TE Bvwg Erkenntnis 2022/1/4 W192 2165385-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2022
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Entscheidungsdatum

04.01.2022

Norm

AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W192 2165385-3/3E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2021, Zl. 1078603506/211488621, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, stellte am 19.07.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass es in seinem Land eine Art Bürgerkrieg gebe. Da er nicht im Krieg getötet werden wolle, sei er geflohen. Des Weiteren habe er einen Streit mit dem Präsidenten gehabt und seien zwei Brüder des BF getötet worden.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 02.05.2017 gab der BF an, Soldat gewesen zu sein und für den Präsidenten gearbeitet zu haben. In weiterer Folge führte er – auf das Wesentliche zusammengefasst – an, dass es wegen eines Staatsstreiches zum Bürgerkrieg gekommen sei und der BF aufgrund seiner Tätigkeit als Soldat körperlich bedroht worden sei, woraufhin er in einen Regenwasserkanal geflüchtet und in Ohnmacht gefallen sei. Die Leute, die hinter ihm her gewesen seien, hätten geglaubt, der BF sei tot. Der ältere Bruder und die Schwester des BF seien von diesen Leuten getötet und es sei auch das Haus seiner Familie angezündet worden.

1.1.2. Mit Bescheid vom 29.06.2017 wies das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Elfenbeinküste (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Elfenbeinküste zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

1.1.3. Mit nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.05.2019, an der der BF ohne Rechtfertigung nicht teilgenommen hat, ergangenem Erkenntnis des BVwG vom 31.07.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2017 als unbegründet abgewiesen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF im Zuge seiner Befragung vor dem BFA unplausible und widersprüchliche Angaben gemacht habe, sodass von der Konstruiertheit seines gesamten Fluchtvorbringens auszugehen gewesen sei.

In Widerspruch zu seiner Erstbefragung, wo er angegeben habe, dass zwei seiner Brüder getötet worden seien, habe der BF vor der belangten Behörde angegeben, sein älterer Bruder und seine ältere Schwester seien getötet worden. Hinzu komme, dass der BF unplausible Angaben gemacht habe, die nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang gebracht werden hätten können; so etwa, wenn er von seiner Flucht im Regenwasserkanal erzählt habe und er dort in Ohnmacht gefallen und erst am nächsten Tag wieder zu sich gekommen sei.

Weiters entziehe es sich nach Ansicht des erkennenden Gerichtes jeder Logik, wenn der BF angebe, dass er auf Grund seiner Tätigkeit beim Militär bedroht worden sei und seine Geschwister nicht beim Militär gewesen, aber trotzdem getötet worden seien. Es entbehre jeglicher logischen Grundlage, wieso die Geschwister des BF ohne Motiv getötet worden seien.

Auch habe der BF vor der belangten Behörde seinen noch in der Ersteinvernahme erwähnten Streit mit dem Präsidenten nicht mehr erwähnt. Es sei für das BVwG schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als widersprüchlich und daher unglaubwürdig eingestuft habe. Dieser Beurteilung trete auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das BVwG kein Grund bestehe, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließe sich das BVwG dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass eine „begründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben sei. Dies im Hinblick darauf, dass der BF die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen habe können. Eine sonstige aktuell zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr sei vom BF nicht dargelegt worden und würde sich auch nicht aus Umständen ergeben, die von Amts wegen zu berücksichtigen sein würden.

Es sei hinsichtlich des BF kein stichhaltiger Grund dafür anzunehmen, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des BF in der Elfenbeinküste und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des BF in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in der Elfenbeinküste erleiden würde. Mangels dementsprechender Angaben des BF würden keine Gründe ersichtlich sein, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zur Verhängung einer Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des BF im Herkunftsstaat hindeuten könnte, weshalb ein „ernsthafter Schaden“ im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen sei. Ein bewaffneter Konflikt würde in der Elfenbeinküste ebenfalls nicht bestehen. Zwar sei es nicht so, dass in der Elfenbeinküste die Sicherheitslage mit jener in Österreich vergleichbar sei, jedoch würden die nach dem Länderinformationsblatt für die Elfenbeinküste möglichen Gewaltakte nicht so ein hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen würden, dass der BF bei einer Rückkehr in die Elfenbeinküste alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet der Elfenbeinküste tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der BF habe nicht glaubhaft machen können, dass er auf Grund seiner persönlichen Situation in der Elfenbeinküste und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in der Elfenbeinküste betroffen wäre. Daher sei auch diese Voraussetzung von subsidiären Schutz nicht erfüllt.

Der BF würde weder einer Bevölkerungsgruppe angehören, die in der Elfenbeinküste allgemein einer besonderen Gefahr ausgesetzt sei, noch würden individuelle Bedrohungen vorliegen, die dazu führen könnten, dass der BF bei seiner Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde.

Voraussetzungen dafür, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen wären, seien weder vorgebracht worden noch hervorgekommen.

Zur Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der seit 19.07.2015 andauernde Aufenthalt des BF auf einer vorläufigen nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage beruht habe, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen könne.

Das Gewicht seiner privaten Interessen würde dadurch gemindert sein, dass es in einem Zeitpunkt entstanden sei, indem er sich seines unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen sei. Der BF habe seinen Angaben zufolge in Österreich eine Freundin, doch könne nicht festgestellt werden, dass diese Beziehung alle für eine Lebensgemeinschaft typischen Merkmale aufzeige, zumal er mit dieser nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben würde. Darüber hinaus würde er keine „familienähnlichen“ Beziehungen in Österreich verfügen. Es würde alle Sachverhaltselemente fehlen, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund vierjährigen Aufenthaltes entstandener Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Gleichzeitig habe der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen sei und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht habe, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Den allenfalls bestehenden Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) würden öffentliche Interessen gegenüberstehen. Das geltende Migrationsrecht müsse auch vollzogen werden, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig seien – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz-auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden würden. Im Falle des BF, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen habe, komme hinzu, dass er mit den durch österreichische Strafgerichte rechtskräftig festgestellten Verstößen gegen das StGB, nämlich durch wiederholt strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen sowie gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit, ein Verhalten gesetzt habe, das keine Achtung der strafrechtlich in Österreich geschützten Werte zeige.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung könne daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht komme. Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG seien erfüllt. Sie sei auch sonst nicht unzulässig. Der BF verfüge über kein Aufenthaltsrecht.

Überdies würden keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig sei. Der noch junge BF sei arbeitsfähig und gesund. Er könne sich als Arbeiter in der Elfenbeinküste auch in Zukunft bei seiner Rückkehr einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt verdienen. Zumindest seine Schwester und sein Sohn würden in der Elfenbeinküste leben und daher der BF auch nicht ohne familiären Rückhalt in der Elfenbeinküste leben müssen. Der BF habe keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen lassen würden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Elfenbeinküste einer Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden könnten. Dass der BF in Österreich allenfalls wirtschaftlich gegenüber einer Situation in der Elfenbeinküste bessergestellt sei, genüge für die Annahme, er würde in der Elfenbeinküste keine Lebensgrundlage vorfinden und seine Existenz nicht decken können, nicht.

Der BF sei somit in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK durch die Abschiebung in die Elfenbeinküste nicht verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden könnten.

1.2.1. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 15.07.2020 einen Folgeantrag, sohin seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, wobei er vorbrachte, er halte seine alten Fluchtgründe aufrecht.

1.2.2. Nach Einvernahmen im Juli und Oktober 2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 15.07.2020 mit Bescheid des BFA vom 18.01.2021 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Elfenbeinküste zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde dem BF keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF sich nach wie vor auf Rückkehrhindernisse beziehen würde, welche bereits in seinem Vorverfahren zur Sprache gebracht worden seien. Im ersten Verfahren seien die Angaben des BF nicht als glaubhaft erachtet worden und der Antrag auf internationalen Schutz negativ entschieden worden.

Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich beim Vorbringen des BF um Umstände handeln würde, die bereits vor Abschluss des ersten Verfahrens bestanden hätten. Eine Veränderung der Fluchtgründe bzw. seiner Rückkehrhindernisse hätte der BF nicht behauptet. Der BF habe lediglich angeführt, dass die Personen, die ihn damals vor seiner Ausreise in seinem Heimatland umbringen hätten wollen, ihn nach wie vor umbringen wollen würden. Dies würde er von Bekannten aus seinem Heimatdorf wissen, mit welchen der BF telefoniert habe. Sein neuerlich dargelegtes Vorbringen würde weiterhin keinen glaubhaften Kern aufweisen. Dem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz würde die Rechtskraft des Bescheides vom 29.06.2017 entgegenstehen, weswegen das BFA zur Zurückweisung verpflichtet sein würde.

Das gegen den BF verhängte Aufenthaltsverbot von 2 Jahren wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF offensichtlich nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung (Missbrauch des Asylsystems, mehrfache Straffälligkeit) zu beachten. Das BFA können nur zum Schluss kommen, dass sei Aufenthalt in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Der BF sei schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit, sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen. Die Behörde könne nur eine negative Zukunftsprognose erlassen. Umfangreiche und mehrmalige sowohl schriftliche als auch mündliche Belehrungen in der Landessprache des BF seien erteilt worden.

Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des BF, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der vom BFA vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

1.2.3. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde des Rechtsvertreters wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.03.2021 abgewiesen.

2.1. Der Beschwerdeführer reiste in weiterer Folge illegal nach Deutschland und wurde am 8.10.2021 wieder nach Österreich überstellt. Er brachte einen weiteren Folgeantrag ein und gab dazu bei seiner niederschriftlichen Erstbefragung am 09.10.2021 an, dass seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Ein neuer Grund sei, dass „sie" auch seine Mutter vergiftet hätten und diese verstorben sei. Dies habe er vor einem Jahr erfahren. Freunde von ihm im Herkunftsstaat hätten ihm dies telefonisch mitgeteilt.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 21.10.2021 gab der Beschwerdeführer an, dass - wie er schon im ersten Asylverfahren gesagt habe - sein Leben im Herkunftsstaat bedroht sei, da er beim Militär gewesen sei. Vor einem Jahr habe man deshalb die Mutter des Beschwerdeführers getötet. Der Beschwerdeführer habe von einer Freundin seiner Mutter über deren Ableben erfahren. Der Beschwerdeführer habe versucht, seine Mutter anzurufen und es habe keine Verbindung gegeben. Eines Tages habe ihn dann diese Freundin angerufen, die ihm mitgeteilt habe, dass seine Mutter getötet worden sei. Der Beschwerdeführer könne sich an das Datum des Anrufes nicht mehr erinnern. Er habe zu diesem Zeitpunkt kein eigenes Telefon gehabt und habe sich das Telefon eines Freundes ausgeborgt, mit dem er dann versucht habe, seine Mutter anzurufen. Auf Nachfrage brachte er vor, dass die Freundin der Mutter ihn am Mobiltelefon dieses Freundes erreicht habe. Er habe schon vor diesem Vorfall die Telefonnummer seines Freundes seiner Mutter bekannt gegeben und schon damals kein Mobiltelefon gehabt.

Der Beschwerdeführer sei in Deutschland bei seiner Verlobten etwa eine Woche lang gewesen. Dann sei er dort zu Polizei gegangen, wo er einen Asylantrag gestellt habe und habe sich insgesamt etwa zwei Monate in Deutschland aufgehalten.

Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme zu Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat.

Am 01.11.2021 übergab eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland auf eigene Initiative der Landespolizeidirektion Oberösterreich eine Geburtsurkunde, Kopie einer beglaubigten Geburtsurkunde, Strafregisterauszug, Geburtsauszug und Ehefähigkeitsbescheinigung des Beschwerdeführers, um eine etwaige Abschiebung zu ermöglichen. Sie teilte mit, dass sie im August 2021 den Beschwerdeführer auf Facebook kennengelernt und ihre Adresse mitgeteilt habe. Nach einem Treffen mit dem Beschwerdeführer habe sie mitgeteilt, dass sie mit ihm keinen Kontakt mehr haben wolle. Sie gab weiters an, dass ihr ein Freund des Beschwerdeführers die genannten Dokumente zugeschickt habe, um ihr zu beweisen, dass seine Identität vorliege und sie ihn heiraten könne. Sie habe kein Interesse an einer Heirat.

2.2. Mit Bescheid des BFA vom 10.12.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 09.10.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Die Behörde stellte fest, dass der BF im neuerlichen Asylverfahren nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Die allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsstaat habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Die Behörde führte beweiswürdigend aus, dass der Beschwerdeführer sich im vorliegenden Verfahren auf ein bereits rechtskräftig als unglaubhaft qualifiziertes Vorbringen gestützt habe bzw. die gegenwärtige Behauptung, die Mutter des Beschwerdeführers wäre getötet worden, weil dieser beim Militär gewesen wäre, auf ein solches aufbaue und daher nach den Denkgesetzen der Logik ebenfalls als unglaubhaft zu werten sei. Weiters weise das Vorbringen dahingehend einen eklatanten Widerspruch auf, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung am 09.10.2021 vorgebracht hatte, dass ihm Freunde telefonisch mitgeteilt hätten, dass man seine Mutter vergiftet hätte und sie dann auch verstorben wäre. Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 21.10.2021 habe er plötzlich angegeben, dass eine Freundin seiner Mutter ihm dies telefonisch mitgeteilt hätte. In diesem Zusammenhang sei auch nicht nachvollziehbar, wie die Freundin der Mutter des Beschwerdeführers zur Telefonnummer des Freundes des Beschwerdeführers kommen hätte sollen, auf dessen Telefon dieser angeblich den Anruf entgegengenommen habe. Ebenso unerklärlich sei der Umstand, warum der Beschwerdeführer die angebliche Nachricht vom Tod seiner Mutter nicht schon im Verfahren über seinen zweiten Asylantrag vorgebracht habe, nachdem dieser selbst angeführt hatte, dass die Mutter bereits vor etwa einem Jahr getötet worden wäre. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Folgeverfahren weise daher keinen glaubhaften Kern auf.

Aufgrund des bestehenden aufrechten Einreiseverbots sei dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen. Da ihm gegenüber die mit dem Einreiseverbot verbundene Rückkehrkehrentscheidung noch aufrecht sei, sei eine neuerliche Rückkehrkehrentscheidung nicht zu erlassen gewesen.

2.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz der nunmehr bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 23.12.2021 ausgeführte Beschwerde, in der der Bescheid hinsichtlich aller Spruchpunkte angefochten und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt wurde.

Zum Nichtvorliegen einer res iudicata wurde vorgebracht, dass vor einem Jahr die Mutter des Beschwerdeführers getötet worden sei, was jedenfalls eine wesentliche Änderung des Sachverhalts darstelle, der in den Vorverfahren nicht berücksichtigt werden konnte.

Es sei unterlassen worden, den Beschwerdeführer zu seinem gegenwärtigen Privat-und Familienleben in Österreich zu befragen. Hätte die Behörde Fragen gestellt, so hätte der Beschwerdeführer angeben können, dass er seit 17.11.2021 im gemeinsamen Haushalt mit einer namentlich bezeichneten Frau lebe. Beide hätten sich vor über einem Jahr kennengelernt, führten eine Beziehung und hätten sich nun zu einem gemeinsamen Wohnsitz entschieden.

Weiters habe sich die Behörde nur unzureichend mit der aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und es werde diesbezüglich auf die Teilreisewarnung des deutschen Auswärtigen Amts mit Stand 21.12.2021 verwiesen. Demnach werde vor Reisen in das Grenzgebiet im Nordosten des Landes gewarnt und von nicht erforderlichen Reisen in die unmittelbaren Grenzgebiete zu Liberia, Mali und Burkina Faso abgeraten.

Im Berufungsschriftsatz wurde es nicht unternommen, den von der Behörde aufgegriffenen eklatanten Widerspruch über die Quelle der behaupteten Tötung der Mutter des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat auszuräumen. Hinsichtlich der nach den Angaben in der Einvernahme verwendeten Telefonnummer eines Freundes des Beschwerdeführers wurde vorgebracht, dass diese Telefonnummer im Nachlass der Mutter gefunden worden sei. In der Beschwerde wurde keine Erklärung dafür angeboten, weshalb der Beschwerdeführer die behauptete Tötung seiner Mutter nicht bereits im Verfahren über seinen ersten Folgeantrag vorgebracht hatte.

Der Beschwerdeführer fürchte im Falle einer Rückkehr aufgrund der erneuten Ermordung eines Familienmitgliedes um sein eigenes Leben. Aufgrund der nach den Länderberichten allgemein volatilen Sicherheitslage im Herkunftsstaat würde eine Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls eine Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK darstellen.

Es wurde die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

2.4. Die gegenständliche Beschwerde und die in Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde am 28.12.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist ledig, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste und gehört der Volksgruppe der Jula an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF reiste illegal nach Österreich. Er hält sich – abgesehen von einem etwa zweimonatigen illegalen Aufenthalt in Deutschland vor seiner Rücküberstellung am 08.10.2021 - seit 19.07.2015 im österreichischen Bundesgebiet auf.

Seine Geschwister und sein Sohn leben noch in der Elfenbeinküste. Er hat keine Verwandten und auch keine intensiven privaten und familiären Beziehungen im Inland. Die in der Beschwerde angeführte Lebensgemeinschaft mit einer namentlich genannten Frau und deren Sohn besteht seit frühestens November 2021.

Der BF ist gesund und nicht immungeschwächt. Er arbeitete in der Elfenbeinküste als Arbeiter im Hafen und kann aufgrund seiner Arbeitserfahrung auch künftig am Arbeitsmarkt der Elfenbeinküste unterkommen.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezog bis Ende Oktober 2020 sowie seit seiner Überstellung aus Deutschland im Oktober 2021 Leistungen der staatlichen Grundversorgung.

Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der BF erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufenthaltsrechtes nach § 57 AsylG.

Der BF wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 31.01.2018, wegen § 125 StGB und § 83 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht das Teilgeständnis und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des BF, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Vergehen.

Mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 20.08.2018, wurde der BF wegen §§ 15, 125 StGB sowie wegen § 83 Abs 2 StGB, §§ 15, 105 Abs 1 StGB, § 105 Abs 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die Probezeit des Urteils vom 31.01.2018 auf fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des zuständigen Bezirksgerichts vom 01.04.2019, wurde der BF erneut wegen § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde die Probezeit des Urteils vom 20.08.2018 auf fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des zuständigen Bezirksgerichtes vom 04.06.2019, wurde der BF wegen §§ 15, 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat rechtskräftig verurteilt und wurde die mit Urteil vom 01.04.2019 gewährte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

1.2. Zum Vorverfahren und zur Begründung des vorliegenden Folgeantrags

Der BF stellte am 19.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichtes vom 31.07.2019 rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Die Begründung des vorliegenden Folgeantrags weist keinen glaubhaften Kern auf. Die geltend gemachte Verfolgung war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens.

Die individuelle Situation für den BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Elfenbeinküste hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen ist, weshalb festgestellt wird, dass eine Abschiebung des BF in die Elfenbeinküste weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden. Eine entscheidungsrelevante Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der letzten Entscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welcher eine Abschiebung entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurden die nachstehenden Länderinformationen betreffend die Republik Elfenbeinküste festgestellt:

Sicherheitslage

Die Kriminalität ist vor allem in den nordwestlichen und westlichen Landesteilen (Grenzgebiete zu Liberia, Guinea und Mali) hoch (BmeiA 29.1.2021; vgl. EDA 29.1.2021).

Für das gesamte Grenzgebiet zu Burkina Faso und Mali, und insbesondere die Grenzregion im Nordosten des Landes, besteht ein hohes Entführungsrisiko. Angesichts der Entwicklungen im Sahel und insbesondere der Sicherheitslage in Burkina Faso und in Mali besteht auch in Côte d’Ivoire ein latentes Risiko terroristischer Anschläge (AA 29.1.2021).

Es gab Berichte, dass die Regierung oder ihre Agenten willkürliche oder ungesetzliche Tötungen begingen. Es gab keine Berichte über das Verschwindenlassen von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden (USDOS 11.3.2020).

Nichtstaatliche bewaffnete Akteure und ehemalige Rebellen genießen vor allem im Norden und Westen des Landes erheblichen Einfluss (FH 4.3.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (29.1.2021): Côte d'Ivoire: Reise und Sicherheitshinweise, Sicherheit – Teilreisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/cotedivoiresicherheit/209460#content?, Zugriff 29.1.2021

- BmeiA – Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten (29.1.2021): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 29.1.2021

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (29.1.2021): Côte d’Ivoire, Kriminalität, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_2, Zugriff 29.1.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030854.html, Zugriff 1.2.2021

- USDOS – US Departement of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026389.html, Zugriff 1.2.2021

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz in Zivilsachen vor, aber die Justiz unterlag Korruption, Einflussnahme von außen und Bevorzugung aufgrund von familiären und ethnischen Bindungen. Einzelpersonen und Organisationen können gegen ablehnende nationale Entscheidungen bei regionalen Menschenrechtsgremien wie dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker Berufung einlegen (USDOS 11.3.2020).

Das Justizsystem ist stark von Frankreich beeinflusst worden. Es existieren zwei parallele Justizsysteme – die französische Gerichtsbarkeit und das ivorische Gewohnheitsrecht. Die Gerichtsbarkeit der Elfenbeinküste gliedert sich in einen Obersten Gerichtshof (Cour Suprême) einen Oberen Gerichtshof (Haute Cour de Justice), die Gerichte des ersten Grades und die Berufungsgerichte, die Gerichte des zweiten Grades. Der Obere Gerichtshof verhandelt Verbrechen von Mitgliedern der Regierung, der Oberste Gerichtshof ist das letzte Glied der Justiz des Landes. Daneben existiert der Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel), der die Wahlen überwacht und für die Einhaltung nationaler und internationaler Gesetze sorgt. Als verfassungsmäßig vorgesehenes Organ ist der Médiateur de la Republique (Vermittler der Republik) vorgesehen, der als eine Art Ombudsmann unparteiisch urteilt (LIPortal 11.2020).

Dem Justizsystem mangelt es an Unabhängigkeit und die Richter erfahren regelmäßig Druck von der Exekutive (HRW 14.1.2020; vgl FH 4.3.2020).

Die Effizienz des Staatsapparates (insbesondere Justiz, Polizei) wird nach wie vor durch Korruption, fehlende Ressourcen und das Erbe der parteipolitischen und militärischen Einmischung in die Regierung beeinträchtigt (BTI 2020).

Die Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis ist weitestgehend einheitlich und unabhängig von Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Unabhängigkeit der Justiz kann – insbesondere in politisch sensiblen Fällen – nicht uneingeschränkt bejaht werden. Auch wenn die Regierung derartige Vorwürfe bestreitet, ist die Justiz häufig Weisungen der Politik unterworfen (AA 9.10.2020).

Sippenhaft wird nicht praktiziert. Nachdem im Dezember 2018 das Strafverfahrensrecht reformiert wurde (AA 9.10.2020; vgl. USDOS 11.3.2020) ist im Juni 2019 auch das materielle Strafrecht modernisiert worden. Beide Reformen bringen teils substanzielle Verbesserungen der Menschenrechtslage mit sich und dienen der Umsetzung von Verpflichtungen aus verschiedenen internationalen Abkommen. Insgesamt werden Opfer durch neu und klarer definierte Straftatbestände besser geschützt (etwa Folter und Vergewaltigung), aber auch die Verfahrensrechte auf Täterseite werden gestärkt (z.B. durch klarere Regeln für Untersuchungshaft oder die neugeschaffene Möglichkeit der Berufung in Strafverfahren). Neben der Einführung von gemeinnütziger Arbeit als Alternative zu Freiheitsstrafen wurde die Dauer der Untersuchungshaft auf sechs Monate bei Vergehen (matière correctionnelle) und auf acht Monate bei kriminellen Verbrechen (matière criminelle) begrenzt. Sie kann nunmehr nur in definierten Fällen angeordnet werden. Hemmschuh der erhofften Verbesserung ist die nach wie vor lange Dauer von Haftstrafen. Fortschritte wurden für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Strafverfahren gemacht. Bei den Gerichten erster Instanz in Abidjan sowie in Man und Bouaké wurden „Services de la Protection Judiciaire de l’Enfance et de la Jeunesse“ geschaffen, die die Richter beraten und unterstützen (AA 9.10.2020).

Im Dezember 2018 führte die Regierung eine neue Strafprozessordnung ein, die unter anderem das Recht des Staates enthält, einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden ohne Anklage in Haft zu nehmen, vorbehaltlich einer Verlängerung durch einen Ermittlungsrichter. Ein Untersuchungsrichter kann eine Untersuchungshaft von bis zu vier Monaten beantragen, indem er dem Staatsanwalt eine schriftliche Begründung vorlegt. Ersttäter, die wegen geringfügiger Vergehen angeklagt sind, können nach ihrer ersten Anhörung vor dem Untersuchungsrichter für maximal fünf Tage inhaftiert werden. Wiederholungstäter und Personen, die eines Kapitalverbrechens beschuldigt werden, können für sechs bzw. 18 Monate inhaftiert werden. Die 48-Stunden-Grenze für die Inhaftierung ohne Anklage, wobei eine einmalige Verlängerung um 48 Stunden zulässig ist, wurde häufig missachtet, wobei die durchschnittliche Gesamtdauer der Inhaftierung acht bis neun Tage betrug (USDOS 11.3.2020).

Die Verfassung garantiert allen Bürgern gleichen Zugang zur Justiz (FH 4.3.2020).

Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, aber die Justiz hat dieses Recht manchmal nicht durchgesetzt. Obwohl das Gesetz die Unschuldsvermutung und das Recht vorsieht, unverzüglich und detailliert über die Anklage informiert zu werden, hat die Regierung diese Anforderung nicht immer eingehalten. Das Justizsystem sieht für diejenigen, die sich keine Anwälte leisten können, gerichtlich bestellte Anwälte vor, obwohl nur begrenzter kostenloser Rechtsbeistand zur Verfügung stand. Angeklagte haben das Recht auf angemessene Zeit und Einrichtungen, um eine Verteidigung vorzubereiten. Angeklagte können ihre eigenen Zeugen oder Beweise präsentieren und Zeugen der Anklage oder des Klägers konfrontieren. Das Fehlen eines Zeugenschutzmechanismus war ein Problem. Angeklagte können nicht rechtlich gezwungen werden, auszusagen oder sich schuldig zu bekennen, obwohl es Berichte gab, dass ein solcher Missbrauch manchmal vorkam. Angeklagte haben das Recht, bei ihrer Verhandlung anwesend zu sein, aber Gerichte können Angeklagte in ihrer Abwesenheit verurteilen. Die Verurteilten hatten Zugang zu Berufungsgerichten in Abidjan, Bouake und Daloa, aber höhere Gerichte hoben die Urteile nur selten auf (USDOS 11.3.2020).

Militärgerichte boten nicht die gleichen Rechte wie zivile Strafgerichte. Obwohl es innerhalb des Militärgerichtssystems keine Berufungsgerichte gibt, können Personen, die von einem Militärgericht verurteilt wurden, beim Obersten Gerichtshof eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Die Verfassung und das Gesetz verbieten willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, aber beides kam Berichten zufolge vor. Das Direktorat für territoriale Überwachung (DST) und andere Behörden verhafteten und inhaftierten willkürlich Personen, oft ohne Anklage. Die Begrenzung der Untersuchungshaft auf 48 Stunden durch die Polizei wurde im Allgemeinen nicht durchgesetzt. Obwohl Inhaftierte das Recht haben, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung vor Gericht anzufechten und ihre Freilassung zu erwirken, wenn sich herausstellt, dass sie unrechtmäßig festgehalten wurden, geschah dies nur selten, da die meisten Inhaftierten sich dieses Rechts nicht bewusst waren. Sie hatten auch nur begrenzten Zugang zu Pflichtverteidigern (USDOS 11.3.2020).

Es herrschte Straflosigkeit für die Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen, die während und nach der Wahl 2010 von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo und Präsident Ouattara begangen wurden (AI 8.4.2020; vgl. HRW 14.1.2020, USDOS 11.3.2020, FH 4.3.2020). Menschenrechtsorganisationen haben den Mangel an fachlicher Kompetenz im Justizbereich kritisiert, der zum Freispruch einiger prominenter Angeklagter aufgrund von Verfahrensfehlern führte (BTI 2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021

- AI – Amnesty International (8.4.2020): Human Rights in Africa: Review of 2019 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028270.html, Zugriff 3.2.2021

- BTI – Bertelsmann Transformation Index (ohne Datum): BTI 2020 Cote d’Ivoire, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf, Zugriff 4.2.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030854.html, Zugriff 1.2.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 1.2.2021

- LIPortal – Das-Länderinformations-Portal (11.2020): Cote d’Ivoire, Staat; Justiz, Sicherheit und Militär, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/#c47162, Zugriff 3.2.2021

- USDOS – US Departement of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026389.html, Zugriff 1.2.2021

Sicherheitsbehörden

Eine Kabinettsumbildung führte zur Aufteilung von Funktionen die zuvor vom Ministerium für Inneres und Sicherheit verwaltet wurden, und zur damit verbundenen Einrichtung eines neuen Ministeriums für Sicherheit und Zivilschutz und eines Ministeriums für Territorialverwaltung und Dezentralisierung. Die Nationale Polizei (unter dem neuen Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz) und die Nationale Gendarmerie (unter dem Verteidigungsministerium) sind für die inländische Strafverfolgung zuständig. Das Koordinationszentrum für operative Entscheidungen, eine gemischte Einheit aus Polizei, Gendarmerie und den Streitkräften der Elfenbeinküste (FACI), unterstützte die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit in einigen Großstädten. Die FACI (unter dem Verteidigungsministerium) ist für die Landesverteidigung zuständig (USDOS 11.3.2020; vgl CIA 22.1.2021).

Die Streitkräfte der Elfenbeinküste (Forces Armees de Cote d'Ivoire, FACI; auch bekannt als Republikanische Streitkräfte der Elfenbeinküste, FRCI) bestehen aus dem Heer (Armee de Terre), Marine (Marine Nationale), Luftwaffe der Cote (Force Aerienne Cote) und den Spezialkräften (Forces Speciale) (CIA 22.1.2021).

Das Direktorat für territoriale Überwachung (DST), das dem Ministerium für Sicherheit und Zivilschutz untersteht, ist für die Abwehr von Bedrohungen von außen zuständig. Die Militärpolizei und das Militärgericht sind für die Untersuchung und Verfolgung mutmaßlicher interner Übergriffe durch Mitglieder der Sicherheitsdienste zuständig. Die zivilen Behörden hatten zeitweise keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency (22.1.2021): The World Factbook, Cote d’Ivoire, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security, Zugriff 3.2.2021

- USDOS – US Departement of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026389.html, Zugriff 1.2.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Zu den wichtigsten Menschenrechtsproblemen gehörten willkürliche Tötungen durch die Polizei, willkürliche Inhaftierungen durch Sicherheitskräfte, harte Haftbedingungen, politisch motivierte Inhaftierungen, mangelnde Unabhängigkeit der Justiz, Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Internetfreiheit, Behinderungen des Rechts auf friedliche Versammlung und Vereinigung, Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen, die die Regierung kaum strafrechtlich verfolgte, Gewaltverbrechen gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle (LGBTI) Personen sowie Kinderarbeit. Die Regierung unternahm nicht immer Schritte zur strafrechtlichen Verfolgung von Beamten, die Übergriffe begingen, sei es in den Sicherheitsdiensten oder in anderen Bereichen der Regierung (USDOS 11.3.2020).

Das Ministerium für Justiz und Menschenrechte ist für die Umsetzung und Überwachung der Menschenrechtspolitik der Regierung zuständig, war aber nicht effektiv. Die Nationale Menschenrechtskommission wurde in den Nationalen Rat für Menschenrechte (CNDH) umgewandelt, eine Änderung, die dem CNDH mehr finanzielle und operative Autonomie als beratendes Gremium verschaffen sollte, das über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte berät, diese bewertet und Vorschläge erarbeitet. Dennoch blieb die Organisation vollständig abhängig von der Finanzierung durch die Regierung (USDOS 11.3.2020).

Eine Reihe von Gesetzesreformen führte zu einigen Verbesserungen beim rechtlichen Schutz der Menschenrechte. Die Regierung verabschiedete Gesetze, die Folter als eigenständiges Verbrechen definierten und Maßnahmen einführten, die den Rückgriff auf die Untersuchungshaft verringern und die Gleichstellung der Ehe verbessern könnten. Einige Bestimmungen der neuen Gesetze könnten jedoch zur Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit genutzt werden (HRW 14.1.2020).

Die Menschen können sich im Allgemeinen frei an politischen Diskussionen und Debatten beteiligen, ohne Angst vor Schikanen oder Inhaftierung zu haben (FH 4.3.2020).

Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung ein. Sicherheitskräfte gingen ungestraft mit exzessiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten vor. Politische Aktivisten, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger wurden willkürlich festgenommen und inhaftiert. Neue Gesetze führten zu weitreichenden Einschränkungen der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Frauen (AI 8.4.2020).

Quellen:

- AI – Amnesty International (8.4.2020): Human Rights in Africa: Review of 2019 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028270.html, Zugriff 3.2.2021

- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030854.html, Zugriff 1.2.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 1.2.2021

- USDOS – US Departement of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026389.html, Zugriff 1.2.2021

Grundversorgung und Wirtschaft

Eine staatliche Gewährleistung der Grundversorgung der Bevölkerung gibt es nicht. Zwar gewährleistet die tropische Landwirtschaft in manchen Gebieten eine ausreichende Versorgung der Menschen auf Subsistenzbasis, aber vor allem in den ländlichen Regionen im Norden und Westen des Landes besteht große Nahrungsmittelunsicherheit. Betroffen sind insbesondere von Frauen geführte Haushalte (AA 9.10.2020).

Die Möglichkeit zum Erhalt von Sozialhilfe besteht ebenfalls nicht. Côte d‘Ivoire verfügt über kein Sozialversicherungssystem und staatliche Hilfen sind praktisch nicht vorhanden. Bedürftige sind ausschließlich auf die Unterstützung von NGOs, Kirchen, Privatpersonen oder Familienangehörigen angewiesen. Die meisten dieser Anlauflaufstellen sind jedoch nicht in der Lage, regelmäßige Unterstützung zu leisten. Es werden häufig nur einmalige Verteilaktionen in verschiedenen Regionen des Landes organisiert. Auch internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm WFP bieten Hilfeleistungen an. WFP setzt hier den Schwerpunkt auf die Versorgung von Kindern und Frauen durch Lebensmittel und Geldleistungen und ist beratend beim Aufbau eines nationalen Programms zur Gabe von Schulmahlzeiten beteiligt. Staatliche Aufnahmeeinrichtungen oder andere Hilfen, die über das hinausgehen, was der restlichen Bevölkerung zur Verfügung steht, gibt es nicht (AA 9.10.2020).

Die Arbeitslosenquote beträgt 3,4 Prozent und die Inflationsrate -1,11 Prozent (laenderdaten.info o.D.; vgl. CIA 22.1.2021).

Im Human Development Index (HDI) der Vereinigten Nationen für 2020 belegt die Cote d`Ivoire Rang 162 von 189 gelisteten Staaten (HDI o.D.).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021

- CIA – Central Intelligence Agency (22.1.2021): The World Factbook, Cote d’Ivoire, Economic Overview, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#economy, Zugriff 3.2.201

- laenderdaten.info (ohne Datum): Elfenbeinküste, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Elfenbeinkueste/index.php, Zugriff 3.2.2021

- UNDP – United Nations Development Programme (ohne Datum): Human Development Data Center, http://hdr.undp.org/en/data, Zugriff 5.2.2021

Medizinische Versorgung

Die öffentlichen Krankenhäuser entsprechen nicht dem europäischen Standard (schlechte hygienische Verhältnisse, Mangel an Fachpersonal, unzureichende Versorgung mit Medikamenten vor allem im Landesinneren). Die Anzahl der HIV-Infektionsfälle ist im Ansteigen (Bmeia 29.1.2021).

Außerhalb von Abidjan ist die medizinische Grundversorgung nur teilweise gewährleistet. Krankenhäuser verlangen eine Vorschusszahlung (Bargeld) bevor sie Patienten behandeln (EDA 29.1.2021).

Die Côte d’Ivoire verfügt über eine medizinische Infrastruktur. Es gibt zahlreiche private Kliniken sowie einige größere staatliche Krankenhäuser, welche sich jedoch zum größten Teil in Abidjan befinden. In ländlicheren Regionen gibt es kleinere Kliniken und Praxen, die aber für Behandlungen komplizierterer Erkrankungen nicht ausgestattet sind. Grundsätzlich hängen Qualität und Möglichkeiten der Behandlung in erheblichem Maße von den verfügbaren finanziellen Mitteln des Patienten ab. Häufig stellt bereits der Transport eines Patienten in das nächstgelegene Krankenhaus eine finanzielle Hürde dar. Die Behandlung selbst ist in staatlichen Krankenhäusern kostenlos, jedoch müssen erforderliche Medikamente und Behandlungsmaterialien wie Handschuhe, Verbände etc. vorab selbst gekauft werden. Es gibt in manchen Krankenhäusern eine Art Sozialdienst, der im Notfall einspringen kann. Wartezeiten und Ausstattung öffentlicher Krankenhäuser sind wesentlich schlechter als bei Privatkliniken. Die stationäre Aufnahme im Krankenhaus erfolgt nur gegen vorherige Zahlung eines geringen Tagesgeldsatzes. Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen auch in Notfällen die medizinische Grundversorgung nicht (oder nur nach Zahlung eines Bestechungsgelds) gewährt wird. Chronische, verbreitete Erkrankungen wie HIV/Aids können im Rahmen einer retroviralen Therapie behandelt werden. Die Medikamente hierfür werden kostenfrei ausgegeben. Fachwissen für Diagnostik und Behandlung anderer Krankheiten ist überwiegend im privaten Gesundheitssektor vorhanden, jedoch mit entsprechend hohen Kosten verbunden. Die Dichte an Apotheken ist in den größeren Städten hoch. Sie sind gut ausgestattet und verkaufen gängige Medikamente aller Art, meist sogar rezeptfrei. Viele Medikamente werden zudem staatlich subventioniert, sodass diese auch für finanziell schlechter gestellte Patienten zugänglich sind. Insbesondere in den ländlichen Teilen der Côte d’Ivoire können sich viele Patienten allerdings dennoch notwendige Medikamente nicht leisten. Die Regierung treibt seit 2016 den Aufbau eines universellen Krankenversicherungssystems voran. Die Couverture Maladie Universelle kostet 1000 FCFA (ca. 1,50€) im Monat. Bisher steht die Krankenversicherung nur einem kleinen Teil der im formellen Sektor Beschäftigten zur Verfügung. Die Prozedur der Registrierung aller Berechtigten ist noch nicht abgeschlossen (AA 9.10.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021

- BmeiA – Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten (29.1.2021): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 29.1.2021

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (29.1.2021): Côte d’Ivoire, medizinische Versorgung, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5, Zugriff 29.1.2021

Rückkehr

Das Hauptproblem von rückgeführten Staatsangehörigen ist der Gesichtsverlust, der mit einem gescheiterten Auswanderungsversuch einhergeht. Häufig hat die gesamte Familie für die Ausreise zusammengelegt, weshalb die Scham bei den Betroffenen groß ist, wenn sie es nicht schaffen, im Zielland ihrer Ausreise Fuß zu fassen. Rückgeführte fürchten daher oft die Begegnung mit ihrer Familie. Bei freiwilligen Rückkehrern sieht die Situation oftmals anders aus und eine Reintegration verläuft meist problemlos. Politische oder staatliche Repressionen bzw. strafrechtliche Verfolgung haben Rückkehrer nicht zu fürchten. Ein soziales Auffangnetz für Rückkehrer gibt es nicht. Unbegleitete Minderjährige, die rückgeführt werden und keine Familie haben, die sie aufnimmt, können bis zu einem Alter von ca. 12 Jahren möglicherweise in einem Heim oder einem SOS-Kinderdorf untergebracht werden. Ein verlässliches System für die Betreuung dieser Personengruppe gibt es aber nicht (AA 9.10.2020).

Quellen: - AA – Auswärtiges Amt (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021

Dokumente

Die Côte d’Ivoire verfügt über kein zuverlässiges Urkundenwesen. Die Beschaffung von echten Dokumenten unwahren Inhaltes oder aber von Fälschungen ist problemlos möglich, wobei insbesondere erstere häufig verwendet werden. Auch der Diebstahl von Identitäten, z. B. von verstorbenen Personen, ist an der Tagesordnung. Insbesondere Geburtsurkunden enthalten oft falsche Angaben zu Geburtsdatum oder Abstammung. Ein Geburtenregistereintrag nebst zugehöriger Geburtsurkunde beliebigen Inhaltes kann durch ein Nachbeurkundungsurteil, welches man durch Vorsprache beim Gericht erwirken kann, ganz legal und ordentlich nachbeurkundet werden. Generell gestaltet sich der Zugang zu Fälschungen oder aber zu echten Urkunden unwahren Inhalts recht einfach. In einem Verwaltungsapparat, in welchem Korruption weitverbreitet ist, kann bereits durch die Zahlung geringer Beträge eine Vielfalt an Urkunden erworben werden. Insbesondere im Bereich der Schengenvisaanträge werden oft Fälschungen vorgelegt, die sich ohne Zutun von Behörden erlangen lassen. Gefälscht werden meistens Einladungsschreiben oder Kontoauszüge. Im Bereich der nationalen Visa sind Personenstandsurkunden häufig gefälscht (AA 9.10.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt der Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakten des BVwG. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen betreffend die Identität des BF und zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich ergeben sich aus den entsprechenden Äußerungen gegenüber dem BFA und der Sicherheitsorgane. Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die Angaben des BF in den bisherigen Verfahren. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen.

Die Feststellungen über die zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergibt sich aus dem Strafregisters der Republik Österreich und den im Akt befindlichen Kopien der jeweiligen strafgerichtlichen Verurteilungen.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus den dem BVwG vorliegenden Auskunft aus dem Zentralmelderegister und dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellungen betreffend die ebenfalls zur Vorentscheidung im Wesentlichen unveränderten persönlichen Verhältnissen-, und Lebensumstände in Österreich, dass der BF weder ein schützenswertes Privat-, noch Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität in Österreich besteht, ergeben sich aus den Angaben des BF vor dem BFA. Dass der BF erst seit 17.11.2021 im gemeinsamen Haushalt des mit einer namentlich genannten Frau lebt, ergibt sich aus dem Zentralmelderegister und den Ausführungen des Rechtsvertreters in der eingebrachten Beschwerde.

Dass sich der Gesundheitszustand des BF seit dem Abschluss des rechtskräftigen abgeschlossenen Vorverfahrens nicht maßgeblich geändert hat, dieser nicht unter akut schweren bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet und nicht immungeschwächt ist, ergibt sich aus seinen Angaben bei der Einvernahme am 21.10.2021 und wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt. Auch in der Beschwerde wurde diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Die Feststellung, dass sich an der allgemeinen Sicherheits-, als auch (medizinische) Versorgungssituation in der Elfenbeinküste hinsichtlich des bereits im ersten Verfahrensgang herangezogenen Länderberichtsmaterials auch nunmehr unter Berücksichtigung der weltweiten Corona Pandemie nichts verfahrenswesentliches geändert hat, beruht auf einen Vergleich der im relevanten Vorerkenntnis enthaltenen Länderberichte zum Herkunftsstaat mit den im nunmehr angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderberichten zur maßgeblichen Situation. Dass sich die Lage im Herkunftsstaat insgesamt relevant in Bezug zur rechtskräftigen Vorentscheidung geändert hätte, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt. Die in der Beschwerde angesprochene Teilreisewarnung richtet sich nicht an Staatsangehörige der Republik Elfenbeinküste und ist über dies auf Grenzgebiete des Herkunftsstaats des BF eingeschränkt. Der BF hat eine persönliche Betroffenheit nicht dargetan.

Der BF erstatte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde konkrete Angaben, welche die Annahme einer umfassenden Integration in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht in Österreich rechtfertigen würde.

Die Feststellung, dass der BF nicht die Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufenthaltsrechtes nach § 57 AsylG verfügt, ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt bzw. wurde ein diesem Ergebnis substantiell widersprechendes Vorbringen im gesamten Verfahren nicht erstattet.

2.3. Zu den Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat zur Begründung seines zweiten Folgeantrages neben dem Hinweis auf die bereits mit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2019 als unglaubhaft beurteilten Verfolgungsbehauptungen lediglich neu vorgebracht, dass mittlerweile vor etwa einem Jahr seine Mutter getötet worden sei und daraus abgeleitet, dass auch er selbst bei einer Rückkehr am Leben gefährdet wäre.

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass diesem Vorbringen kein glaubhafter Kern zukommt und hat diese Beurteilung im angefochtenen Bescheid auch tragfähig begründet. Wenn es tatsächlich etwa ein Jahr vor Stellung des zweiten Folgeantrages zu einer Tötung der Mutter des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat gekommen wäre, so wäre dieser in der Lage gewesen, die Art des Zuganges dieser Information an ihn bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme übereinstimmend darzustellen. Er hat jedoch widersprüchlich bei der Erstbefragung vorgebracht, dass er darüber von Freunden im Herkunftsstaat erfahren hätte, während er im Zuge der Einvernahme angab, dass ihm dies durch eine Freundin seiner Mutter mitgeteilt worden sei. In der Beschwerde ist dieser Widerspruch nicht ausgeräumt worden.

Die Behörde hat ebenso zu Recht darauf hingewiesen, dass die behauptetermaßen etwa ein Jahr vor Stellung des zweiten Folgeantrages erfolgte Tötung der Mutter des Beschwerdeführers im Falle des tatsächlichen Zutreffens von diesem wohl im erst im März 2021 abgeschlossenen Verfahren über seinen ersten Folgeantrag vorgebracht worden wäre. Da dies nicht erfolgt ist, ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen ein tatsachenwidriges Sachverhaltskonstrukt zur Stützung seines zweiten Folgeantrages vorgebracht hat. Die Beschwerde hat es nicht unternommen, dieser Erwägung zu entkräften.

Weiters hat die Behörde im angefochtenen Bescheid auch den Umstand aufgegriffen, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.07.2019 als unglaubhaft beurteilt worden ist und daher auch die darauf aufbauende neue Verfolgungsbehauptung nicht zutreffend sein könne. Auch diese beweiswürdigende Erwägung ist in der Beschwerde unwidersprochen geblieben.

Soweit in der Beschwerde zu den Unklarheiten im Vorbringen des Beschwerdeführers über den bei der Einvernahme am 21.10.2021 behaupteten Telefonanruf einer Freundin seiner Mutter an eine Mobiltelefonnummer seines in Österreich aufhältigen Freundes dadurch entgegenzutreten versucht wurde, dass die Behauptung erstattet wurde, die Telefonnummer dieses Freundes habe sich im Nachlass der Mutter des Beschwerdeführers gefunden, bleibt darauf hinzuweisen, dass selbst im Falle des Zutreffens damit die weiteren für sich bereits tragfähigen Widersprüche und Unstimmigkeiten in der Begründung des Folgeantrages des Beschwerdeführers nicht ausgeräumt worden sind.

2.4 Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Wie bereits oben ausgeführt, haben sich weder aus dem Vorbringen des BF, noch aus den im Vorverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zum Herkunftsstaat, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des dort verwendeten Quellenmaterials, sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens maßgeblich geänderten Sachverhalt ergeben. Ein solcher wurde, wie bereits oben dargelegt, durch den BF und auch in der Beschwerde nicht ausreichend substantiiert und nachvollziehbar dargelegt.

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Es handelt sich dabei um Berichte diverser anerkannter staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen bzw. Organisationen und bieten diese ein in inhaltlicher Hinsicht grundsätzlich übereinstimmendes und ausgewogenes Bil

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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