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Verwaltungsverfahren - VStGNorm
VStG §31 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Härtel und die Hofräte DDr. Dolp, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Reichel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Landesregierungsoberkommissär Dr. Cede, über die Beschwerde des JK in B, vertreten durch Dr. Ernst Manhardt, Rechtsanwalt in Ebreichsdorf, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1973, GZ. I/7-4263/15-1973, betreffend Einwendungen gegen die Vollstreckung einer Geldstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem rechtskräftigen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Juni 1973, GZ. I/7-1875/II-1973, war über den Beschwerdeführer wegen einer am 15. Oktober 1970 begangenen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1950 eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 7 Tage) verhängt worden. Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde hatte der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 26. September 1973, Zl. 1281/1282/73, als unbegründet abgewiesen.
Zur Hereinbringung dieser Geldstrafe und des Kostenbeitrages stellte das Bundesland Niederösterreich, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha, beim Bezirksgericht Neusiedl am See (dort eingelangt am 24. September 1973) den Antrag auf Pfändung und Überweisung von Bezügen des Beschwerdeführers aus dem Arbeitsverhältnis. Mit Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 9. Oktober 1973 wurde die beantragte Exekution zur Hereinbringung von S 5.658,25 bewilligt und das Mehrbegehren hinsichtlich eines Betrages von S 500,-- an Verfahrenskosten zweiter Instanz abgewiesen, weil hiefür keine ordentliche Bescheidausfertigung vorgelegt und die Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht von der erkennenden Behörde ausgestellt worden sei.
In einer an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha gerichteten Eingabe vom 15. Oktober 1973 forderte der Beschwerdeführer diese Behörde auf, umgehend obige vom Bezirksgericht Neusiedl am See bewilligte Exekution zur Einstellung zu bringen, weil bereits Vollstreckungsverjährung eingetreten sei. Überdies sei die Vollstreckung auch deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zur Zahlung des Geldbetrages aufgefordert worden sei. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 17. Oktober 1973 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß sich die Behörde seiner Argumentation nicht anschließen könne und daß sie keine Veranlassung finde, das Exekutionsverfahren einzustellen. In einem weiteren an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha gerichteten Schriftsatz vom 23. Oktober 1973 erhob der Beschwerdeführer gegen diese Exekutionsführung aus den in seiner Eingabe vom l5. Oktober 1973 angeführten Gründen formell Einwendung.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 25. Oktober 1973 wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers als unbegründet zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Einwendungen des Beschwerdeführers keine Tatsachen enthielten, die den Anspruch aus dem gegenständlichen Vollstreckungstitel aufheben oder hemmen könnten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestehe keine Verpflichtung der Behörde, vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens dem Verpflichteten eine Aufforderung zum Erlag der Geldstrafe zu eigenen Handen zuzustellen. Eine Vollstreckungsverjährung sei deshalb nicht eingetreten, weil noch vor deren Ablauf der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See gefaßt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha als Vollstreckungsbehörde habe somit noch vor Ablauf der Verjährungsfrist alles in ihrer Macht Gestandene getan, um die Vollstreckung herbeizuführen, sodaß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. N. F. Nr. 1809/A) die Verjährungsfrist unterbrochen worden sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1973 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid jedoch dahin gehend abgeändert, daß sein Spruch auf § 3 Abs. 2 VVG 1950 gestützt und dem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge gegeben werde. Die Berufungsbehörde schloß sich in ihrer Begründung im wesentlichen der Rechtsauffassung der Erstbehörde an.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird neuerlich die Rechtsansicht vertreten, daß die Vollstreckung deshalb unzulässig sei, weil der Beschwerdeführer nicht zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zur Zahlung der Geldstrafe aufgefordert worden sei. Außerdem dürfe die verhängte Strafe nicht mehr vollstreckt werden, weil mit 16. Oktober 1973 Vollstreckungsverjährung eingetreten sei. Das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Dezember 1950, Slg. N.F.Nr. 1809/A, sei vereinzelt geblieben und müsse als überholt betrachtet werden.
Wie bereits die Erstbehörde und ihr folgend die belangte Behörde zutreffend ausgeführt haben, enthält das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 keine Bestimmung, wonach vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens hinsichtlich von Geldleistungen - anders als bei der Erzwingung einer Arbeits- oder Naturalleistung durch Ersatzvornahme (vgl. § 4 Abs. 1 VVG 1950) - der Verpflichtete zunächst zur Zahlung der Geldleistung aufgefordert werden müßte.
Was aber die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vollstreckungsverjährung betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. N. F. Nr. 1809/A, sondern auch in anderen Erkenntnissen (vgl. die Erkenntnisse vom 22. Juni 1954, Zl. 473/52, vom 5. Mai 1958, Zl. 622/57, und vom 4. Dezember 1958, Zl. 1264/57) ausgesprochen, daß die Frist des § 31 Abs. 3 VStG 1950 gewahrt ist, wenn die Behörde den Antrag auf gerichtliche Exekution zur Hereinbringung einer Geldstrafe innerhalb dieser Verjährungsfrist beim zuständigen Gericht eingebracht hat, es sei denn, daß sie selbst durch eigene Verfügung im Sinne des § 53 Abs. 2 VStG l950 in den Lauf des gerichtlichen Exekutionsverfahrens eingreift. Auf die nähere Begründung der angeführten Erkenntnisse wird unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Da im vorliegenden Fall innerhalb der im § 31 Abs. 3 VStG 1950 genannten Frist die Behörde den Antrag auf gerichtliche Exekution zur Hereinbringung der Geldstrafe beim zuständigen Gericht gestellt (24. September 1973) und dieses Gericht auch die beantragte Exekution bewilligt hat (9. Oktober 1973), war auch unter diesem Gesichtspunkt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht feststellbar.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 14. November 1972, BGBl. Nr. 427.
Wien, am 13. März 1974
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1974:1974000053.X00Im RIS seit
07.02.2022Zuletzt aktualisiert am
07.02.2022