TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/2 W140 2235689-11

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Veröffentlicht am 02.07.2021
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Entscheidungsdatum

02.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W140 2235689-11/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HÖLLER, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , Staatsangehörigkeit Tunesien, in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste illegal unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.04.2016 unter Angabe einer nachweislich falschen Identität und einer falschen Staatsangehörigkeit (Syrien) einen Antrag auf internationalen Schutz. Während des Asylverfahrens wurde festgestellt, dass der BF im Jahr 2014 bei der Schweizer Botschaft in Tunis mit einem tunesischen Reisepass einen Antrag auf Touristenvisum stellte, jedoch dieser abgelehnt wurde. Auch wurde der BF bereits am 30.04.2015 von Frankreich nach Tunesien abgeschoben.

Am 11.06.2017 wurde der BF wegen des Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 201 StGB in Untersuchungshaft eingeliefert.

Der BF wurde am 21.03.2018 durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren wegen Vergewaltigung gemäß § 201 (1) StGB verurteilt.

Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde am 17.08.2018 gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem 10-jährigen Einreiseverbot, erlassen.

Am 11.09.2019 wurden – noch während der Anhaltung in Strafhaft - für die Länder Tunesien, Algerien und Marokko Verfahren zur Ausstellung eines HRZ eingeleitet. Während der Strafhaft wurde am 03.01.2020, 31.01.2020 und 16.04.2020 eine Urgenz für die Ausstellung eines HRZ an die tunesische Botschaft übermittelt. Am 10.01.2020, 15.04.2020 und 19.05.2020 wurde während der Strafhaft auch bei der Marokkanischen Botschaft ein HRZ urgiert. Weiters wurde am 12.11.2019, 09.12.2019, 30.01.2020, 26.03.2020 und 08.05.2020 bei der Algerischen Botschaft ein HRZ urgiert.

Am 10.06.2020, um 08:00 Uhr wurde der BF aus der JA- XXXX entlassen und gleichzeitig der Festnahmeauftrag vollzogen. Anschließend wurde der BF ins PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert. Am 10.06.2020, um 15:15 Uhr wurde der BF niederschriftlich einvernommen. Am 10.06.2020, um 20:15 Uhr wurde dem BF der Schubhaftbescheid persönlich zugestellt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) stützte die Schubhaft damals insbesondere auf die falschen Identitätsangaben des BF sowie die fast gänzlich fehlende soziale Verankerung im Bundesgebiet. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit wurde die Verurteilung des BF berücksichtigt.

Am 17.07.2020 stellte der BF einen Asylfolgeantrag. Mit einem Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde vom BFA festgestellt, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft aufrecht bleibt, da die Voraussetzungen hierfür weiterhin vorliegen. Dieser wurde dem BF am 17.07.2020, um 12:30 Uhr persönlich zugestellt. Eine Beschwerde gegen die auf diesen Aktenvermerk gestützte Anhaltung erfolgte nicht.

Mittels Aktenvermerken des BFA vom 05.08.2020 und 02.09.2020 gemäß § 80 Abs. 6 FPG wurde die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft geprüft und bestätigt.

Während der Anhaltung in Schubhaft wurden vom BFA jeweils am 12.06.2020, 28.08.2020 sowie am 30.09.2020 Urgenzen an die Tunesische Botschaft für die Ausstellung eines HRZ übermittelt.

Es wurde auch bei der Marokkanischen Botschaft am 15.06.2020, 29.06.2020, 17.07.2020, 20.08.2020 und 15.09.2020 die Ausstellung eines HRZ urgiert. Am 15.01.2021 wurde von der Marokkanischen Botschaft festgestellt, dass der BF nicht marokkanischer Staatsbürger ist.

Weiters wurde vom BFA am 16.06.2020, 03.08.2020 und am 24.08.2020 bei der Algerischen Botschaft wegen eines HRZ urgiert. Am 18.09.2020 wurde der BF der algerischen Delegation vorgeführt. Diese erklärte, dass der BF vermutlich ein tunesischer Staatsangehöriger ist, jedoch werde trotzdem die Identität bei den Behörden in Algerien geprüft. Danach wurde vom BFA auch am 03.12.2020, am 18.02.2021 und zuletzt am 28.04.2021 bei der Algerischen Botschaft urgiert.

Am 30.12.2020, 29.01.2021, 25.02.2021, 24.03.2021, 13.04.2021 sowie zuletzt am 12.05.2021 wurde vom BFA jeweils neuerlich bei der Tunesischen Botschaft ein HRZ urgiert.

Am 13.08.2020 wurde der Folgeantrag gemäß § 68 AVG zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Am 15.12.2020 wurde der BF aufgrund seines Wunsches erneut vor dem BFA einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er bei einem Freund Unterkunft nehmen könne und nannte eine Adresse. Eine ZMR-Abfrage ergab, dass der genannte Freund an einer anderen Adresse gemeldet ist. Ihm wurde erneut die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr zur Kenntnis gebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) stellte mit Erkenntnissen vom 08.10.2020, XXXX , vom 04.11.2020 ( XXXX ), vom 02.12.2020 ( XXXX ), vom 29.12.2020 ( XXXX ), 25.01.2021 ( XXXX ), 19.02.2021 ( XXXX ), 19.03.2021 ( XXXX ), 13.04.2021 ( XXXX ), 11.05.2021 ( XXXX ) und 08.06.2021 ( XXXX ) jeweils fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und diese auch verhältnismäßig ist.

Aufgrund der langen Dauer des Verfahrens zur Identifizierung des BF mit der algerischen und tunesischen Botschaft forderte das BVwG im Haftprüfungsverfahren das BFA mit Schreiben vom 12.03.2021 zu einer näher begründeten Stellungnahme auf, wie lange Identifizierungsverfahren mit der Algerischen bzw. Tunesischen Botschaft üblicherweise in Anspruch nehmen.

Mit E-Mail vom 16.03.2021 gab das BFA zusammengefasst bekannt, dass am 25.02.2021 eine weitere Urgenz an die Tunesische Botschaft erfolgt sei. Weitere Möglichkeiten die HRZ-Erlangung zu forcieren seien für die Behörde nicht gegeben, da man letztlich auf die Entscheidung eines anderen, souveränen Staates angewiesen sei, dessen Mitwirkung rechtlich weder verlangt noch erzwungen werden könne, sodass eben keine weitergehende Mitwirkung der Behörde möglich sei, ohne dass dies jedoch in der Verantwortung der Behörde liege. Eine Einvernahme werde am 16.03.2021 erfolgen.

Am 16.03.2021 übermittelte das BFA die Niederschriften der zwei Einvernahmen des BF vom selben Tag. In dieser gab der BF zusammengefasst an, dass er zu Unrecht strafrechtlich verurteilt worden wäre. Es sei nicht unrecht gewesen, „diese Frau“ zu vergewaltigen, es habe sich um eine „schmutzige Frau“ und nicht eine „normale Frau“ gehandelt. Er habe einen Meldezettel und, da er seine Identität offengelegt habe, wolle er aus der Schubhaft entlassen werden. Er komme aus Tunesien, eine Delegation aus Algerien und Tunesien sei schon „hier gewesen“. Er hätte eine Arbeitsgenehmigung, der „Chef“ hätte gesagt, dass er diese bekomme. Er werde zurückkehren, er werde aber nicht freiwillig zurückkehren. Er sei aus Frankreich freiwillig mit einem Laissez-passer ausgereist. Befragt wo sich seine Dokumente befinden würden gab er an, dass diese nicht mehr gültig seien und „in der Schweiz sollten sie sie haben“. Auf die Nachfrage „ist der Reisepass in der Schweiz?“ gab er - während er die Beamten angrinste - an: „Die sind nicht mehr gültig. …Die sind zuhause in Tunesien“. Der BF wurde anlässlich dieser Einvernahme erneut über die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise informiert.

Mit E-Mail vom 16.03.2021 teilte die Abt. XXXX des BFA überdies zusammengefasst mit, dass bei dringlichen Verfahren (Schub- und Strafhaftfälle) bis dato eine derartige Verfahrensdauer zur Identifizierung von vermeintlichen tunesischen bzw. algerischen Staatsangehörigen noch nicht aktenkundig sei. Bis dato seien aber auch noch nicht 12 Urgenzen bei der tunesischen Botschaft gestellt worden. Jedoch könne aus Erfahrung der nicht dringenden Fälle mitgeteilt werden, dass hier bis zu 10 - 15 Urgenzen üblich seien um eine positive oder negative Antwort aus Tunis zu erhalten. Üblicherweise seien bei ca. fünf Personen 10 bis 15 Urgenzen notwendig. Aufgrund der COVID - Situation habe der BF erst am 18.09.2020 der algerischen Delegation vorgeführt werden können. Die Verzögerungen der Interviewtermine, welche grundsätzlich alle 2 Monate stattfänden, seien leider COVID bedingt und auch habe es im Jahr 2020 und auch im Jahr 2021 Coronafälle in der Botschaft gegeben, was auch dazu geführt habe, dass die Botschaft die Urgenzen verzögert an Algier weitergeleitet habe.


Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX vom 08.06.2021 wurde zuletzt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 30.06.2021 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 30.06.2021 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

„Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beehrt sich beiliegende Aktenteile zur Prüfung der weiteren Anhaltung über vier Monate gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG vorzulegen und folgende Stellungnahme abzugeben:

Herr XXXX (BF) reiste im August 2015 ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.04.2016 unter dem Namen XXXX einen Asylantrag. Während des Asylverfahrens wurde festgestellt, dass der BF im Jahr 2014 bei der Schweizer Botschaft in Tunis mit einem tunesischen Reisepass unter dem Namen XXXX einen Antrag auf Touristenvisum stellte, jedoch dieser abgelehnt wurde.

Am 11.06.2017 wurde er wegen § 201 StGB in Untersuchungshaft in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

Der BF wurde am 21.03.2018 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zur XXXX wegen § 201 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt.

Das Asylverfahren des BF wurde am 17.08.2018 gem. §§ 3 und 8 AsylG in 2. Instanz rechtskräftig negativ beschieden. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung mit einem 10-jährigen Einreiseverbot erlassen.

Am 13.03.2019 wurde von ha. ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG erlassen und an die JA- XXXX übermittelt, damit dieser bei Entlassung vollzogen werden kann.

Am 11.09.2019 wurde für die Länder Tunesien, Algerien und Marokko ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestartet.

Während der Strafhaft wurde am 03.01.2020, 31.01.2020 und 16.04.2020 eine Urgenz für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die Tunesische Botschaft übermittelt.

Am 10.01.2020, 15.04.2020 und 19.05.2020 wurde während der Strafhaft auch bei der marokkanischen Botschaft um ein Heimreisezertifikat urgiert.

Weiters wurde am 12.11.2019, 09.12.2019, 30.01.2020, 26.03.2020 und 08.05.2020 bei der algerischen Botschaft um ein Heimreisezertifikat urgiert.

Am 10.06.2020, um 08:00 Uhr wurde der BF aus der JA- XXXX entlassen und gleichzeitig der Festnahmeauftrag vollzogen. Anschließend wurde der BF ins PAZ XXXX eingeliefert.

Am 10.06.2020, um 15:15 Uhr wurde der BF niederschriftlich einvernommen.

Am 10.06.2020, um 20:15 Uhr wurde dem BF der Schubhaftbescheid persönlich zugestellt.

Am 10.07.2020 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.

Am 17.07.2020 hat der BF einen Folgeantrag gestellt. Mit einem Aktenvermerk gem. § 76 Abs. 6 FPG wurde festgestellt, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft aufrecht bleibt, da die Voraussetzungen hierfür weiterhin vorliegen. Dieser wurde ihm am 17.07.2020, um 12:30 Uhr persönlich zugestellt.

Am 05.08.2020 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.

Am 02.09.2020 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.

Während der Schubhaft wurde nun am 12.06.2020, 28.08.2020 sowie zuletzt am 30.09.2020 an die Tunesische Botschaft eine Urgenz für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) übermittelt.

Es wurde auch bei der marokkanischen Botschaft am 15.06.2020, 29.06.2020, 17.07.2020, 20.08.2020 und 15.09.2020 um ein HRZ urgiert.

Weiters wurde am 16.06.2020, 03.08.2020 und zuletzt am 24.08.2020 bei der algerischen Botschaft wegen einem HRZ urgiert.

Am 13.08.2020 wurde der Folgeantrag gem. § 68 AVG rechtskräftig beschieden.

Am 18.09.2020 wurde der BF der algerischen Delegation vorgeführt, diese stellte auch fest, dass der BF vermutlich ein tunesischer Staatsangehöriger ist, jedoch wird trotzdem die Identität bei den Behörden in Algerien geprüft.

Am 30.09.2020 sowie am 29.10.2020 wurde bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 14.10.2020 wurde bei der marokkanischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 08.10.2020 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und das die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 04.11.2020 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 12.11.2020 wurde neuerlich bei der marokkanischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 26.11.2020 wurde bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 02.12.2020 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 03.12.2020 wurde neuerlich bei der algerischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 11.12.2020 wurde auch bei der marokkanischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BF wurde am 15.12.2020, um 14:50 Uhr niederschriftlich einvernommen.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 29.12.2020 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 30.12.2020 wurde neuerlich bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 15.01.2021 wurde von der marokkanischen Botschaft festgestellt, dass der BF nicht marokkanischer Staatsbürger ist.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 25.01.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 29.01.2021 wurde neuerlich bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 18.02.2021 wurde neuerlich bei der algerischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 19.02.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 25.02.2021 wurde neuerlich bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 16.03.2021, um 09:10 Uhr sowie um 11:35 Uhr wurde der BF niederschriftlich einvernommen.

Am 15.03.2021 wurde eine Urgenz an die algerische Botschaft übermittelt.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 19.03.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 24.03.2021 wurde bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 13.04.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 13.04.2021 wurde bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Am 28.04.2021 wurde eine Urgenz an die algerische Botschaft übermittelt.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 11.05.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 12.05.2021 wurde bei der tunesischen Botschaft um ein HRZ urgiert.

Der BVwG hat mit Erkenntnis vom 08.06.2021 zur GZ: XXXX festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 23.06.2021 stimmte die tunesische Botschaft einer HRZ Ausstellung zu.

Es wurde am gleichen Tag eine Buchungsanfrage versendet und wird derzeit von ha. auf einen Flugtermin gewartet.

Der Sicherungsbedarf ist noch immer gegeben, da der BF nach seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2015 unbekannten Aufenthaltes war. Er hat erst einige Monate nach seiner Einreise einen Asylantrag gestellt. Weiters hat er während seines laufenden Asylverfahrens eine Frau vergewaltigt und wurde deswegen zu einer unbedingten dreijährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt.

Er hat auch bereits während seines Asylverfahrens falsche Angaben über seine Identität gemacht und wurde erst nach Überprüfungen im Asylverfahren festgestellt wie seine tatsächliche Identität lautet.

Der BF wurde sogar der algerischen Delegation vorgeführt und wurden trotz der Vermutung, dass der BF tunesischer Staatsbürger ist, Überprüfungen in Algerien getätigt.

Der BF hat auch während seiner Strafhaft nie gezeigt, dass er bereit ist freiwillig nach Tunesien zurückzukehren, indem er sich über den Verein Menschenrechte Österreich oder der Caritas Rückkehrhilfe um die freiwillige Rückkehr nach Tunesien bemüht hat.

Es kann dem BF auch kein Glaube geschenkt werden, dass er tatsächlich einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hätte, da er sich bereits vor seiner Inhaftierung immer im Verborgenen aufgehalten hat. Der BF hat auch weder familiäre noch private Bindungen in Österreich. Er ist nicht im Besitz von ausreichenden Barmitteln.

Der BF hat während seiner Schubhaft auch einen Folgeantrag gestellt und ist daran auch erkennbar, dass er nicht ausreisewillig ist. Weiters wurde ihm am 16.03.2021 per niederschriftlicher Einvernahme neuerlich die Möglichkeit gegeben freiwillig nach Tunesien auszureisen. Er möchte jedoch nicht freiwillig mit Hilfe der BBU nach Tunesien zurückkehren.

Die marokkanische Botschaft konnte ihn nicht als marokkanischer Staatsbürger identifizieren. Mit 23.06.2021 konnte er jedoch als tunesischer Staatsbürger identifiziert werden und wurde einer HRZ-Ausstellung zugestimmt. Es wurde bereits eine Buchungsanfrage für einen Flug nach Tunesien versendet und wird derzeit auf den Flugtermin gewartet.

Sobald dieser Termin feststeht, ein Heimreisezertifikat von der tunesischen Botschaft ausgestellt wird, wird der BF nach Tunesien abgeschoben werden.

Die Regionaldirektion XXXX ersucht das Bundesverwaltungsgericht um Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.“

Die Stellungnahme des BFA wurde dem BF am 30.06.2021 zum Parteiengehör in das Polizeianhaltezentrum übermittelt. Eine Stellungnahme langte bis zur Erkenntniserlassung nicht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zum bisherigen Verfahren:

Die Verhängung der Schubhaft erfolgte mit Mandatsbescheid des BFA vom 10.06.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, der Sicherung der Abschiebung.

Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bestand bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Am 17.07.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Asylfolgeantrag - ohne Angabe von neuen Fluchtgründen - zum Zweck der Verzögerung der Vollstreckung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das BFA hielt die Schubhaft mittels Aktenvermerk nach § 76 Abs. 6 FPG aufrecht. Gegenständlicher Aktenvermerk wurde dem BF am 17.07.2020 nachweislich zugestellt. Das BFA führte am 23.07.2020 die Einvernahme im 2. Asylverfahren durch; am 29.07.2020 wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Gegen den BF liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem 10-jährigen Einreiseverbot vor.

Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist nicht österreichischer Staatsbürger und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der BF war im HRZ-Verfahren unkooperativ. Der BF verfügte über keine Personal- oder Reisedokumente bzw. hat diese im Verfahren nicht vorgelegt. In seinem (ersten) Asylverfahren hat er sich bewusst tatsachenwidrig als Staatsangehöriger von Syrien bezeichnet. Der BF bemühte sich auch nicht um eine freiwillige Rückkehr.

Mit 23.06.2021 konnte der BF als tunesischer Staatsbürger identifiziert werden und wurde einer HRZ-Ausstellung zugestimmt.

Der BF wird seit 10.06.2020 in Schubhaft angehalten. Zuvor befand er sich seit 11.06.2017 in Untersuchungs- und Strafhaft.

Der BF ist haftfähig. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Der BF ist nicht vertrauenswürdig und war auch nicht kooperativ. Der BF wurde in Österreich am 21.03.2018 durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren wegen Vergewaltigung gemäß § 201 (1) StGB verurteilt.

Er ist in Österreich in keiner Form sozial integriert, spricht kaum Deutsch und verfügt über keine familiären oder substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und ist mittellos. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz. Er wird im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft mit maßgeblicher, hoher Wahrscheinlichkeit untertauchen.

Der BF hat nach seiner Einreise in das Bundesgebiet bewusst tatsachenwidrige Angaben zu seiner Identität gemacht und keinen substanziellen aktiven Beitrag zu deren Feststellung und zur Erlangung eines (Ersatz-)Reisedokumentes geleistet.


Seitens des BFA wurde das Identifizierungsverfahren mit den relevanten Botschaften intensiv betrieben und auch laufend urgiert. Die Verfahren zur Identifizierung mit der Tunesischen, Algerischen sowie Marokkanischen Botschaft wurden am 11.09.2019 eingeleitet.

Am 15.01.2021 wurde von der Marokkanischen Botschaft festgestellt, dass der BF nicht marokkanischer Staatsbürger ist. Bei der Tunesischen Botschaft wurde am 03.01.2020, 31.01.2020, 16.04.2020, 12.06.2020, 28.08.2020, 30.09.2020, 29.10.2020, 26.11.2020, 30.12.2020, 29.01.2021, 25.02.2021, 24.03.2021, 13.04.2021 sowie zuletzt am 12.05.2021 urgiert. Bei der Algerischen Botschaft wurde am 12.11.2019, 09.12.2019, 30.01.2020, 26.03.2020, 08.05.2020, 16.06.2020, 03.08.2020, 24.08.2020 urgiert. Am 18.09.2020 wurde der BF der Algerischen Delegation vorgeführt, diese stellte auch fest, dass der BF vermutlich ein tunesischer Staatsangehöriger ist, jedoch wurde trotzdem die Identität bei den Behörden in Algerien geprüft. Weitere Urgenzen bei der Algerischen Botschaft folgten am 03.12.2020, am 18.02.2021, am 15.03.2021 und zuletzt am 28.04.2021.

Am 23.06.2021 konnte der BF als tunesischer Staatsbürger identifiziert werden und wurde einer HRZ-Ausstellung zugestimmt. Eine Buchungsanfrage für einen Flug nach Tunesien ist im Laufen. Flüge nach Tunesien sind derzeit buchbar. Flugdaten müssen 4 Wochen vorab an die Botschaft übermittelt werden.

Somit kann auch eine Abschiebung des BF zeitnahe und innerhalb der gesetzlich zulässigen Schubhafthöchstdauer erfolgen.

Eine relevante Änderung der Umstände seit der letzten Feststellung des Vorliegens der maßgeblichen Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des BVwG die bisherigen Schubhaftverfahren des BF betreffend ( XXXX ), in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des BFA und des BVwG die Asylverfahren sowie das Schubhaftverfahren des BF betreffend.

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des BFA noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich die strafrechtliche Verurteilung des BF.

Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

Die Feststellung, dass der BF haftfähig ist ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Weiters wurde mit Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 02.07.2021 die Haftfähigkeit des BF bestätigt. Dass der BF Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

Die Feststellungen, dass der BF über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage.

Dass der BF in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Aus den in der Anhaltedatei vermerkten finanziellen Mitteln des BF ergibt sich, dass der BF über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung verfügt.

Die Feststellungen zu den Bemühungen des BFA zur Erlangung eines HRZ sowie zu Rückführungen nach Tunesien ergeben sich aus der Stellungnahme des BFA anlässlich der Aktenvorlage sowie den aktuellen Informationen des BFA zu Rückführungen.

Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.


Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch

§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des BF kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Zum konkret vorliegenden Fall:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vor.

Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Es liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 3 FPG vor.

Die Gründe, aus denen das BFA die Schubhaft angeordnet hat (Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG) sowie das Bundesverwaltungsgericht diese in den Vorverfahren fortsetzt hat (zusätzlich Ziffer 5 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und sind – hinsichtlich der Ziffern 1 (Behinderung der Rückkehr/Abschiebung durch falsche Angaben zur Identität), 3 sowie 5 auch zweifelsfrei durch den Verfahrensgang und das Verhalten des BF belegt.

Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Eine vom BF im Vorfeld des Vorverfahrens zu XXXX behauptete Wohnungsmöglichkeit wurde bereits im Erkenntnis vom 19.03.2021, XXXX , als unglaubwürdig und unzutreffend verworfen. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist daher ebenfalls fortgesetzt erfüllt.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Der BF behinderte / verzögerte das Verfahren zur HRZ-Ausstellung. Gegen den BF besteht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme; seinen zweiten Asylantrag stellte er rein in Verzögerungsabsicht. Er verfügt über keine aufrechte Meldeadresse und ist in Österreich sozial nicht verankert. Der BF ist zudem mittellos. Gegen den BF bestand zum Zeitpunkt der Stellung seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Weiters ist die strafrechtliche Verurteilung des BF zu erwähnen. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein sehr hohes Risiko des Untertauchens sowie einen fortgesetzten Sicherungsbedarf ergeben. Der BF hat seine in diesem Fall besonders ausgeprägte Vertrauensunwürdigkeit durch sein unkooperatives Verhalten unter Beweis gestellt.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 5 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Zur Verhältnismäßigkeit:

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man das Interesse des BF am Recht auf persönliche Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse in Österreich zeigt sich, dass der BF keine familiären Bindungen sowie keine Berufstätigkeit vorweisen kann. Der Grad seiner sozialen Verankerung ist gering. Seinen zweiten Asylantrag stellte er aus dem Stande der Schubhaft nur zum Zwecke der Verzögerung seiner Abschiebung.


Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. Der BF wurde in Österreich am 21.03.2018 durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren wegen Vergewaltigung gemäß § 201 (1) StGB verurteilt. Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung nicht und ist nicht vertrauenswürdig.

Der BF wird seit 10.06.2020 in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist maßgeblich auf die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines HRZ und der mangelnden Mitwirkung des BF zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des BFA liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das BFA rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines HRZ - mit den dem BFA zur Verfügung stehenden Daten - für den BF eingeleitet. Der BF besitzt keine Reisedokumente, hat unzureichende Angaben gemacht, sodass mit mehreren Staaten (Algerien, Marokko, Tunesien) Verfahren zur Ausstellung eines HRZ eingeleitet werden mussten.

Das Verhalten des BF im HRZ-Verfahren war von Anfang an unkooperativ. Er stellte nach rechtskräftiger Erledigung seines ersten Asylverfahrens einen zweiten Antrag um seine Abschiebung zu verzögern. Er wirkte nicht an der Feststellung seiner Identität mit. Verzögerungen betreffend die Ausstellung des HRZ sind dem BF anzulasten. Der BF ist maßgeblich selbst dafür verantwortlich, dass er nun noch immer in Schubhaft angehalten wird. Der BF machte auch von der Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht Gebrauch.

Am 23.06.2021 konnte der BF als tunesischer Staatsbürger identifiziert werden und wurde einer HRZ-Ausstellung zugestimmt. Eine Buchungsanfrage für einen Flug nach Tunesien ist im Laufen. Flüge nach Tunesien sind derzeit buchbar. Flugdaten müssen 4 Wochen vorab an die Botschaft übermittelt werden. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand mit ca. 1 - 2 Monaten beschränkt. Eine Abschiebung des BF kann zeitnahe und innerhalb der gesetzlich zulässigen Schubhafthöchstdauer erfolgen.

Eine längere Schubhaftdauer erscheint - aufgrund der offensichtlichen Kausalität des unkooperativen Verhaltens des BF für die nun längere Anhaltung - iSd § 80 Abs. 4 Z 4 FPG gerechtfertigt.

Eine bereits jetzt klar sichtbare bestehende faktische Unmöglichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der Abschiebung des BF ist aufgrund der oben erörterten Lageeinschätzung derzeit nicht gegeben. Die rezente Judikatur des VwGH zu dieser Frage ist hier daher nicht einschlägig, da in diesen Fällen überhaupt keine realistische Prognose einer HRZ-Erlangung durch das BFA mehr gegeben werden konnte und der VwGH aussprach, ein Bemühen des Bundesamtes allein reiche nicht aus. Die vom VwGH hierbei (VwGH am 22.12.2020, Ra 2020/21/0174) jüngst angenommenen Kriterien für eine Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft, nämlich, dass bei länger andauernden Schubhaften eine rechtzeitige Erlangbarkeit eines HRZ typischerweise entscheidend für die weitere Verhältnismäßigkeit sei, wobei bloße Bemühungen der Behörde nicht genügen würden, sondern es eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Erfolg geben müsse, liegen im gegenständlichen Fall jedenfalls vor.

Unter Berücksichtigung dieser weiteren Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens das Interesse des BF am Schutz der persönlichen Freiheit seiner Person weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des BF der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht geht sohin davon aus, dass die seit 10.06.2020 aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere längere Anhaltedauer bei einer (derzeit nicht ersichtlichen) mangelnden Abschiebemöglichkeit und damit auch die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein.

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Überstellung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.


Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.


Zu B:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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