TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/2 VGW-031/042/14440/2020

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Veröffentlicht am 02.12.2021
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Entscheidungsdatum

02.12.2021

Index

90/02 Kraftfahrgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

KFG 1967 §4 Abs2
KFG 1967 §103 Abs1 Z1
KFG 1967 §103 Abs1 Z2
VStG 1991 §32 Abs1
VStG 1991 §49 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn B. C. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat D., vom 9.10.2020, Zl. VStV/.../2020, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis 9.10.2020 behoben und bestimmt, dass der erstinstanzliche Spruch zu lauten hat wie folgt:

„Der Einspruch von A. C. gegen die Strafverfügung 15.9.2020, Zl. VStV/.../2020, wird als unzulässig zurückgewiesen.“

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und wesentlicher Sachverhalt:

1. Mit Strafverfügung vom 15.9.2020, Zl. VStV/.../2020, adressiert an Herrn B. C., wurde diesem – nunmehrigen Beschwerdeführer – zur Last gelegt, er habe 1.) gegen § 103 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) und 2.) gegen § 103 Abs. 1 Z 2 lit. b KFG verstoßen.

Diese Strafverfügung wurde Herrn B. C. am 21.9.2020 zugestellt.

2. Am 22.9.2020 wurde von der E-Mail-Adresse „A.C.@....at“, welche Herrn A. C. zugeordnet ist, Einspruch erhoben und wurde diese ausschließlich in der „Ich-Form“ verfasst („ich erhebe Einspruch“; „ich um 14:15 die Heimreise antrat bekomm ich“; „konnte ich mir nicht die Kennzeichen“; „bin ich von der Polizei angehalten wurden“; „ich habe mehre“; „meine Situation zu schildern“ und „hörte er mir nicht wirklich zu“). Eine Unterfertigung des Einspruches durch den nunmehrigen Beschwerdeführer, Herrn B. C., war nicht vorhanden und gab es auch sonst keinen Hinweis darauf, dass letzterer mit diesem Einspruch in Zusammenhang gebracht werden könnte.

3. Mit Straferkenntnis vom 9.10.2020, adressiert an Herrn B. C., wurden diesem neuerlich die Übertretungen der bereits oben unter I.1. angeführten Normen zur Last gelegt.

4. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer frist- und formgerecht am 21.10.2020 Beschwerde und brachte Folgendes vor:

„Sehr geehrte Herrschaften ich erhebe Einspruch bezüglich des oben genannten Strafverfahrens

Ich und der Lenker (C. A.) haben am 02.09.20 vor Fahrbeginn einen

Fahrtauglichkeit Check des KFZs gemacht und zu dem Zeitpunkt war das Fahrzeug in einem tadellosen Zustand und verkehrstauglich sprich die Beschädigung der Scheibe passiert werdend

Der Fahrt

Mit freundlichen grüßen

B. C.“

(unkorrigiertes Originalzitat)

5. Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde sowie den bezughabenden verwaltungsbehördlichen Akt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

II. Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und Wertung des Vorbringens des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde.

Der Verfahrensgang, insbesondere die Erhebung des Einspruches durch A. C., ergibt sich aus der im Akt einliegenden E-Mail (AS 7). Aus dieser Eingabe geht zweifelsfrei hervor, dass der Einspruch von A. C. (ausschließlich) im eigenen Namen eingebracht wurde (siehe dazu bereits ausführlich oben unter I.2.).

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht damit unzweifelhaft und abschließend fest.

III. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

Gemäß § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG).

Im gegenständlichen Verfahren ist Herr B. C. Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren, da (ausschließlich) gegenüber diesem mit Erlassung der Strafverfügung vom 15.9.2020 eine Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

Zur Erhebung eines Einspruches, ist der Beschuldigte und andere Parteien des Verfahrens (zB. die mithaftende juristische Person iSd § 9 Abs. 7 VStG; usw.) berechtigt. Amtsparteien sind nur dann einspruchsberechtigt, wenn ihnen das Recht zur Erhebung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung ausdrücklich im Gesetz eingeräumt wurde. Die einspruchsberechtigten Parteien können den Einspruch auch durch einen Vertreter (§ 10 AVG) einbringen (siehe dazu Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, § 49 Rz 2).

Feststellungsgemäß wurde der Einspruch offenkundig von Herrn A. C. im eigenen Namen erhoben. Zudem traten keinerlei Indizien die darauf hindeuten würde, dass dieser lediglich im Rahmen einer ihm vom Beschuldigten erteilten Vollmacht gehandelt hat, hervor.

Herrn A. C. kommt im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zu, weshalb sein Einspruch als unzulässig zurückzuweisen war (vgl. etwa VwGH 1.7.2010, 2008/09/0377; 10.10.2018, Ra 2017/03/0096).

Da die Strafverfügung vom 15.9.2020 (mangels Erhebung eines Einspruches durch den Beschuldigten innerhalb der in § 49 Abs. 1 VStG normierten Frist) in Rechtskraft erwachsen ist, hat die belangte Behörde durch Erlassung des durch den Beschwerdeführer angefochtenen Straferkenntnisses eine Zuständigkeit in Anspruch genommen die ihr nicht zukam und war das Straferkenntnis vom 9.10.2020 daher spruchgemäß zu beheben (vgl. VwGH 10.10.2018, Ra 2017/03/0096; 18.9.1996, 96/03/0045), zumal dieses auf keinen vom Beschwerdeführer eingebrachten Einspruch gegen die gegenständliche, von diesem unbekämpft gebliebene Strafverfügung gründet.

Obgleich der Beschwerdeführer den Einspruch gegen diese Strafverfügung nicht eingebracht hat, sondern dieser Herrn A. C. zuzurechnen ist, war dennoch der Beschwerdeführer bei Zugrundelegung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur auch Partei des aufgrund des Einspruchs eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird nämlich durch den Ausspruch, dass ein Rechtsmittel gegen eine Strafverfügung nicht dem Beschuldigten des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern einer anderen natürlichen oder juristischen Person zuzurechnen ist, (auch) über subjektive Rechte des zur Einbringung eines Einspruches alleine legitimierten Beschuldigten des Verwaltungsstrafverfahrens abgesprochen. Diesen kommt daher in einem derartigen Verfahren Parteistellung zu (vgl. VwGH-verst.Senat 19.12.1994, VwSlg. 11625 A/1984; VwGH 3.9.1996, 95/04/0197; 30.9.1997, 97/04/0095; 1.7.1998. 96/09/0119).

Folglich war auch über den Einspruch von Herrn A. C. im gegenständlichen Verfahren verfahrensabschließend abzusprechen, und dieser Einspruch zurückzuweisen (vgl. VwGH 11.5.1983, 83/03/0046; 18.9.1996, 96/03/0045).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte auf Grundlage des § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, weil die im angefochtenen Bescheid verhängte Geldstrafe EUR 500,-- nicht überschreitet und die Durchführung einer solchen von keiner Partei beantragt wurde. Zudem liegt der zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigende Tatbestand des § 44 Abs. 2 VwGVG vor.

Die Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Strafverfügung; Einspruch; Beschuldigter; Parteistellung; Beschuldigter; Unzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.042.14440.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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