TE OGH 2022/1/26 7Ob25/21h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J* S*, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Pfarre *, und 2. Erzdiözese *, beide vertreten durch die Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 323.865,60 EUR sA, Zahlung einer monatlichen Rente und Feststellung, über die Revisionen der klagenden und der zweitbeklagten Partei gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2020, GZ 14 R 115/20i-44, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Jänner 2017, GZ 13 Cg 123/15a-27, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I.1. Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Teilurteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass im gegenüber der erstbeklagten Partei ansonsten unberührt bleibenden Pkt 2. des Ersturteils das Klagebegehren von 23.856,60 EUR samt 4 % Zinsen seit Klagsbehändigung zurückgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.782,96 EUR (darin 297,16 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

I.2. Die Beantwortung der Revision der klagenden Partei durch die zweitbeklagte Partei wird zurückgewiesen; diese hat die Kosten ihres Rechtsmittelschriftsatzes selbst zu tragen.

II. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt insofern dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Im Jahr 2010 wurde nach dem Bekanntwerden erster großer Missbrauchsfälle von der katholischen Kirche, konkret von der Bischofskonferenz, der Superiorenkonferenz und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, die kirchliche Stiftung Opferschutz gegründet. Diese österreichweit eingerichtete Stiftung hat eigene Rechtspersönlichkeit, sie ist organisatorisch von den sonst in der katholischen Kirche bestehenden Rechtspersönlichkeiten, insbesondere auch den Diözesen und den Pfarren unabhängig und auch nicht weisungsgebunden. Hintergrund der Errichtung dieser Stiftung war, dass eine Möglichkeit geschaffen werden sollte, möglichen Opfern von Gewalt, psychischem oder sexuellem Missbrauch durch Repräsentanten der katholischen Kirche auf möglichst unbürokratischem Weg Hilfe und Entschädigungsleistungen zu verschaffen, und zwar unabhängig davon, welcher Rechtsträger innerhalb der katholischen Kirche juristisch gesehen allenfalls verantwortlich gemacht werden könnte, und ob die Ansprüche juristisch überhaupt durchsetzbar wären. Für die Opfer sollte die Möglichkeit einer zentralen Anlaufstelle geschaffen werden, von der sie Hilfeleistungen zuerkannt bekommen konnten, ohne sich mit Fragen der juristischen Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche auseinandersetzen zu müssen.

[2]            Parallel zur Stiftung Opferschutz wurde eine Opferschutzkommission (aus den Medien bekannt als „Klasnic-Kommission“) ins Leben gerufen. Diese ist eine von der katholischen Kirche unabhängige Kommission, für die es keine kirchliche Rechtsgrundlage gibt. Die „Klasnic-Kommission“ ist eine Personengruppe, die sich ehrenamtlich zur Verfügung stellt, um ihr übermittelte Anzeigen von Missbrauchsopfern zu bearbeiten und die erhobenen Vorwürfe auf ihre mögliche Richtigkeit zu prüfen. Sie besteht aus Psychiatern und Psychotherapeuten, die mit den Opfern einen sogenannten Clearing-Prozess durchführen, nach dessen Beendigung die „Klasnic-Kommission“ dann eine Empfehlung abgibt, ob und in welchem Ausmaß jeweils Betroffenen einerseits Therapiestunden bezahlt werden sollen und andererseits Geldersatz zuerkannt werden soll. Von der „Klasnic-Kommission“ werden im Normalfall, so erhobene Vorwürfe für wahr gehalten werden, je nach Schwere des Falles Ersatzbeträge in Höhe von 5.000 EUR, 15.000 EUR oder 25.000 EUR zuerkannt. Dass ein Clearing bei der „Klasnic-Kommission“ absolviert wird, ist Voraussetzung dafür, dass Ersatzleistungen zuerkannt werden. Die Entscheidungen der „Klasnic-Kommission“ werden aufgrund der von der Bischofskonferenz, der Superiorenkonferenz und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs beschlossenen Rahmenordnung der Stiftung freiwillig akzeptiert, ohne dass die Richtigkeit der erhobenen Vorwürfe oder die juristische Durchsetzbarkeit der zuerkannten Leistungen überprüft wird.

[3]       Die kirchliche Stiftung Opferschutz wurde zu dem Zweck eingerichtet, als Zahlstelle für die von der „Klasnic-Kommission“ zuerkannten Leistungen zu fungieren, dh diese Leistungen an die Betroffenen auszuzahlen. Dabei werden Geldleistungen an die Opfer entweder in bar ausbezahlt oder überwiesen und zuerkannte Therapiestunden nach Vorlage von Rechnungen an die jeweiligen Therapeuten bezahlt. Um die Zahlungen zu ermöglichen, wurden der Stiftung Opferschutz ursprünglich von der Bischofskonferenz, der Superiorenkonferenz und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs Geldmittel zur Verfügung gestellt. Von der Stiftung Opferschutz ausbezahlte Gelder werden von dieser dann im Regressweg bei den für den jeweils genannten Täter zuständigen kirchlichen Rechtsträgern eingebracht. Auch diese Regresszahlungen erfolgen in der Regel, ohne dass Verschuldensfragen geprüft werden, was in vielen Fällen, im Hinblick darauf, dass die behaupteten Täter nicht mehr am Leben sind, auch gar nicht möglich wäre. Die Stiftung Opferschutz vertritt keine anderen Rechtspersonen innerhalb der katholischen Kirche und ist dazu auch nicht befugt. Sie ist insbesondere auch nicht befugt, irgendwelche Erklärungen namens anderer Rechtspersonen der katholischen Kirche abzugeben und tut dies auch nicht.

[4]       Im Jahr 2010 lief das Ersatzverfahren so ab, dass sich die Opfer an die Ombudsstellen der jeweiligen Diözesen wenden mussten, die den Fall aufnahmen und direkt an die „Klasnic-Kommission“ weiterleiteten. Wenn das Opfer dann den Clearing-Prozess bei der „Klasnic-Kommission“ absolvierte, gab diese eine Empfehlung ab, die sie der Stiftung Opferschutz übermittelte. Von der Stiftung wurde dann das Opfer kontaktiert und die Auszahlung der empfohlenen Beträge veranlasst. Etwa eineinhalb Jahre nach Aufnahme der Tätigkeit der „Klasnic-Kommission“ und der Stiftung Opferschutz wurde das Verfahren insofern etwas geändert, als der Erstkontakt mit dem Opfer und die Erstuntersuchung von der Ombudsstelle der jeweiligen Diözese übernommen wurde. Ansonsten ist das Prozedere aber gleich geblieben.

[5]       Der am * 1970 geborene Kläger war von 1977 bis 1988 Opfer sexueller Missbrauchshandlungen, die ein mittlerweile verstorbener Priester, Pater T*, an ihm verübte. Die Missbrauchshandlungen fanden im Pfarrhaus der Erstbeklagten statt; der Pater war lediglich im Zeitraum 1980 bis 1982 Pfarrer der Erstbeklagten, bis 1979 und ab 1983 war er Pfarrer anderer Pfarren in *.

[6]       Der Kläger leidet seit geraumer Zeit unter massiven psychischen Beschwerden, insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung mit soziophobischer und agoraphobischer Symptomatik, Panikattacken, Somatisierungsneigung und Zwangssymptomen sowie Migräne und Stottern. Diese Beschwerden sind (zumindest teilweise) auf die sexuellen Missbrauchshandlungen in seiner Kindheit und Jugend zurückzuführen. Er befand sich wegen seiner psychischen Probleme seit vielen Jahren laufend in psychiatrischer bzw psychotherapeutischer Behandlung, er wusste aber zunächst nicht, dass die sexuellen Missbrauchshandlungen zumindest Mitursache für diese Beschwerden gewesen sein könnten. Vielmehr führte er die Beschwerden auf andere Ursachen wie Arbeitsstress (Burn-Out) zurück.

[7]       Ab 9. 11. 2009 war der Kläger in Betreuung bei den psychosozialen Diensten der Stadt * und besuchte das multiprofessionelle sozialpsychologische Ambulatorium *, wo den Patienten Sozialarbeiter, Psychologen und auch Psychiater zur Verfügung stehen, die für die dort betreuten Patienten eine gemeinsame Patientenakte führen. Der Kläger hatte dort Kontakt mit einer Psychiaterin und einer Psychotherapeutin. Im Rahmen der Gespräche ergab sich der Verdacht, dass sexuelle Missbrauchshandlungen vorliegen könnten. Der Kläger wurde schließlich sowohl von Psychiaterin und Psychotherapeutin ermutigt, die Ursache für seine psychischen Probleme in der Kindheit zu suchen.

[8]       Nachdem der Kläger auch erwähnt hatte, „dass es hier einen seltsamen Pfarrer gegeben habe“, gelang es der Psychotherapeutin schließlich, den Kläger so weit auf die möglichen Ursachen seiner Probleme hinzuweisen und zu ermutigen, dass er begann, den möglichen Kausalzusammenhang zwischen den Missbrauchshandlungen und seinen psychischen Problemen zu erkennen, und er sich schließlich an die Ombudsstelle der zweitbeklagten Erzdiözese für Opfer sexuellen Missbrauchs der Kirchen wandte.

[9]       Dort führte der Kläger am 9. 4. 2010 ein einstündiges Erstgespräch mit M*, die ausgebildete Psychotherapeutin und Fachmitglied der Ombudsstelle der Zweitbeklagten für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche ist. Die wesentlichen Inhalte dieses Gesprächs wurden von ihr in einem Protokoll festgehalten und am 28. 4. 2010 durch Einfügung der Ergebnisse zwischenzeitig durchgeführter eigener Recherchen ergänzt.

[10]     Spätestens zum Zeitpunkt dieses Erstgesprächs am 9. 4. 2010 war dem Kläger jedenfalls bekannt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den an ihm von Pater T* begangenen Missbrauchshandlungen und seinen psychischen Problemen bestand. Der Kläger wollte, da ihm nicht bekannt war, dass Pater T* bereits verstorben war, zum einen, dass dieser aus dem Verkehr gezogen werden sollte, und zum anderen Ersatz für die ihm zugefügten Schäden.

[11]     Über Wunsch des Klägers verfasste M* eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft * gegen einen anderen Pater als Mitwisser, von dem der Kläger angab, dass er sich ihm wegen des Missbrauchs anvertraut, von ihm aber keine Hilfe erhalten hätte, sowie ein Schreiben an die Opferschutzkommission („Klasnic-Kommission“) mit der Bitte um Zuerkennung einer Entschädigung. Diese Schreiben vom 28. 4. 2010 wurden vom Kläger unterzeichnet und von M* versandt.

[12]     In der Folge absolvierte der Kläger den Clearing-Prozess bei der „Klasnic-Kommission“. Die damit befasste Psychotherapeutin verfasste am 25. 9. 2012 nach Abschluss des – im Fall des Klägers aufwändigen und zeitintensiven – Clearings einen Bericht, auf dessen Basis die „Klasnic-Kommission“ eine Entschädigungszahlung von 35.000 EUR sowie 150 Therapiestunden für den Kläger festsetzte und ihren Beschluss an die Stiftung Opferschutz übermittelte.

[13]           Die Stiftung sandte daraufhin am 20. 12. 2012 ein Schreiben an den Kläger, das von Vertretern der Österreichischen Bischofskonferenz, der Vereinigung der Frauenorden Österreichs und der Superiorenkonferenz unterfertigt wurde; es lautete auszugsweise:

„Die Unabhängige Opferschutzanwaltschaft hat dem Vorstand der Stiftung Opferschutz der Katholischen Kirche in Österreich ihren Beschluss vom 21.11.2012 übermittelt, dass an Sie als anerkanntes Opfer folgende Leistungen zu erbringen sind:

1. Finanzielle Hilfe im Betrag von € 35.000,00

2. Therapie im Ausmaß von 150 Stunden

[…] bezüglich der zugesagten Therapiestunden bitten wir, die entsprechenden Honorarnoten des Therapeuten an die Stiftung zu übermitteln.

Das Kuratorium und der Vorstand der Stiftung Opferschutz der Katholischen Kirche in Österreich bedauern zutiefst, dass Sie zum Opfer von Mitarbeitern der Katholischen Kirche geworden sind. Namens der Katholischen Kirche wollen wir nochmals um Entschuldigung bitten, wissend, dass für das Ihnen zugefügte Leid Worte der Entschuldigung niemals ausreichend sein können.“

[14]           Der Kläger erhielt die zugesprochene Entschädigung ausbezahlt und die Therapiekosten erstattet. Persönliche Gespräche mit dem Kläger über den Inhalt dieses Schreibens fanden nicht statt. Dass der Kläger darauf vertraut hätte, dass die Stiftung Opferschutz von den Beklagten bevollmächtigt war, kann nicht festgestellt werden.

[15]           Im April 2013 wandte sich der Kläger an den nunmehrigen Klagevertreter, da er der Ansicht war, dass die zuerkannte Entschädigung seinen Schaden bei weitem nicht abdecke. Der Klagevertreter richtete am 5. 6. 2013 ein Schreiben direkt an die Zweitbeklagte, in dem er Schadenersatzansprüche des Klägers in Höhe von 622.000 EUR geltend machte.

[16]           Dieses Schreiben wurde von der Zweitbeklagten an ihren ständigen Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr. E* weitergeleitet. Dieser stellte vorerst Recherchen an und organisierte in der Folge am 28. 1. 2014 ein Treffen, an dem er, der Kläger, sein Anwalt, und ein eigens für Missbrauchsfälle geschulter Dechant der Zweitbeklagten teilnahmen, Letzterer um den Kläger vom ihm vom Täter seinerzeit auferlegten Schweigegelübde zu entbinden. Da bereits im Vorfeld dieses Treffens mitgeteilt worden war, dass der Kläger Probleme habe, seine Therapiekosten zu bezahlen, sagte Dr. E* dem Kläger zu, dass die Zweitbeklagte bereit sei, seine Therapiekosten weiter zu bezahlen und er sich darum keine Sorgen machen müsse. Es war im Jahr 2014 bereits durchaus gängige Praxis der Zweitbeklagten, Kosten von Therapien für Opfer von Missbrauchshandlungen zu übernehmen. Therapiekosten des Klägers werden von der Zweitbeklagten nach wie vor bezahlt. Dr. E* thematisierte beim Gespräch aber, dass es notwendig sei, die Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Über Vorschlag von Dr. E* einigte man sich daher entweder im Zuge dieses Gesprächs oder in der nachfolgenden Anwaltskorrespondenz darauf, noch einmal ein Gutachten eines unabhängigen Psychiaters einzuholen, um vorweg die Kausalität abzuklären.

[17]           In der Folge wurde ein Psychiater mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt; dieser kam am 19. 8. 2014 zum Ergebnis, dass die psychischen Schäden des Klägers auf die Missbrauchshandlungen zurückzuführen waren. Aus den im Gutachten ermittelten Schmerzperioden errechnete Dr. E* aus seiner Sicht noch nicht verjährte Schmerzengeldansprüche des Klägers überschlagsmäßig mit etwa 53.000 EUR und versuchte in der Folge „auszuloten, ob von Seiten der Opferschutzanwaltschaft eine Bereitschaft bestand, den Fall des Klägers neuerlich zu prüfen und allenfalls eine weitere Zahlung zuzuerkennen“. Über Drängen des Rechtsvertreters des Klägers, dem an der Abgabe eines Verjährungsverzichts gelegen war, gab Dr. E* namens der Zweitbeklagten am 28.1.2015 einen Verjährungsverzicht für jene Ansprüche ab, die zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Schreibens noch nicht verjährt waren. Ein Verjährungsverzicht namens der Erstbeklagten wurde nie abgegeben, zumal Dr. E* zum einen die wirtschaftlich schwächere Pfarre nicht belasten wollte und zum anderen „pfarrintern erst eine Beschlussfassung (Pfarrgemeinderat) hätte ergehen müssen, durch die Dr. E* zu einem entsprechenden Handeln ermächtigt gewesen wäre“.

[18]     Gegen Ende des Jahres 2015 erfuhr Dr. E* von der Opferschutzanwaltschaft, dass keine Bereitschaft bestand, den Fall des Klägers neuerlich zu prüfen. Dies teilte er dem Anwalt des Klägers nicht mehr mit, da dieser bereits am 4. 12. 2015 die vorliegende Klage eingebracht hatte.

[19]     Der Kläger begehrt von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand

– 323.856,60 EUR (darin 300.000 EUR Schmerzengeld und 23.856,60 EUR an vorprozessualen Kosten [als Klagspunktum wegen culpa in contrahendo der Zweitbeklagten]);

– 2.000 EUR monatliche (Verdienstentgangs-) Rente von Jänner 2001 bis Dezember 2015 (= 360.000 EUR) und von 3.000 EUR ab 1. 1. 2016;

– die Feststellung, dass „der für das Jahr 2016 zu leistende Rentenbetrag von 3.000 EUR entsprechend der durchschnittlichen Anpassung der Gehälter nach dem Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers jährlich anzupassen“ sei;

– die Feststellung, dass die Beklagten dem Kläger die auf die Verdienstentgangsrente entfallenden Steuerbeträge vorzuschießen und/oder zu ersetzen hätten, „sobald diese Steuerbeträge von der Finanzbehörde festgesetzt sind und bei der Festlegung der Höhe der Ersatzbeträge noch nicht vollständig berücksichtigt wurden“; sowie

– die Feststellung, dass ihm die Beklagten für sämtliche zukünftigen Nachteile hafteten, welche aus den vom Kläger „im Zeitraum von 1977 bis 1988 durch zahllose Missbrauchshandlungen seitens des Priesters und Pfarrers der Erstbeklagten Pater T* erlittenen Körperverletzungen (insbesondere schwere posttraumatische Belastungsstörung und andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung) resultieren“ würden.

[20]     Der Kläger sei als Mitglied der katholischen Kirche Träger der im CIC 1983 normierten Pflichten und Rechte eines Gläubigen. Die Kirche und alle ihr zuzuordnenden Rechtspersönlichkeiten hätten die Pflicht, seine Intimsphäre zu wahren (Can 208 – 223 CIC 1983). Das Verhältnis zwischen Kläger und kirchlichen Rechtspersönlichkeiten sei als beiderseitiges Schuldverhältnis gleich einer Vereinsmitgliedschaft anzusehen. Kirchliche Rechtspersonen hätten für Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB einzustehen. Beide Beklagten besäßen nach kanonischem Recht und zufolge des Konkordats 1934 auch für den staatlichen Bereich Rechtspersönlichkeit.

[21]     Die Taten seien im Pfarrhaus der Erstbeklagten durch den zu ihrem Pfarrer bestellten Ordenspriester unter Missbrauch seiner kirchlichen Amtsstellung und der Gnadengaben der Kirche begangen worden. Der Täter sei als Pfarrer der Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten gewesen, die dafür nach § 1313a ABGB einzustehen habe. Der Pfarrer vertrete nach Can 532 CIC die Pfarrei bei allen Rechtsgeschäften; der Täter sei daher nicht Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten gewesen, sondern deren Repräsentant, weshalb er seine Schandtaten nicht als Privatperson begangen habe. Zudem habe ihm die Erstbeklagte vorsätzlich die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, in denen er einen Großteil seiner Taten verübt habe; sie habe dadurch vorsätzlich einen Beitrag zu seinen Taten geleistet.

[22]     Der Täter sei funktionell für die Zweitbeklagte tätig gewesen, da er in deren Verantwortungsbereich fallende Agenden besorgt habe, nämlich als Pfarrer tätig gewesen sei. Der Erzbischof als Leiter der zweitbeklagten Erzdiözese sei alleine zur Pfarrerernennung in seiner Diözese berufen. Die Haftung der Zweitbeklagten werde auf zwei Umstände gestützt. Einerseits habe sie ihre Aufsichtspflicht vorsätzlich vernachlässigt, was schon aufgrund des Umstands anzunehmen sei, dass ein Mann wie Dr. H* an die Spitze der Zweitbeklagten habe gelangen können. Sie habe bis 1988 keinerlei Vorkehrungen getroffen, um die Begehung von Taten wie hier zu verhindern oder abzustellen. Andererseits habe die Zweitbeklagte die Schädigung des Klägers vorsätzlich ermöglicht, indem sie einen auffälligen Umgang mit Knaben übenden ausländischen Orden, dem der Täter angehört habe, nach Österreich gerufen und mit der Leitung der erstbeklagten Pfarre betraut habe, die in einem Teil von * liege, dessen als „Hoffnungsgebiet für Päderasten anzusehendes Unterschichtmilieu für solche Missbrauchshandlungen sehr günstig“ gewesen sei. Der Orden sei nach Österreich gebracht worden, obwohl der damalige Leiter der Zweitbeklagten gewusst habe, dass Mitglieder dieses Ordens dazu neigten bzw beabsichtigten, unter Ausnützung der ihnen einzuräumenden kirchlichen Amtsstellung strafbare Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu begehen. Auch die Zweitbeklagte werde daher nicht im Rahmen einer Haftung für einen Erfüllungsgehilfen in Anspruch genommen.

Der Kläger sei durch die Stiftung Opferschutz als Missbrauchsopfer anerkannt worden; die Stiftung habe ein beide Beklagte bindendes (Tatsachen-)Anerkenntnis abgegeben; mit dem Schreiben vom 20. 12. 2012 habe sie ein zumindest deklaratorisches und damit verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis abgegeben, das kirchen- und zivilrechtlich beide Beklagte binde. Für die Erklärung der Stiftung habe Anscheinsvollmacht bestanden, da sich der Kläger ursprünglich an die Ombudsstelle der Zweitbeklagten gewandt und ihm die Stiftung hierauf eine Entschädigung zuerkannt und bezahlt habe. Der Verjährungseinwand sei sittenwidrig und widerspreche Treu und Glauben, zumal dem Kläger die Prüfung seiner Schadenersatzansprüche angekündigt worden sei, und das Verfahren der Beklagten lange gedauert habe. Der Kläger sei aufgrund seines von den Beklagten verschuldeten psychischen Zustands vor/bis 2010 nicht imstande gewesen, Kenntnis von Schaden und Schädiger zu nehmen. Kenntnis von der Kausalität des Missbrauchs für seinen psychischen Leidenszustand habe der Kläger erst Anfang 2013 erlangt, sodass die Verjährungfrist frühestens dann zu laufen begonnen habe. Die Ombudsstellen der Diözesen würden an die „Klasnic-Kommission“ weiterverweisen, welche entscheide, ob eine von der Stiftung Opferschutz auszuzahlende Entschädigung zustehe; dies sei ein institutionalisiertes System, wobei die Kommission und die Stiftung im Interesse und Auftrag der Diözesen und Orden tätig würden. Zumindest die Zweitbeklagte habe Handlungen gesetzt, die eine Anscheinsvollmacht für die „Klasnic-Kommission“ und die Stiftung begründen würden. Nach der Befassung der Ombudsstelle der Zweitbeklagten sei die Verjährungsfrist zufolge Vergleichsverhandlungen zudem gehemmt worden. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung seien die Vergleichsgespräche noch nicht gescheitert gewesen. In der Zusage und tatsächlichen Zahlung von Therapiekosten über das Jahr 2014 hinaus liege ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis. Es sei die dreißigjährige Verjährungsfrist anzuwenden; der Kläger habe sich auch darauf gestützt, dass genau bezeichnete Repräsentanten beider Beklagter im Rahmen ihrer amtlichen Befugnisse als Beitragstäter (insbesondere auch im strafrechtlichen Sinn) an den am Kläger verübten nach § 1489 Satz 2 ABGB qualifizierten Verbrechen beteiligt gewesen seien.

[23]           Die Beklagten bestritten, dass der Pfarrer der Erstbeklagten Pater T* den Kläger missbraucht habe und dass die Zweitbeklagte für dessen Handeln hafte. Sie wandten Verjährung jedenfalls schon seit 2013 ein, da das Erstgespräch bei der Ombudsstelle der Zweitbeklagten am 9. 4. 2010 stattgefunden habe und ihm zu diesem Zeitpunkt der Zusammenhang zwischen seinen psychischen Störungen und den Missbrauchsvorwürfen bekannt gewesen sei. Der von der Zweitbeklagten am 28. 1. 2015 abgegebene Verjährungsverzicht habe nur Ansprüche betroffen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt gewesen seien. In den letzten Monaten vor Klagseinbringung hätten keinerlei Vergleichsverhandlungen stattgefunden. Die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB sei nicht anzuwenden, weil die Beklagten nicht unmittelbare Schädiger, sondern nur Mithaftende wären, und sie nur auf den unmittelbaren Täter, nicht aber auf eine mithaftende juristische Person für angebliche Verbrechen ihrer Dienstnehmer angewandt werde; die Beweislast für zur Anwendung der langen Verjährungsfrist führende Umstände treffe den Geschädigten.

[24]     In der Übernahme von Therapiekosten liege kein Anerkenntnis. Die beiden Beklagten und die „Stiftung Opferschutz der katholischen Kirche Österreich“ seien jeweils unterschiedliche juristische Personen des Kirchenrechts, denen nach dem Konkordat 1934 auch Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich und öffentlich-rechtliche Stellung zukämen. Die Stiftung sei nicht zur Abgabe von Anerkenntnissen für die Beklagten bevollmächtigt; sie diene nur der Hilfe für Opfer behaupteter Missbrauchsfälle. Die Beklagten hätten keine Handlungen gesetzt, die zu einem Schutz des Vertrauens auf eine von ihnen erteilte Bevollmächtigung der Stiftung geführt hätte.

[25]     Nur wenn es im Rahmen der Tätigkeit von Pater T* als Pfarrer, etwa bei Pfarrveranstaltungen, zu Missbrauchstaten gekommen wäre, sei eine Haftung der Erstbeklagten überhaupt denkbar; der angebliche Täter sei als Pfarrer allenfalls Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten gewesen, nicht jedoch der Zweitbeklagten, die auch nicht ihr Aufsichtsrecht vernachlässigt habe. Culpa in eligendo liege nicht vor. Kenntnis von Missbrauchshandlungen hätten beide Beklagte nicht gehabt. Für eine Beitragstäterschaft kirchlicher Amtsträger bleibe der Kläger jede Behauptung und jeden Beweis schuldig.

[26]           Das Erstgericht beschränkte das Verfahren auf die Prüfung der Verjährungsfrage und wies die Klage gegen beide Beklagte wegen Verjährung ab. Da die Missbrauchshandlungen des Täters, die er als Pfarrer der Erstbeklagten (von 1980 bis 1982) begangen habe, mehr als 30 Jahre zurücklägen, scheide eine Haftung der Erstbeklagten jedenfalls aus; gegenüber der Zweitbeklagten wäre die 30-jährige Verjährungsfrist im Hinblick auf die bis 1988 andauernden Tathandlungen nicht abgelaufen. Die hier jedoch anzuwendende dreijährige Verjährungsfrist habe 2010 zu laufen begonnen und sei daher bereits vor Beginn der Gespräche mit dem Anwalt der Erzdiözese abgelaufen gewesen. Ein Anerkenntnis der Zweitbeklagten liege mangels Vollmacht oder Anscheinsvollmacht der Stiftung nicht vor, ebenso wenig eine Verjährungsunterbrechung oder -hemmung zufolge Vergleichsverhandlungen oder ein nachträglicher Verzicht auf den Einwand der Verjährung.

[27]     Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung gegen die Erstbeklagte als Teilurteil, änderte aber das Urteil in Ansehung der Zweitbeklagten auf ein Zwischenurteil dahin ab, dass die gegen sie gerichteten Ansprüche des Klägers nicht verjährt seien. Der Sachverhalt habe sich vor Inkrafttreten des VbVG ereignet; die 30-jährige Verjährungsfrist sei nicht anzuwenden. Die dreijährige Verjährungsfrist habe schon im April 2010 zu laufen begonnen. Der Kläger habe seine Ansprüche jedoch außergerichtlich rechtzeitig am 28. 4. 2010 auch gegen die Zweitbeklagte geltend gemacht und dann auch eingeklagt. Von ihrer eigens für Opfer sexuellen Missbrauchs eingerichteten Ombudsstelle sei ein Schadenersatzbegehren auch im eigenen Namen der Zweitbeklagten entgegengenommen worden, worauf sie nicht ablehnend reagiert, sondern sein Begehren an die Opferschutzkommission weitergeleitet habe. Das Schreiben der Stiftung vom 20. 12. 2012 könne nicht als endgültig ablehnende Stellungnahme angesehen werden, zumal auch die Zweitbeklagte selbst betone, dass ihr das Schreiben nicht (auch nicht im Wege der Anscheinsvollmacht) zuzurechnen sei. Auch in der Folge habe die nunmehr direkt angesprochene Zweitbeklagte ihre Bereitschaft zur außergerichtlichen Lösung erkennen lassen. Es lägen daher verjährungshemmende Vergleichsverhandlungen zwischen ihr und dem Kläger vor. Im Übrigen habe der Kläger schlüssiges Vorbringen zum Anspruchsgrund dahin erstattet, dass der Zweitbeklagten das Handeln eines vom Diözesanbischof ernannten Pfarrers nach § 1313a ABGB zuzurechnen sei, weil Letzterer in das nach Kirchenrecht zwischen Kläger und Zweitbeklagter bestehende Rechtsverhältnis und das „Interessenverfolgungsprogramm“ der Diözese eingebunden gewesen sei. In Bezug auf eigene Schädigungshandlungen der Zweitbeklagten sei das Klagsvorbringen jedoch unschlüssig.

[28]     Hingegen sei der Anspruch gegen die Erstbeklagte verjährt, weil diese von der Stiftung nicht vertreten werde und keine Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung eingetreten sei.

[29]     Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[30]     Gegen die Abweisung der Klage gegen die erstbeklagte Pfarre richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, der Klage auch insofern stattzugeben, in eventu ein Zwischenurteil dem Grunde nach, in eventu über die Verjährung zu fassen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[31]     Nach Freistellung der Revisionsbeantwortung durch den Obersten Gerichtshof erstatteten beide Beklagte eine gemeinsame Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

[32]     Gegen das Zwischenurteil über die Verjährung richtet sich die Revision der Zweitbeklagten mit dem erkennbaren Antrag, die Klage auch insofern abzuweisen, hilfsweise das Urteil aufzuheben.

[33]     In der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision der Zweitbeklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[34]     Die Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

A. Allgemein ist Folgendes vorauszuschicken:

[35]           1. Zu Rechtsstellung und Haftung der Beklagten:

[36]           1.1. Nach Art 15 StGG 1867 ordnet und verwaltet jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft ihre inneren Angelegenheiten selbständig, ist aber wie jede Gesellschaft den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Das Ordnen ist auf die Aufstellung von Regelungen zu beziehen, das Verwalten auf ihre Durchführung.

[37]           Nach dem Konkordat vom 5. 6. 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich, BGBl II 1934/2, ist das Recht der katholischen Kirche, im Rahmen ihrer Zuständigkeit Gesetze, Dekrete und Anordnungen zu erlassen, anerkannt. Die Ausgestaltung der gesamten inneren Ordnung von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften unterliegt der Autonomiegarantie des Art 15 StGG 1867. Zu den inneren Angelegenheiten sind nur jene zu zählen, die den inneren Kern der kirchlichen Betätigung betreffen und in denen ohne Autonomie die Kirchen und Religionsgesellschaften in der Verkündung der von ihnen gelehrten Heilswahrheiten und der praktischen Ausübung ihrer Glaubenssätze eingeschränkt würden, wie etwa die Verfassung und Organisation der Kirche, etwa die Einrichtung und Abschaffung von Ämtern, die Abberufung von Ämtern oder die Art der Amtsführung (9 ObA 12/96; 7 Ob 109/08t; vgl RS0073107; VwGH Ro 2019/10/0026; Grabenwarter/Frank, B-VG Art 15 StGG [20. 6. 2020, rdb.at] Rz 9 f; Grabenwarter/Pabel, EMRK7 § 22 Rn 116 ff).

[38]           Soweit eine kirchliche Amtshandlung den „rein internen“ kirchlichen Bereich überschreitet, hat sie die „allgemeinen Staatsgesetze“ zu beachten (Muzak, B-VG6 Art 15 StGG [1. 10. 2020, rdb.at] Rz 6). Dieser Vorbehalt erlaubt eine Beschränkung durch einfaches Bundesgesetz unter der Voraussetzung, dass damit jede Gesellschaft im Staat getroffen wird (VfSlg 2944/1955), also kein diskriminierendes Sondergesetz vorliegt (Lienbacher in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayr, Handbuch der Grundrechte VII/1 Österreich [2014] § 12 Rz 62). Der in Art 15 StGG 1867 ausgesprochene Vorbehalt der Unterstellung unter die allgemeinen Staatsgesetze trifft auch die privatrechtlichen Beziehungen zu Dritten (vgl 1 Ob 2337/96z).

[39]           1.2. Eine Streitigkeit wie die vorliegende über den Schadenersatz wegen – allgemein und jedermann strafrechtlich verbotenen – sexuellen Missbrauchs (strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung) durch einen Pfarrer und Ordensmann berührt den innerkirchlichen Bereich nicht.

[40]           1.3. Gesetzlich anerkannte Kirchen (wie die römisch-katholische) und Religionsgesellschaften sind rechtsfähig (vgl Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 26 ABGB [1. 7. 2015, rdb.at] Rz 11). Nach Art II des Konkordats 1934, BGBl II 1934/2, genießt die katholische Kirche in Österreich öffentlich-rechtliche Stellung: Ihre einzelnen Einrichtungen, welche nach dem kanonischen Recht Rechtspersönlichkeit haben, genießen Rechtspersönlichkeit auch für den staatlichen Bereich, insoweit sie bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Konkordats in Österreich bestehen. Künftig zu errichtende erlangen Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich, wenn sie unter der in diesem Konkordat vorgesehenen Mitwirkung der Staatsgewalt entstehen.

[41]           Eine römisch-katholische Diözese wie die Zweitbeklagte ist daher rechtsfähig (vgl RS0035148; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 26 ABGB [1. 7. 2015, rdb.at] Rz 12 mwN); dass auch der Erstbeklagten nach staatlichem Recht Rechtspersönlichkeit zukommt, wird von den Parteien zu Recht nicht in Frage gestellt (vgl 4 Ob 6/02i mwN).

[42]           1.4. Eine juristische Person ist zwar grundsätzlich selbst nicht deliktsfähig (vgl aber das VbVG, das am 1. 1. 2006 in Kraft trat), doch sind ihr zivilrechtlich Delikte ihrer verfassungsmäßigen Organe sowie ihrer Repräsentanten zurechenbar (vgl RS0009113); für das Fehlverhalten anderer Dienstnehmer haftet sie nach § 1315 ABGB (7 Ob 185/11y mwN; 6 Ob 108/07m).

[43]           1.5. Zusammengefasst können daher die Beklagten grundsätzlich zur Durchsetzung von schadenersatzrechtlichen Ansprüchen aufgrund von allgemein und jedermann verbotenen Handlungen ihrer Organe oder ihr zurechenbarer Personen vor staatlichen Gerichten in Anspruch genommen werden.

2. Zur Verjährung:

[44]           2.1. Zum Beginn der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt: Die kurze Verjährungsfrist wird durch die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen sowie des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem schadensstiftenden Verhalten in Gang gesetzt (RS0034374; RS0034366), wobei es darauf ankommt, wann die Kenntnis des Geschädigten einen solchen Grad erreicht hat, dass mit Aussicht auf Erfolg geklagt werden kann (RS0034524; RS0034374 [T28, T37, T49]). Diese Kenntnis muss den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch jene Umstände, aus denen sich ein Verschulden des Schädigers ableiten lässt (RS0034951 [T5, T7]). Der anspruchsbegründende Sachverhalt muss dem Geschädigten dabei zwar nicht in allen Einzelheiten bekannt sein (RS0034524 [T24]); bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände genügen jedoch nicht (RS0034524 [T6, T18]; 4 Ob 96/20a).

[45]           Die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen vermag ihre Kenntnis nicht zu ersetzen (RS0034459). Der Geschädigte darf sich aber auch nicht rein passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von die Ersatzpflicht begründenden Umständen eines Tages zufällig Kenntnis erhält (RS0065360 [T3]; RS0034459 [T2]). Die Kenntnis gilt schon in dem Zeitpunkt als erlangt, in dem sie dem Geschädigten bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre, wenn er sie ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen hätte können (RS0034327 [T1]). Die Erkundigungsobliegenheit darf jedoch nicht überspannt werden (RS0034327 [T6]).

[46]           2.2.1. Die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 1489 zweiter Satz ABGB beträgt im Fall, dass der Schaden aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen entstanden ist, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, dreißig Jahre. Sie beginnt unabhängig davon, wann der Schaden selbst eingetreten ist sowie ob und wann der Geschädigte davon Kenntnis erlangt hat (RS0034502).

[47]           2.2.2. Diese Verjährungsfrist kommt nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – auch wenn eine strafgerichtliche Verurteilung nicht erfolgt sein muss – grundsätzlich nur gegenüber dem Schädiger selbst zum Tragen, nicht aber gegen dritte, mithaftende Personen (RS0034393). Demnach lösen von Funktionären oder Erfüllungsgehilfen ausgeübte strafbare Handlungen juristischen Personen gegenüber nicht die 30-jährige Verjährungsfrist aus (RS0034423 [T4] = RS0034393 [T4]; vgl RS0034432 [T2]).

[48]           Diese Rechtsprechung wurde vom Obersten Gerichtshof ungeachtet der gegenteiligen Meinung von Teilen der Lehre (vgl M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 § 1489 Rz 5; Koziol, Haftpflichtrecht I4 D/6/35; jeweils mwN) grundsätzlich aufrechterhalten (vgl 3 Ob 120/06b; 5 Ob 175/14t).

[49]           2.2.3. In jüngst ergangenen Entscheidungen hat sich der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob die 30-jährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB auf juristische Personen anwendbar ist, weiter differenziert geäußert.

[50]           Vorerst wurde vertreten, dass jedenfalls seit Inkrafttreten des VbVG am 1. 1. 2006 (§ 28 Abs 1 BGBl I 2005/151) innerhalb dessen Anwendungsbereichs (§ 1 VbVG) die lange Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB auch auf juristische Personen anwendbar ist (6 Ob 239/20w = RS0133583).

[51]           In der Folge wurde die Auffassung vertreten, dass die 30-jährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auch auf vor dem Inkrafttreten des VbVG begangene Taten eines Organs einer juristischen Person, das einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt, anwendbar ist und der daraus resultierende Anspruch gegen die juristische Person erst in 30 Jahren verjährt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung im Vermögen der juristischen Person eintrat (RS0133754). Dies wurde damit begründet, dass es beim Handeln eines Organs für die juristische Person nicht um das Einstehen-Müssen für fremdes Verhalten gehe, sondern um Eigenhandeln der juristischen Person selbst. Darüber hinaus liege gerade bei das Vermögen betreffenden strafbaren Handlungen durch Organe einer juristischen Person der wirtschaftliche Ertrag aus der Tathandlung häufig nicht im Privatvermögen der Organe, sondern im Vermögen der juristischen Personen selbst (6 Ob 92/21d; 7 Ob 113/21v).

[52]           2.3. Nach § 1494 Abs 2 ABGB beginnt die Ersitzungs- und Verjährungszeit gegen eine minderjährige Person so lange nicht zu laufen, als sie keinen gesetzlichen Vertreter hat oder ihr gesetzlicher Vertreter an der Wahrnehmung ihrer Rechte gehindert ist. Unabhängig davon beginnt die 30-jährige Frist nach § 1489 Satz 2 zweiter Fall vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres des Geschädigten nicht zu laufen.

B. Vor diesem Hintergrund ist zu den Revisionen im Einzelnen wie folgt Stellung zu nehmen:

I. Zur Revision des Klägers:

[53]           Der Kläger führt ins Treffen, zur Frage der 30-jährigen Verjährung habe sich der Oberste Gerichtshof noch nicht zur diese befürwortenden einhelligen Lehre geäußert. Die Erstbeklagte habe durch die Zurverfügungstellung des Pfarrhauses als Tatort einen wesentlichen Tatbeitrag geleistet. Die Vorinstanzen hätten entgegen der aus § 58 Abs 3 Z 3 StGB abzuleitenden gesetzlichen Vermutung und ohne taugliches Beweismittel, insbesondere ohne ein beantragtes psychiatrisches Gutachten einzuholen festgestellt, dass dem Kläger der wesentliche Sachverhalt bereits 2010 (und nicht erst 2013) bekannt gewesen sei; diesbezüglich liege ein Mangel des Berufungsverfahrens vor. Der Verjährungseinwand sei in Anbetracht der kirchenrechtlichen Vorschriften sittenwidrig, wonach Verjährung nur bei während der ganzen Fristdauer vorhandenem gutem Glauben (der hier zufolge der Tat des der Erstbeklagten zuzurechnenden Pfarrers nicht vorliege) Geltung erlange. Die Erinnerungsarbeit in der Therapie hätte nicht in einem Gerichtsverfahren geleistet werden können, womit dem Kläger faktisch die Klagsmöglichkeit verwehrt gewesen sei. In Ansehung von 23.856,60 EUR, die aus culpa in contrahendo aufgrund der Vergleichsverhandlungen geltend gemacht würden, fehle jede Begründung der Vorinstanzen, deren Entscheidung insofern nichtig sei; dieser Anspruch sei völlig unabhängig vom Verjährungseinwand. Zahlungen und die ausdrückliche Anerkennung des Klägers als Opfer durch die Stiftung hätten als zumindest deklaratives Anerkenntnis verjährungsunterbrechende Wirkung. Es liege Anscheinsvollmacht für die Stiftung vor. Vergleichsverhandlungen hätten auch für die Erstbeklagte gewirkt. Fehlende Feststellungen werden darin gesehen, dass der Kläger katholischer Christ sei und ihm nach kanonischem Recht Rechte aus dem Verbandsverhältnis zustünden, dass Pfarrer und Erzbischof jeweils für die Beklagten allein vertretungsbefugt seien, und „dass die Vorinstanzen den Anspruch aus culpa in contrahendo totgeschwiegen“ hätten.

Dazu wurde erwogen:

[54]           1. Der Kläger macht angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, deren Vorliegen bereits das Berufungsgericht verneint hat und die daher in der Revision nicht mehr mit Erfolg neuerlich geltend gemacht werden können (RS0042963). Ob ein (weiteres) Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, ist zudem eine nicht revisible Frage der Beweiswürdigung (vgl RS0043320).

[55]           2. Die gegen den Kläger gerichteten Missbrauchshandlungen des Paters T* fanden nach den Feststellungen zuletzt 1988 statt, wobei jedoch der Täter nur bis 1982 Pfarrer der Erstbeklagten war. Am * 1988 vollendete der Kläger sein 18. Lebensjahr. Die Erstbeklagte wurde schon nach dem Klagsvorbringen erstmals im Juni 2015 angeschrieben und war nach den Feststellungen in vorprozessuale Korrespondenz nicht eingebunden. Es steht nicht einmal ein Hinweis fest, dass die Zweitbeklagte für die Erstbeklagte handeln wollte oder dies zum Ausdruck brachte; auch die Stiftung Opferschutz trat nicht als Vertreterin der Erstbeklagten auf. Es handelt sich bei den Beklagten und der Stiftung vielmehr um jeweils selbstständige juristische Personen. Es war auch nicht feststellbar, dass der Kläger darauf vertraut hätte, dass die Stiftung von einer der Beklagten bevollmächtigt gewesen wäre.

[56]            3.1. Davon und von den zu A.2. dargelegten allgemeinen Grundsätzen ausgehend ergibt sich Folgendes:

[57]           3.2. Nach den Feststellungen war dem Kläger nicht vor dem 9. 11. 2009, jedoch spätestens am 9. 4. 2010 bekannt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den an ihm von Pater T* begangenen Missbrauchshandlungen und seinen psychischen Problemen bestand. Frühestens ab ersterem und spätestens ab letzterem Zeitpunkt kannte der Kläger damit sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden konnte, wie es nach den Feststellungen noch im April 2010 in seinem (nur) an die Zweitbeklagte gerichteten Anspruchsschreiben auch geschah.

[58]           Der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist liegt daher nicht vor dem 9. 11. 2009, aber spätestens am 9. 4. 2010.

[59]           3.3. Die Darlegungen der Revision zur strafrechtlichen Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 58 StGB interessieren nicht, weil diese Bestimmung hier nicht anwendbar ist.

[60]           4.1. Eine Hemmung der Verjährung durch Vergleichsgespräche ist nicht eingetreten, da die Beklagten und die Stiftung verschiedene juristische Personen sind, kein Hinweis vorliegt, dass Stiftung oder Zweitbeklagte für die Erstbeklagte handeln wollten und diese nach den Feststellungen erstmals durch die Klagseinbringung im Dezember 2015 in Anspruch genommen wurde.

[61]           4.2. Eine Hemmung der Verjährung nach § 1494 Abs 2 Satz 1 ABGB kommt hier nicht in Betracht, da das die Verjährungsfrist auslösende Ereignis nach Erreichen der Volljährigkeit liegt.

[62]           4.3. Mit ihren Behauptungen, der Lauf der Verjährungsfrist sei auch gegenüber der Erstbeklagten gehemmt, auch sie habe ihn rechtsmissbräuchlich hingehalten, und deren Verjährungseinrede werde treuwidrig oder kirchenrechtlichen Vorschriften zuwider erhoben, geht die Revision des Klägers nicht von den durch die Vorinstanzen getroffenen Sachverhaltsfeststellungen aus.

[63]     Rechtliche Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang nicht vor.

[64]           5.1. Die 30-jährige Verjährungsfrist wäre im Zeitpunkt der Klagseinbringung zwar noch nicht abgelaufen gewesen, weil sie zufolge § 1494 Abs 2 Satz 2 ABGB im hier behaupteten Fall einer Straftat nach § 1489 Satz 2 zweiter Fall ABGB nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers zu laufen begonnen hätte und daher frühestens mit * 2018 abgelaufen wäre.

[65]           5.2. Allerdings kommt dem Kläger die 30-jährige Verjährungsfrist nicht zugute. Die in der oben (Pkt A.2.) angesprochenen jüngsten Rechtsprechung nunmehr zur Bejahung der Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist auch schon auf Sachverhalte, die sich vor dem Inkrafttreten des VbVG ereigneten, herangezogenen Argumente (6 Ob 92/21d [Pkt 2.3.5.]) kommen nämlich hier nicht zum Tragen. Ein Eigenhandeln der juristischen Person durch Begehung einer Sexualstraftat wie hier ist nicht denkbar und die juristische Person kann aus der Straftat auch keinen (wirtschaftlichen) Vorteil erzielen (vgl nunmehr § 3 Abs 1 Z 1 VbVG). Es hat daher in einem Fall wie dem vorliegenden, der sich vor dem Inkrafttreten des VbVG verwirklicht hat, bei der bisherigen Rechtsprechung zu bleiben, sodass die 30-jährige Verjährungsfrist auf eine juristische Person wegen Ansprüchen aus der Begehung einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung durch ihr Organ nicht zur Anwendung kommt.

[66]           6. Zusammengefasst haben daher die Vorinstanzen das gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehren zutreffend als verjährt angesehen.

[67]           Auf die Fragen der Organstellung eines Pfarrers sowie der Passivlegitimation der Erstbeklagten für vor Inkrafttreten des CIC 1983 begangene Taten ihres Pfarrers (zu Rechtspersönlichkeiten im pfarrlichen Bereich vor der Neuordnung durch den CIC 1983 vgl 1 Ob 2337/96z) muss damit nicht näher eingegangen werden.

[68]           7. Die Ausführungen der Revision zur Kostenfrage sind nicht zielführend, zumal der Nichtigkeitsgrund der mang

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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