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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der R GmbH in W, vertreten durch MMag. Dr. Walter Mühlbacher, Rechtsanwalt in 1200 Wien, Karl-Meißl-Straße 7/29, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Mai 2020, LVwG-AV-171/001-2019, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde S, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (in der Folge: LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde S. vom 19. Dezember 2018, mit dem der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung von drei Gebäuden mit je zwei Wohneinheiten auf einem näher genannten Grundstück der KG S. abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Ortsaugenschein als unbegründet abgewiesen (1.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (2.).
2 Begründend führte das LVwG, gestützt auf ausführliche Feststellungen sowie eine jeweils umfangreiche Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung, zusammengefasst aus, das in Rede stehende Bauvorhaben sei aus näher genannten Gründen nicht mit dem Ortsbild gemäß § 56 der Niederösterreichischen Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) vereinbar; der Erteilung der beantragten Bewilligung stehe damit eine sonstige Bestimmung der NÖ BO 2014 iSd § 20 Abs. 1 Z 7 1. Teilstrich leg. cit. entgegen. Da schon aus diesem Grund die Vorprüfung gemäß der letztgenannten Gesetzesbestimmung negativ ausfalle, könne die Versagung der beantragten Baubewilligung durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden; die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
3 In den Zulässigkeitsgründen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird auf die Ausführungen des LVwG im angefochtenen Erkenntnis sowie auf den konkreten Sachverhalt in keiner Weise eingegangen; vorgebracht wird vielmehr mit allgemeinen Fragestellungen ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „sowohl zur Anwendbarkeit, Interpretation und Reichweite des Ortsbildschutzes des § 56 NÖ BO 2014 (idF LGBl. 50/2017) bei aufrechter Geltung eines älteren Bebauungsplanes, der auch gewisse Vorgaben zum Ortsbildschutz enthält“ und von Rechtsprechung „zur Auslegung der Reichweite der behördlichen Anleitungspflicht gem. § 20 Abs. 2 zweiter Satz NÖ BO 2014“.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. z.B. VwGH 1.4.2021, Ra 2021/05/0040, mwN). Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 8.11.2021, Ra 2021/05/0146, 14.7.2021, Ra 2021/05/0117; oder auch 26.11.2020, Ra 2020/06/0189, jeweils mwN).
8 Der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision mangelt es mit ihren pauschalen Ausführungen an jeglicher Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem von der revisionswerbenden Partei dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt (vgl. dazu für viele etwa nochmals VwGH 8.11.2021, Ra 2021/05/0146; 14.7.2021, Ra 2021/05/0117; oder auch 21.12.2020, Ra 2020/05/0233 bis 0237, jeweils mwN). Aus welchem Grund das Schicksal der gegenständlichen Revision von den dort angesprochenen allgemeinen Themen („Unter welchen Voraussetzungen ist das „Ortsbild“ auch außerhalb historischer Ortskerne bzw. bei völligem Fehlen von bau- und kulturhistorisch wertvollen Bauwerken und Ortsbereichen/Welterbestädten geschützt? Wie streng und an welchem Maßstab [...] ist die Ortsbildverträglichkeit in solchen Fällen zu beurteilen? Wurden aufrecht geltende, ältere Bebauungspläne durch [§ 56 NÖ BauO 2014] bedeutungslos? Inwieweit kann/darf diese Bestimmung eine bebauungsplankonforme Nachverdichtung verhindern bzw. bei Geltung eines Bebauungsplanes weitergehende Beschränkungen bedeuten? Wie ist der rechtlich relevante Bezugsbereich gemäß Abs. 2 konkret abzugrenzen? Ist die Ortsbildklausel hinreichend determiniert [im sinne des Art. 18 B-VG], insb. im Hinblick auf die Abgrenzung des Bezugsbereiches und die Beurteilungsmaßstäbe? Wie konkret muss die Behörde dem Bauwerber im Fall des § 20 Abs. 2 zweiter Satz NÖ BO 2014 die ihres Erachtens notwendige[n] Änderung[en] eines Bauvorhabens mitteilen, um die Bewilligungsfähigkeit desselben zu erreichen?“) abhängen sollte, wird in den Zulässigkeitsgründen der Revision nicht dargelegt (vgl. dazu für viele wiederum VwGH 8.11.2021, Ra 2021/05/0146; 23.9.2019, Ra 2019/06/0075, 0076; 22.1.2019, Ro 2018/05/0023; oder auch etwa 2.6.2021, Ra 2021/02/0114, jeweils mwN).
9 Ohne konkrete Bezugnahme auf den Einzelfall ist die Begründung der Zulässigkeit einer Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. für viele VwGH 30.4.2021, Ra 2021/05/0072; 7.10.2020, Ra 2020/05/0196; oder auch 25.9.2019. Ra 2019/05/0233, jeweils mwN). Da in den vorliegenden Revisionszulässigkeitsgründen auf den gegenständlichen Revisionsfall in keiner Weise konkret eingegangen und nicht fallbezogen dargelegt wird, welche bestimmte Rechtsfrage als grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Fall zu lösen hätte, erweist sich die Revision nicht als zulässig.
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 18. Jänner 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020050138.L00Im RIS seit
07.02.2022Zuletzt aktualisiert am
15.02.2022