Entscheidungsdatum
10.01.2022Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W176 2248975-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. NEWALD über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch HERBST KINSKY RAe GmbH, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 23.08.2021, Zl. 2021.544.655, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 04.11.2021, Zl. 2021-0.651.018, betreffend Erteilung einer Grabungsbewilligung:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesdenkmalamt zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit E-Mail vom 23.07.2021 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer an das Bundesdenkmalamt (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Durchführung einer archäologischen Grabung im Zeitraum vom 02.11.2021 bis 30.11.2022 im Bereich der Fundzone XXXX , auf dem Grundstück Nr. XXXX , EZ XXXX , KG XXXX . Dem Antrag war eine Projekt- und Methodikbeschreibung angeschlossen.
Aus einer im Verwaltungsakt befindlichen Stellungnahme der Amtssachverständigen XXXX geht hervor, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung gegeben seien, aber die „Standardauflage 2 (da invasive Maßnahme zutreffend)“ sei, weil dadurch eine Schonung der Substanz und eine weitgehende Bereinigung des Bodeneingriff erzielt werden könne und als weitere Auflage – in Hinblick auf die archäologisch relevante Befunde – die stratigraphische Grabungsmethode anzuwenden sei.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz (DMSG) die beantragte Grabungsbewilligung, dies jedoch unter zwei Auflagen (Anwendung der stratigraphischen Grabungsmethode und Dokumentation jeder stratigraphischen Einheit [Auflage 1.] sowie Sicherung unbeweglicher Bodendenkmale und Wiederherstellen des ursprünglichen Zustands [Auflage 2.]) und (nur) für den Zeitraum von 25.08. bis 31.12.2021.
Begründend führte sie Folgendes aus:
Die Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche dürften gemäß § 11 Abs. 1 DMSG nur mit Bewilligung des Bundesdenkmalamtes vorgenommen werden. Im Rahmen der erteilten Bewilligung seien Veränderungen und Zerstörungen an Bodendenkmalen nur in jenem Ausmaß gestattet, als dies im Zuge der Umsetzung der Maßnahme unter Bedachtnahme auf den Stand von Wissenschaft und Technik unvermeidlich und daher notwendig ist. Die vom DMSG geforderten Voraussetzungen würden vom Beschwerdeführer erfüllt und das vorgelegte Konzept lasse grundsätzlich eine ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahme erwarten. Die Auflagen seien in den Spruch aufzunehmen gewesen, weil nur unter diesen Voraussetzungen die gesetzeskonforme Durchführung im Detail gewährleistet sei.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Bescheid verletze in Hinblick auf die erteilten Auflagen zunächst die Wissenschaftsfreiheit nach Art 17 StGG. Denn ein Eingriff in diese sei nur zulässig ist, wenn er zum Schutz eines anderen Rechtsgutes erforderlich und zweckmäßig sei. Ein solches Rechtsgut sei aber im gegenständlichen Falle nicht vorhanden, weil die Bestimmung des §§ 11 DMSG im gegenständlichen Falle gar nicht anwendbar sei, da § 11 DMSG voraussetze, dass an der Erhaltung des konkret betroffenen Denkmals ein öffentliches Interesse bestehe. Ein der uneingeschränkten Ausübung seiner Methodenfreiheit durch den Beschwerdeführer entgegenstehendes, im öffentlichen Interesse erhaltenswertes Rechtsgut, das deren Beschränkung und Einschränkung durch Auflagen rechtfertigen könnte, fehle also. Somit seien auch die von der belangten Behörde angeordneten Auflagen unzulässig. Eine Begründung dafür, weshalb von der belangten Behörde die Verwendung der stratigraphischen Methode verpflichtend vorgeschrieben werde, statt dem Beschwerdeführer die Wahl der auf die konkreten Umstände an Ort und Stelle angepassten, geeigneten Methode(n) selbst zu überlassen, fehle im bekämpften Bescheid völlig.
Zugleich verletzte der Bescheid das sich aus Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG ergebende Sachlichkeitsgebot, da er jegliche sachliche Begründung für die Notwendigkeit des Inhalts von Auflage 1. vermissen lasse. Gleiches gelte für die Auflage 2 des bekämpften Bescheides, durch die der Beschwerdeführer verpflichtet werde, bei Abschluss der Maßnahme von dieserunmittelbar betroffene unbewegliche Bodendenkmale nach vorheriger Festlegung mit der belangten Behörde zu sichern und Veränderungen der Erdoberfläche bei Abschluss der Maßnahme soweit als möglich durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands rückgängig zu machen.
Darüber hinaus stelle die Wiederverfüllung des Grabungsschnittes, wie durch Auflage 2. erforderlich, wenigstens eine maßgebliche Veränderung der Erscheinung und künstlerischen Wirkung der bei der Grabung entdeckten unbeweglichen geschützten Denkmale dar. Eine Bescheidauflage im Grabungsgenehmigungsbescheid nach § 11 Abs. l DMSG sei aber nicht geeignet, einen Bescheid gemäß § 5 Abs. 1 DMSG zu ersetzen. Auflage 2. würde den Beschwerdeführer somit zur Verwirklichung eines Straftatbestandes verpflichten und sei somit rechtswidrig.
Was den Gültigkeitszeitraum der erteilten Bewilligung vom 25.8.2021 bis 31.12.2021 betreffe, habe die belangte Behörde entgegen dem Antrag und ohne jedwede Begründung im bekämpften Bescheid den Gültigkeitszeitraum der Bewilligung auf die Zeit vom 25.08.2021 bis 31.12.2021 eingeschränkt und noch dazu signifikant in jene Zeit des Jahres vorgezogen, in welcher der Beschwerdeführer durch andere, laufende Projekte an der Durchführung des im gegenständlichen Bescheid genehmigten Projekts gehindert sei. Da sowohl § 11 Abs. 4 DMSG als auch § 11 Abs. 6 DMSG eindeutig vorsehen würden, dass auch mehrjährige Projekte bewilligungsfähig seien, so ergebe sich aus der Rechtslage kein nachvollziehbarer Grund für eine solche zeitliche Beschränkung.
Es werde daher beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers ohne Vorschreibung von Auflagen und für den von ihm beantragten Zeitraum von 02.11.2021 bis 30.11.2022 stattgegeben wird.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.11.2021 änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die Grabungsbewilligung in der Zeit von 02.11. bis 31.12.2021 erteilt wird.
In der Begründung wird nach Wiedergabe der Beschwerde zunächst folgende zwei fachliche Äußerungen von Amtssachverständigen der belangten Behörde wiedergegeben:
„Wie [zuvor] festgehalten, handelt es sich beim Datum des Beginns um einen Schreibfehler. Die im Bescheid erlassene Auflage der stratigrafischen Grabungsmethode entspricht dem allgemein anerkannten Stand der Technik in Österreich und erlaubt eine genaue Dokumentation von taphonomischen Prozessen an einem Siedlungsbefund.
XXXX , 08.10.2021“
Bzw.
„Ein Verzicht auf die Anwendung der stratigraphischen Methode würde einen Verzicht auf einen Teil der nur im Zuge der Grabung zu gewinnenden Informationen und damit einen dokumentationslosen Teilverlust des zwangsweise zu zerstörenden Bodendenkmals bedeuten. Die zweite Auflage soll die denkmalgerechte Bewahrung von an Ort und Stelle erhaltbaren Befunden garantieren. Letztlich entsteht die Verpflichtung zur Beiziehung des BDA auch aus § 11 Abs. 4 und § 9 Abs. 3 DMSG. Die - soweit als möglich gebotene - Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands dient ebenfalls der Schonung des Bodendenkmals und des Grundstücks an sich.
8. 10. 2021 XXXX "
Sodann wird festgestellt, dass es sich bei dem im angefochtenen Bescheid angeführten Datum des Beginns der Grabungsbewilligung um einen Schreibfehler handle, und die erlassenen Auflagen der Verhinderung eines dokumentationslosen Teilverlustes des zwangsweise zu zerstörenden Bodendenkmals und der Schonung des Bodendenkmals und des Grundstückes an sich dienten. Diese ergebe sich aus den fachlichen Äußerungen der genannten Amtssachverständigen.
In rechtlicher Hinsicht wurde zunächst bezüglich der Befristung auf § 11 Abs. 1 vorletzter Satz und Abs. 6 DMSG verwiesen, die darauf abzielten, dass der belangten Behörde eine Entscheidung über den weiteren Umgang mit Funden und Befunden bzw. mit dem Bodendenkmal bis hin zur Erklärung des öffentlichen Interesses an seiner Erhaltung möglich sein müsse, dies insbesondere bei archäologischen Grabungen, die das Bodendenkmal oder zumindest Teile davon unwiederbringlich zerstörten. Da den erforderlichen und im Vorhinein vielfach unabwägbaren denkmalfachlichen Entscheidungsfindungen sonst die rechtliche Grundlage entzogen wäre, könnten naturgemäß die Bewilligungsbescheide nur eine begrenzte Laufzeit haben. Dies gelte sowohl für die Abwägung der für die Bewilligung weiterer Eingriffe in das Bodendenkmal sprechender - wirtschaftlicher, wissenschaftlicher oder sonstiger - Gründe als auch für Auflagen zur Erhaltung von Funden und Befunden bzw. deren konservatorische und restauratorische Behandlung. So würde eine über einen längeren Zeitraum oder eine unbegrenzt laufende Bewilligung auch der erforderlichen Anpassung an den Stand von Wissenschaft und Technik widersprechen, der sich gerade im Bereich der Archäologie rasant entwickelt habe. Zudem habe sich in der Verwaltungspraxis zu den jährlich derzeit etwa 700 Bewilligungsbescheiden nach § 11 DMSG eine regelhafte Begrenzung auf ein Kalenderjahr bewährt, damit neben der Kontrolle vor Ort auch die Kontrolle der Berichte und Dokumentationen - diese träten ja insbesondere bei einer Grabung an Stelle des zerstörten Bodendenkmals - zeitnah und österreichweit einheitlich erfolgen und bei groben festgestellten Fahrlässigkeiten von Berichtpflichtigen eine weitere Bewilligung begründet verweigert werden kann. Da dem Beschwerdeführer durch die vorgenommene Befristung freistehe, für eine weitere Grabungstätigkeit einen neuen Antrag einzubringen, sei er durch die auf Grundlage der genannten Bestimmungen und aus den dargestellten Gründen vorgenommene Befristung der Grabungsgenehmigung nicht in seinen Rechten verletzt.
Die Auflagen seien wiederum im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung gemäß § 11 Abs.5 DMSG erteilt worden. Sofern eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit behauptet werde, seien die Überlegungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 04.10.2019, Zl. W176 2132430-1, zur Frage des gesetzlich vorgesehenen Erfordernisses der Absolvierung eines einschlägigen Studiums angestellt habe, über die gegenständliche Thematik übertragbar. Denn die gegenständlich erteilten Auflagen zielten darauf ab, dass die Grabung nicht unsachgemäß durchgeführt wird und dass auch die nur im Zuge der Grabung zu gewinnenden Informationen nicht verloren gehen und damit einen dokumentationslosen Teilverlust des zwangsweise zu zerstörenden Bodendenkmals auslösen. Es liege daher ein Eingriff nicht einmal vor, die Auflagen richteten sich nicht intentional gegen die Durchführung der Grabung und dem Gewinnen wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern dienten dem Sicherstellen der guten wissenschaftlichen Praxis. Auch sei die Grabung per se ja bewilligt worden, die erlassenen Auflagen hätten dasselbe Ziel wie eben die Voraussetzung einer entsprechenden Ausbildung, nämlich den Schutz eines anderen Rechtsgutes - hier zum Schutz des archäologischen Erbes - sofern sie erforderlich und verhältnismäßig sind. Aus dem gleichen Grund liege entgegen dem Beschwerdevorbringen auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsatz vor.
5. Mit einem fristgerecht eingebrachten Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag. Darin führte er zusammengefasst aus, dass den von ihm in der Beschwerde gestellten Anträgen in der Beschwerdevorentscheidung nicht Rechnung getragen worden seien.
6. Mit Schreiben vom 26.11.2021 (eingelangt am 03.12.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
7. Mit Schriftsatz vom 13.12.2021 modifizierte der Beschwerdeführer seinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz gemäß § 13 Abs. 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) dahingehend, dass der Beginn der Genehmigung mit 01.05.2021 und das Ende mit 31.05.2023 festgesetzt werde.
Weiters führte er aus, dass die in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Gründe nichts an der Rechtswidrigkeit der Fristverkürzung zu ändern vermöge; insbesondere gelte dies für die unsubstantiiert ventilierte Behauptung, dass sich eine bestimmte Verwaltungspraxis bewährt habe, sowie den Hinweis auf die Möglichkeit der erneuten Antragstellung nach Fristende (die im Übrigen zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen würde).
Überdies sei das Argument einer vermeintlich rasanten Entwicklung von Wissenschaft und Technik im Bereich der Archäologie im Lichte einer lediglich für einen Zeitraum von 13 Monaten beantragten Grabungsbewilligung jedenfalls unzutreffend, zumal die betreffenden Richtlinien in Hinblick auf die Methodik bei Grabungen inhaltlich niemals geändert worden seien. Auch zeichne sich im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs keine grundlegende Änderung der Methoden der Archäologie ab.
Was die Auflagen angehe, liefere die belangte Behörde weiterhin keine Begründung, warum gerade die stratigraphische Methode vorzuschreiben gewesen sei; sie begnüge sich vielmehr mit der Wiedergabe von (offenbar erst nach Eingehen der Beschwerde eingeholten) Äußerungen von Amtssachverständigen, in den behauptet werde, dass mit dem Verzicht auf die Vorschreibung dieser Methode ein dokumentationsloser Teilverlust des zwangsweise zu zerstörenden Bodendenkmals einhergehe. Warum dies der Fall sei, warum der stratigraphischen Methode der Vorzug gegenüber anderen Methoden zu geben sei und warum die vom Beschwerdeführer geplante Methodik nicht zur Zielerreichung geeignet sei, werde jedoch weder von den Amtssachverständigen noch von der belangten Behörde dargelegt.
Diesbezüglich verweist der Beschwerdeführer auf ein zugleich übermitteltes Privatsachverständigengutachten von Prof. emer. Mag. Dr. Raimund KARL vom 03.12.2021, in dem dieser (nach einem Befund, in dem auf den Gegenstand des Gutachtens, die verwendeten Quellen, den Stand der Technik und Wissenschaft im Bereich der Grabungsmethodik sowie die Umstände des konkreten Falles eingegangen wird) zusammengefasst zum Ergebnis kommt, dass die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Vorgehensweise zur Entnahme von Bodenproben aus dem kupferzeitlichen Grubenbefund eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Grabungsmethode darstelle, die dem derzeitigen Stand von Technik und Wissenschaft in der archäologischen Feldforschung entspricht, und diese Vorgehensweise keinen nationalen oder internationalen facharchäologischen Standards oder Normen der wissenschaftlichen Grabungsmethodik widerspreche, sondern im Gegenteil zu einer wesentlich gezielteren Probenentnahme und besseren Dokumentation der Befundsituation führe. Hingegen entsprächen die der Entscheidung der Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zugrundeliegenden Äußerungen der Amtssachverständigen weder dem Tenor der einschlägigen Fachliteratur zu archäologischer Grabungsmethodik noch den Standards der führenden internationalen archäologischen Berufsverbände und Fachgesellschaften.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen, der Beschwerde sowie der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13.12.2021.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
3.1.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.1.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung präzisierend wie folgt aus (zuletzt VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, mwN):
„In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN).“
Auch eine Verlagerung der wesentlichen Ermittlungen auf das Verwaltungsgericht und damit eine erstmalige Beurteilung des gesamten entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht rechtfertigt eine neuerliche Befassung der belangten Behörde (vgl. VwGH 11.11.2021, Ra 2021/21/0174)
3.2. Zur Zuständigkeit des Bundesdenkmalamtes
3.2.1. Gemäß § 11 Abs. 1 DMSG bedarf die Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) sowie sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche einer Bewilligung des Bundesdenkmalamtes.
3.2.2. Im Zusammenhang mit Grabungsbewilligungen entschied der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008), dass die Bewilligungspflicht an die Voraussetzung geknüpft ist, dass die Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) "zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale" unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche erfolgt, das bedeutet, dass entweder ein Denkmal bereits vorhanden sein muss (und untersucht) oder ein solches entdeckt werden soll.
Es bedarf eines (objektivierenden) Beurteilungsmaßstabes für die Zweckverfolgung iSd § 11 Abs. 1 DMSG 1923, dem auch für den bei Zuwiderhandeln daran anknüpfenden Verwaltungsstraftatbestand nach § 37 Abs. 2 Z 2 DMSG 1923 Bedeutung zukommt. Der Begriff "Zweck" bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch etwas, was jemand mit einer Handlung beabsichtigt zu bewirken, zu erreichen sucht. Damit scheint primär auf die (subjektive) Intention des Handelnden abgestellt zu werden, also auf den Grund, der von ihm dazu genannt wird. Bei teleologischer, an der Zielsetzung des Denkmalschutzes orientierter Interpretation der Formulierung "Zweck des Entdeckens und der Untersuchung" in § 11 Abs. 1 DMSG 1923 ist zur Objektivierbarkeit und damit Überprüfbarkeit dieser Intention aber ein Kriterium dazu darin zu sehen, ob objektive Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Denkmalen im Untergrund vorliegen, die einerseits berechtigte Gründe für die Annahme der Willensbildung des Grabenden in Richtung beabsichtigter Untersuchung oder Entdeckung darstellen können und andererseits (bei Heranziehung eines objektiven Betrachtungsmaßstabes) begründete Zweifel an einer gegenteiligen Behauptung des Grabenden erzeugen würden. Es kann dem Gesetzgeber nämlich nicht zugesonnen werden, dass er mit der gewählten Formulierung allein auf die subjektiven Beweggründe seitens des Grabenden abstellen und eine Überprüfbarkeit nach objektiven Gesichtspunkten ausschließen wollte. Diese für eine ex ante vorzunehmende Beurteilung konkreten Anhaltspunkte wären bei einer beabsichtigten Untersuchung schon evident dadurch gegeben, wenn das Vorhandensein des im Untergrund befindlichen Denkmals dem Betroffenen bekannt ist. Ansonsten und bei einer bezweckten Entdeckung muss eine konkrete Vermutung oder Wahrscheinlichkeit für ein Vorhandensein bzw. Auffinden denkmalschutzrelevanter Gegenstände gegeben sein; Anhaltspunkte dafür können zB wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter Sachverständiger oder andere allgemein zugängliche Quellen bzw. auch ein laufendes Unterschutzstellungsverfahren sein. Die geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung iSv § 1 Abs. 1 DMSG 1923 ergibt sich dabei aus der in der Fachwelt vorherrschenden Wertschätzung. Unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des DMSG 1923 ist, dass ein Denkmal vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG 1923) bzw. im Falle des § 11 Abs. 1 DMSG 1923, dass zumindest Bodenfunde vermutet werden.
3.2.3.Für den konkreten Fall bedeutet dies wie folgt:
Aus dem vorliegenden Antrag samt Projekt- und Methodikbeschreibung sowie dem unter Punkt I.7. dargestellten Gutachten geht zweifelsfrei hervor, dass sich die geplante Grabungsfläche innerhalb einer kupferzeitlichen Siedlung ( XXXX ) befindet (über die der Beschwerdeführer auch schon publiziert hat). Es liegen somit objektive Hinweise auf das Vorhandensein eines Denkmals vor. Dass es sich dabei um ein zu schützendes Denkmal (vgl. § 1 Abs. 2 DMSG) handeln muss, erfordert das Gesetz nicht; denn es ist zwischen dem Begriff des Denkmals und des denkmalgeschützten Denkmals zu unterscheiden.
Somit ist entgegen dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen, das die Zuständigkeit des Bundesdenkmalamtes in Abrede stellt, die belangte Behörde zuständig, über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden.
3.3. Zu den Auflagen
3.3.1. Einleitend ist festzuhalten, dass Hauptinhalt und Nebenbestimmungen wie etwa Auflagen in einem Bescheidspruch ein untrennbares Ganzes bilden und auch nur zusammen bekämpft werden können und gemeinsam in Rechtskraft erwachsen. Siehe Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 413/3; VwGH 03.11.2008, 2007/10/0088
3.3.2. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde, wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, es (auch in der Beschwerdevorentscheidung) unterlassen, Feststellungen zu treffen, aus denen abgeleitet werden kann, dass die dem Beschwerdeführer mit Auflage 1. vorgeschriebene stratigraphische Grabungsmethode zur Dokumentation der zu erwartenden archäologischen Hinterlassenschaften besser geeignet ist als die vom Beschwerdeführer in seinem Antrag dargelegte Methodik.
Was die zweiten Auflage betreffend Sicherung unbeweglicher Bodendenkmale und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angeht, wird in der Beschwerdevorentscheidung (gestützt auf die entsprechende Aussage in der fachlichen Äußerung des Amtssachverständigen Dr. XXXX ) nun festgestellt, dass diese Auflage der Schonung des Bodendenkmals und des Grundstücks an sich dient. Damit werden aber keine Feststellungen im Sinne von Ausführungen zur Beschaffenheit des Bodendenkmals oder des Grundstücks festgestellt, aus denen der Schluss gezogen werden kann, dass eine derartige Auflage im vorliegenden Fall (der sich im Übrigen dadurch auszeichnet, dass die gegenständliche Siedlungsgrube vom Beschwerdeführer 2014 bereits zu mehr als der Hälfe im Rahmen einer Rettungsgrabung anlässlich der Errichtung einer Windparkanlage ausgegraben wurde) rechtlich geboten ist.
Indem die Frage der Grabungsmethode einen unabdinglichen Bestandteil der Grabungsbewilligung darstellt, weil ohne Klärung der Methodik die Grabung nicht durchgeführt werden kann, ist das gesamte Grabungsbewilligungsverfahren somit in seinen Sachverhaltsermittlungen mangelhaft geblieben.
Die genannten Ermittlungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für eine abschließende Beurteilung der Frage notwendig, ob die Grabungsbewilligung unter Auflagen bzw. unter welchen Auflagen diese zu erteilen ist. Da bislang nicht hinreichend ermittelt wurde, macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren über den – zulässigerweise (vgl. etwa VwGH 29.04.2015, 2013/05/0004; 05.03.2014, 2011/05/0135). gemäß § 13 Abs. 8 AVG hinsichtlich des Zeitraums, für den die Grabungsbewilligung beantragt wird, modifizierten – Antrag wird die belangte Behörde die dargestellten Ermittlungsschritte setzen sowie nachvollziehbare Feststellungen treffen müssen, wobei auf die Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör hingewiesen wird. Was die Dauer der Bewilligung angeht, wird sie zu berücksichtigen haben, dass die Textierung von § 11 DSMSG keineswegs nahelegt, dass das Ende des Zeitraumes regelmäßig mit dem Ablauf eines Kalenderjahres zu bestimmen ist, eine Verwaltungspraxis Derartiges nicht begründen kann und die Entwicklung von Wissenschaft und Technik kein Umstand ist, der der Erteilung einer Grabungsbewilligung für einen Zeitraum von 13 Monaten entgegenstehen kann.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Auflage Bodendenkmal Denkmalschutz Ermittlungspflicht Grabungsbewilligung Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2022:W176.2248975.1.00Im RIS seit
08.02.2022Zuletzt aktualisiert am
08.02.2022