Entscheidungsdatum
06.12.2021Norm
BVergG 2018 §327Spruch
W187 2248734-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der AAAA , vertreten durch die Joklik Katary Richter Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Neubaugasse 64-66/1/12, 1070 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „Reinigungsdienstleistungen Veterinärmedizinische Universität Wien, GZ: 2691.03890“ der Auftraggeberin Veterinärmedizinische Universität Wien, Veterinärplatz 1, 1210 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, vom 26. November 2021 beschlossen:
A)
Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der AAAA , das Bundesverwaltungsgericht möge „mittels einstweiliger Verfügung der Auftraggeberin (Antragsgegnerin) für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im gegenständlichen Vergabeverfahren den Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagen“, gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG 2018 statt.
Das Bundesverwaltungsgericht untersagt der Auftraggeberin Veterinärmedizinische Universität Wien für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren „Reinigungsdienstleistungen Veterinärmedizinische Universität Wien, GZ: 2691.03890“, die Rahmenvereinbarung abzuschließen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 26. November 2021 beantragte die AAAA , vertreten durch die Joklik Katary Richter Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Neubaugasse 64-66/1/12, 1070 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, die Vornahme der entsprechenden Verständigungen und Bekanntmachungen, die Nichtigerklärung der am 19. November 2021 bekanntgegebenen Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Gewährung von Akteneinsicht und den Ersatz der Pauschalgebühr sowie die unverzügliche Verständigung der Auftraggeberin vom Einlangen des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben und den Ersatz der Pauschalgebühr. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Reinigungsdienstleistungen Veterinärmedizinische Universität Wien, GZ: 2691.03890“ der Auftraggeberin Veterinärmedizinische Universität Wien, Veterinärplatz 1, 1210 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien.
1.1 Nach der Auflistung der wesentlichen Elemente des Sachverhalts und Ausführungen zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags gibt die Antragstellerin an, dass sie sich in ihrem Recht auf Durchführung eines bzw auf Teilnahme an einem ordnungsgemäßen und vergaberechtskonformen Vergabeverfahren(s) und Verfahren(s) zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung, insbesondere in den ihr dabei zustehenden Rechten auf Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung, einschließlich des Rechtes auf Abgabe eines Angebotes in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren sowie auf rechtskonforme Gestaltung sämtlicher Verfahrensschritte und Festlegungen durch den Auftraggeber, verletzt erachte. Weiters erachtet sie sich in ihrem Recht auf ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und Beendigung des Vergabeverfahrens verletzt, wobei Letztgenanntes auch das Recht der Antragstellerin auf Widerruf umfasse. Die Antragstellerin sei zudem im Recht auf Einhaltung eines fairen, transparenten und lauteren Wettbewerbs verletzt. Insbesondere erachtet sich die Antragstellerin auch in ihren Rechten auf rechtskonforme (auch ausschreibungskonforme) Prüfung, Beurteilung und Bewertung (auch Bepunktung) aller Angebote sowie auf Vornahme des Ausscheidens von Angeboten von Mitbietern bei Vorliegen von Ausscheidensgründen sowie auf Vornahme des Ausschlusses von Mitbewerbern bei Vorliegen von Ausschlussgründen verletzt. Die Antragstellerin erachtet sich weiters in ihrem Recht, dass die Rahmenvereinbarung nur mit Bietern abgeschlossen wird, die ein rechtskonformes, insbesondere nicht auszuscheidendes Angebot abgegeben haben, und bei denen kein Ausschlussgrund vorliegt, sowie dass die Antragstellerin entsprechend einer rechtskonformen Reihung als erstgereihte Vertragspartnerin der Rahmenvereinbarung geführt wird, verletzt. Die Antragstellerin sei auch in ihren Rechten auf Erstreihung bei der Angebotsbewertung und -reihung sowie auf Auswahl, auf Erhalt der Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten (bzw ihres Angebots) sowie auf Abschluss der Rahmenvereinbarung und auf Zuschlagserteilung auf sie bzw ihr Angebot / auf Abruf aus der Rahmenvereinbarung verletzt. Schließlich erachtet sich die Antragstellerin auch ausdrücklich in allen Rechten verletzt, die an dieser Stelle des Antrags nicht ausdrücklich genannt seien, sich aber aus der Gesamtheit des Antrags ergeben. Die Antragstellerin führt zum Interesse am Vertragsabschluss durch Abgabe eines gesetzes- und ausschreibungskonformen Angebots, der Spezialisierung ihres Unternehmens und dem Nachprüfungsantrag aus. Als drohenden Schaden nennt die Antragstellerin entgangenen Gewinn und den Verlust von Deckungsbeiträgen, die Kosten der Angebotserstellung und -legung, der rechtsfreundlichen Vertretung und die Pauschalgebühren sowie den Verlust eines Referenzprojekts. Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führt die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt aus.
1.2 Das Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei nicht zuschlagsfähig, sondern aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden. Dies ergebe sich in erster Linie aus dem Themenkomplex „angebotener Preis“ und damit zentral aus § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 und der nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises bzw generell aus den nicht ordnungsgemäßen Preisen. Darüber hinaus liege jedoch auch ein den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 vor. Die Auftraggeberin habe entweder die Preisprüfung gar nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß durchgeführt und abgeschlossen oder die Preisprüfung habe zu falschen Ergebnissen und zur falschen Beurteilung der Angaben der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung geführt. Bei ordnungsgemäßem Vorgehen hätte die Auftraggeberin das Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung jedenfalls aus dem Vergabeverfahren ausscheiden und die Auswahlentscheidung zugunsten der Antragstellerin treffen müssen. Darin liege ein nichtigkeitsrelevanter Verfahrensfehler.
1.3 Dies sei insbesondere darin begründet, dass die Preiskalkulation der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung (und weiterer vorangereihter Bieter) rechtswidrig sei. Zum rechtlichen Rahmen betreffend die Kalkulation und Angebotsprüfung führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, Aufträge seien nach § 20 Abs 1 BVergG 2018 zu angemessenen Preisen zu vergeben. Es sei Aufgabe der Auftraggeberin, die Angemessenheit der Preise – gegebenenfalls im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung – zu beurteilen. Dabei solle vor allem geklärt werden, ob der jeweils angebotene Preis als adäquat zu den der Ausschreibung zu Grunde liegenden Leistungen angesehen werden könne. Bei entsprechend auffälligen Preisen habe eine vertiefte Angebotsprüfung zu erfolgen. Die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung liege nicht im Ermessen eines Auftraggebers, sondern sei bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen verpflichtend. Dabei sei zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar seien, und der Preisplausibilität auf den Grund zu gehen. Angebote, die eine – erforderlichenfalls durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, habe der Auftraggeber gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung oder auch Auswahlentscheidung auszuscheiden. Dieser Tatbestand sei auch dann erfüllt, wenn Teilpreise nicht plausibel seien, da dies zu einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises führen könne. Die Bieter müssten sich bei der Kalkulation auch an die von der Auftraggeberin vergebenen Festlegungen halten. Vice versa sei auch die Auftraggeberin an diese Festlegungen gebunden, habe diese als Grundlage für die Angebots- bzw Preisprüfung heranzuziehen und Angebote auszuscheiden, die dagegen verstoßen.
1.4 Im vorliegenden Fall habe die Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen etliche Vorgaben zur Kalkulation und Preisgestaltung getroffen, wobei leistungsbezogen insbesondere auf die Leistungsbeschreibung / das Pflichtenheft (03), das Angebotsblatt (08) und das Leistungsverzeichnis (09) sowie kalkulationsbezogen auf die RVB (01, vor allem zum Entgelt), die allgemeinen Ausschreibungsbedingungen (02; vor allem Punkt 6.3, 6.4 und 6. 11), das schon zuvor genannte Angebotsblatt (08) und die Muster-Stundensatzkalkulation (13) hingewiesen werde. Ganz allgemein seien die Einhaltung der in Österreich geltenden arbeits-, lohn- und sozialrechtlichen Vorschriften (Punkt 6.2.2 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen), das erforderliche Einkalkulieren von Nebenleistungen (Punkt 11.1 RVB) sowie ganz zentral die Berücksichtigung der ÖNORM D 2050:2017 „Reinigungsleistungen Quadratmeterleistungen in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ (in der Folge: ÖNORM D 2050, Punkt 3 RVB, siehe auch viele weitere Stellen der Ausschreibungsunterlagen) vorgegeben. Es seien daher auch alle Lohn- und Lohnnebenkosten einzupreisen, wobei sämtliche arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben zu beachten seien. Zudem müsse bei der Kalkulation die ÖNORM D 2050 berücksichtigt werden, welche auch mit dem „Rahmenkollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten“ verknüpft sei. In den Ausschreibungsunterlagen habe die Auftraggeberin zudem konkrete Ausscheidensgründe festgelegt. In Punkt 6.11 Rz 168 werde etwa bestandsfest definiert, dass jene Angebote ausgeschieden werden, bei denen eine für die BGG nicht schlüssige Aufklärung gegeben wird, insbesondere deren kalkulierter notwendiger Arbeitsstunden-Aufwand bei der Unterhaltsreinigung wesentlich von dem Aufwand abweicht, der nach der allgemeinen Erfahrung und/oder entsprechend fachlicher Beurteilung normalerweise notwendig ist (Beurteilung der Erfüllungsmöglichkeit bzw. Erfüllungswahrscheinlichkeit des Leistungs-Versprechens).
1.5 Der Antragstellerin seien die Kalkulation und Preisgestaltung sowie allfällige Aufklärungen der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht bekannt. Eine von der Antragstellerin vorgenommene Kontrollrechnung ergebe jedoch das deutliche Ergebnis, dass das Preisangebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung unangemessen und ungewöhnlich niedrig sei sowie in der Folge auch nicht erklär- und nachvollziehbar sein könne. Ein seriöser Unternehmer könne die angebotenen Leistungen nicht zu den von der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung angebotenen Preisen erbringen, da es mit den Stundensätzen und den Leistungswerten zwei zentrale Kalkulationselemente gebe. Diese Kalkulationselemente können bei der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht ordnungsgemäß sein, da sie sonst einen (deutlich) höheren Preis anbieten hätte müssen. Dass weitere Mitbewerber einen vergleichbaren Preis abgegeben haben, helfe dabei nicht. Vielmehr würden die genannten Unzulässigkeiten auch die Mitbewerber, die entweder nahezu denselben bewertungsrelevanten Preis wie die in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung oder sonst einen niedrigeren Preis als die Antragstellerin eingereicht haben, treffen.
1.6 Gemäß § 137 BVergG 2018 sowie gemäß den Festlegungen in den bestandsfesten Verfahrensunterlagen bestünden hinsichtlich des Angebots der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung gleich mehrere – verpflichtende – Ansatzpunkte für die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung und die nähere Beschäftigung mit der Kalkulation. Im Übrigen seien weitere Prüfschritte jederzeit zulässig und situationsabhängig auch notwendig. Das Erfordernis der Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung ergebe sich bereits aus den Ausschreibungsunterlagen selbst: In Punkt 6.11 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen werde die Prüfung der „Plausibilität der Machbarkeit und Erfüllbarkeit der angebotenen Flächenleistungen in der Unterhaltsreinigung von der BBG“ festgelegt. Weiters habe die Auftraggeberin festgelegt, dass der Bieter zu seinem günstigsten Stundensatz dem Angebot eine (mit dem Muster Stundesatzkalkulation erstellte) Kalkulation vorlegen müsse. Anhand dieser Kalkulation werde „die Plausibilität des Stundensatzes, insbesondere der Lohnnebenkosten“ geprüft und weiters „die Plausibilität der angebotenen technischen Leistung, namentlich der Qualität wie zB behauptete Schulung der gewerblichen Mitarbeiter, angebotener hoher Führungs- und Kontrollaufwand des Objektleiters, Kosten der Objektevaluierung, Einsatz von Vorarbeitern, etc.“ beurteilt (Punkt 6.13 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen). Nach Punkt 6.10, Rz 148 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen könne „bei Angeboten, die mit Angeboten anderer Bieter in auffallender Ähnlichkeit stehen, die BBG von diesen Bietern die zugrundeliegende Kalkulation verlangen“. Bei der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei die auffallende Ähnlichkeit der Angebote jedenfalls gegeben, da die Gesamtpreise der vier vorangereihten Angebote um lediglich 0,66 % auseinanderliegen. Da dies wohl in erster Linie auf einer massiven Erhöhung der Flächenleistungen gegenüber der ÖNORM D 2050 durch maschinellen Einsatz beruhe, sei es erstaunlich, dass durch bieterindividuelle Beurteilung der Abweichungen trotzdem derart gleichförmige Gesamtpreise zustande kommen. Daraus ergebe sich jedenfalls das Erfordernis einer Prüfung der Kalkulation aller beteiligten Bieter und damit auch der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung. Neben der insofern jedenfalls vorhandenen Selbstbindung der Auftraggeberin zur Durchführung einer näheren Preisprüfung seien auch gesetzliche Tatbestände des § 137 Abs 2 BVergG 2018 erfüllt. Insbesondere wären im Rahmen der gemäß § 135 Abs 2 Z 4 BVergG 2018 jedenfalls durchzuführenden Angemessenheitsprüfung auch die Flächenleistungen näher zu betrachten gewesen, zumal erkennbar gewesen sei bzw. hätte sein müssen, dass die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung ihre Preisvorteile in erster Linie wohl über eine massive Erhöhung der Flächenleistungen gegenüber der ÖNORM D 2050 durch maschinellen Einsatz lukriert habe. Nach § 137 Abs 1 BVergG 2018 seien Preise in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung und unter Berücksichtigung aller „Erbringungsumstände“ zu prüfen. Eine derartige Prüfung könne jedoch nicht positiv abgeschlossen werden, weshalb jedenfalls „begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen“ nach § 137 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 bestanden haben müssen. Dies führe aber auch dazu, dass das Angebot einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis und einen zu niedrigen Einheitspreis in den davon betroffenen Positionen aufweist (§ 137 Abs 2 Z 1 und 2 BVergG 2018). Die Preisbestandteile der Unterhaltsreinigung seien als wesentliche Positionen festgelegt worden (Punkt 6.11 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen). Bei der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei damit jedenfalls eine vertiefte Preisprüfung durchzuführen gewesen.
1.7 Bei der vertieften Angebotsprüfung sei im Sinne der gesetzlichen Vorgaben (betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit) neben der Überprüfung der sonstigen Korrektheit der Preisgestaltung auch der Frage auf den Grund zu gehen, warum die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung so billig anbieten konnte. Bei den von den Bietern bei Angebotslegung verpflichtend einzuhaltenden Maximalleistungswerten der ÖNORM D 2050 handle es sich um keine betriebswirtschaftlich beeinflussten, Markteinflüssen unterworfenen individuellen Kalkulationsfaktoren eines Bieters. Diese seien vielmehr objektiv und einem exakten Wert zuordenbar. Bei der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei davon auszugehen, dass sie mehrere folgend genannte Kalkulationsaspekte in ihrem Angebot nicht ordnungsgemäß berücksichtigt hat. Bekanntermaßen würden Bieter durch den behaupteten Einsatz von Reinigungsautomaten versuchen, höhere Flächenleistungen als in der ÖNORM D 2050 vorgegeben zu erzielen. Wenngleich die vorliegende Ausschreibung eine derartige Möglichkeit prinzipiell vorsehe, werde durch die konkrete Umsetzung durch den Bieter oftmals die ÖNORM D 2050 in unzulässiger Weise umgangen – so wohl auch bei der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung. Damit bei einer konkreten Reinigungsdienstleistung eine Erhöhung der durch die ÖNORM D 2050 in Tabelle 1 prinzipiell vorgegeben Flächenleistungen erfolgen könne, müssten mehrere Parameter erfüllt sein, die von der Auftraggeberin zu prüfen gewesen wären und schon in Hinblick auf den Gesamtpreis der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung jedenfalls nicht erfüllt sein können. Dies betreffe im Detail etwa die die Tatsache, dass die Auftraggeberin in ihrer Ausschreibung für bestimmte Leistungsteile die Verwendung von Reinigungsautomaten (und damit deren Ansatz in der Kalkulation) ausdrücklich untersagt habe. Bei ganz wesentlichen Reinigungsbereichen der ÖNORM D 2050 (darunter Büros, Besprechungszimmer, Unterrichtsräume, EDV-Räume, Nassräume und Teeküchen) bringe der Einsatz von handgeführten Scheuersaugautomaten zudem keinen zeitlichen Vorteil gegenüber der manuellen Reinigung, da eine händische Nachreinigung in Ecken und Randbereichen erforderlich sei. Es sei daher unzulässig, in diesen Raumkategorien eine Erhöhung der Leistungswerte vorzunehmen und in der Folge eine Reduktion des Zeitbedarfs herbeizuführen. Sollte die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung dies vorgenommen haben, sei ihr Angebot aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden – und zwar ohne Behebungsmöglichkeit, weil es sich um ein den Ausschreibungsbestimmungen (ÖNORM D 2050) widersprechendes Angebot (§ 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018) und um ein unplausibles Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 handle. Der Einsatz sei rechtlich auch dadurch beschränkt, dass die Flächen, wo der Bieter Reinigungsautomaten einsetzen (und kalkulieren) will, automatengeeignet sein müssen. Die ÖNORM D 2050 definiere automatengeeignete Flächen in Punkt 3.2 als „Bereich, in dem sich der Zeitbedarf für die Reinigung der Bodenfläche durch den maschinellen Einsatz im Vergleich zur reinen manuellen Reinigung verkürzt“. Die dargestellte faktische „Leistungsverminderungssituation“ bzw „Zeiterhöhungssituation“ führe daher dazu, dass normkonform nicht einmal eine automatengeeignete Fläche vorliege. Hinzu komme, dass bei nicht ausschließlich aus automatengeeigneten Großflächen bestehenden Bodenflächen die Leistungswerte der Tabellen 3 (Scheuersaugautomaten zum Nachgehen) bzw Tabelle 4 (Aufsitz-Scheuersaugautomaten) nicht zur Gänze herangezogen werden dürfen. Vielmehr sei das Verhältnis der Großflächen zu den manuell zu reinigenden anderen Oberflächen gemäß Tabelle 1 zu ermitteln. Unabhängig von diesen Punkten müssten die Leistungswerte auch ganz allgemein, etwa in Hinblick auf die (in die Flächenleistung inkludierte) verstellte Bodenfläche (ÖNORM D 2050, Punkt 1, Absatz 3) und unzugängliche Stellen (Heizkörper, Waschtische, WC-Muscheln) plausibel und nachvollziehbar sein. Angebotene Reinigungsautomaten müssten von ihren Maßen her zudem in die Aufzuganlagen passen, damit sie zur Reinigung verwendet und kalkuliert werden können. Die Antragstellerin bezweifle, dass die Auftraggeberin diese Aspekte näher geprüft und / oder die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung eine solche Prüfung ordnungsgemäß bestanden haben kann. Als weitere beispielhafte Prüfungselemente führt die Antragstellerin Organisationszeiten (Rüstzeiten, Wegzeiten, etc.) an. Diese seien gemäß Punkt 4.6 der ÖNORM D 2050 von den darin angeführten „Mindestzeiten für die Reinigungsleistungen“ nicht umfasst. Organisationszeiten würden daher noch separat leistungsmindernd bzw kostenerhöhend wirken. Sollte sich die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung bei der Stundensatzkalkulation auf MitarbeiterInnen-Förderungen berufen, sei anzumerken, dass es branchenbekannt sei, dass Mitbewerber ihre Unterpreise damit zu argumentieren versuchen, dass für eine signifikante Anzahl an MitarbeiterInnen Förderungen lukriert werden und daher deren Lohn- bzw Lohnnebenkosten niedriger angesetzt werden können. Um Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten, müsse in einem solchen Fall im Rahmen der Preisprüfung aber auch das Vorliegen aktueller Förderungen streng und einzelfallbezogen geprüft werden. Zudem seien solche Förderungen volatil. Kalkulatorisch verwertbare Umstände müssten jedoch entsprechend dauerhaft und belastbar sein. Ein „seriös kalkulierender Bieter“ könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass Personal-Förderungen in allen Vertragsjahren zur Verfügung stehen.
1.8 Im Ergebnis zeige eine nähere Betrachtung, dass die Preise der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung unzulässig und unerklärbar niedrig seien und dementsprechend gegen Vorgaben der Ausschreibung, gegen allgemein gültige Rahmenbedingungen (gesetzliche und ÖNORM-bezogene) oder gegen beides verstoßen. Das Preisangebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei damit unplausibel unterpreisig und ausschreibungswidrig. Damit liege nicht nur eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises vor (§ 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018), sondern es sei auch ein den eindeutigen Festlegungen und Kalkulationsvorgaben der Ausschreibungsunterlagen widersprechendes Angebot vorhanden (§ 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018). Das Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei daher vor der Wahl des Angebots für den Abschluss der Rahmenvereinbarung auszuscheiden. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die Auftraggeberin entweder die Preisprüfung gar nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß durchgeführt hat bzw dass die Preisprüfung zu falschen Ergebnissen und zur falschen Beurteilung der Angaben der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung geführt hat. Dass die vertiefte Angebotsprüfung nur eine Plausibilitätsprüfung ist, entbinde die Auftraggeberin nicht von der Pflicht, dort, wo ganz konkrete Vorgaben vorhanden sind (wie hier ÖNORM D 2050, Kollektivvertrag und Ausschreibungsunterlagen), eine nähere Kontrolle und Prüfung durchzuführen. Da dies nicht oder nicht ausreichend geschehen sei, sei die angefochtene Auswahlentscheidung auch aus diesen Gründen für nichtig zu erklären. Auf weitere Punkte werde in Hinblick auf die dargelegten zentralen Rechtswidrigkeiten der angefochtenen Entscheidung vorerst nicht eingegangen. Die Antragstellerin behalte sich jedoch ergänezende Ausführungen für das weitere Nachprüfungsverfahren ausdrücklich vor. Die Wesentlichkeit der Rechtswidrigkeiten gemäß § 347 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 sei evident; die Auftraggeberin hätte das Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung jedenfalls ausscheiden und die Auswahlentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin treffen müssen.
1.9 Die Antragstellerin erhebt ihr Vorbringen zum Nachprüfungsantrag zum Vorbringen für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Sie bringt im Wesentlichen vor, der Auftraggeberin sei es nach Ablauf der Stillhaltefrist in Hinblick darauf, dass dem Nachprüfungsantrag keine aufschiebende Wirkung zukommt, rechtlich möglich, trotz der geäußerten signifikanten rechtlichen Bedenken die Rahmenvereinbarung mit der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung abzuschließen. Daraus ergebe sich für die Antragstellerin eine beträchtliche Gefährdung ihrer Interessen, da etwaige Schadenersatzansprüche die Chancen der der Antragstellerin, Rahmenvertrags-Partnerin zu werden, nicht kompensieren könnten. Die einstweilige Verfügung sei zwingend erforderlich, weil die Auftraggeberin durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung unumkehrbare Tatsachen schaffen würde. Das Interesse der Antragstellerin am Erlass der einstweiligen Verfügung überwiege im Rahmen der Interessenabwägung allfällige Interessen der Auftraggeberin sowie Dritter oder besondere öffentliche Interessen eindeutig. Es sei nicht ersichtlich, welcher Schaden der Auftraggeberin bzw den öffentlichen Interessen durch die geringfügige Verzögerung bei der Auftragsausführung entstehen könne. Es werde darauf hingewiesen, dass aufgrund der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und des vergaberechtlichen Grundsatzes eines effektiven Rechtsschutzes in ständiger Judikatur generell dem provisorischen Rechtschutz eines Antragstellers Vorrang vor der Möglichkeit einer Weiterführung und Beendigung des Vergabeverfahrens durch den Auftraggeber eingeräumt werde. Weiter werde auf den grundsätzlichen Vorrang des primären Rechtschutzes (sohin vor Zuschlagserteilung) hingewiesen. Vor diesem Hintergrund würden die Interessen der Antragstellerin auf Erlassung der einstweiligen Verfügung und die Rechtschutzinteressen der Antragstellerin eindeutig überwiegen. Es handle sich bei der beantragten Maßnahme um die gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme, da nur dadurch erreicht werden könne, dass die Interessen der Antragstellerin gewahrt werden. Auch solle der Auftraggeberin die beantragte Maßnahme lediglich für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens auferlegt werden.
2. Am 30. November 2021 legte die Auftraggeberin eine Kopie der Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.
3. Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2021 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren, kündigte die Vorlage der Unterlagen des Vergabeverfahrens an, führte zur Akteneinsicht aus und nahm zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass ein besonderes Interesse der Auftraggeberin an der Fortführung des Verfahrens bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberin benötigt werde. Die Auftraggeberin könne nicht beurteilen, ob Interessen sonstiger Bieter durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt würden. Die Auftraggeberin ersucht aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs um Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf sechs Wochen. Sie beantragt die Zurück-, in eventu Abweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
4. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 nahm die Auftraggeberin Stellung. Darin führt sie nach Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen aus, dass der Antragstellerin wegen ihrer Reihung keine Antragslegitimation zukomme. Ihr könne kein Schaden entstehen. Der Nachprüfungsantrag sei zurückzuweisen. Die Behauptungen der Antragstellerin, dass die vor ihr gereihten Angebote wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises, Widerspruchs zur Ausschreibung und Nichteinhaltung des der gültigen kollektivvertraglichen Verpflichtungen auszuscheiden seien. Die Behauptungen der Antragstellerin entbehrten jeder Grundlage. Die Ausschreibung sei mangels Anfechtung bestandsfest und die darin festgelegten Kriterien strikt einzuhalten. Ein Abgehen von den in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen sei unzulässig und rechtswidrig.
4.1 Die Erstellung des Angebots habe unter Einhaltung der in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zu erfolgen. Die Plausibilität der Machbarkeit und Erfüllbarkeit der angebotenen Flächenleistung in der Unterhaltsreinigung werde von der vergebenden Stelle geprüft. Die Ausschreibung untersage die Verwendung von Reinigungsautomaten bei der Sichtreinigung generell und bei der Reinigung von Nassräumen, von Stiegen und von Aufzügen bei allen Arten der Unterhaltsreinigung.
4.2 Der günstigste Stundensatz im Angebot der Antragstellerin liege unter dem günstigsten Stundensatz der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung. Die Antragstellerin habe somit selbst günstigere Stundensätze angeboten. Die Auftraggeberin habe die Plausibilität der Stundensätze geprüft.
4.3 Die Auftraggeberin habe die Plausibilität der Stundensätze im Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung nach den Vorgaben der Ausschreibung geprüft. Es hätten sich dabei keine Zweifel ergeben, dass die von der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung angebotenen Stundensätze den kollektivvertraglichen Mindestlohn sowie die kollektivvertraglichen Lohnnebenkosten jedenfalls abdeckten bzw überschritten. Der kollektivvertragliche Mindestlohn gemäß der gegenständlich heranzuziehenden Lohnvereinbarung der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, gültig ab 1. Jänner 2021, werde jedenfalls überschritten. Auch der rechnerische Minimalwert unter Berücksichtigung sämtlicher Lohnnebenkosten werde überschritten. Es könne daher von Lohn- und Sozialdumping keine Rede sein.
4.4 Die Antragstellerin habe den Einsatz von i-Mops vorgesehen. Auch die Ausschreibung schließe den Einsatz von i-Mops nicht aus. Die ÖNORM D 2050 schließe den Einsatz von i-Mops nicht aus. Die Auftraggeberin könne ein Angebot nicht aus Gründen ablehnen, die nicht in der Ausschreibung vorgesehen seien und die nach Einreichung dieses Angebotes angeführt würden.
4.5 Die ÖNORM D 2050 gebe keine Richtwerte vor, ab welcher Größe, bei welchem Bodenbelag und bei Vorliegen welcher bautechnischen Gegebenheiten und welcher Nutzung eine Großfläche vorliege, die einer maschinellen Reinigung der Bodenflächen durch Scheuersaugautomaten zugänglich seien, sondern zähle auf Seite 9 lediglich Beispiele auf. Die Auftraggeberin habe Bereiche festgelegt, in denen der Automateneinsatz nicht gestattet sei. Da die Auftraggeberin keine weiteren Flächen vorgesehen habe, in denen der Automateneinsatz untersagt sei, stehe es dem Bieter frei, diesen vorzusehen. Die Objektbesichtigung stelle eine weitere Informationsquelle dar, um die Erkenntnisse daraus in die Kalkulation einfließen zu lassen. Die Entscheidung darüber, in welchen Räumen ein Automateneinsatz für sinnvoll erachtet werde, obliege in jenen Räumen, die laut den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen im Einklang mit den Vorgaben der ÖNORM D 2050 nicht ausdrücklich ausgeschlossen gewesen seien, der kalkulatorischen Freiheit der Bieter und ihrem eigenen betriebswirtschaftlichen Risiko. Solange die angebotenen Werte die maximalen Flächenleistungswerte für die manuelle Reinigung sowie die maximalen Flächenleistungswerte für die maschinelle Reinigung nicht überschritten bzw die Vorgaben der Randziffern 157 und 158 AAB eingehalten würden, entsprächen die Angebote jedenfalls der ÖNORM D 2050 und den Vorgaben der Ausschreibung. Die könne nach Bestandsfestigkeit der Ausschreibung nicht bestimmen, welche Fläche automatengeeignet seien und welche nicht.
4.6 Das Verhältnis zwischen der manuell und maschinell durchzuführenden Reinigung von Oberflächen sei im Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung jedenfalls ausgewogen. Da weder zwingende kollektivvertragliche Bestimmungen noch Festlegungen der Ausschreibung verletzt worden seien und keine anderen in diesem Zusammenhang stehende Verstöße im Zuge der Angebotsprüfung festgestellt worden seien, seien die kalkulierten Maschineneinsätze der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin auch nicht zu beanstanden.
4.7 Auch wenn die von der Auftraggeberin durchgeführte Prüfung einer vertieften Angebotsprüfung vergleichbar sei, sei sie nicht dazu verpflichtet. Wegen der geringen preislichen Differenz zwischen den Angeboten sei eine vertiefte Angebotsprüfung nicht erforderlich. Die Angemessenheit der Preise sei in erster Linie anhand eines Vergleichs der jeweiligen Gesamtpreise miteinander zu eruieren. Der bewertungsrelevante Gesamtpreis des Angebots der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei nicht ungewöhnlich niedrig. Die seitens der Antragstellerin offenbar in diesem Zusammenhang vorgenommene „Kontrollrechnung“ auf Basis des bewertungsrelevanten Gesamtpreises der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei nicht tauglich, um eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Angebotskalkulation nachzuweisen. Sie könne nicht aus ihrer Erfahrung auf andere Bieter schließen.
4.8 Die vorgereihten Angebote seien nicht auffallend ähnlich. Diese müsse sich aus den Details der Angebote ergeben. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin gehe ins Leere.
4.9 Im Ergebnis stehe nach Durchführung der Überprüfung durch die Antragsgegnerin fest, dass die Maximalvorgaben der ÖNORM D 2050 nicht überschritten und arbeits- und sozialrechtliche bzw zwingende kollektivvertragliche Regelungen sowie die Vorgaben der Ausschreibung in der Bieterkalkulation eingehalten worden seien. Die Auftraggeberin beantragt, sämtliche Anträge auf Nichtigerklärung sowie den Antrag auf Ersatz der Gebühren zurück-, in eventu abzuweisen.
5. Mit Schriftsatz vom erhob die BBBB , vertreten durch die KESCHMANN Rechtsanwalts-GmbH, Servitengasse 4/20, 1090 Wien, in der Folge in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung, begründete Einwendungen. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass sich der Nachprüfungsantrag gegen die falsche Partei, nämlich nicht gegen die zentrale Beschaffungsstelle richte und daher zurückzuweisen sei. Die Auftraggeberin könne nur als Nebenintervenientin dem Verfahren beitreten. Der Nachprüfungsantrag sei unspezifiziert. Die Antragstellerin vermenge die Antragslegitimation aufgrund der Reihung mit der Frage der Wesentlichkeit für den Verfahrensausgang, die die inhaltliche Entscheidung betreffe. Es seien noch andere Bieter vor der Antragstellerin gereiht, weshalb ihr die Rahmenvereinbarung noch immer verwehrt bliebe. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung habe keinen Nutzen für sie. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten lägen nicht vor. Der Gesamtpreis des Angebots der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei nicht zu niedrig noch widerspreche die Kalkulation der dem Kollektivvertrag oder ÖNORM D 2050. Das Angebot der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung sei ausschreibungskonform und ordnungsgemäß kalkuliert. Daher beantragt die in Aussicht genommene Partnerin der Rahmenvereinbarung, dem Begehren der Antragstellerin nicht Folge zu geben und führt zum Umfang der Akteneinsicht aus.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1 Die Veterinärmedizinische Universität Wien schreibt unter der Bezeichnung „Reinigungsdienstleistungen Veterinärmedizinische Universität Wien; BBG-interne GZ: 2691.03890“ eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungen mit dem CPV-Code 90911000-6 – Wohnungs-, Gebäude- und Fensterreinigung in einem offenen Verfahren nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert beträgt € 9.000.000 ohne USt. Vergebende Stelle ist die Bundesbeschaffung GmbH. Die Bekanntmachung der Ausschreibung wurde in Österreich per Kerndaten am 21. Juli 2021 abgesandt und war erstmals am 24. Juli 2017 verfügbar. Unionsweit erfolgte die Bekanntmachung der Ausschreibung am 27. Juli 2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2021/S 143-380443. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.2 Die Auftraggeberin öffnete am 7. September 2021, ohne Anwesenheit von Vertretern von Bieter folgende Angebote mit den genannten bewertungsrelevanten Gesamtpreisen und sandte das Protokoll über die Angebotsöffnung am 9. September 2021 an alle Bieter.
? XXXX € 1.348.326,2208
? AAAA € 1.265.639,9256
? BBBB € 1.042.796,9720
? XXXX € 1.077.367,8364
? XXXX € 1.049.668,9643
? XXXX . € 1.136.382,7572
? XXXX € 1.046.167,1972
? XXXX € 1.242.405,0698
? XXXX € 1.299.082,0954
? XXXX € 1.044.735,7312
? XXXX € 1.179.116,7713
? XXXX € 1.254.096,2023
? XXXX € 1.166.149,7080
(Protokoll über die Angebotsöffnung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.3 Am 19. November 2021 teilte die Auftraggeberin allen Bietern die Entscheidung mit, dass die Rahmenvereinbarung mit der in Aussicht genommenen Partnerin der Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. (Angaben der Auftraggeberin; Auswahlentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.4 Die Auftraggeberin hat weder das Vergabeverfahren widerrufen noch die Rahmenvereinbarung abgeschlossen erteilt. (Angaben der Auftraggeberin)
1.5 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von € 19.440. (Verfahrensakt)
2. Beweiswürdigung
2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte und Unterlagen der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Anzuwendendes Recht
3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10, idF BGBl I 2019/44 lauten:
„Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“
3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2021/119, lauten:
„Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
…
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) …
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
…“
3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl II 2019/91, lauten:
„Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig
1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) …
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(2) …
Antragstellung
§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,
3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,
4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,
5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) …
Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.
Verfahrensrechtliche Bestimmungen
§ 352. (1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Nebenintervenient beitreten; §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Bestimmungen der §§ 14 und 15 ZPO sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 10 Tagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.
(3) …“
3.2 Zu Spruchpunkt A) –Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages
3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Veterinärmedizinische Universität Wien. Es handelt es sich um eine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 (zB BVwG 13. 8. 2015, W138 2111836-1/2E; zu Universitäten zB 31. 1. 2014, W139 2000171-1/34E; 21. 12. 2020, W187 2237702-1/4E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungen gemäß § 7 BVergG 2018. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.
3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und die Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
3.2.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
3.2.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen.
3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages
3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher – bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 – Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und eine Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).
3.2.2.2 Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und dem Abschluss der Rahmenvereinbarung.
3.3.2.3 Die Auftraggeberin macht einen dringlichen Beschaffungsbedarf geltend und beantragt die Begrenzung der Dauer der einstweiligen Verfügung mit sechs Wochen.
3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).
3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Fortsetzung des Vergabeverfahrens erforderlich machen würden, machte keine Verfahrenspartei geltend.
3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und den Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der allenfalls obsiegenden Antragstellerin, ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags ist die Auftraggeberin verpflichtet, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen. Die besondere Dringlichkeit hat die Auftraggeberin auch nicht belegt. Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Rechtsmittelrichtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 29). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor. Die Rechtmäßigkeit der Prüfung und Bewertung der Angebote sowie der Durchführung des Vergabeverfahrens kann angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden, vielmehr ist sie Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens (zB BVA 14. 11. 2012, N/0103-BVA/10/2012-EV12; 18. 3. 2013, N/0020-BVA-07/2013-EV8).
3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.
3.2.2.8 Bei dem bevorstehenden Abschluss der Rahmenvereinbarung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die vorläufige Untersagung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung (zB BVwG 4. 3. 2021, W279 2239783-1/2E; 28. 4. 2021, W120 2241615-1/2E; 26. 5. 2021, W134 2242488-1/3E). Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert wird, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).
3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen jedoch keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung derzeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Wenn die Auftraggeberin nun eine Befristung von sechs Wochen ab der Erlassung der einstweiligen Verfügung begehrt, ist dem zu entgegnen, dass zu erwarten ist, dass das Bundesverwaltungsgericht innerhalb dieser Frist entscheiden wird, und das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 jederzeit über Antrag oder von Amts wegen über die Dauer der einstweiligen Verfügung neu entscheiden kann. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).
3.2.2.10 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.
3.3 Zu Spruchpunkt B) – Nichtzulassung der Revision
3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138; 30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254; 29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
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ECLI:AT