Entscheidungsdatum
28.10.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W144 2247661-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX alias XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes Für Fremdenwesen und Asyl, 12.10.2021, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, verließ sein Heimatland etwa im Juni 2021 und begab sich in der Folge über Pakistan, den Iran, die Türkei, Griechenland, Bulgarien, Serbien und Ungarn letztlich nach Österreich, wo er am 05.09.2021 unter der Identität XXXX , XXXX geb., den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zur Person des BF liegen Eurodac-Treffermeldungen bezüglich Bulgarien vom 31.05.2021 wegen erkennungsdienstlicher Behandlung und vom 23.06.2021 wegen Asylantragstellung vor.
Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Im Rahmen seiner Erstbefragung vor der LPD Kärnten am 06.09.2021 gab der BF neben seinem Reiseweg lediglich zu Protokoll, dass er über den Aufenthalt in den von ihm durchreisten Ländern „nichts sagen“ könne. Er habe in keinem dieser Länder wissentlich um Asyl angesucht. Er habe auch nirgendwo einen Aufenthaltstitel erhalten. Sein Zielland sei Frankreich, weil man dort gut leben könne und er auch Verwandte dort habe.
Das BFA richtete in der Folge am 07.09.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien. Mit Schreiben vom 21.09.2021 akzeptierte Bulgarien dieses Wiederaufnahmeersuchen unter Hinweis auf Art. 18 Abs. 1 lit. d leg. cit. als zuständigkeitsbegründende Norm. Unter einem teilte Bulgarien die Aliasidentität XXXX , XXXX geb., unter welcher der BF dort aufgetreten ist, mit.
Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.09.2021 gab der BF zu Protokoll, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, dass er die Einvernahme absolvieren und er keine identitätsbezeugenden Urkunden vorlegen könne. Seine Angaben anlässlich der Erstbefragung seien richtig, jedoch sei sein Alter falsch aufgeschrieben worden, er sei XXXX Jahre alt. In Afghanistan habe er eine Tazkira, aus der sich ergebe, dass er XXXX Jahre alt sei. Auf Nachfrage was in der Tazkira konkret stehe, erklärte der BF, dass er dies nicht wisse, er wisse aber, dass sich daraus ergebe, dass er jetzt XXXX Jahre alt sei. Auf Nachfrage gebe er an, dass er auch in Bulgarien mit dem Alter von XXXX Jahren registriert worden sei. Nach Vorhalt, dass er in Bulgarien das Geburtsdatum XXXX angegeben habe, sodass sich hieraus ergebe, dass er XXXX Jahre alt sei, entgegnete der BF, dass er eben noch keine XXXX Jahre alt sei, entsprechende Unterlagen könne er sich derzeit jedoch nicht nachschicken lassen. Er habe in Österreich keine Verwandten, in Frankreich befinde sich ein Cousin. In Bulgarien habe er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dies sei jedoch nicht freiwillig erfolgt. Nach Vorhalt, dass Bulgarien zur Prüfung seines Antrags zuständig sei, gab der BF zu Protokoll, dass er dort von der Polizei geschlagen worden sei. Seine Hand sei verletzt worden, ebenso sein Bein, er habe aber keine ärztliche Hilfe bekommen, er habe stark geblutet. Er habe dann aus Afghanistan Geld angefordert und sei in eine private Klinik gegangen. In Bulgarien sei die Situation für Asylwerber schlecht, das Essen sei schlecht und man werde schlecht behandelt. Die Situation sei schlechter als in Afghanistan, er werde auf keinen Fall nach Bulgarien zurückkehren. Seine Hand sei zwischenzeitig besser geworden. Sie seien einem für 8 Leute konzipierten Zimmer zu zwanzigst gewesen. Es habe auch hygienische Probleme gegeben. Die Polizei habe ihn vor etwa vier Monaten geschlagen und an seiner Nase verletzt. Man habe hin zu einem Arzt gebracht. Dort habe es eine Warteschlange gegeben, die etwas unruhig gewesen sei und ein Polizist habe die Leute geschlagen. Er habe diesem Polizisten gesagt, dass er aufhören solle, daraufhin sei er geschubst worden und habe sich an einem Zaun mit Stacheldraht verletzt, im Zuge dessen seien seine Hand und sein Bein verletzt worden. Auch im offenen Camp habe sich keiner um sie gekümmert. Er sei dann in eine private Klinik gegangen. Zu den Länderfeststellungen zu Bulgarien wolle er nicht Stellung nehmen, er habe alles Wichtige angegeben.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 12.10.2021 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
„zur Lage im Mitgliedstaat:
Es wurde festgestellt, dass Sie in Bulgarien keiner Verfolgung oder Misshandlung ausgesetzt wären, bzw. dass Sie diese zu erwarten hätten.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Bulgarien nicht ausreichend medizinisch behandelt werden würden.
Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:
Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben. (VfGH: 17.6.2005, B 336/05; UBAS: 268.445/3-X/47/06 vom 14.3.2006)
Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering sein, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird. (VwGH: 31.5.2005, Zl. 2005/20/0095)
Länderinformationen zu Bulgarien (generiert am 30.09.2021)
Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung: 29.07.2020
Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatlichesAsylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA2.2020; vgl. CoESG 19.4.2018, EMN 6.6.2020; SAR o.D.a, SAR o.D.b, UNHCR 9.2019; USDOS 13.3.2020).
(AIDA 2.2020; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2019 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 72%. Davon wurde in 40% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 24% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2020). 2020 gab es in Bulgarien bis 31.5.2020 289 Asylanträge (VB 15.7.2020).
Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von weit verbreiteten sogenannten Pushbacks (AIDA2.2020; vgl. USDOS 13.3.2020), Gewalt, Diebstählen und erniedrigenden Praktiken gegenüber Migranten und Asylwerbern an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Im August 2019 behaupteten Medienveröffentlichungen, die angeblich interne Quellen der europäischen Grenzkontrollagentur Frontex zitierten, dass die Grenzpolizei Migranten mit Hunden gejagt, geschlagen und über die Grenze zurückgedrängt habe. Die Vorwürfe wurden vom Innenminister dementiert und er erklärte, dass die Grenzschutzbeamten nur dann Gewalt anwenden,
wenn die Situation es erfordert (USDOS 13.3.2020).
Es gibt Vorwürfe, dass die bulgarischen Behörden Migranten, die es schaffen bulgarisches
Territorium zu betreten, durch- und auch wieder ausreisen lassen, um sich der Verantwortung im Rahmen der Dublin-Verordnung oder der Rückübernahmeabkommen zu entziehen (AIDA
2.2020).
Der Zugang von Asylsuchenden zum bulgarischen Hoheitsgebiet bliebt auch 2019 stark eingeschränkt. Dem Innenministerium zufolge wurden insgesamt 2.495 Drittstaatsangehörige festgenommen, darunter 2.184 neu angekommene Asylwerber. Dies entspricht einem Rückgang von 23% im Vergleich zum 2018. Seit dem 1. Jänner 2017 gibt das Innenministerium die Zahl der verweigerten Einreisen ins Land in seinen öffentlich zugänglichen Statistiken nicht mehr bekannt. 2019 haben 309 Asylsuchende an den Grenzen internationalen Schutz beantragt aber nur 2% von ihnen (d.h. 12 Personen) hatten Zugang zum Asylverfahren. Die restlichen 98% kamen in die Schubhaftzentren des Innenministeriums (AIDA 2.2020).
Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB
31.1.2017).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final _en_0.pdf , Zugriff 20.7.2020
• SAR – State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes – Rechte und Pflichten (????? ?? ???????????? ?? ???????????? ?? ???????????? ???????
– ????? ? ??????????), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42 , Zugriff 20.7.2020 • SAR – State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (???????????? ?? ??????), https: //aref.government.bg/index.php/bg/node/43 , Zugriff 20.7.2020
• UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https:
//reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf , Zugriff 20.7.2020
• USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019
– Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html , Zugriff 20.7.2020
• VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail
• VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 29.07.2020
Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden (UNHCR 17.12.2018):
• Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (UNHCR 17.12.2018).
• Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet (UNHCR 17.12.2018; vgl. BAMF-BMI 5.2019).
• Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht (UNHCR 17.12.2018).
Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand (UNHCR 17.12.2018). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist (AIDA 2.2020):
• Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht (AIDA 2.2020).
• Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in einem der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Stellen eines Asylantrags wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt (UNHCR 17.12.2018).
• Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrumgebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen (UNHCR 17.12.2018).
• Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe (UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2020; BAMF-BMI 5.2019).
In der Praxis werden in Sofia ankommende Personen nach der Überstellung unterrichtet, dass sie verpflichtet sind, sich bei der staatlichen Asylbehörde vorzustellen, meist schon am folgenden Tag. Wenn sie dort vorstellig werden, erhalten sie die Entscheidung, dass das Verfahren
wiedereröffnet wird zusammen mit der ’take-back’ Entscheidung (UNHCR 26.3.2019).
Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das
Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum ’Nadya’ IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• BAMF-BMI – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Bundesministerium des Innern (Deutschland) (5.2019): Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylwerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/68 3266/684671/684878/684880/684924/20138868/21716440/Deutschland___Botschaft_%28Bulg arien%29%2C_Aktuelle_Entwicklungen_zur_Rechtslage_und_Situaton_von_Asylbewerbern_u nd_anerkannt_Schutzberechtigten_in_Bulgarien%2C_2019.pdf?nodeid=21726048&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020
• UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (26.3.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/cs. exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/20122890/United_Nations___H igh_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland
_%28Berlin%29%2C_26%2E03%2E2019%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20149532&vernum=-2 ,
Zugriff 20.7.2020
• UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020
• VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017): Auskunft SAR, per E-Mail
Non-Refoulement
Letzte Änderung: 29.07.2020
Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2020).
Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte ’Pushbacks’ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (AIDA 2.2020; vgl. BM 2.3.2020; USDOS
11.3.2020).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• BM – Boardermonitoring Bulgaria (2.3.2020): Bulgaria ist not changing its push-back policy at its border to Turkey, https://bulgaria.bordermonitoring.eu/ , Zugriff 20.7.2020
• USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019
– Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html , Zugriff 20.7.2020
Versorgung
• Grundversorgung
Letzte Änderung: 29.07.2020
Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2020).
Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle
Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2020).
Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. 2019 wurden 101
Arbeitserlaubnisse für Asylwerber im laufenden Verfahren erteilt; 72 Personen haben danach eine Beschäftigung angenommen. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA
2.2020).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020
• Unterbringung
Letzte Änderung: 29.07.2020
Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna
Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR geschlossen und im Mai 2019 wiedereröffnet. Vrazhdebna wurde mit EU-Mitteln vollständig renoviert (AIDA 2.2019). Die Kapazität der Unterbringungszentren betrug zwischen Ende Dezember 2019 5.330 Plätze (5.190 Plätze in Aufnahmezentren und 140 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2020).
Die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen, einschließlich der Verpflegung für Migranten und Asylwerber sind nach wie vor inadäquat, obwohl die Zahl der nach Bulgarien einreisenden Personen deutlich zurückgegangen ist (AI 16.4.2020). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren bis auf in Vrazhdebna und in der Sicherheitszone für unbegleitete Minderjährige in Voenna Rampa sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter den Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 9.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren außer in Vrazhdebna über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2020).
Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im Februar 2017 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA2.2020), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• AIDA – Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgiaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html , Zugriff 20.7.2020
• CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman
or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24], https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf , Zugriff 20.7.2020
• FRA – European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf , Zugriff 20.7.2020
• UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https:
//reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf , Zugriff 20.7.2020
• VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail
• Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 29.07.2020
Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asyl-
werber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2020).
SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2020), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2020; vgl. BTI 29.4.2020; OECD/EO 29.10.2019). In dieser Situation ist spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2020).
Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020
• BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf , Zugriff 20.7.2020
• MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail
• OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id
&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C , Zugriff 20.7.2020
• UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020
• WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.i nt/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1 , Zugriff 20.7.2020
Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie bei Ihrer Überstellung nach Bulgarien einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wären.
A) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:
[ … ]
betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:
Die Feststellungen zum Mitgliedstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.
Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische“ Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig“ ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt“ (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt“ sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen – ohne besondere Fachkenntnisse – hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.
Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
Soweit Sie in der Einvernahme am 29.09.2021 vorbrachten, dass Sie von der Polizei geschlagen und gedemütigt worden wären, ist festzuhalten, dass aus einzelnen Vorfällen nicht generell geschlossen werden kann, dass die bulgarischen Behörden systematische Übergriffe gegen Asylwerber durchführen, die den Schutzbereich des Art. 3 EMRK berühren. Die Behörde verkennt nicht, dass entsprechende Fälle von Fehlverhalten bulgarischer Staatsorgane gegen AsylwerberInnen vorkommen können.
In der Stellungnahme vom 11.10.2021 führten Sie aus, dass die „Möglichkeit, Übergriffe durch die Polizei in Blugarien anzuzeigen“ lediglich theoretisch bestehen würde und nicht praktisch. Auch gaben Sie an, dass die „Gefahr unmenschlicher Behandlung sowie Misshandlung durch Sicherheitsbehörden ebenso wie rassistisch motivierte Gewalt“ gegen Sie bestünde. Einen Beleg für diese Ansichten führten Sie nicht an. Aus den Länderinformationen ergibt sich im Gegensatz zu Ihrer Ansicht, dass Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen sind. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017).
Es ist daher klar festzustellen, dass es sich bei Bulgarien um einen Rechtsstaat mit ausreichenden Rechtsschutzeinrichtungen handelt, um sich gegen behördliches Fehlverhalten zur Wehr setzen zu können. Sie selbst gaben an, dass Sie sich über die Behandlung durch doe Polizei nicht beschwert hätten.
Sie brachten außerdem vor, dass Sie in Bulgarien keine ärztliche Hilfe bekommen hätten. Auf den Vorhalt, dass Sie kurz davor angegeben hätten, dass die Polizei Sie zu einem Arzt gebracht hätte, gaben Sie an, dass die Polizei Sie nur deshalb zu einem Arzt gebracht hätte, weil sie Sie verletzt hätten. Sie gaben dann weiter an, dass Sie im Gefängnis nicht zu einem Arzt hätten gehen dürfen. Im offenen Camp hätte sich niemand um Sie gekümmert. Da wären Sie dann in eine private Klinik gegangen (vgl. S. 4 der EV vom 29.09.2021).
Dazu ist festzuhalten, dass Ihre Angaben teilweise widersprüchlich waren und dass Sie auch nicht davor zurückschreckten wahrheitswidrige Angaben zu machen (vgl. Ausführungen zu Ihrer Volljährigkeit). Auch steht aufgrund der Länderinformationen fest, dass dass Asylwerber in Bulgarien das Recht auf materielle Versorgung und auch Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Daher kann die Behörde Ihnen auch diesbezüglich keinen Glauben schenken.
In der Stellungnahme vom 11.10.2021 führten Sie neuerlich aus, dass das bulgarische Asylsystem, insbesondere das Aufnahmesystem, mit systemischen Mängeln behaftet wäre. Auch hierfür legten Sie keinerlei Belege vor. Würden die Standards der Flüchtlingsversorgung in Bulgarien tatsächlich die von der Europäischen Union vorgegebenen Normen massiv unterschreiten, wäre bereits ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Kommission gegen Bulgarien wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG, Richtlinie 2005/85/EG, Richtlinie 2003/9/EG) eingeleitet worden, was jedoch nicht der Fall ist.
Außerdem ist festzuhalten, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen können, in dem sie bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können. Es ist auch auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsreglung zu treffen ist. Schwierige Lebensbedingungen, wie etwa regional bestehende Engpässe bei den Aufnahmekapazitäten oder Umstände, wie sie von Ihnen bemängelt wurden, weisen selbst im Falle ihres Zutreffens keine die Schwelle des Art. 3 EMRK übersteigende Eingriffsintensität auf (vgl. dazu in einem ähnlich gelagerten Fall Erkenntnis des AGH vom 13.03.2013, Zl. S2 433.030-1/2013/3E).
Im gegenständlichen Fall wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich Bulgarien aufgrund der Dublin III-Verordnung zur Übernahme bereiterklärte und somit europarechtlich zur Prüfung des Asylantrages verpflichtet ist. Ebenso hat Bulgarien die Statusrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie und die Aufnahmerichtlinie anzuwenden, ein den dort genannten Anforderungen entsprechendes Asylverfahren zu führen, beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Schutz zu gewähren und für die Dauer des Verfahrens eine entsprechende Grundversorgung zu bieten. Sie konnten nicht konkret und substantiiert vorbringen, warum Bulgarien in Ihrem Fall Ihren Asylantrag nicht unter Einhaltung der innerstaatlichen, völker- und europarechtlichen Bestimmungen prüfen und eine entsprechende Entscheidung treffen sollte, weshalb die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der „Sicherheit“ der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall nicht erschüttert werden konnte.“
Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Auch die Voraussetzungen für ein Vorgehen im Sinne von Art. 16 oder Art. 17 Abs. 2 leg. cit. seien nicht erfüllt und stelle die Ausweisung des BF mangels familiärer Bezüge sowie angesichts der bloß kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet keinen ungerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 12.10.2021 durch eigenhändige Übernahme zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 20.10.2021, in welcher der BF im Wesentlichen geltend machte, dass sich die Behörde nicht näher mit den Erlebnissen des BF in Bulgarien auseinandergesetzt habe, sodass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei. Im Übrigen wurde unter Bezugnahme auf allgemeine Berichte im Wesentlichen aus den Jahren 2017 bis 2019 generelle Kritik am bulgarischen Asylverfahren sowie den dortigen Aufnahme- und Versorgungsbedingungen geäußert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang sowie der ebenfalls eingangs dargestellte Reiseweg des BF.
Besondere, in der Person des Antragstellers gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.
Der BF gehört als junger Mann keiner vulnerablen Personengruppe an.
Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären Anknüpfungspunkte Es bestehen auch keine Abhängigkeiten oder Beziehungen zu sonstigen Personen.
Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass der BF in Bulgarien von der Polizei misshandelt worden ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zum Reiseweg des BF und zu seiner Asylantragstellung in Bulgarien ergeben sich aus den Akten des BFA, insbesondere dem entsprechenden EURODAC-Treffer und dem darin befindlichen Vorbringen des BF.
Ebenfalls aus seinem Vorbringen ergeben sich die Feststellungen zu seinem gesundheitlichen Zustand und seinen nicht vorhandenen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.
Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien auch Feststellungen zur bulgarischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf „Dublin-Rückkehrer“) samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.
Soweit in der Beschwerde gerügt wird, dass sich aus allgemeinen Berichten (u.a. SFH vom August 2019, ECRE/AIDA Jänner 2019, asylumineurope vom Juli 2019, UNHCR vom September 2018 und September 2019, AIDA vom Februar 2018) ein kritisches Bild zur Unterbringungs- und Versorgungslage für Asylsuchende und Schutzberechtigte in Bulgarien ergibt, ist entgegenzuhalten, dass zum einen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen deutlich jüngeren Datums und damit aktueller sind, und zum anderen sich aus das BFA mit der kritischen Berichtslage (UNHCR, AI, WHO, etc.) auseinandergesetzt hat.
Die Negativfeststellung bezüglich der seitens des BF behaupteten Misshandlungen durch die bulgarische Polizei ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF anlässlich seiner Erstbefragung nicht einmal ansatzweise von derartigen Erlebnissen berichtet hat. Der BF wurde damals ausdrücklich danach gefragt, was er über den Aufenthalt in den von ihm durchreisten Ländern angeben könne und hat der BF ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dass er nichts angeben könne. Es ist nach menschlichem Ermessen auszuschließen, dass eine Person, die im Zuge ihrer Reise von massiver Polizeigewalt betroffen gewesen wäre, bei einer sich bietenden Gelegenheit in einem anderen Staat, in dem um Schutz angesucht wird, nicht über diese Übergriffe berichten würde. Dies gilt umso mehr noch, wenn angebliche Verletzungsspuren derartiger Misshandlungen noch ersichtlich sein sollen. Es entspricht auch jahrzehntelanger Judikatur der Asylbehörden und des Verwaltungsgerichtshofes, dass gesteigertes Vorbringen, welches erst später im Verlauf des Verfahrens geltend gemacht wird, regelmäßig nicht glaubhaft erscheint und den Angaben von Asylwerbern, die diese spontan machen, höhere Glaubwürdigkeit zukommt.
Dass der BF Angaben erstattet, wie es ihm gerade opportun erscheint, ergibt sich zudem aus seinen Angaben zu seinem Alter: So hatte er im Bundesgebiet sein Geburtsdatum mit XXXX zu Protokoll gegeben, während er in Bulgarien das Geburtsdatum XXXX angegeben hat. Bereits aus dieser Divergenz ist ersichtlich, dass auf die Richtigkeit der Angaben des BF nicht unkritisch vertraut werden darf. Zudem hat er später im Verfahren sein Vorbringen quasi ebenfalls „gesteigert“ indem er plötzlich vorgab, noch minderjährig und erst XXXX Jahre alt zu sein.
Dass hinsichtlich des Familiennamens des BF ebenfalls eine Divergenz zu den Daten, die in Bulgarien aufscheinen, vorliegt, rundet das sich ergebende Bild zur mangelnden Glaubwürdigkeit der Angaben des BF lediglich noch ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF auten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
…
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautet:
„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“
§ 61 FPG 2005 idgF lautet:
„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. …
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“
In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates („Dublin III-VO“) anzuwenden:
„Art. 49
Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG.“
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:
„KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antrags