TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/6 W167 2177363-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2021
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Entscheidungsdatum

06.12.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W167 2177363-1/42E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der volljährige Beschwerdeführer reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der Erstbefragung am XXXX vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschs als Fluchtgrund an: Meine Familie und ich wurden von der Familie meines Ex-Schwagers und ihm selbst mit dem Umbringen bedroht. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe. Für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan gab der Beschwerdeführer an, dass er um sein und das Leben seiner Familie fürchte.

3. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich unter Beiziehung eines Dolmetschs befragt und gab zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass der Ausreisegrund die Familie seines Onkels, v.a. sein Cousin (= Ex-Schwager) sei.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Die belangte Behörde erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters sprach die belangte Behörde eine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung aus (Spruchpunkt IV.).

Dem Beschwerdeführer wurde ein Rechtsberater beigegeben.

5. Der vertretene Beschwerdeführer erhob fristgerecht gegen diesen Bescheid Beschwerde, hielt sein Fluchtvorbringen aufrecht und verwies darauf, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen mehr in Afghanistan habe.

6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte XXXX eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines Vertreters und eines Dolmetschers für die Muttersprache des Beschwerdeführers u.a. eingehend zu seinen Fluchtgründen sowie zu seiner Situation in Afghanistan und Österreich befragt. Es wurde auch ein Zeuge gehört. Die belangte Behörde nahm an den Verhandlungen nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan geboren und ist StA der Islamischen Republik Afghanistan. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und stammt aus XXXX in der Provinz Maidan Wardak wo er mit seiner Familie bis ca. zum Jahr XXXX gelebt hat. Damals ist sein Vater erkrankt und die gesamte Familie ist in den Iran übersiedelt. Im Iran hat der Beschwerdeführer lediglich ca. XXXX Jahre lang mit seiner Familie zusammengewohnt, danach hat er für ca. XXXX Jahre alleine im Iran gelebt, wobei er in dieser Zeit seinen Lebensunterhalt als XXXX verdient hat.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers und XXXX Geschwister des Beschwerdeführers leben ebenfalls in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und im erwerbsfähigen Alter. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag XXXX in Österreich gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum Nachfluchtgrund des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist als schiitischer Muslim aufgewachsen und bekannte sich bis vor kurzem zur schiitischen Glaubensgemeinschaft des Islam.

In Österreich kam er in Kontakt mit dem Christentum, hat sich vom schiitisch-muslimischen Glauben abgewendet, sich ernsthaft mit dem Christentum auseinandergesetzt und ist nunmehr aus freier persönlicher Überzeugung zum christlichen Glauben konvertiert. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben in seinem Herkunftsstaat Afghanistan verleugnen würde.

Dem Beschwerdeführer droht daher bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner Hinwendung zum Christentum physische und/oder psychische Gewalt im gesamten Staatsgebiet.

1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Die Länderfeststellungen zur beschwerderelevanten Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

?        Länderinformation der Staatendokumentation, Afghanistan aus dem COI-CMS, Version 5, Datum der Veröffentlichung: 16.09.2021

?        UNHCR Richtlinie 30.08.2018

Auszüge aus der Länderinformation der Staatendokumentation, Afghanistan aus dem COI-CMS, Version 5; Datum der Veröffentlichung: 16.09.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 16.09.2021

[..] Nachdem der bisherige Präsident Ashraf Ghani am 15.8.2021 aus Afghanistan geflohen war, nahmen die Taliban die Hauptstadt Kabul als die letzte aller großen afghanischen Städte ein (TAG 15.8.2021; vgl. JS 7.9.2021). [..] Denn unabhängig davon, wer nach der afghanischen Verfassung das Präsidentenamt innehat, kontrollieren die Taliban den größten Teil des afghanischen Staatsgebiets (JS 7.9.2021; vgl. UNGASC 2.9.2021). Sie haben das Islamische Emirat Afghanistan ausgerufen und am 7.9.2021 eine neue Regierung angekündigt, die sich größtenteils aus bekannten Taliban-Figuren zusammensetzt (JS 7.9.2021). […]

Friedensverhandlungen, Abzug der internationalen Truppen und Machtübernahme der Taliban

Letzte Änderung: 16.09.2021

[…] Abzug der Internationalen Truppen […] Am 31.8.2021 zog schließlich der letzte US-amerikanische Soldat aus Afghanistan ab (DP 31.8.2021). Schon zuvor verließ der bis dahin amtierende afghanische Präsident Ashraf Ghani das Land und die Taliban übernahmen die Hauptstadt Kabul am 15.8.2021 kampflos (AAN 17.8.2021). […]

Zentrale Akteure

Letzte Änderung: 16.09.2021

In Afghanistan sind unterschiedliche Gruppierungen aktiv, welche der [bis August 2021 im Amt befindlichen] Regierung feindlich gegenüber standen - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan war eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP), Al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan (USDOD 12.2020), sowie Islamic Movement of Uzbekistan und Eastern Turkistan Movement (CRS 17.8.2021). […]

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 14.09.2021

Die Taliban kündigten nach ihrer Machtübernahme im August 2021 an, dass zukünftig eine islamische Regierung von islamischen Gesetzen angeleitet werden soll, das Regierungssystem solle auf der Scharia basieren. Sie blieben dabei allerdings sehr vage bezüglich der konkreten Auslegung. […]

Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 14.09.2021

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime. Die Sunniten werden auf 80 bis 89,7% und die Schiiten auf 10 bis 19% der Gesamtbevölkerung geschätzt (CIA 23.8.2021; vgl. USDOS 12.5.2021, AA 16.7.2021). Andere Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha´i und Christen machen weniger als 0,3% der Bevölkerung aus (CIA 23.8.2021, USDOS 12.5.2021). Genaue Angaben zur Größe der christlichen Gemeinschaft sind nicht vorhanden (USDOS 12.5.2021). Der letzte bislang in Afghanistan lebende Jude hat nach der Machtübernahme der Taliban das Land verlassen (AP 9.9.2021). Die muslimische Gemeinschaft der Ahmadi schätzt, dass sie landesweit 450 Anhänger hat, gegenüber 600 im Jahr 2017. Genaue Angaben zur Größe der Gemeinschaft der Ahmadi und der christlichen Gemeinschaft sind nicht vorhanden (USDOS 12.5.2021).

In den fünf Jahren vor der Machtübernahme der Taliban im August 2021 gab es keine Berichte über staatliche Verfolgungen wegen Blasphemie oder Apostasie; jedoch berichteten Personen, die vom Islam konvertieren, dass sie weiterhin die Annullierung ihrer Ehen, die Ablehnung durch ihre Familien und Gemeinschaften, den Verlust ihres Arbeitsplatzes und möglicherweise die Todesstrafe riskierten (USDOS 12.5.2021).

[…]

[Anmerkung: Über die Auswirkung der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 auf Religionsfreiheit sind noch keine validen Informationen bekannt]

[…]

Apostasie, Blasphemie, Konversion

Letzte Änderung: 14.09.2021

Die Zahl der afghanischen Christen in Afghanistan ist höchst unsicher, die Schätzungen schwanken zwischen einigen Dutzend und mehreren Tausend (LI 7.4.2021; vgl. USDOS 12.5.2021). Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 16.7.2021). Bei der Konversion vom Islam zum Christentum wird in erster Linie nicht das Christentum als problematisch gesehen, sondern die Abkehr vom und der Austritt aus dem Islam (LIFOS 21.12.2017). Der Islam spielt eine entscheidende Rolle in der afghanischen Gesellschaft und definiert die Auffassung der Afghanen vom Leben, von Moral und Lebensrhythmus. Den Islam zu verlassen und zu einer anderen Religion zu konvertieren bedeutet, gegen die gesellschaftlichen Kerninstitutionen und die soziale Ordnung zu rebellieren (LI 7.4.2021).

Vor der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 konnten christliche Afghanen ihren Glauben nicht offen praktizieren (LI 7.4.2021; vgl. USDOS 12.5.2021). In den fünf Jahren davor gab es keine Berichte über staatliche Verfolgungen wegen Blasphemie oder Apostasie (USDOS 12.5.2021; vgl. AA 16.7.2020); jedoch berichteten Personen, die vom Islam konvertierten, dass sie weiterhin die Annullierung ihrer Ehen, die Ablehnung durch ihre Familien und Gemeinschaften, den Verlust ihres Arbeitsplatzes und möglicherweise die Todesstrafe riskierten (USDOS 12.5.2021).

Landinfo argumentiert, dass die größte Bedrohung für einen afghanischen Konvertiten das Risiko ist, dass seine Großfamilie von der Konversion erfährt. Wenn das der Fall ist, wird diese versuchen, ihn oder sie davon zu überzeugen, zum Islam zurückzukehren. Dieser Druck kommt oft von den engsten Familienmitgliedern wie Eltern und Geschwistern, kann aber auch Onkel, Großeltern und männliche Cousins betreffen (LI 7.4.2021). Ein Konvertit wird in jeder Hinsicht stigmatisiert: als Repräsentant seiner Familie, Ehepartner, Eltern/Erzieher, politischer Bündnispartner und Geschäftspartner. Weigert sich der Konvertit, zum Islam zurückzukehren, riskiert er, von seiner Familie ausgeschlossen zu werden und im Extremfall Gewalt und Drohungen ausgesetzt zu sein. Einige Konvertiten haben angeblich Todesdrohungen von ihren eigenen Familienmitgliedern erhalten (LI 7.4.2021; vgl. USDOS 12.5.2021).

Die dominierende Rolle des Islam schränkt den Zugang zu Informationen über andere Religionen für die in Afghanistan lebenden Afghanen ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass Afghanen in Afghanistan das Christentum kennen lernen, ist relativ gering. Normalerweise sind es Afghanen, die im Ausland leben, unter anderem in Pakistan oder im Iran, die mit dem Christentum in Kontakt kommen. In den Jahren zwischen dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 und deren erneuten Machtübernahme im August 2021 war die internationale Präsenz in Afghanistan beträchtlich und einige Menschen kamen möglicherweise durch ausländische christliche Entwicklungshelfer oder anderes internationales Personal mit dem Christentum in Kontakt. Verschiedene digitale Plattformen haben ebenfalls dazu beigetragen, dass mehr Menschen mit dem Christentum bekannt gemacht wurden (LI 7.4.2021).

Die Bibel wurde sowohl in Dari als auch in Paschtu übersetzt. Es konnten keine Informationen gefunden werden, die darauf hindeuten, dass die Bibel in Afghanistan zum Verkauf steht oder anderweitig auf legalem Wege erhältlich ist. Sie ist jedoch in Pakistan und im Iran erhältlich. Mehrere Ausgaben der Bibel wurden von iranischen Verlagen veröffentlicht und sind, wenn auch in begrenztem Umfang, in gewöhnlichen Buchläden im Iran erhältlich (LI 7.4.2021; vgl. LI 2017). Mit der zunehmenden Nutzung digitaler Plattformen und sozialer Medien sind Informationen über verschiedene Religionen, einschließlich des Christentums, besser verfügbar als in der Vergangenheit. Die Bibel kann sowohl in Dari als auch in Paschtu kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden, ebenso wie anderes christliches Material (LI 7.4.2021).

[Anmerkung: Über die Auswirkung der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 auf Apostasie, Blasphemie, Konversion sind noch keine validen Informationen bekannt]

Dazu UNHCR Richtlinie 2018:

Christen (S. 68 f.): Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist Berichten zufolge weiterhin offen feindlich. Christen werden gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. In Afghanistan existieren keine öffentlichen Kirchen mehr und Christen beten allein oder in kleinen Versammlungen in Privathäusern. 2013 riefen vier Parlamentsmitglieder Berichten zufolge zur Hinrichtung von Personen auf, die zum Christentum konvertiert sind.

Konversion vom Islam (S. 72): Eine Konversion vom Islam wird als Apostasie, also als Glaubensabfall betrachtet und gemäß den Auslegungen des islamischen Rechts durch die Gerichte mit dem Tode bestraft. Zwar wird Apostasie im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich als Straftat definiert, sie fällt jedoch nach allgemeiner afghanischer Rechtsauffassung unter die nicht weiter definierten „ungeheuerlichen Straftaten“, die laut Strafgesetzbuch nach der islamischen Hanafi-Rechtslehre bestraft werden und in den Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft fallen. Damit wird Apostasie als Straftat behandelt, obwohl nach der afghanischen Verfassung keine Handlung als Straftat eingestuft werden darf, sofern sie nicht als solche gesetzlich definiert ist. Geistig zurechnungsfähige männliche Bürger über 18 Jahren und weibliche Bürger über 16 Jahren, die vom Islam konvertieren und ihre Konversion nicht innerhalb von drei Tagen widerrufen, riskieren die Annullierung ihrer Ehe und eine Enteignung ihres gesamten Grund und sonstigen Eigentums. Außerdem können sie von ihren Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen werden und ihre Arbeit verlieren. Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, müssen Berichten zufolge um ihre persönliche Sicherheit fürchten. Bekehrungsversuche, um Personen zum Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion zu bewegen, sind Berichten zufolge laut der Hanafi Rechtslehre ebenfalls rechtswidrig und es stehen darauf dieselben Strafen wie für Apostasie. Berichten zufolge herrscht in der öffentlichen Meinung eine feindliche Einstellung gegenüber missionarisch tätigen Personen und Einrichtungen. Rechtsanwälte, die Angeklagte vertreten, denen Apostasie zur Last gelegt wird, können, so wird berichtet, selbst der Apostasie bezichtigt und mit dem Tod bedroht werden. In der Regel haben Beschuldigte laut Berichten indes keinen Zugang zu einem Verteidiger oder zu anderen Verfahrensgarantien.

Andere Handlungen, die gegen die Scharia verstoßen (S. 72 f.): Neben den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von 2017, die die Beleidigung oder Verzerrung der religiösen Überzeugungen des Islams unter Strafe stellen, stützen sich afghanische Gerichte auch in Bezug auf Blasphemie auf islamisches Recht. Gemäß der Auslegung des islamischen Rechts durch die Gerichte stellt Blasphemie ein Kapitalverbrechen dar. Geistig zurechnungsfähige Männer über 18 Jahren und Frauen über 16 Jahren, die der Blasphemie bezichtigt werden, kann daher die Todesstrafe drohen. Wie auch bei Apostasie haben die Beschuldigten drei Tage Zeit, um ihre Handlungen zu widerrufen, wobei es laut Berichten unter Scharia-Recht kein eindeutiges Verfahren für den Widerruf gibt. Darüber hinaus besteht für Personen, denen Verstöße gegen die Scharia wie Apostasie, Blasphemie, einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch (zina) vorgeworfen werden, nicht nur die Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaft, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte (AGEs).

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1. Die Feststellungen ergeben sich aufgrund der nicht bestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, der Aktenlage, des Strafregisterauszugs und der konsistenten Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Es wird eine Verfahrensidentität festgestellt.

Zu 1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117 unter Hinweis auf Judikatur des VwGH und das Erkenntnis VfGH 12.12.2013, U 2272/2012).

Die Beurteilung des vorgebrachten Religionswechsels zum Christentum wurde nach Befragung des Beschwerdeführers und eines Zeugen entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs vorgenommen (vergleiche VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455).

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer glaubhaft an, dass er sich in Österreich für das Christentum zu interessieren begonnen habe, den Taufunterricht besuche, die Bibel lese, sich dem Christentum zugewandt habe, er Kontakt mit Konvertiten aus Afghanistan und dem Iran habe und seine Taufe bevorstehe (OZ 33, S. 4 ff.). Dies wurde auch vom vernommenen Zeugen bestätigt, welcher den Beschwerdeführer schon lange kennt, den Taufunterricht abhält und auch als Taufspender vorgesehen ist (OZ 33, S. 8 ff.). Nunmehr liegt auch der Taufschein des Beschwerdeführers vor, aus dem auch der Zeuge als Taufspender ersichtlich ist (OZ 39).

Als Grund für seine Hinwendung zum Christentum hat der Beschwerdeführer nachvollziehbar angegeben, dass er bei seiner Flucht in Europa und auch in Österreich Unterstützung von christlichen Menschen bekommen zu haben, er habe dann begonnen sich für das Christentum zu interessieren. Zudem habe er sich auch mit Konvertiten angefreundet und religiöse Feiern besucht. (OZ 33, S. 6) In der Verhandlung hat der Beschwerdeführer den Eindruck vermittelt, dass er sich mit der Bibel und mit der christlichen Religion auseinandergesetzt hat, sich bewusst für den Glaubenswechsel entschieden hat und es sein innerer Entschluss ist, nach dem christlichen Glauben zu leben. Der Beschwerdeführer hat auch ein grundsätzliches Wissen über die Bibel, christliche Feiertage und Sakramente. Diesen Eindruck in der Verhandlung bestätigte auch der Zeugen, welcher sich im Rahmen des Taufunterrichts davon überzeugen konnte, dass der Beschwerdeführer nicht nur die Inhalte des christlichen Glaubens kennt, sondern diese nach seinem Eindruck auch verinnerlicht hat (OZ 33, S. 8).

Der Beschwerdeführer widmet sich ernsthaft der Religionsausübung. Insbesondere besucht er regelmäßig die Gottesdienste sowie im Anschluss daran den Taufunterricht; es gab auch einige ergänzende Termine für den Taufunterricht (Zeuge OZ 33, S. 8 f.). Mit dem Ansuchen um Tauferlaubnis hat der Zeuge zudem nach eigener Angabe bezeugt, dass er den Beschwerdeführer für würdig hält (OZ 33, S. 10). Der Beschwerdeführer gab an, dass er aufgrund des Christentums hilfsbereit sei (OZ 33 S. 7). Der Zeuge wies darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer nach seinem Eindruck sehr gut integriert habe, Deutsch sehr gut könne, ein sehr umgänglicher und hilfsbereiter Mensch sei was der Zeuge auch von anderen Personen wisse. Das sei auch sehr christlich (OZ 33, S. 10) Hilfsbereitschaft als Aspekt des christlichen Glaubens im täglichen Leben hat somit auch der Zeuge bestätigt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch angegeben, dass seine Familie über seinen Glaubenswechsel informiert ist und er hat glaubhaft gemacht, dass er sein Leben so wie Jesus Christus leben möchte und das Christentum weiter praktizieren wird. (OZ 33, S. 11).

Aus diesen Gründen geht die Richterin beim Beschwerdeführer von einem aus innerer Überzeugung vollzogenen dauerhaften Religionswechsel vom Islam zum Christentum aus und dass der Beschwerdeführer seinen Glauben auch im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiter praktizieren würde. Dass dem Beschwerdeführer deshalb bei einer Rückkehr nach Afghanistan physische und/oder psychische Gewalt drohen würde, ergibt sich aus den oben zitierten Länderinformationenaus denen u.a. hervorgeht, dass Konvertiten Verfolgung fürchten müssen, wenn ihr Abfall vom Islam und ihre Hinwendung zum Christentum bekannt werden.

Zu 1.3. Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Die zugrunde gelegten Länderinformationen wurden ins Verfahren eingebracht (OZ 26) bzw. sind öffentlich zugänglich (https://www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/27/2019/07/ afg_guidelines_2018.pdf) öffentlich zugänglich.


3. Rechtliche Beurteilung:

Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1.         dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2.         der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) […]

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Dabei ist auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 zu beachten, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine „Verfolgungsgefahr“, wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet.

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Bei Konversionen von Asylwerbern zum Christentum nach Asylantragstellung (subjektiver Nachfluchtgrund, vergleiche § 3 Abs. 2 AsylG 2005) stellt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf ab, ob die entsprechende Überzeugung bereits im Heimatland bestanden hat (vergleiche VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675 und VfGH 12.12.2013, U2272/2012).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. (VwGH 10.08.2021, Ra 2020/18/0179; vergleiche dazu auch VfGH 12.12.2013, U2272/2012)

Der VwGH hat wiederholt zur Frage einer drohenden Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierter Muslime - vor dem Hintergrund der Situation im Iran - Stellung genommen. Er hat dabei etwa im Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 2000/20/0369, fallbezogen festgehalten, die belangte Behörde sei nicht davon ausgegangen, dass der dortige Bf nur zum Schein konvertiert sei, weshalb es auf die Frage, welche Konsequenzen der (dortige) Bf wegen einer bloß vorübergehenden, der Asylerlangung dienenden Annahme des christlichen Glaubens zu befürchten habe, nicht ankomme. Vielmehr sei maßgeblich, ob er bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (Hinweis E vom 30. Juni 2005, 2003/20/0544, mwN). (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117)

Der EuGH hat ausdrücklich hervorgehoben, dass die Behörden bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling dem Antragsteller nicht zumuten können, auf diese religiöse Betätigung zu verzichten, um eine Verfolgung zu vermeiden (EuGH 5.9.2012, C-71/11 und C-99/11, Rz 78 f). Das setzt freilich voraus, dass die Konversion nicht bloß - aus opportunistischen Gründen - zum Schein erfolgt ist. Läge nämlich eine sogenannte Scheinkonversion vor, wäre im Allgemeinen nicht zu erwarten, dass der Revisionswerber bei Rückkehr in den Herkunftsstaat ihn gefährdende religiöse Betätigungen vornehmen würde und könnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass ihn der Verzicht auf das Bekenntnis zu der neuen Glaubensgemeinschaft bzw. zu (weiteren) religiösen Betätigungen unzumutbar belasten würden. (VwGH 10.08.2021, Ra 2020/18/0179)


Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Im Beschwerdefall war nicht von einer Scheinkonversion auszugehen. Aufgrund der Befragung des Beschwerdeführers sowie des Zeugens war davon auszugehen, dass der Religionswechsel des Beschwerdeführers auf seiner persönlichen Glaubensentscheidung beruht und dass er den christlichen Glauben verinnerlicht hat. Auch die Taufe hat nunmehr stattgefunden.

Aus den Länderinformationen geht hervor, dass Konvertiten vom Islam zum Christentum Verfolgung im gesamten Staatsgebiet durch Staat, Gesellschaft und regierungsfeindliche Gruppierungen fürchten müssen, welche in ihrer Intensität als asylrelevant zu beurteilen ist.

Dieses Verfolgungsrisiko trifft im Beschwerdefall zu. Da es auf der aktuellen religiösen Überzeugung des Beschwerdeführers beruht und daher an die Genfer Flüchtlingskonvention anknüpft, liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 vor.

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund gesetzt hat.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass eine Verfolgungsgefahr von Konvertiten zum Christentum aktuell im gesamten Staatsgebiet gegeben ist. Daher besteht keine inländische Fluchtalternative.

Es liegen keine der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vor.

Daher war dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da der beschwerdegegenständliche Asylantrag am XXXX vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt gemäß § 75 Abs. 24 AsylG 2005 der § 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I 24/2016 („Asyl auf Zeit“) nicht zur Anwendung.

3.4. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage der Asylrelevanz im Sinne des § 3 AsylG wurde entsprechend der zitierten Judikatur für den Beschwerdefall geprüft. Einzelfallbezogene Beurteilungen sind im Allgemeinen nicht revisibel sind (vergleiche VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255).

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung gesamtes Staatsgebiet Konversion Nachfluchtgründe Religion staatliche Verfolgung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W167.2177363.1.00

Im RIS seit

07.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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