Entscheidungsdatum
11.01.2022Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W228 2246381-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über den Antrag von Dr. XXXX , SVNR: XXXX , auf Wiederaufnahme des mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2021 abgeschlossenen Verfahrens Zl. W228 2246381-1/16E zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen und der Eventualantrag wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Verkündung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts in der Verhandlung vom 10.12.2021, Zl. W228 2246381-1/16E, wurde über die Beschwerde von Dr. XXXX , SVNR: XXXX , (im Folgenden: Antragsteller oder kurz AST), gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) vom 31.08.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Revision sei nicht zulässig.
Mit Eingabe vom 20.12.2021 richtete der AST einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG an das Bundesverwaltungsgericht (weitergeleitet von der SVS mit Einlangen beim Bundesverwaltungsgericht am 22.12.2021). Begründend wurde ausgeführt: „[…] 1-innerhalb der subjektiven frist von 2 wochen ab 151221 bis 291221 wird folgender Antrag gestellt – wiederaufnahme desmit rk erkenntnis des BvwerG vom 101221, zugestellt am 151221, gegen das keine rechtsmittel an die höchstgerichte erhoben werden, abgeschlossenen beitragsverfahren nach § 32 Abs. 1 Ziffer 1 VwGVG. – 2-begründung – a. nochmals und immer wieder – ich über das am 010221 angemeldete gewerbe nicht aus, da keine betriebspflicht besteht. b. mit schriftsatz vom 240721an die WK Bgld wurde auch die Ruhendmeldung angezeigt. diese hat deklarativen charakter und ist ein indiz dafür, dass das gewerbe nicht ausgeübt wird darüber war das gericht und die svs informiert c. es ist aufgabe des gerichts und der behörde, den objektiven sachverhalt zu ermitteln und festzustellen, aber nicht mich zu drangsalieren. beide entscheidungsträger haben in dem wesentliche punkt, nämlich zur frage, ob eine nichtgewerbsmässige und daher zulässige ausübung der im Art III Abs. 1 Ziffer 1 EGVG angeführten tätigkeiten vorliegt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen - das ist willkür (VfGH vom 29012009, U 765/08) ich bin beamter im ruhestand und bin gut versichert, brauche keine doppelversicherung,. bin bereits von der KV und PV befreit, sodass ich hiermit um eine solche befreiung für die UV ansuche. d.die objektivität ist nicht gegeben und das erkenntnis erfolgte akten-und sachverhaltswidrig dieses verhalten des gerichts ist mit gesetzlosigkeit auf eine stufe zu stellen und nach derRsp des VfGH auch willkür. 3 ich behaupte folgende vermutung – verdacht des wissentliche befugnismissbrauchs mit schädigungsabsicht 3 antrag auf bewilligung der WA in eventu amtswegige verfügung derselben, da die sach-und rechtslage im zeitpunkt der entscheidung über den WA-Antrag maßgebend ist […]“.
Am 27.12.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein E-Mail ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Vorliegen einer Urkundenfälschung, eines falschen Zeugnisses oder einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung konnte nicht festgestellt werden.
Es wurden seitens des AST keine neuen Beweismittel vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Da das Verfahren W228 2246381-1 beim Bundesverwaltungsgericht abgeschlossen wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht gem. § 32 Abs. 2 VwGVG für die Behandlung des Wiederaufnahmeantrags zuständig.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung des Wiederaufnahmeantrages
Zum E-Mail vom 27.12.2021:
Gemäß § 13 Abs. 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden.
Es ist zu beachten, dass die Subsidiaritätsklausel des § 13 Abs. 1 erster Satz AVG "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" nach Ansicht des VwGH nicht nur die verschiedenen Anbringenstypen, sondern auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten betrifft. Es haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität; die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (subsidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden (vgl. VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV), in der Fassung BGBl. II Nr. 11/2015, können Schriftsätze und Beilagen zu Schriftsätzen nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auf folgende Weise elektronisch eingebracht werden:
1. im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs;
2. über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982;
3. im Wege des elektronischen Aktes;
4. im Wege einer standardisierten Schnittstellenfunktion;
5. mit auf der Website www.bvwg.gv.at abrufbaren elektronischen Formblättern;
6. mit Telefax.
E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.
Mit dem gegenständlichen E-Mail vom 27.12.2021 wurden Ausführungen gemacht. E- Mail ist jedoch eine gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV unzulässige Einbringungsform, zumal eine Einbringung von Anbringen unter Verwendung von E-Mails in der BVwG-EVV nicht vorgesehen ist. Anbringen, für die die Verwaltungsvorschriften eine bestimmte Art der Einbringung vorsehen, sind unwirksam, wenn die Einbringung in einer anderen als der gesetzlich bestimmten Art erfolgt (vgl. nochmals VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).
Da ein auf einem rechtlich nicht zugelassenen Weg eingebrachtes Anbringen als nicht eingebracht gilt (vgl. dazu das zur BAO ergangene, insoweit aber einschlägige E vom 28. Mai 2009, 2009/16/0031, mwH, sowie das E vom 22. Juli 1999, 99/12/0061), ist die Behörde auch nicht gehalten, im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, weil auch für die Einleitung eines Mängelbehebungsverfahrens das Vorliegen einer an sich wirksam erhobenen (wenn auch mit einem Mangel behafteten) Eingabe erforderlich ist (vgl. dazu den ebenfalls zur BAO ergangenen, insoweit einschlägigen B vom 28. Juni 2007, 2005/16/0186).
Wird ein Anbringen auf einem nicht zugelassenen Weg zugeleitet, so gilt es als nicht eingebracht. Im gegenständlichen Fall wurde ein E-Mail eingebracht. Daraus folgt, dass dieses beim Bundesverwaltungsgericht nicht rechtswirksam eingebracht worden ist. Daher brauchte auf die Ausführungen in diesem E-Mail vom 27.12.2021 nicht eingegangen werden.
Abschließend sei zu diesem Thema noch angemerkt, dass alle Personen die zulässigen Einbringungswege zwecks formgerechter Einbringung leicht über die Homepage des Bundesverwaltungsgerichtes ermitteln hätten können.
Zur Sache:
Der vorliegende Antrag zielt darauf ab, das, mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.12.2021, abgeschlossene vorangegangene Verfahren des Antragstellers wiederaufzunehmen.
Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG setzt voraus, dass die gerichtlich strafbare Handlung von der Behörde selbst (etwa durch Amtsmissbrauch, falsche Beurkundung oder Beglaubigung im Amt etc. verübt wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69, Rz 9).
Das Vorliegen der gerichtlich strafbaren Handlung muss nicht durch ein gerichtliches Urteil erwiesen und festgestellt worden sein. Wenn es bislang zu keiner Verurteilung durch ein Gericht gekommen ist, hat die wieder aufnehmende Behörde selbst als Vorfrage zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich um ein gerichtlich strafbares Verhalten handelt, durch das der Bescheid herbeigeführt wurde. Die Begehung der Straftat muss freilich von der das Verfahren wieder aufnehmenden Behörde auf Grund der ihr vorliegenden Unterlagen als erwiesen angenommen werden, ein bloßer Verdacht, dass eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt reicht nicht aus. (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 RZ 11).
Aus den Behauptungen des AST lässt sich nicht einmal ansatzweise ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Richters erkennen. So ist nicht erkennbar, wieso jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und Willkür geübt worden sein soll, wenn der AST trotz ordnungsgemäßer Ladung sich nicht ordnungsgemäß entschuldigt hat (siehe Rechtssatz 1 des VwGH zur Entscheidung vom 26.06.2019, Zl. Ra 2019/20/0137) und trotzdem der Verhandlung ferngeblieben ist und die Verhandlung die Ermittlungsform des Gerichts ist. Die Entscheidung zu W228 2246381-1 basierte auf den, in der Verhandlung dargelegten, Ermittlungsergebnissen. Wie dadurch ein Befugnismissbrauch mit Schädigungsabsicht erfüllt sein soll, ist dem Richter nicht nachvollziehbar.
Zudem ist das Vorbringen des AST weder neu, noch durch Beweismittel gestützt. Von der Ansicht des AST abweichende Ansichten und Vorbringen erfüllen genausowenig einen Straftatbestand, da diese begründet erfolgten und dem Rechtsmittel der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen bzw. außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof unterlägen, wäre ein Ausfertigungsantrag binnen 2 Wochen ab Zugang des Protokolls über die mündliche Verkündung gestellt worden.
Der Antrag erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher abzuweisen.
Der Eventualantrag auf amtswegige Wiederaufnahme war mangels subjektivem öffentlichen Recht zurückzuweisen (siehe dazu Rechtssatz 2 zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2019, Ra 2018/12/0020: „Auf die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens steht niemandem ein Rechtsanspruch zu (Hinweis E 24.6.1985, 85/12/0114).“).
Abschließend wird die SVS darauf hingewiesen, dass der Antrag, welcher sich „analog“ an die SVS richtet und sich auf § 69 Abs. 1 Z 1 AVG stützt, seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mangels Zuständigkeit nicht erledigt wurde und daher noch offen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Kommentarliteratur, die sich auf Judikatur des VwGH stützt, zeigt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
E - Mail Einbringung Eventualantrag Wiederaufnahmeantrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2022:W228.2246381.2.00Im RIS seit
07.02.2022Zuletzt aktualisiert am
07.02.2022