TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/25 95/01/0216

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Veröffentlicht am 25.09.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des L in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Mai 1995, Zl. 4.329.568/8-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Mai 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. März 1992, mit dem festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 28. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 2. Dezember 1991 den Asylantrag gestellt hatte, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, abgewiesen und damit die Gewährung von Asyl versagt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Anläßlich seiner am 28. Jänner 1992 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erfolgten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, er sei in seiner Heimat weder Mitglied einer Partei noch einer politischen Organisation gewesen. Sein Vater, der 1980 verstorben sei, sei Moslem gewesen, er gehöre ebenfalls der moslemischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Mutter habe nach dem Tod des Vaters jedoch einen christlichen Pfarrer geheiratet. Er selbst habe Publizistik studiert und im Jahr 1988 eine Anstellung bei einer Zeitungsredaktion namens "V" in Lagos erhalten. Etwa fünf Monate später sei er in die Zweigstelle dieser Zeitungsredaktion nach Kano entsandt worden. Am 7. Oktober 1991 seien in dieser Zeitung Artikel veröffentlicht worden, die sich kritisch mit dem erwarteten Besuch des christlichen Missionars B aus der BRD befaßt habe. Die moslemischen Führer hätten sich gegen einen Besuch von B ausgesprochen, was in den angesprochenen Artikeln wiedergegeben worden sei. Am 11. Oktober 1991 seien die Zeitungsredaktion von einer mobilen Polizeieinheit umstellt und sämtliche Mitarbeiter festgenommen worden, so auch der Beschwerdeführer. Er sei in der Folge vom 11. bis zum 14. Oktober 1991 in der Polizeistation in Kano festgehalten worden. Am 14. Oktober 1991 sei es in Kano zu heftigen Zusammenstößen zwischen der moslemischen und der christlichen Bevölkerung gekommen, bei welchen Ausschreitungen auch die Polizeistation angegriffen und in Brand gesetzt worden sei. Dabei sei er von Moslems aus seinem Gefängnis befreit worden. Bei dieser Auseinandersetzung seien insgesamt etwa 50 Personen getötet und zahlreiche verletzt worden. Er habe sich zur Flucht aus seinem Heimatland entschlossen, weil er Angst davor gehabt habe, daß er bei einer neuerlichen Festnahme einem Gericht vorgeführt und "sicherlich" zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden wäre. Auch in der Berufung gegen den abweislichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. März 1992 wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen diese zu seinen Fluchtgründen gemachten Angaben unter Anschluß mehrerer Zeitungsartikel in Kopie. Auch nach Ermöglichung einer ergänzenden Stellungnahme zu allenfalls in erster Instanz unterlaufenen "einfachen Verfahrensmängel" (infolge Aufhebung des die Berufung abweisenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1993 infolge Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94) brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen Gleichlautendes vor, führte jedoch ergänzend an, er habe mit einem fairen Gerichtsverfahren nicht rechnen können, da in seinem Heimatland demokratische Grundrechte nach wie vor nicht existierten.

Obwohl dem Beschwerdeführer zuzugeben ist, daß die Erwägungen der belangten Behörde zur Beweiswürdigung streckenweise unverständlich sind, trifft ihre rechtliche Beurteilung im Kern jedoch zu, behauptet doch der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde einen objektiv erkennbaren Grund für seine Furcht, überhaupt noch einmal zum Gegenstand einer polizeilichen oder gerichtlichen Maßnahme gemacht zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt für die Asylgewährung aber nicht; es müssen vielmehr (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0251, und die dort wiedergegebene Judikatur). Den - im übrigen im wesentlichen gleichlautenden - Darstellungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ist lediglich zu entnehmen, daß er bei den am 14. Oktober 1991 stattgefundenen Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen kurzfristig inhaftiert, jedoch von moslemischen Glaubensbrüdern befreit wurde. Weshalb es überhaupt zu einer neuerlichen Festnahme, geschweige denn einer übergebührlichen Bestrafung kommen sollte, geht aus dieser Darstellung nicht hervor.

Daß der Stiefvater und der jüngere Bruder des Beschwerdeführers bei anderen, im Heimatland des Beschwerdeführers nach wie vor schwelenden Unruhen ums Leben gekommen sind, kann - wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt hat - in keinen unmittelbaren zeitlichen und/oder kausalen Zusammenhang mit jenen, den Beschwerdeführer selbst treffenden angeblichen Fluchtgründen gebracht werden. Ein Zusammenhang mit einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe ist daher nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010216.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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