Entscheidungsdatum
19.08.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W140 2242340-4/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HÖLLER, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, in Schubhaft, zu Recht:
A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 27.06.2011 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2011 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 22.05.2012 wurde die Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid als unbegründet abgewiesen. Der BF kam in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb in Österreich.
Der Antrag des BF vom 21.02.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) wurde mit Bescheid XXXX , vom 19.03.2014 abgewiesen; die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13.11.2014 als unbegründet abgewiesen. Der BF verblieb weiterhin im Bundesgebiet.
Der BF wurde am 15.12.2016 aufgrund eines Festnahmeauftrages des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) festgenommen und vom BFA gegen ihn am selben Tag die Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung verhängt. Am 16.12.2016 wurde dem BF nachweislich mitgeteilt, dass seine Abschiebung am 18.12.2016 um 22:45 Uhr geplant sei.
Am 18.12.2016, dem Tag der geplanten Abschiebung, stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag stellte das BFA gemäß § 12a Abs. 4 AsylG fest, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 1 und 2 AsylG nicht erfüllt seien und der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt werde.
Die Abschiebung des BF am 18.12.2016 musste abgebrochen werden, da der BF sich weigerte, im Flugzeug einen Sitzplatz einzunehmen. Mehrmaligen Aufforderungen, sich kooperativ zu verhalten, kam der BF nicht nach; er wurde in ein polizeiliches Anhaltezentrum rücküberstellt.
Mit Bescheid des BFA vom 16.01.2017 wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Es wurde eine neuerliche Abschiebung des BF organisiert und der BF am 20.01.2017 nach Indien abgeschoben.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.02.2017 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 16.01.2017 als unbegründet abgewiesen.
Am 28.03.2019 wurde der BF im Zuge einer Fahrzeugkontrolle auf der XXXX angehalten. Er gab an, sich seit zwei bis drei Monaten in Italien aufgehalten zu haben und über Bologna nach Österreich gereist zu sein. Der BF wurde festgenommen und über ihn am 29.03.2019 die Schubhaft zur Sicherung des Überstellungsverfahrens gemäß Dublin-III-VO verhängt.
Der BF stellte am 29.03.2019 im Stande der Schubhaft einen dritten Antrag auf internationalen Schutz.
Das BFA leitete am 02.04.2019 ein Konsultationsverfahren gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO mit Italien ein. Am 09.04.2019 langte beim BFA ein Ablehnungsschreiben der italienischen Behörden ein. Der BF wurde am 11.04.2019 vom BFA zu seinem dritten Asylantrag niederschriftlich einvernommen. Am 12.04.2019 wurde er aus der Schubhaft entlassen.
Der dritte Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 09.05.2019 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem BF nicht gewährt. Die Rückkehrentscheidung wurde mit einem auf die Dauer von drei Jahren befristeten Einreiseverbot verbunden. Da der BF der Behörde keine Adresse bekannt gegeben hatte und nicht polizeilich gemeldet war, wurde der Bescheid vom 09.05.2019 durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Er erwuchs am 24.05.2019 in Rechtskraft.
Am 24.06.2019 erließ das BFA einen Festnahmeauftrag gegen den BF.
Der BF wurde am 25.02.2021 – wiederum im Zuge einer Verkehrskontrolle – in Wien angehalten, einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen und aufgrund des Festnahmeauftrages vom 24.06.2019 festgenommen und in ein polizeiliches Anhaltezentrum überstellt. Er wurde 26.02.2021 von einem Organ des BFA zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.
Mit Mandatsbescheid vom 26.02.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF wird seit diesem Zeitpunkt in Schubhaft angehalten.
Am 09.03.2021 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen vierten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Aktenvermerk vom selben Tag, dem BF auch am selben Tag zugestellt, wurde die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht gehalten.
Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundeamtes vom 16.04.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2021 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes als rechtmäßig bestätigt.
Mit Schriftsatz vom 11.05.2021 erhob der BF, damals vertreten durch die BBU GmbH, Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 26.02.2021 und gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 26.02.2021.
Am 17.05.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung zur Schubhaftbeschwerde durch. Mit am 17.05.2021 mündlich verkündetem und am 01.06.2021 gekürzt ausgefertigtem Erkenntnis, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2 iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3 und Z 9 FPG als unbegründet abgewiesen. Zudem stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2 iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3 und Z 9 FPG fest, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Am 21.05.2021 – und zuvor bereits am 26.03.2021 und 23.04.2021 – erfolgte seitens des BFA die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs. 6 FPG.
Mit Erkenntnis vom 25.06.2021, Zl. XXXX , wurde vom Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX , vom 23.07.2021 wurde zuletzt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 12.08.2021 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".
Mit E-Mail vom 13.08.2021 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:
„Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beehrt sich beiliegende Aktenteile zur Prüfung der weiteren Anhaltung über vier Monate gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG vorzulegen und erlaubt sich folgende Stellungnahme abzugeben:
Das erste Asylverfahren von Herrn XXXX (BF) wurde mit 05.06.2012 gem. §§ 3 und 8 AsylG in 2. Instanz rechtskräftig negativ beschieden. Gleichzeitig wurde eine Ausweisung nach dem AsylG erlassen. Weiters wurde die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels von der XXXX am 13.11.2014 in 2. Instanz bestätigt. Daraufhin stellte der BF einen weiteren Asylantrag und wurde dieser gem. § 68 AVG zurückgewiesen und vom BVwG mit 24.02.2017 bestätigt.
Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikates der indischen Botschaft wurde der BF bereits am 20.01.2017 nach Indien abgeschoben.
Am 28.03.2019 wurde der BF als Beifahrer in einem Schlepperfahrzeug von Italien kommend angehalten. Am 29.03.2019 stellte der BF seinen dritten Asylantrag und wurde dieser am 24.05.2019 gem. § 68 AVG rechtskräftig zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung mit einem 3-jährigen Einreiseverbot erlassen.
Am 06.06.2019 wurde ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) gestartet.
Da der BF seit 12.04.2019 unbekannten Aufenthaltes bzw. nur obdachlos gemeldet war, wurde von ha. am 24.06.2019 ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z. 2 BVA-VG ausgeschrieben.
Der BF wurde am 25.02.2021, um 17:00 Uhr von Beamten der LPD Wien festgenommen und ins PAZ XXXX eingeliefert.
Am 26.02.2021, um 10:55 Uhr wurde der BF niederschriftlich einvernommen.
Am 26.02.2021, um 15:53 Uhr wurde dem BF der Schubhaftbescheid persönlich zugestellt.
Am 09.03.2021 hat der BF einen weiteren Asylantrag gestellt. Es wurde dem BF am gleichen Tag der Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gem. § 76 Abs. 6 FPG persönlich zugestellt.
Am 26.03.2021 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des Asylfolgeantrages vom 09.03.2021 wurde am 22.04.2021 vom BVwG bestätigt.
Am 23.04.2021 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.
Am 12.05.2021, um 07:28 Uhr langte ha. eine Schubhaftbeschwerde ein.
Am 17.05.2021 wurde mit mündlich verkündeten Erkenntnis zur GZ: XXXX festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Am 21.05.2021 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.
Am 16.06.2021 wurde einer Ausstellung eines HRZ zugestimmt und wurde am gleichen Tag eine Buchungsanfrage für eine Einzelrückführung nach Indien übermittelt.
Am 18.06.2021 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.
Mit Erkenntnis des BVwG zur GZ: XXXX vom 25.06.2021 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Am 16.07.2021 wurde mittels Aktenvermerk gem. § 80 Abs. 6 FPG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft geprüft und liegt diese weiterhin vor.
Mit 19.07.2021 stand bereits der Flugtermin für 16.08.2021 fest.
Mit Erkenntnis des BVwG zur GZ: XXXX vom 23.07.2021 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
Am 11.08.2021 wurde an einer Adresse in Wien eine Effekteneinholung gemacht.
Der BF hat sich bereits vor seiner Festnahme fast zwei Jahre unbekannten Aufenthaltes befunden. Er war entweder obdachlos gemeldet, welche eine rein postalische Adresse ist oder er hat sich unbekannten Aufenthaltes befunden.
Er hatte bereits vor seiner Abschiebung im Jahr 2017 zwei abgeschlossene Asylverfahren. Er ist im März 2019 zufälligerweise bei einer Fahrzeugkontrolle angetroffen worden. Seit wann er tatsächlich im Bundesgebiet war, konnte nicht festgestellt werden. Daraufhin hat er gleich wieder seinen nun dritten Asylantrag gestellt und wurde dieser wieder rechtskräftig zurückgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung sowie einem 3-jährigen Einreiseverbot beschieden.
Nach dieser Entscheidung war er für die Behörde fast zwei Jahre nicht greifbar und wurde am 26.02.2021 im Zuge einer Fahrzeugkontrolle angetroffen und anschließend auch in Schubhaft genommen. Nachdem feststand, dass er der indischen Botschaft vorgeführt werden sollte, hat er nun seinen vierten Asylantrag gestellt.
Nach Bestätigung des BVwG, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist, wurde von der indischen Botschaft der HRZ Ausstellung zugestimmt.
Es wurde sofort ein Einzelflug gebucht und wird der BF am 16.08.2021 abgeschoben werden. Sollte er sich jedoch der unbegleiteten Flugabschiebung entziehen bzw. sich am Flughafen der Abschiebung in irgendeiner Art weigern, wird angedacht die Schubhaft weiterhin, jedoch höchstens auf 18 Monate auszudehnen.
Es ist somit weiterhin der Sicherungsbedarf gegeben.
Die Regionaldirektion XXXX ersucht das Bundesverwaltungsgericht um Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.“
Die Stellungnahme des BFA wurde der Vertretung des BF am 13.08.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Eine Stellungnahme langte bis zur Erkenntniserlassung nicht ein.
Am 16.08.2021 verweigerte der BF den - für die für diesen Tag geplante Abschiebung - notwendigen PCR-Test. Am selben Tag fand vor dem BFA eine Befragung zur Verweigerung des PCR-Tests statt. Hier gab der BF an, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Den Test verweigere er, da er nicht nach Indien wolle. Es sei in Ordnung, wenn er hierbleibe, er wolle nicht zurück. Mehr habe er nicht zu sagen.
Am 17.08.2021 langte beim BVwG eine Mitteilung des BFA mit folgendem Inhalt ein: „[…] das BFA, RD XXXX , teilt mit, dass für den BF ein neuerlicher Flugtermin für 26.08.2021 gebucht wurde. Die Abschiebung wird wieder ohne Eskorten versucht werden, da eine begleitete Abschiebung nach Indien derzeit nicht möglich ist.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Zum bisherigen Verfahren:
Die Verhängung der Schubhaft erfolgte mit Mandatsbescheid des BFA vom 26.02.2021 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.
Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bestand bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Am 09.03.2021 stellte der BF im Stande der Schubhaft seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz - ohne Angabe von neuen Fluchtgründen - zum Zweck der Verzögerung der Vollstreckung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das BFA hielt die Schubhaft mittels Aktenvermerk nach § 76 Abs. 6 FPG vom selben Tag, dem BF auch am selben Tag zugestellt, aufrecht. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundeamtes vom 16.04.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2021 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes als rechtmäßig bestätigt.
Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist nicht österreichischer Staatsbürger und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Der BF war im Verfahren unkooperativ und für die Behörden nicht greifbar.
Für den BF wurde am 16.06.2021 die Zustimmung der indischen Botschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats erteilt. Seine Abschiebung war für den 16.08.2021 geplant. Der BF weigerte sich jedoch den für den Flug notwendigen Covid-19 PCR-Test durchführen zu lassen. Der BF wird seit 26.02.2021 in Schubhaft angehalten. Der BF ist haftfähig. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Es liegt eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
Der BF ist nicht vertrauenswürdig und auch nicht kooperativ. Er vereitelte seine Abschiebung am 18.12.2016, indem er sich weigerte, im Flugzeug einen Sitzplatz einzunehmen und mehrfachen Aufforderungen, sich kooperativ zu verhalten, nicht nachkam. Er vereitelte die Abschiebung am 16.08.2021, indem er sich weigerte, den für den Flug notwendigen Covid-19 PCR-Test durchführen zu lassen, da er nicht nach Indien zurückkehren wollte. Der BF hielt sich bereits mehrfach unangemeldet im Bundesgebiet auf. Er war illegal für einen Paketdienst tätig. Der BF war vom 25.03.2021 bis 02.04.2021 im Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft herauszupressen. Es folgten Hungerstreiks am 12.05., 25.05. und 06.06.2021, die jeweils aber nach kurzer Zeit bzw. wenigen Stunden wieder eingestellt wurden. Vom 12.07.2021 bis 13.07.2021 war der BF erneut in Hungerstreik.
Der BF reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2019 nach Italien aus; er umging bzw. behinderte damit seine Rückkehr oder Abschiebung. Der BF kehrte nach eigenen Angaben von Italien wieder nach Österreich zurück, obwohl gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot bestand.
Der BF stellte insgesamt drei Folgeanträge auf internationalen Schutz, in allen Fällen bestanden zum Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung gegen den BF durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahmen und er befand sich jeweils in Schubhaft.
Der faktische Abschiebeschutz im letzten der drei Folgeantragsverfahren (Antrag vom 09.03.2021) wurde mit mündlich verkündetem Bescheid vom 16.04.2021 aufgehoben, bestätigt mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2021.
Der BF ist in Österreich in keiner Form sozial integriert und verfügt über keine familiären oder substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ging in Österreich einer illegalen Beschäftigung nach und ist mittellos. Vor seiner Inschubhaftnahme lebte der BF in einer Wohnung, war in dieser jedoch nicht gemeldet. Er wird im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft mit maßgeblicher, hoher Wahrscheinlichkeit untertauchen.
Für den BF liegt seit 16.06.2021 ein gültiges Heimreisezertifikat für Indien vor. Ein Abschiebeversuch am 16.08.2021 scheiterte allein daran, dass der BF den PCR-Test zur Eruierung einer möglichen Covid-19 Erkrankung verweigerte. Der BF wurde nunmehr erneut für einen Flug nach Indien am 26.08.2021 eingebucht. Somit kann auch eine Abschiebung des BF zeitnahe und innerhalb der gesetzlich zulässigen Schubhafthöchstdauer erfolgen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akten des BVwG die bisherigen Schubhaftverfahren sowie Asylverfahren den BF betreffend ( XXXX ) in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des BFA und des BVwG die Asylverfahren sowie die Schubhaftverfahren des BF betreffend.
Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des BFA noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der Rückkehrentscheidung sowie die Entscheidung zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ergeben sich aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Zustimmung zum Heimreisezertifikat ist dem Zentralen Fremdenregister sowie der Stellungnahme des BFA entnommen. Die geplante Abschiebung am 16.08.2021 und die Verweigerung des PCR-Tests durch den BF ergibt sich aus der Aktenlage. Die Flugbuchung für den 26.08.2021 ergibt sich aus der E-Mail-Nachricht des BFA vom 17.08.2021.
Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus der Anhaltedatei.
Die Feststellung, dass der BF haftfähig ist, ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Weiters wurde zuletzt mit Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 19.08.2021 die Haftfähigkeit des BF bestätigt. Dass der BF Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.
Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF.
Die Feststellungen, dass der BF über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage.
Dass der BF in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Aus den in der Anhaltedatei vermerkten finanziellen Mitteln des BF ergibt sich, dass der BF lediglich über finanzielle Mittel im Ausmaß von 90 Euro (Stand: 12.08.2021) - und damit nicht genug zur Existenzsicherung - verfügt.
Die mangelnde Kooperationsbereitschaft des BF war aufgrund seines Gesamtverhaltens festzustellen. Die Unkooperativität des BF ist den Akten des BVwG zu entnehmen. Die Folgeanträge ergeben sich aus dem Zentralen Fremdenregister sowie den Akten des BVwG.
Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre - innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen - auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:
Schubhaft (FPG)
„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Gelinderes Mittel (FPG)
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Dauer der Schubhaft (FPG)
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)
§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde
Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)
Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.
Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)
Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)
(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.
(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a. mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b. Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.
Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).
Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des BF kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).
Zum konkret vorliegenden Fall:
Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vor.
Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:
Es liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 3 FPG vor.
Die Gründe, aus denen das BFA die Schubhaft angeordnet hat (Ziffern 1, 2, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG) sowie das Bundesverwaltungsgericht diese in den Vorverfahren fortsetzt hat (zusätzlich Ziffer 4 und 5 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und sind - hinsichtlich der Ziffern 1 (Behinderung der Rückkehr/Abschiebung durch Vereitlung von zwei Abschiebungen, die letzte davon am 16.08.2021), Z 2 (Einreise aus Italien trotz aufrechten Einreiseverbotes), Z 3 (durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme liegt vor, BF entzog sich zudem bereits dem Verfahren, indem er unangemeldet im Bundesgebiet lebte), Z 4 (der faktische Abschiebeschutz wurde im laufenden Asylverfahren aufgehoben) sowie Z 5 (Stellung von drei Folgeanträgen, jeweils aus dem Stande der Schubhaft trotz Vorliegens durchsetzbarer aufenthaltsbeendender Maßnahmen) - erfüllt.
Der BF verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er hatte vor Inschubhaftnahme eine Unterkunft, war aber dort nicht gemeldet. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, sondern arbeitete vielmehr unangemeldet und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. In Österreich hat der BF keine Familienangehörigen. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist daher ebenfalls fortgesetzt erfüllt.
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.
Der BF verhinderte zwei Abschiebeversuche. Zuletzt konnte die für den 16.08.2021 geplante Abschiebung nicht durchgeführt werden, da der BF sich weigerte einen PCR-Test durchführen zu lassen. Dies tat der BF allein deswegen, weil er nicht nach Indien zurückkehren wollte. Gegen den BF besteht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme; seine drei Asylfolgeanträge stellte er rein in Verzögerungsabsicht. Der BF behinderte zuvor seine Rückkehr oder Abschiebung, indem er sich nach Italien absetzte. Der BF reiste trotz aufrechten Einreiseverbots wieder nach Österreich ein und hielt sich im Verborgenen auf. Er verfügt über keine aufrechte Meldeadresse und ist in Österreich sozial oder familiär nicht verankert. Der BF verfügt über keine ausreichenden Mittel zur Existenzsicherung und er ging keiner legalen Beschäftigung nach. Gegen den BF bestanden zum Zeitpunkt der Stellung seiner Folgeanträge auf internationalen Schutz bereits durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahmen und er befand sich jeweils in Schubhaft. Weiters sind die vermehrten Hungerstreiks des BF zu erwähnen. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein sehr hohes Risiko des Untertauchens sowie einen fortgesetzten Sicherungsbedarf ergeben. Der BF hat seine in diesem Fall besonders ausgeprägte Vertrauensunwürdigkeit durch sein unkooperatives Verhalten unter Beweis gestellt.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 2, 3, 4, 5 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.
Zur Verhältnismäßigkeit:
Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Betrachtet man das Interesse des BF am Recht auf persönliche Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse in Österreich zeigt sich, dass der BF keine familiären Bindungen sowie keine legale Berufstätigkeit vorweisen kann. Der Grad seiner sozialen Verankerung ist gering. Seine drei Folgeanträge stellte er aus dem Stande der Schubhaft nur zum Zwecke der Verzögerung seiner Abschiebung.
Der BF wird derzeit seit 26.02.2021 und somit seit fast sechs Monaten in Schubhaft angehalten. Für den BF liegt seit 16.06.2021 ein gültiges Heimreisezertifikat für Indien vor. Ein Abschiebeversuch am 16.08.2021 scheiterte allein daran, dass der BF den PCR-Test zur Eruierung einer möglichen Covid-19 Erkrankung verweigerte. Der BF wurde nunmehr erneut für einen Flug nach Indien am 26.08.2021 eingebucht. Die fortgesetzte Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist allein auf die Weigerung des BF, einen PCR Test durchführen zu lassen, zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des BFA liegen würden, sind nicht zu erkennen. Der BF vereitelte bewusst die Abschiebung.
Das Verhalten des BF im Verfahren war von Anfang an unkooperativ. Er stellte nach rechtskräftiger Erledigung seines ersten Asylverfahrens drei weitere Anträge um seine Abschiebung zu verzögern. Zuletzt stellte er während der laufenden Schubhaft erneut einen Antrag, der faktische Abschiebeschutz wurde jedoch zeitnah aberkannt, sodass die bestehende Rückkehrentscheidung erneut durchführbar wurde. Der BF ist selbst dafür verantwortlich, dass er nun noch immer in Schubhaft angehalten wird. Der BF machte auch von der Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht Gebrauch und verhinderte am 16.08.2021 seine Abschiebung. Sein Verhalten war kausal für das Scheitern der Abschiebung und damit die weitere Anhaltung in Schubhaft. Eine neuerliche Flugbuchung für den 26.08.2021 liegt vor. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand mit wenigen Tagen beschränkt. Eine Abschiebung des BF ist somit zeitnahe und innerhalb der gesetzlich zulässigen Schubhafthöchstdauer geplant.
Eine längere Schubhaftdauer erscheint - aufgrund der offensichtlichen Kausalität des unkooperativen Verhaltens des BF für die nun längere Anhaltung - iSd § 80 Abs. 4 Z 4 FPG gerechtfertigt.
Eine bereits jetzt klar sichtbare bestehende faktische Unmöglichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der Abschiebung des BF ist aufgrund der oben erörterten Lageeinschätzung derzeit nicht gegeben. Die vom VwGH hierbei (VwGH am 22.12.2020, Ra 2020/21/0174) jüngst angenommenen Kriterien für eine Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft, nämlich, dass bei länger andauernden Schubhaften eine rechtzeitige Erlangbarkeit eines HRZ typischerweise entscheidend für die weitere Verhältnismäßigkeit sei, wobei bloße Bemühungen der Behörde nicht genügen würden, sondern es eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Erfolg geben müsse, liegen im gegenständlichen Fall jedenfalls vor.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens das Interesse des BF am Schutz der persönlichen Freiheit seiner Person weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des BF der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.
Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.
Das Bundesverwaltungsgericht geht sohin davon aus, dass die derzeit seit 26.02.2021 aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere längere Anhaltedauer bei einer mangelnden Abschiebemöglichkeit und damit auch die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein.
Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann aufgrund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Überstellung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu B:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Ausreiseverpflichtung Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit VerzögerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W140.2242340.4.00Im RIS seit
03.02.2022Zuletzt aktualisiert am
03.02.2022