläufigen Suspendierung am 10.09.2021 der österreichische XXXX in XXXX .
1.2. Zum behördlichen Verfahren über die vorläufige Suspendierung durch die Dienstbehörde:
Am 06.09.2021 hat der Beschwerdeführer dem Generalsekretär des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten mitgeteilt, dass das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien sein dienstliches Mobiltelefon und seinen dienstlichen Laptop zum Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien zur XXXX (indem der Beschwerdeführer als Beschuldigter geführt wird) am 05.09.2021 sichergestellt habe und hat diesem Kopien der Anordnung der Sicherstellung vom 27.07.2021, des Sicherstellungsprotokolls vom 05.09.2021 und der Rechtsbelehrung vom 05.09.2021 ausgefolgt hat; am 06.09.2021 hat somit die Dienstbehörde erstmals von den Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer erfahren.
Am 08.09.2021 erfolgte eine Vorsprache des Beschwerdeführers im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, in der er einen Schriftsatz der B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH übergab; dieser Schriftsatz war mit der Überschrift „ XXXX – Rechtsberatung “ überschrieben. Unter Rz 1. wurde ausgeführt: „Wir vertreten Herrn XXXX im Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien zu XXXX rechtsfreundlich. Vor dem Hintergrund allfälliger Erwägung betreffend die Setzung dienstrechtlicher Maßnahmen, übermitteln wir Ihnen nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Verdachtsmomente gegen Herrn XXXX in obig bezeichnetem Verfahren.“ Die Ausführungen ab Rz 2. sind inhaltlicher Natur, es werden keine Anträge gestellt oder weitere Ausführungen zur Vertretung im dienstrechtlichen Verfahren gemacht.
Ergänzend hiezu wurde von der B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH ein Schriftsatz vom 09.09.2021 beim Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten eingebracht, der mit der Überschrift „ XXXX – Rechtsberatung“ überschrieben ist und in dem keine Ausführungen zur Vertretung im dienstrechtlichen Verfahren erfolgen.
Am 10.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer der verfahrensgegenständliche Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die vorläufige Suspendierung vom 09.09.2021, Gz. 2021-0.621.911, persönlich ausgefolgt, am 07.10.2021 langte die Beschwerde der B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH im Namen des Beschwerdeführers bei der Behörde ein, in der sich die B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH auf die erteilte Vollmacht berief.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten vom 29.10.2021, 2021-0.702.132, am 29.10.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt vorgelegt.
1.3. Zum behördlichen Verfahren hinsichtlich der Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde:
Nachdem der Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die vorläufige Suspendierung vom 09.09.2021, Gz. 2021-0.621.911, am 10.09.2021 an die Bundesdisziplinarbehörde übermittelt worden war, und diese der B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH für den Beschwerdeführer Parteiengehör gewährte sowie diese Möglichkeit wahrgenommen wurde, wurde von der Bundesdisziplinarbehörde die Suspendierung des Beschwerdeführers durch Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 08.10.2021, Gz. 2021-0.633.917, Senat 6, ausgesprochen.
Der Spruch des Bescheides lautete: „Die Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarsenat 6, hat am 6. Oktober 2021 durch Ministerialrätin Mag.a Susanne Haunold-Thiel als Senatsvorsitzende sowie Botschafter Dr. Helmut Tichy und Ministerialrat Mag. Karl-August Lux als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, XXXX XXXX , wegen des Verdachts, er habe als XXXX des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, sohin als Beamter, ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertraute oder zugänglich gewordenen Geheimnisse XXXX offenbart, wobei deren Offenbarung geeignet ist, öffentliche oder berechtigte private Interessen zu verletzen, und zwar 1. am XXXX 2018, indem er XXXX unter anderem mitteilte, dass XXXX aus politischen Gründen in der Türkei verhaftet wurde, die österreichische Botschaft darüber bereits informiert sei, als Haftgrund die Mitgliedschaft bei einer terroristischen Organisation namens XXXX herangezogen wurde, die österreichische Botschaft diesbezüglich bereits in direktem Kontakt zur Mutter des XXXX sowie seiner Mitbewohnerin in der Türkei stehe, XXXX seiner Mitbewohnerin zufolge für namentlich angeführte türkische Publikationen schreibe, sein Aufenthaltstitel als Student am XXXX 2018 auslaufe und er derzeit Student der XXXX sei, 2. am 5. Oktober 2018, indem er XXXX ein als geheim klassifiziertes Dokument der Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) betreffend den Giftgasanschlag auf XXXX am XXXX 2019 (richtig: XXXX 2018) in XXXX vorzeigte und filmen ließ, und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 46 Abs. 1 BDG 1979 und § 43 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 91 BDG 1979 begangen, gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren. Gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 endet die vorläufige Suspendierung spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde. Gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 hat jede Suspendierung, auch eine vorläufige, die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge.“
Der Bescheid, der eine elektronische Signatur enthielt, wurde der B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH als Vertreterin des Beschwerdeführers am 08.10.2021 durch E-Mail, von einem Mitarbeiter am 08.10.2021 oder am 09.10.2021 im Postfach geöffnet, und am 14.10.2021 postalisch zugestellt.
Mit 05.11.2021 zur Post gegeben Schriftsatz wurde durch die B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH als Vertreter des Beschwerdeführers das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
Diese sowie der Verwaltungsakt wurden mit Schreiben der Bundesdisziplinarbehörde vom 12.11.2021, Gz. 2020-0.633.917, Senat 6, dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, wo diese am 12.11.2021 eingelangt ist.
1.4. Zur Person des XXXX (in Folge: O.) und zum Verhältnis zwischen diesem und dem Beschwerdeführer:
O. ist ein (derzeit suspendiertes) Exekutivorgan; er war bis 2005 langjähriger Mitarbeiter der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus und Extremismus (dem Vorgänger des nunmehr ehemaligen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, in Folge: BVT), von 2005 bis 2012 polizeilicher Verbindungsbeamter in Italien und der Türkei, von 2012 bis Mitte 2018 Mitarbeiter des BVT, Abteilung II, vom 22.11.2017 bis 18.06.2018 suspendiert (wobei diese Suspendierung durch das Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig aufgehoben wurde) und von Mitte des Jahres 2018 bis Jänner 2021 – bis zu seiner neuerlichen vorläufigen und später dauernden Suspendierung – der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zugewiesen.
Der Beschwerdeführer hat glaubhaft gemacht, dass er O. über die Frau des Beschwerdeführers kennengelernt habe, die zwei Jahre lang in der gleichen Abteilung im BVT gearbeitet habe. Er habe O. mit seiner Frau zufällig in einem Lokal getroffen und dort mit ihm gesprochen. Zwar haben der Beschwerdeführer unter den Synonym „ XXXX “ und O. unter dem Synonym „ XXXX “ an der App Signal teilgenommen und haben diese jedenfalls im Zeitraum vom 11.09.2018 bis zum 24.03.2020 hunderte Nachrichten ausgetauscht haben, von denen einige nur aus einem (Antwort)-Wort bestanden, andere aber, auch über Attachements, umfangreiche Dokumente, unter anderem zu jeweils akturellen innen- und außenpolitischen Themen, weitergaben, aber hat der Beschwerdeführer behauptet, sich mit O. – vom Kennenlernen abgesehen – nie persönlich privat getroffen zu haben. Den vorliegenden Akten sind keine Hinweise auf private persönliche Treffen zu entnehmen, insbesondere keine im Chatverlauf auffindbare Terminabsprachen.
Der Beschwerdeführer hat angegeben, dass er O. als Mitarbeiter des BVT kennengelernt hat und bis zu der den Beschwerdeführer betreffenden Sicherstellung elektronischer Gegenstände am 05.09.2021 nicht gewusst habe, dass O. nicht mehr im BVT tätig sei, auch wenn er von dessen Festnahme im Jahr 2021 aus den Medien erfahren habe. Im Akt finden sich keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer gewusst habe, dass O. von 22.11.2017 bis 18.06.2018 suspendiert und ab September 2018 nicht mehr Mitarbeiter im BVT war bzw. ist.
1.5. Zu dem den Akten zu entnehmendem Sachverhalt sowie den entsprechenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung:
1.5.1. Zur Causa „ XXXX “:
Zur hier relevanten SIGNAL-Kommunikation zwischen dem Beschwerdeführer und O.:
Am XXXX .2018,
? um 18:14:43 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Hallo. Ich bräuchte deine rasche Hilfe. wie es aussieht, haben wir einen aus politischen Gründen verhafteten Österreicher in der Türkei, anscheinen schrieb er für eine kommunistische Publikation. Die wichtigsten Fakten soweit: - ÖB ist bereits über die Verhaftung Hrn. XXXX ‘ seitens der tr. Behörden informiert worden. - Haftgrund: Mitglied einer Terroristischen Organisation ‚ XXXX - Die ÖB steht bereits in direktem Kontakt mit Hrn. XXXX ‘ Mutter und seiner ho. Mitbewohnerin. - Lt. Mitbewohnerin schreibt Hr. XXXX gelegentlich für div. Publikationen (Link: […]). - Dzt. Aufenthaltstitel (Student) läuft mit 30.9.2018 ab. - Dztg. Student an der XXXX .“;
? um 18:15:48 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Kannst du mir vertraulich herausfinden, was mit diesem XXXX los ist. Womöglich ist er ja ein Agitator“;
? um 18:19:52 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Liebe Grüße! XXXX “;
? um 19:35:17 Uhr, schrieb O.: „Hat am 05.09.2018 bei XXXX einen Eintrag geschrieben dass er dank einem Mitarbeiter ( XXXX ) von XXXX seine erste Immobilie in der Türkei gekauft hat.“;
? um 19:37:18 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Aha. Und das Geld dafür?“;
? um 19:37:42 Uhr, übermittelte O. einen Link zu einem Artikel über ein Interview mit XXXX vom 16.10.2015 (Titel: „ XXXX “);
? um 19:42:21 Uhr, schrieb O.: „Ich denke die Aussagen von ihm im Interview lassen genug Interpretationsspielraum offen. Er hat hier klar TE Organisationen unterstützt und aufgerufen.“;
? um 19:43:29 Uhr, schrieb O.: „TUR hat nur gewartet bis genug beisammen war und im richtigen Zeitpunkt losgeschlagen“.;
? um 19:43:46 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Ok. Also Tarnwohnung über XXXX ?“;
? um 19:51:06 Uhr, schrieb O.: „Er lebt schon länger in der Türkei, spricht auch sehr gut Türkisch. Dürfte dort auch studiert haben. Ist bei den linksgerichteten Medien journalistisch tätig. Schreibt hier für Europa. Immer für kommunistische Medien.“;
? um 19:52:28 Uhr, schrieb O.: „Dürfte mehr den Part des Berichterstatters innehaben. Teilnahme an Kampfhandlungen können noch nicht bestätigt werden. War aber sicher auch dort und hat berichtet.“;
? um 19:53:01 Uhr, schrieb O.: „Wohnung ist in XXXX , Bezirk nächst Parlament und Botschaft“;
? um 19:53:35 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Danke!!!“;
? um 20:17:52 Uhr, schrieb O.: „Sobald ich mehr bekomme, berichte ich dir Lg“;
? um 20:38:57 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Danke! Du hilfst mir sehr damit!“.
Am XXXX .2018,
? um 11:38:23 Uhr, schrieb O.: „Verhaftung gestern 05:30 im Bezirk XXXX in Ankara. Seit gestern 07:30 in Haftanstalt XXXX /ANKARA.“;
? um 11:39:16 Uhr, schrieb O.: „Viele Beweise wegen TE Propaganda und Unterstützung. Bereits länger andauernde Ermittlungen.“;
? um 11:39:51 Uhr, schrieb O.: „Beweisstrang 1: Veröffentliche Schriften von ihm gegen die Türkei.“;
? um 11:40:51 Uhr, schrieb O.: „Beweisstrang 2: Technische Operation gegen ihn in Form von TÜ und Abhören mit Wanzen und VE.“;
? um 11:41:46 Uhr, schrieb O.: „Beweisstrang 3: Observationen mit Fotos und Video.“;
? um 11:42:45 Uhr, schrieb O.: „Alles eindeutig und leicht beweisbar. Schwer belastet. Auf ihn haben sie schon länger ermittelt. Auch das MIT (Geheimdienst)“.
Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten hat sich zur Festnahme des XXXX am XXXX .2018 noch nicht bestätigend geäußert, sondern lediglich die Festnahme eines Österreichers in der Türkei bestätigt.
Bereits am XXXX .2018, ab etwa 16:30 Uhr wurde in diversen internationalen Medien über die Festnahme des namentlich erwähnten XXXX berichtet, im Rahmen dieser Berichte wurde seine Tätigkeit als Journalist, auch für ein „far-left“ Magazin, sowie, dass XXXX Artikel über die PKK publiziert habe und dass dieser unter Terror-Verdacht festgenommen worden sei, berichtet. Das re:volt Magazin hat die Festnahme bereits am XXXX 2018, 13:20 Uhr auf Twitter bekanntgemacht. Am XXXX .2018, knapp nach 18:00 Uhr, war bekannt, was und wo XXXX studiert hat und dass er über den Kampf der PKK und den Kampf um Kobane berichtet habe.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass es seiner Berufserfahrung nach in Asien nicht unüblich ist, Personen, deren Aufenthaltstitel abgelaufen ist automatisch in Haft zu nehmen, die dann in „fürchterlichen Gefängnissen“ abgesessen werden muss, ist nachvollziehbar und blieb bis dato unwidersprochen.
Der Beschwerdeführer hat angegeben, O. direkt kontaktiert zu haben, da dieser gewusst habe, dass O. Verbindungsbeamter in Ankara gewesen sei und es daher sinnvoll erschienen sei, diesen zu befassen, weil davon auszugehen gewesen sei, dass dieser entsprechende Kontakte habe.
1.5.2. Zur Causa „Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (in Folge: OPCW)-Dokument“:
Der Beschwerdeführer hat am 03.10.2018 in seiner Funktion als XXXX des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten ein als geheim klassifiziertes Dokument der OPCW betreffend den Giftgasanschlag auf XXXX angefordert, er hat dieses Dokument auch erhalten, auch wenn derzeit nicht feststellbar ist, wann er dieses genau erhalten hat.
Hinsichtlich des Dokuments war die Einsichtsmöglichkeiten nach einem strengen „need to know“-Prinzip geregelt, das Dokument durfte nur in einem verschlossenen Kuvert weitergegeben werden und musste der Empfang jeweils am Kuvert dokumentiert werden. Diese Dokumentation ist derzeit nicht aufzufinden.
Von diesem Dokument, das vor dem 03.10.2018 – wann genau ist nicht feststellbar – von der OPCW an das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten übermittelt und dort jedenfalls zwei Mal kopiert wurde, gab es am 03. bzw. 05.10.2018 jedenfalls ein zu diesem Zeitpunkt im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort befindliches Original sowie jeweils eine Kopie des Dokuments, die sich im Bundesministerium für Landesverteidigung sowie im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten befanden.
Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass er das Dokument in seiner Funktion als XXXX zur Vorbereitung von zwei Staatsbesuchen in Russland sowie zur Vorbereitung von zwischen dem 11.10.2018 und dem 19.10.2018 stattfindenden Sitzungen des Rates für Außenpolitik, einer Besprechung mit der damaligen Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten sowie einer Sitzung des „außenpolitischen Ausschusses“ im Parlament angefordert habe; der Rat für Integration und Außenpolitik am 11.10.2018 hat sich mit der Doppel-Staatsbürgerschaft für Südtiroler beschäftigt, im außenpolitischen Ausschuss dürfen keine geheimen Dokumente diskutiert werden. Das Thema der Besprechung mit der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten im Oktober 2018 ist aktenmäßig nicht nachvollziehbar, der Beschwerdeführer äußert sich zu dieser Besprechung nicht.
Am 05.10.2018 wurde eine Kopie des gegenständlichen Berichts der OPCW mit dem Handy des O. im Bereich Augarten, Obere Augartenstraße in Wien gefilmt bzw. fotografiert, diese Aufnahmen wurden bei einer strafrechtlichen Ermittlung noch am Handy des O. sichergestellt.
Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen einer kriminaltechnischen Untersuchung diverser Schriftstücke vom 15.07.2021, 3759830-II/BK/6.2.U28, festgestellt, dass der Film bzw. das Foto des gegenständlichen Berichts der OPCW eine weitere Kopie des Originals, die im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten nach der Übermittlung des Dokuments durch die OPCW hergestellt worden sei, stamme und nicht von der am 03.05.2018 im Bundesministerium für Landesverteidigung oder im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten befindlichen Kopie.
Im Akt finden sich keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer Zugang zum Original, als dieses im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten einlangte bis zur Weiterleitung an das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hatte oder man ihm diese dritte Kopie, die im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten hergestellt und von O. gefilmt bzw. fotografiert wurde, überlassen hat.
O. hat in einer eidestättigen Erklärung angegeben, dass Dokument nicht vom Beschwerdeführer erhalten zu haben.
1.5.3. Zur Causa „Waffenpass“:
Zur hier relevanten SIGNAL-Kommunikation zwischen dem Beschwerdeführer und O.:
Am 20.12.2018,
? um 12:14:44 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „ich habe heute meinen Antrag auf Waffenpass im PK-Margareten (Viktor-Christ-Gasse 19) unter
XXXX mit allen erforderlichen Unterlagen inkl. aktueller BMEIA Sicherheitsüberprüfung abgegeben. Begründung: meine öffentlich exponierte Rolle. Danke für Deine Unterstützung. Liebe Grüße von und Frohe Weihnachten! XXXX “;
? um 12:14:55 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Wenn Du so nett sein könntest und XXXX mündlich informierst. Danke“
Am 21.12.2018
? um 09:57:18 Uhr, schrieb O.: „Habe XXXX informiert. Er geht gleich zum zuständigen Abteilungsleiter des Administrationsbüros Hofrat XXXX und interveniert. (LPD-Wien-SVA4) XXXX “;
? um 09:59:59 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „VIELEN DANK“.
Am 20.02.2019,
? um 20:07:13 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Kannst du bitte bei Gelegenheit nochmals nachfragen wegen meinem Waffenpass. Habe noch keine Antwort. PK-Margareten (Viktor-Christ-Gasse 19) unter XXXX Danke für Deine Unterstützung. Liebe Grüße XXXX “;
? um 20:39:49 Uhr, schrieb O.: „Mach ich Lg“
Am 22.02.2019,
? um 10:18:13 Uhr, schrieb O.: „ XXXX wird dich anrufen. Er hat Akt am Tisch, braucht aber irgendein Schlupfloch“ und
? um 10:18:43 Uhr schrieb O.: „ XXXX “
XXXX (in Folge: Z.) war jedenfalls von 20.12.2018 bis 12.03.2019 der XXXX des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der Landespolizeidirektion Wien
Am 12.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Waffenpass mit der Nr. P0019059, ausgestellt, der bis dato weder ihm entzogen noch von ihm zurückgegeben wurde.
Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich insoweit, als er nach einem wohlorganisierten Wohnungseinbruch und nach Drohungen wegen einer öffentlich gewordenen Zeugenaussage seiner Frau bei der Staatsanwaltschaft einen Grund für die Ausstellung des Waffenpasses sehe, er habe keine Sonderbehandlung gewollt, sondern sich nur an O. gewandt, weil dieser ihm früher gesagt habe, dass er sich mit den Verfahren auskenne. Nach Wissen des Beschwerdeführers sei Z. für eine Zusatzbeurteilung zuständig gewesen und habe der Beschwerdeführer die Antwort des O. hinsichtlich des Schlupflochs „nicht so wahrgenommen“, er habe keine Sonderbehandlung gewünscht und angenommen, dass wenn man mit einem österreichischen Beamten kommuniziere, alles ordnungsgemäß ablaufe. Der Beschwerdeführer kenne Z. nicht persönlich, er wisse nicht mehr, ob er wegen dieser Sache mit Z. telefoniert habe.
1.5.4. Zur Causa „Anonymer Anruf“:
Zur hier relevanten SIGNAL-Kommunikation zwischen dem Beschwerdeführer und O.:
Am 28.05.2019,
? um 12:46:42 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Hatte gerade „Anonym Anruf“ auf meiner Nummer XXXX Bitte um Nachfrage beim Provider, wer das war. Danke! XXXX “;
? um 14:27:13 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Es war das BMI, II/13 alles ok“;
? um 14:45:11 Uhr, schrieb O.: „Ich hebe bei unbekannt nicht mehr ab, schon lange“ und
? um 14:49:18 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Werde ich ab nun auch so machen.“.
Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich insoweit, als er nach einem wohlorganisierten Wohnungseinbruch und nach Drohungen wegen einer öffentlich gewordenen Zeugenaussage seiner Frau bei der Staatsanwaltschaft durch den anonymen Anruf beunruhigt gewesen sei, er habe von O., der für den Beschwerdeführer eine vertrauenswürdige Person gewesen sei, wissen wollen, ob man den Anrufer feststellen könne; der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt vermutlich unterwegs gewesen und habe nicht selbst aktiv werden können. Zurück im Büro habe man ihm mitgeteilt, dass Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres ihn suchen würden, da er in seiner Funktion als XXXX Mitglied des Krisenstabes sei. Beim Rückruf habe der Beschwerdeführer festgestellt, dass auch der anonyme Anruf von einem Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres gekommen sei und daher O. Bescheid gesagt. Der Beschwerdeführer betonte, nichts Illegales gewollt zu haben, er sei kein Jurist und durch die dauernde Verwendung im Ausland auch hinsichtlich der Provider nicht auf dem neuesten Stand gewesen.
1.5.5. Zur Causa „vermutete Überwachung der Handy-Nr XXXX “:
Zur hier relevanten SIGNAL-Kommunikation zwischen dem Beschwerdeführer und O.:
Am 27.02.2020,
? um 11:00:02 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Kannst Du checken, ob die Nr. XXXX überwacht wird“;
? um 11:02:02 Uhr, schrieb O.: „Leider nein“;
? um 11:02:16 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Trotzdem danke“;
? um 11:03:24 Uhr, schrieb O.: „Gespräche nur über SIGNAL führen“;
? um 12:54:12 Uhr, schrieb O.: „Warum glaubt er?“;
? um 12:54:29 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Er vermutet nur“;
? um 12:56:09 Uhr, schrieb O.: „Soll in Einkaufszentren gehen. Rolltreppe rauf und runter. U-Bahn fahren lassen, nächste nehmen. Einsteigen und kurz vorher wurde aussteigen.“;
? um 12:56:37 Uhr, schrieb O.: „TÜ alleine wird nie gemacht. Wenn dann auch immer Observation“ und
? um 12:57:08 Uhr, schrieb der Beschwerdeführer: „Ok. Werde es weitergeben. Danke“
Die Rufnummer XXXX gehört XXXX (in Folge: R.), einem Schulkollegen der Frau des Beschwerdeführers. Dieser hat den Beschwerdeführer gefragt, ob es möglich wäre, festzustellen, ob eine Telefonüberwachung durchgeführt werde. Der Beschwerdeführer hat das nicht gewusst und sich bei O. erkundigt und dann die Antwort weitergegeben.
Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich insoweit, als dies auch sein Vorgehen in beruflichen Angelegenheiten wäre. Wenn er eine Anfrage erhalte, die er nicht beantworten könne, frage er nach und gäbe die Antwort, soweit das gesetzmäßig sei, an den Anfrager weiter. Der Beschwerdeführer sei nicht davon ausgegangen, dass O. als Polizist im BVT „keinen Gesetzesbruch machen würde“.
1.5.6. Zur Causa „Sicherheitsabteilung“:
Am von den Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Handy des O. fand sich eine (undatierte) Chat-Nachricht (im Wortlaut wiedergegeben): „Ich soll XXXX ein neue Sicherheits-Abteilung aus Sicherheit, KUT (Krisenunterstutzungsteam), Geiselfällen, Botschaftssicherheit, operative Krisenmanagement, Analyse, Verbindungsbeamtenwesen und sichere Telefonie mit Dokumentensicherheit bei EU! Weiters Verbindungen zu den Diensten (inoffizielle – kreativ sein!) sowie zu anderen Ministerien. Würde unsere Analyseüberlegungen einbauen! Personal Empfehlungen mit Bewerbungen möchte er auch gleich haben! Monday 10h benötigt Fr Außenminister u Hr XXXX die Aufgabenbeschreibung mit Organigramm.“
Weiters fanden sich am von den Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Handy des O. entsprechende Organigramme samt Namen einiger potentieller Führungskräfte dieser Abteilung; diese Datei ist im April 2018 entstanden.
Es finden sich in den vorgelegten Akten keine weiteren Hinweise, dass der Beschwerdeführer diese Dokumente erhalten hat, die festgestellte Chat-Nachricht an ihn gerichtet war oder er die dargestellten Überlegungen beauftragt hat.
1.5.7. Darüber hinaus finden sich in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten keine Hinweise auf Tatsachen, die den Verdacht allfälliger weiterer Dienstpflichtverletzungen begründen könnten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom 13.07.2021, PAD/21/01082833 (in Folge: Anfalls-Bericht), sowie den hinsichtlich der Dauer seiner festgestellten Tätigkeit als XXXX des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten getätigten Angaben des Beschwerdeführers, denen die Parteien nicht entgegengetreten sind und hinsichtlich derer der Beschwerdeführer keinen Grund hätte, die Unwahrheit zu sagen.
2.2. Die Feststellungen zum bisherigen Verfahrensgang hinsichtlich der vorläufigen Suspendierung durch die Dienstbehörde unter 1.2. und hinsichtlich der Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde unter 1.3. ergeben sich aus den unbedenklichen, in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Verwaltungsakten.
2.3. Die Feststellungen unter 1.4. ergeben sich hinsichtlich
? des Werdegangs des O. aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht;
? des Kennenlernens zwischen dem Beschwerdeführer und O. aus den nachvollziehbaren und lebensnahen Schilderungen des Beschwerdeführers und dem Umstand, dass diesbezüglich keine Teile des bisherigen Aktes gegen die Feststellungen sprechen;
? hinsichtlich der Teilnahme des Beschwerdeführers und des O. an der App Signal sowie deren dort verwendete Synonyme aus dem Anfalls-Bericht;
? hinsichtlich der ausgetauschten Nachrichten, deren Inhalt und dem relevanten Zeitraum aus den Chat-Protokollen; dass von O. ein bereits im April 2018 erstelltes Dokument zur Organisation einer allfälligen Sicherheitsabteilung im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten an den Beschwerdeführer geschickt wurde, lässt zwar einen wahrscheinlichen früheren Kontakt vermuten, aber beweist nicht, wann dieses an den Beschwerdeführer geschickt wurde;
? hinsichtlich der Behauptung des Beschwerdeführers, sich mit O. – vom Kennenlernen abgesehen – nie persönlich privat getroffen zu haben aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung;
? hinsichtlich der Feststellung, dass den vorliegenden Akten keine Hinweise auf private persönliche Treffen zwischen dem Beschwerdeführer und O. zu entnehmen sind aus der Aktenlage, insbesondere aus den Chat-Protokollen, wo solche Treffen nie erwähnt werden;
? hinsichtlich der Behauptung des Beschwerdeführers, dass er O. als Mitarbeiter des BVT kennengelernt hat und bis zu der den Beschwerdeführer betreffenden Sicherstellung elektronischer Gegenstände am 05.09.2021 nicht gewusst habe, dass O. nicht mehr im BVT tätig sei, auch wenn er von dessen Festnahme im Jahr 2021 aus den Medien erfahren habe, aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie dem Umstand, dass diesen keine Hinweise in den Akten entgegenstehen;
? hinsichtlich der Feststellung, dass den vorliegenden Akten keine Hinweise enthalten, dass der Beschwerdeführer gewusst habe, dass O. von 22.11.2017 bis 18.06.2018 suspendiert und ab September 2018 nicht mehr Mitarbeiter im BVT war bzw. ist, aus der Aktenlage, insbesondere aus den Chat-Protokollen, wo diese Themenbereiche nicht angesprochen wurden.
2.4. Die Feststellungen zu 1.5.1. ergeben sich
? hinsichtlich des Chat-Verlaufes aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und der entsprechenden Beilage;
? hinsichtlich des Umstandes, dass sich das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten zur Festnahme des XXXX am XXXX .2018 noch nicht bestätigend geäußert hatte, sondern lediglich die Festnahme eines Österreichers in der Türkei bestätigt hatte und hinsichtlich der bis zu den festgestellten Zeitpunkten öffentlich bekannt gewordenen Informationen aus den vom Vertreter des Beschwerdeführers vorgelegten Pressemeldungen, die in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt wurden und denen die anderen Parteien nicht entgegengetreten sind und
? hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers in dieser Causa aus der Aktenlage, insbesondere der Verhandlungsschrift der am 15.12.2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung.
2.5. Die Feststellungen zu 1.5.2. ergeben sich hinsichtlich
? der Anforderung des genannten Dokuments durch den Beschwerdeführer und hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer das Dokument erhalten habe, aus der Aktenlage und dem entsprechenden Eingeständnis des Beschwerdeführers (siehe hinsichtlich beidem S. 12 der Verhandlungsschrift);
? der Feststellung, dass nicht mehr genau feststellbar ist, wann der Beschwerdeführer dies erhalten habe, aus dem entsprechenden Eingeständnis des Disziplinaranwaltes (siehe S. 11 der Verhandlungsschrift), der der Angelegenheit im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten nachgegangen ist und der entsprechenden Verantwortung des Beschwerdeführers, der angibt, nicht mehr genau zu wissen, wann er das Dokument erhalten habe (siehe S. 12 der Verhandlungsschrift); für das Bundesverwaltungsgericht ist der Status des Beschwerdeführers in einem Strafverfahren, soweit es nicht zur Verhängung der Untersuchungshaft oder der Erhebung einer Anklage wegen bestimmter Delikte gekommen ist (siehe § 112 Abs. 1 Z 1 und 2 BDG), nicht von Relevanz, da es – wie die Disziplinarbehörden auch – das Vorliegen des Verdachts von Dienstpflichtverletzungen selbst zu klären hat. Ebenso macht der Verweis auf Zeugenaussagen in einem anderen Verfahren im Suspendierungsverfahren nur Sinn, wenn diese Aussagen auch unter einem vorgelegt werden (hinsichtlich des Verweises des Disziplinaranwalts auf die Zeugenaussagen von XXXX und XXXX im Strafverfahren 553 St 51/21p); wenn der Disziplinaranwalt (zumindest implizit) vorbringt, dass der Beschwerdeführer durch die Nichtdokumentation des Empfangs Vorschriften verletzt habe, ist er darauf zu verweisen, dass solche internen Vorschriften nicht vorgelegt und auch nicht – etwa durch Vorlage des Kuverts – dargetan wurde, dass der Beschwerdeführer den Empfang nicht bestätigt hat;
? der Klassifizierung der Einsichtsmöglichkeiten in das Dokument nach einem strengen „need to know“-Prinzip und der Art der Weitergabe des Dokuments aus den Ausführungen des Dienstbehörde und des Disziplinaranwalts, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist sondern diese hinsichtlich der Einsichtsmöglichkeit implizit und hinsichtlich der Art der Weitergabe ausdrücklich bestätigt hat (siehe S. 11 der Verhandlungsschrift);
? der Feststellung, dass diese Dokumentation über die Weitergabe des gegenständlichen Dokuments nicht aufzufinden ist, aus den entsprechenden Ausführungen des Disziplinaranwaltes (siehe S. 11 der Verhandlungsschrift), der der Angelegenheit im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten nachgegangen ist;
? der Feststellungen, wie viele Kopien vom gegenständlichen Dokument gemacht wurden und wo sich diese am 03. bzw. 05.10.2018 befanden aus den Ausführungen der Dienstbehörde, denen die Parteien nicht entgegengetreten sind;
? der Feststellung, dass sich kein Hinweis in den Akten fänden, dass der Beschwerdeführer Zugang zum Original des Berichts der OPCW gehabt habe, aus der Aktenlage;
? der Ausführungen, warum der Beschwerdeführer das Dokument angefordert habe, aus dessen Verantwortung im laufenden Verfahren;
? der Feststellungen, womit sich der Rat für Integration und Außenpolitik am 11.10.2018 beschäftigt habe und dass im außenpolitischen Ausschuss keine geheimen Dokumente diskutiert werden dürfen, aus den Ausführungen des Disziplinaranwaltes (siehe S. 10 der Verhandlungsschrift), der der Angelegenheit nachgegangen ist und denen die Parteien nicht entgegengetreten sind;
? der Feststellungen, dass das Thema der Besprechung des Beschwerdeführers mit der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten im Oktober 2018 aktenmäßig nicht nachvollziehbar ist und sich der Beschwerdeführer zu dieser Besprechung nicht äußert, aus der Aktenlage und den Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (siehe hinsichtlich letzterem S. 10 der Verhandlungsschrift);
? der Feststellungen zum Wo und Wann des Abfilmens oder Abfotografierens einer Kopie des gegenständlichen Berichts der OPCW sowie zu dem Umstand, dass diese Aufnahmen bei einer strafrechtlichen Ermittlung noch am Handy des O. sichergestellt wurden, aus dem Anfalls-Bericht, der in das Verfahren eingeführt wurde und dem die Parteien nicht entgegengetreten sind;
? des Ergebnisses der kriminaltechnischen Untersuchung vom 15.07.2021 aus dieser; es ist anzumerken, dass der Untersuchungsbericht schlüssig und nachvollziehbar ist, weil die Erstellerin des Berichts nachvollziehbar darstellt, warum sie der Ansicht ist, dass nicht das Original oder einer der beiden ihr vorgelegten Kopien, sondern eine dritte Kopie abgefilmt wurde. Dem sind die Parteien nicht entgegengetreten; es kann dem Vertreter des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten werden, wenn dieser darauf hinweist, dass die anderen Parteien sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht zur Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Berichts zur kriminaltechnischen Untersuchung geäußert haben. Ob diese nur ein „Puzzlestein“ im Strafakt darstellt, spielt im Lichte dessen, dass die Disziplinarbehörden und ihnen folgend das Verwaltungsgericht den Verdacht aus eigenem zu beurteilen haben und andere Berichte oder Beweise bzw. Beweismittel, die den Bericht entkräften, nicht vorliegen, keine Rolle;
? der Feststellung, dass sich im Akt keine Hinweise darauf fänden, dass der Beschwerdeführer Zugang zum Original gehabt oder man ihm die dritte Kopie überlassen habe, aus der Aktenlage, in der sich keinerlei derartige Hinweise finden;
? des Inhalts der eidestättigen Erklärung des O. aus diesem – in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebrachten – Dokument.
Anzumerken bleibt, dass sich aus dem vom Disziplinaranwalt vorgelegtem Dokument hinsichtlich der Ermittlungen der britischen Behörden keine relevanten Sachverhaltsfeststellungen ergeben, da ja feststeht, dass O. das Dokument bereits am 05.10.2018 gefilmt bzw. fotografiert hat und daher die Feststellung ob und wann dieses Dokument XXXX (in Folge: M.) zugekommen ist – dass M. das Dokument direkt vom Beschwerdeführer erhalten hat, ist dem vorgelegten Dokument der britischen Behörden nicht zu entnehmen – keinen Mehrwert im Verfahren bringt.
2.6. Die Feststellungen zu 1.5.3. ergeben sich hinsichtlich
? des Chat-Verlaufes und der Ausstellung des Waffenpasses an den Beschwerdeführer aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und den entsprechenden Beilagen;
? der Funktion des Z. aus dem Amtswissen sowie aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht; die Funktion des Z. im LVT Wien ist notorisch und
? der Rechtfertigung des Beschwerdeführers aus dem entsprechenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung.
2.7. Die Feststellungen zu 1.5.4. ergeben sich hinsichtlich
? des Chat-Verlaufes aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und der entsprechenden Beilage und
? der Rechtfertigung des Beschwerdeführers aus dem entsprechenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung.
2.8. Die Feststellungen zu 1.5.5. ergeben sich hinsichtlich
? des Chat-Verlaufes und zum Inhaber der gegenständlichen Rufnummer aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und der entsprechenden Beilage und
? hinsichtlich der Person des R., dessen fallbezogenem Ersuchen und der entsprechenden Antwort des Beschwerdeführers sowie der Rechtfertigung des Beschwerdeführers aus dem entsprechenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung.
2.9. Die Feststellungen zu 1.5.6. ergeben sich aus dem (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und der entsprechenden Beilage.
2.10. Die Feststellungen zu 1.5.7. ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere nach Durchsicht des (in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten) Anfalls-Bericht und der entsprechenden Beilagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu I. und II.:
A)
3.1.1. Zur Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit der Beschwerden:
3.1.1.1. Zur Beschwerde über die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers:
Am 10.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer der verfahrensgegenständliche Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die vorläufige Suspendierung vom 09.09.2021, Gz. 2021-0.621.911, persönlich ausgefolgt.
Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren vor der Dienstbehörde noch nicht anwaltlich vertreten, weil dieser zwar gutachtensartige Schreiben (auch bezeichnet als „ XXXX – Rechtsberatung“) seines nunmehrigen Vertreters vorgelegt hat, aber keinem der Schreiben eine Vollmacht des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren an den nunmehrigen Vertreter zu entnehmen war und sich dieser Vertreter auch nicht auf eine solche Vollmacht berufen hat. Vielmehr hat der nunmehrige Vertreter im Schreiben vom 08.09.2021 ausdrücklich angeführt, den Beschwerdeführer (nur) im Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien zu XXXX rechtsfreundlich zu vertreten, der nunmehrige Vertreter hat im Namen des Beschwerdeführers vor der Beschwerde keine Anträge gestellt. Daher war bis zum Eintreffen der Beschwerde nicht davon auszugehen, dass der nunmehrige Vertreter den Beschwerdeführer auch im Suspendierungsverfahren vertritt. Es erfolgte die Zustellung des Bescheides des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die vorläufige Suspendierung vom 09.09.2021 daher zu Recht und gültig persönlich an den Beschwerdeführer und führte zur Erlassung des genannten Bescheides.
Am 07.10.2021 langte die Beschwerde des nunmehrigen Vertreters des Beschwerdeführers (in dessen Namen) bei der Behörde ein, in der sich der nunmehrige Vertreter erstmals auch ausdrücklich auf die erteilte Vollmacht berief.
Die Rechtsmittelfrist für eine Bescheidbeschwerde beträgt gemäß § 7 Abs. 4 1. Satz VwGVG vier Wochen, gemäß §§ 32 Abs. 2 1. Fall AVG, 17 VwGVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Der 10.09.2021 war ein Freitag, daher endete die Rechtsmittelfrist mit Ablauf des Freitags der 4. Woche nach dem 10.09.2021, also mit Ablauf des 08.10.2021. Am 07.10.2021 langte die Beschwerde bei der Behörde ein und ist daher rechtzeitig.
Es ist nicht zu sehen, dass die Beschwerde nicht zulässig wäre.
3.1.1.2. Zur Beschwerde über die (endgültige) Suspendierung des Beschwerdeführers:
Gemäß § 11 Abs. 1 DVG sind Bescheide in Dienstrechtsangelegenheiten (abgesehen von den hier nicht relevanten Fällen des § 9 DVG) schriftlich zu erlassen und, wenn sie an Beamte des Dienststandes gerichtet sind, jedenfalls zu eigenen Handen zuzustellen.
Der Beschwerdeführer war am 08.10.2021 im Dienststand, er war durch den im Spruch bezeichneten Vertreter vertreten. Der Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 08.10.2021 über die Suspendierung wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers mit E-Mail übermittelt und ist bei diesem am 08.10.2021 eingelangt und wurde von diesem an diesem oder spätestens am nächsten Tag geöffnet.
Wie oben dargestellt sind Bescheide in Dienstrechtsangelegenheiten gemäß § 11 Abs. 1 DVG schriftlich zu erlassen und, wenn sie an Beamte des Dienststandes gerichtet sind, jedenfalls zu eigenen Handen zuzustellen. Wenn dies durch die Zustellung als Anhang einer E-Mail unterblieb, liegt in Ansehung dieser elektronischen Zustellung ein Zustellmangel vor. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist (VwGH 05.09.2018, Ro 2017/12/0010; VwGH 25.05.2007, 2006/12/0219). Dies ist bei einer elektronischen Zustellung jener Zeitpunkt, in dem der Empfänger durch Zugriff auf das elektronisch bereitgehaltene Dokument Kenntnis davon erlangt hat (VwGH 05.09.2018, Ro 2017/12/0010; VwGH 21.11.2017, Ro 2015/12/0017; VwGH 14.12.2016, Ra 2016/19/0131, 9.11.2016, Ra 2016/19/0156). Der Zugriff erfolgte am 08.10.2021 oder 09.10.2021.
Die Rechtsmittelfrist für eine Bescheidbeschwerde beträgt gemäß § 7 Abs. 4 1. Satz VwGVG vier Wochen, gemäß §§ 32 Abs. 2 1. Fall AVG, 17 VwGVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Der 08.10.2021 war ein Freitag, daher endete die Rechtsmittelfrist frühestens mit Ablauf des Freitags der 4. Woche nach dem 08.10.2021, also mit Ablauf des 05.11.2021; wenn das E-Mail erst am 09.10.2021 geöffnet wurde, würde die Rechtsmittelfrist am Montag darauf enden. Am 05.11.2021 wurde die Beschwerde zur Post gegeben und ist daher jedenfalls rechtzeitig.
Es ist nicht zu sehen, dass die Beschwerde nicht zulässig wäre.
3.1.2. Zur Verbindung der Entscheidung über die Beschwerden gegen den Bescheid des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten vom 09.09.2021, Zl. 2021-0.621.911, und den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 6, vom 08.10.2021, Zl. 2021-0.633.917, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung ist auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.2021, W170 2247794-1/4Z und W170 2248193-1/2Z zu verweisen, der dem Vertreter des Beschwerdeführers am 17.11.2021 per eRV, dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, der Bundesdisziplinarbehörde und dem Disziplinaranwalt jeweils am 22.11.2021 per RSb zugestellt wurden und der bis dato unbekämpft blieb.
3.1.3. Zum Prüfumfang des Bundesverwaltungsgerichts:
3.1.3.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass ein Disziplinarverfahren – unbeschadet der Frage, ob das Suspendierungsverfahren überhaupt als Teil des Disziplinarverfahrens anzusehen ist, wovon das Bundesverwaltungsgericht aber ausgeht (siehe hiezu VwGH 07.04.2020, Ra 2019/09/0135, Rz 10, 1. Satz: „Bei der Suspendierung handelt es sich nur um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende, bloß vorläufige, auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme, …“) – kein Verfahren über eine strafrechtliche Anklage im Sinne des Art. 6 EMRK darstellt (VfGH 03.12.2009, B1008/07), wenn auch Art. 6 Abs. 1 EMRK in seinem zivilrechtlichen Teil Anwendung findet (VfGH ebendort unter Hinweis auf EGMR 19.04.2007, Eskelinen ua gegen Finnland, Appl 63235/00; EGMR 30.09.2008, Yilmaz gegen Türkei, Appl 37829/05; EGMR 05.02.2009, Olujic gegen Kroatien, Appl 22330/05; EGMR 02.07.2009, Iordanov ua gegen Bulgarien, Appl 23530/02, und EGMR 16.07.2009, Bayer gegen Deutschland, Appl 8453/04). Daher findet auch das Verbot der „reformatio in peius“ im Disziplinarverfahren bzw. im Suspendierungsverfahren – wie im gesamten Verwaltungsverfahren außerhalb des Verwaltungsstrafverfahrens – keine Anwendung (VwGH 09.09.2014, Ra 2014/11/0044), soweit dies nicht ausdrücklich normiert ist. Im Disziplinarverfahren findet sich eine solche Norm (nur) in § 129 BDG, nachdem auf Grund einer vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde das Disziplinarerkenntnis nicht zu seinen Ungunsten abgeändert werden darf, darüber hinaus allerdings nicht.
Die Sache des Beschwerdeverfahrens ist nur der Inhalt des Spruches, nicht der Grund, warum es zum Inhalt des Spruches gekommen ist, das Verwaltungsgericht hat alle Gründe, die zum von der Behörde ausgesprochenen Ergebnis führen können, zu prüfen (VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0027). Das Verwaltungsgericht darf auch Sachverhaltselemente, die bei der Prüfung auf Grund der Beschwerde im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen sind, seiner Entscheidung zu Grunde legen (VwGH 23.02.2018, Ro 2017/03/0025). Auf das Suspendierungsverfahren umgelegt bedeutet das, dass das Verwaltungsgericht einen Beschwerdeführer selbst dann (vorläufig) suspendieren darf und – § 112 Abs. 1 und 2 BDG stellen kein Ermessen frei – muss, wenn zwar die von der Behörde für die Suspendierung herangezogenen Gründe nicht tragen, aber andere Gründe, selbst wenn diese erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hervorgekommen sind, den Verdacht einer entsprechend schweren Dienstpflichtverletzung begründen. Dies gilt insbesondere auch, wenn das Verwaltungsgericht die Verdachtslage und die Gründe für eine Suspendierung anders beurteilt als die jeweils zuständige Behörde.
3.1.3.2. Gegenstand des Spruches des Bescheides des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten vom 09.09.2021, Zl. 2021-0.621.911, ist die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers wegen des Verdachtes von fünf näher dargestellten Dienstpflichtverletzungen.
3.1.3.3. Ebenso verhält sich die Sache hinsichtlich des Bescheides der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 6, vom 08.10.2021, Zl. 2021-0.633.917, weil – nach dem Wortlaut – im Spruch dieses Bescheides nicht nur über die Suspendierung, sondern auch über die Gründe für die Suspendierung („… wegen des Verdachts, er habe …“) abgesprochen wurde.
Gemäß § 112 Abs. 2 1. Satz BDG ist jede vorläufige Suspendierung von der Dienstbehörde unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Gemäß § 123 Abs. 1 1. Satz und 2 2. Satz BDG hat der (hier: die) Senatsvorsitzende nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. Gemäß § 59 Abs. 1 1. Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Nicht unmittelbar die in Verhandlung stehende Angelegenheiten sind – selbst wenn diese Voraussetzung für die Entscheidung sind – daher nicht in den Spruch aufzunehmen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Wirkung der Suspendierung, und zwar gleichgültig, ob diese vorläufig von der Dienstbehörde oder letztlich von der Disziplinarkommission verfügt worden ist, darin, dass es dem hievon betroffenen Beamten verboten ist, die ihm obliegenden Aufgaben auszuüben (VwGH 23.06.2014, 2013/12/0231) während die dem Einleitungsbeschluss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen ist, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss im Einleitungsbeschluss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf (VwGH 28.10.2021, Ra 2021/09/0075).
Das bedeutet, dass eine vorläufige Suspendierungsentscheidung der Dienstbehörde und eine Suspendierungsentscheidung der Bundesdisziplinarbehörde (und des Bundesverwaltungs-gerichts) im Spruch nur die Entscheidung über die Suspendierung oder Nichtsuspendierung (bzw. die Suspendierung im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 letzter Satz BDG) auszusprechen, sich im Spruch aber nicht über das Vorliegen des die Suspendierung begründeten Verdachtes zu äußern hat; dies hat ausschließlich im Einleitungsbeschluss zu erfolgen. Im Suspendierungsverdacht sind die Voraussetzungen für die Suspendierung, die ja nicht nur im Vorliegen des Verdachtes bestehen, (nur) in die Begründung aufzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dann im Lichte der zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage (VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0106; VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) zu entscheiden, ob die vorläufige Suspendierung und Suspendierung zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt zulässig ist oder nicht.
Dass nur über die Suspendierung abzusprechen ist, zeigt sich auch in der rezenten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der ausführt, dass, wird eine Suspendierung nach ihrer Begründung auf mehrere Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) gestützt, so genügt schon, dass auf Grund einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung (im Verdachtsbereich) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung gefährdet wären, um sie im Instanzenzug zu bestätigen. Es muss im Allgemeinen nicht geprüft werden, ob auch alle anderen von der Behörde erster Instanz herangezogenen Dienstpflichtverletzungen (für sich allein oder im Zusammenhalt) die Suspendierung rechtfertigen würden (VwGH 09.09.2021, Ra 2021/09/0171). Wären die die Suspendierung begründenden Verdachtsmomente in den Spruch aufzunehmen, wäre über diese jedenfalls abzusprechen.
Im vorliegenden Fall haben die Dienstbehörde und die Bundesdisziplinarbehörde jedoch trotzdem (rechtswidrig) in den Spruch aufgenommen, inwieweit der Beschwerdeführer ihrer jeweiligen Ansicht nach im Verdacht stehe, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben. Dies ist zumindest im Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde in sich unschlüssig, wenn nämlich die Voraussetzungen für die Suspendierung in den Spruch aufzunehmen wären, wäre – im gegenständlichen Fall – auch aufzunehmen, dass die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden (siehe § 112 Abs. 1 Z 3 BDG). Darüber hinaus würde ein rechtskräftiger Bescheid über die vorläufige Suspendierung, so der dieser zu Grunde liegende Verdacht in den Spruch aufzu