TE Vfgh Erkenntnis 1994/10/5 V43/93

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Veröffentlicht am 05.10.1994
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8500 Straßen

Norm

B-VG Art18 Abs2
Verordnung der Stadtvertretung Dornbirn vom 23.03.93 betreffend die Erklärung der Straße "Frauenfeld" zur Gemeindestraße
Vlbg StraßenG §9
Vlbg GdG 1985 §32

Leitsatz

Aufhebung einer Verordnung betreffend die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße wegen gesetzwidriger Kundmachung; Unzulässigkeit der Veränderung des Verordnungsbeschlusses im Zuge der Kundmachung; Kundmachung im Gemeindeblatt lediglich zur erhöhten Publizität

Spruch

Die Verordnung der Stadtvertretung Dornbirn vom 23. März 1993, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 26. April 1993 bis 10. Mai 1993 (in der Form der Schreibfehlerberichtigung vom 26. Juli 1993), wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Die Stadt Dornbirn ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres bevollmächtigten Vertreters die mit S 22.500,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn hat am 23. März 1993 zu Punkt 6.) des Sitzungsprotokolles folgende Beschlüsse gefaßt:

"Beschluß:

a) Die Straße 'Frauenfeld', GST-NR 10925/19, wird im Bereich von der Einmündung in die Gemeindestraße Bachgasse, GST-NR 19816/1, bis zur Einmündung in die Bachgasse in Höhe der GST-NRN 11054/6 bzw. 10938, mit einer Länge von ca. 185 m und einer Breite von 6,00 m, durch Verordnung gemäß §9 Abs3 Straßengesetz zur Gemeindestraße erklärt.

b) Ebenso wird der ostseitige Stichweg von der Straße Frauenfeld, als Teil der GST-NR 10925/19 westlich der GST-NR 10925/15 bis zu den GST-NRN 10970 bzw. 10948, in einer Länge von ca. 40 m und einer Breite von ca. 5 m zur Gemeindestraße erklärt.

c) Gleichzeitig ist eine durchgehende Geh- und Radwegverbindung in Richtung Steinmühlenweg und über den Steinmühlenweg über GST-NR 10970, im Bereich der Wohnanlage der VOGEWOSI, in das Eigentum der Stadt Dornbirn, Gemeindestraßennetz, zu übernehmen. Mit der VOGEWOSI sind entsprechende Vereinbarungen abzuschließen."

2. Diese Beschlüsse wurden - als Teil des Sitzungsprotokolles der Stadtvertretung - im Gemeindeblatt der Stadt Dornbirn vom 2. April 1993 wie folgt kundgemacht:

"Zu 6.) Erklärung der Straße Frauenfeld zur Gemeindestraße.

a) Die Straße 'Frauenfeld', GST.NR. 19925/19, wird im Bereich von der Einmündung in die Gemeindestraße Bachgasse, GST.NR. 19816/1, bis zur Einmündung in die Bachgasse in Höhe der GST.NRN. 11054/6 bzw. 10938, mit einer Länge von ca. 185 m und einer Breite von 6,00 m, durch Verordnung gemäß §9 Abs3 Straßengesetz zur Gemeindestraße erklärt.

b) Ebenso wird der ostseitige Stichweg von der Straße Frauenfeld, als Teil der GST.NR. 10925/19, westlich der GST.NR. 10925/15 bis zu den GST.NRN. 10970 bzw. 10948, in einer Länge von ca. 40 m und einer Breite von ca. 5 m zur Gemeindestraße erklärt.

c) Gleichzeitig ist eine durchgehende Geh- und Radwegverbindung in Richtung Steinmühlenweg und über den Steinmühlenweg über GST.NR. 10970, im Bereich der Wohnanlage VOGEWOSI, in das Eigentum der Stadt Dornbirn, Gemeindstraßennetz, zu übernehmen. Mit der VOGEWOSI sind entsprechende Vereinbarungen abzuschließen."

3. Die zu lita) und b) gefaßten Beschlüsse wurden in der Folge an der Amtstafel mit Kundmachung des Bürgermeisters der Stadt Dornbirn vom 15. April 1993, Z620-01/2-719, wie folgt angeschlagen:

"K U N D M A C H U N G

Die Stadtvertretung hat in der Sitzung vom 23.03.1993

a) die Straßen 'Frauenfeld',

GST-NR 19925/19 im Bereich von der westlichen Einmündung in die Gemeindestraße 'Bachgasse', GST-NR 19816/1, bzw. zur östlichen Einmündung in dieselbe Gemeindestraße 'Bachgasse' in Höhe der GST-NR 11054/6 mit einer Länge von ca. 185 lfm in der bestehenden Breite von 6,00 m

b) der ostseitige, nach Norden gerichtete Stichweg

als Teil der GST-NR 10925/19, westlich der GST-NR 10925/15 im bestehenden Ausmaß von ca. 40 m Länge,

durch Verordnung gemäß §9 (1)-(3) Straßennetz,

LGBL.Nr. 8/1969, zur Gemeindestraße erklärt.

Gemäß §29 Straßengesetz wird der Lageplan im Maßstab 1:1000 über diese neue, für den Verkehr innerhalb der Stadt Dornbirn wichtige Straße in der Zeit vom 26.04.1993 bis 26.05.1993 während der Amtsstunden im Stadtbauamt Dornbirn (Ulmerhochhaus, 5. Stock) zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt.

Während dieser Zeit kann jeder Bürger oder Eigentümer von Grundstücken, die durch die Führung dieser Straßen berührt werden, beim Amt der Stadt Dornbirn zum aufgelegten Lageplan schriftlich Äußerungen erstatten.

Mit freundlichen Grüßen

Der Bürgermeister:

Rudolf Sohm"

Diese Kundmachung war laut Aktenvermerk vom 26. April 1993 bis 10. Mai 1993 an der Amtstafel angeschlagen und wurde schließlich am 2. Juni 1993 abgenommen.

4. Mit als "Kundmachung" bezeichnetem Akt des Bürgermeisters vom 26. Juli 1993 wurde der in lita) der Kundmachung vom 15. April 1993, Z620-02/2-719 betreffend die Erklärung der Straße Frauenfeld zur Gemeindestraße enthaltene Schreibfehler dahingehend berichtigt, daß es in lita) statt GST-NR 19925/19 richtig GST-NR 10925/19 zu lauten habe. Diese "Kundmachung" wurde laut Aktenvermerk am 26. Juli 1993 an der Amtstafel angeschlagen und am 10. August 1993 abgenommen.

5.a) Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag wird begehrt, die Verordnung der Stadtvertretung Dornbirn vom 23. März 1993, "kundgemacht im Gemeindeblatt vom 2. April 1993", zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

Zur Antragslegitimation verweisen die Antragsteller auf die beiliegenden Grundbuchsauszüge; aus diesen gehe hervor, daß sämtliche Antragsteller Miteigentümer der von der Erklärung zur Gemeindestraße betroffenen Wegparzelle Frauenfeld,

GST.Nr. 10925/19, EZ 2139 Grundbuch 92001 Dornbirn seien. Ihre Antragslegitimation ergebe sich schon daraus, daß nach den Regeln über die Miteigentumsgemeinschaft jeder Miteigentümer berechtigt sei, sämtliche Rechtsmittel zur Wahrung des Gesamtrechtes wahrzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis VfSlg. 10754/1986 ausgesprochen, daß durch die Öffentlicherklärung eines in der Natur bestehenden privaten Weges Gemeingebrauch begründet werde. Dieser sei jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gestattet und dürfe von niemandem eigenmächtig behindert werden. Der Eigentümer müsse also die Benützung des Weges durch jedermann in Kauf nehmen. Durch eine solche Verordnung werde daher in das Eigentumsrecht aktuell und nicht bloß potentiell eingegriffen.

Überdies habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 12133/1989 ausgesprochen, daß sich ein Miteigentümer nur soweit beschwert erachten könne, als sich die Verordnung auf jenen Teil der Straße beziehe, der über das in seinem Miteigentum befindliche Grundstück verlaufe. Allerdings sei die konkret in Prüfung gezogene Norm ihrer sprachlichen Fassung nach untrennbar und der Verordnungsprüfungsantrag deshalb zur Gänze zulässig. Auch "aus dieser Formulierung" ergebe sich, daß der jeweilige Miteigentümer einer Miteigentumsgemeinschaft zur Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens im Falle der Erklärung einer Privatstraße zur Gemeindestraße im Sinne des §9 Vbg. StraßenG berechtigt sei.

b) Die Vorarlberger Landesregierung und die Stadt Dornbirn haben in Äußerungen (unter Aktenvorlage) die Abweisung des Antrags begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes greift eine Verordnung, mit der ein in der Natur bereits vorhandener und daher benützbarer Weg zur öffentlichen Verkehrsfläche erklärt wird, in die Rechtssphäre des betreffenden Grundeigentümers aktuell und nicht bloß potentiell ein; zur Konkretisierung der Wirkung der Verordnung bedarf es keines weiteren behördlichen Aktes (VfSlg. 10754/1986 mwH); im Falle von Miteigentum ist auch der einzelne Miteigentümer anfechtungslegitimiert (vgl. VfSlg. 11850/1988, 12133/1989).

Der Antrag ist daher zulässig.

2. Im Hinblick darauf, daß im vorliegenden Antrag (auch) Kundmachungsmängel geltend gemacht werden, hat der Verfassungsgerichtshof die Stadtvertretung und den Bürgermeister der Stadt Dornbirn mit Schreiben vom 14. Oktober 1993 aufgefordert, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

"a) Wurde der Beschluß des Gemeinderates vom 23. März 1993 in seinem vollen Wortlaut (gegebenenfalls mit welchen Abweichungen) auch durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht? (Diesfalls wird der Gemeinderat aufgefordert, vorhandene auf die Kundmachung bezugnehmende Aktenstücke vollständig vorzulegen. Sollten entsprechende Unterlagen nicht vorhanden sein, wird um Mitteilung ersucht, durch wen und innerhalb welcher Frist der Beschluß des Gemeinderates vom 23. März 1993 kundgemacht wurde.) Falls der Beschluß vom 23. März 1993 nicht durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht worden ist, möge beantwortet werden, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die gemäß §32 Abs1 zweiter Satz Vbg. Gemeindegesetz prinzipiell vorgesehene Kundmachung des Beschlusses durch Anschlag an der Amtstafel unterlassen wurde.

b) Welche rechtliche Bedeutung kommt der 'Kundmachung' des Bürgermeisters vom 15. April 1993 zu? Handelt es sich hiebei (nur) um eine Kundmachung gemäß §29 Abs3 Vbg. Straßengesetz, in welcher auf die (bereits kundgemachte) Verordnung des Gemeinderates vom 23. März 1993 hingewiesen wird, oder sollte hiedurch (auch) eine bis zu diesem Zeitpunkt unterlassene Kundmachung des Beschlusses vom 23. März 1993 an der Amtstafel nachgeholt werden? Falls letzteres zutrifft, auf welcher Rechtsgrundlage wurde der Originalbeschluß des Gemeinderates in der 'Kundmachung' teils unvollständig, teils in geänderter Form wiedergegeben?

c) Wann wurde die 'Kundmachung' des Bürgermeisters vom 26. Juli 1993 von der Amtstafel abgenommen? Welche rechtliche Bedeutung kommt dieser 'Kundmachung' zu? Handelt es sich hiebei um eine Verordnung?

d) Hat die 'Kundmachung' des Bürgermeisters vom 26. Juli 1993 auch die Verordnung des Gemeinderates vom 23. März 1993 (in der Fassung der Kundmachung im Gemeindeblatt vom 2. April 1993, ggf. in der Fassung der 'Kundmachung' des Bürgermeisters vom 15. April 1993) geändert? Wenn ja, worauf stützt der Bürgermeister seine Befugnis zur Änderung der Verordnung des Gemeinderates, somit einer anderen Gemeindebehörde, durch 'Kundmachung'?"

Zu den in diesem Schreiben aufgeworfenen Fragen nahmen die Stadtvertretung und der Bürgermeister der Stadt Dornbirn mit Äußerung vom 30. November 1993 wie folgt Stellung:

"Der Beschluß der Stadtvertretung vom 23.3.1993 wurde mit Kundmachung vom 15.4.1993 durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht. Gegenüber dem Beschluß der Stadtvertretung wurde hiebei lediglich der Straßenverlauf durch Einfügen der Worte 'westlichen' und 'östlichen' Einmündung in die bestehende Gemeindestraße Bachgasse bei inhaltlich gleicher Streckenbeschreibung ergänzt bzw. präzisiert.

Diese Kundmachung wurde am 26.4.1993 an der Amtstafel angeschlagen und am 2.6.1993 von der Amtstafel abgenommen (ON 75).

Die Kundmachung vom 15.4.1993 beinhaltet weiters die gemäß §29 Abs3 Straßengesetz erforderliche Auflage des Lageplanes.

Die Realisierung einer durchgehenden Geh- und Radwegverbindung in Richtung Steinmühlenweg über GST-NR 10970 im Bereich der Wohnanlage VOGEWOSI wurde in die Kundmachung nicht aufgenommen, da diesbezüglich der Beschluß der Stadtvertretung lediglich eine Absichtserklärung darstellt.

Die Beschreibung der beiden zur Gemeindestraße erklärten Wegabschnitte in der Kundmachung vom 15.4.1993 stimmt inhaltlich mit dem Beschluß der Stadtvertretung vom 23.3.1993 zur Gänze überein.

Die Kundmachung vom 26.7.1993, mit der der in lita) der Kundmachung vom 15.4.1993 enthaltene Schreibfehler dahingehend berichtigt wurde, daß es statt GST-NR 19925/19 richtig GST-NR 10925/19 zu lauten hat, wurde am 26.7.1993 an der Amtstafel angeschlagen und am 10.8.1993 abgenommen.

Dem Bürgermeister obliegt nach §32 Gemeindegesetz die Kundmachung von Verordnungen. Sofern in einer solchen Kundmachung ein offensichtlicher Schreibfehler enthalten ist, obliegt ihm auch dessen Berichtigung. Auch bei der im Gemeindeblatt vom 2.4.1993 kundgemachten Protokoll der Stadtvertretung vom 23.3.1993 enthaltenen Parzellenbezeichnung handelt es sich - wie sich auch aus den vorgelegten Planunterlagen ergibt - um einen offenkundigen Schreibfehler. Das genehmigte Protokoll der Stadtvertretungssitzung vom 23.3.1993 enthält die richtige Parzellenbezeichnung. Eine inhaltliche Änderung wurde durch die Berichtigung vom 26.7.1993 nicht vorgenommen."

3. In der "Kundmachung" des Bürgermeisters vom 15. April 1993 wird der Wortlaut der zu lita) und b) gefaßten Beschlüsse der Stadtvertretung teils unvollständig, teils in geänderter Form wiedergegeben, wobei auch Worte weggelassen oder hinzugefügt wurden. Die Stadtvertretung selbst räumt in ihrer Äußerung ein, gegenüber dem Original des Beschlusses sei bei der Kundmachung "... der Straßenverlauf durch Einfügen der Worte 'westlichen' und 'östlichen' Einmündung in die bestehende Gemeindestraße Bachgasse bei inhaltlich gleicher Streckenbeschreibung ergänzt bzw. präzisiert (worden)".

Dies widerspricht dem schon vor Geltung des B-VG (vgl. Zolger, Österreichisches Verordnungsrecht (1898), 286 f) angenommenen und auch von diesem als selbstverständlich vorausgesetzten, aus dem Sinn jeder Kundmachung hervorleuchtenden Erfordernis, daß nur der "originale" Verordnungsbeschluß kundgemacht werden darf. Dieser darf im Zuge der Kundmachung weder ergänzt noch sonstwie verändert werden: Jede Änderung des Inhaltes des Verordnungsbeschlusses obliegt allein der zur Willensbildung zuständigen Behörde (s. Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht I (1988), 781, 808f). Dies gilt grundsätzlich auch für die Berichtigung einer bereits erfolgten Kundmachung, außer für den Fall, daß - wie hier - die (technische) Kundmachung selbst vom Original des Verordnungsbeschlusses abweicht (s. Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht I, 870f).

Die Kundmachung der Verordnung in der vom Bürgermeister am 15. April 1993 vorgenommenen Weise war daher gesetzwidrig.

4. Die bekämpfte Verordnung ist auch nicht in einer anderen rechtlich maßgeblichen Weise kundgemacht worden:

In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, welche Bedeutung der Kundmachung des Beschlusses der Stadtvertretung vom 23. März 1993 im Gemeindeblatt der Stadt Dornbirn zukommt.

Das Gesetz über den Bau und die Erhaltung öffentlicher Straßen sowie über die Wegefreiheit (Straßengesetz - StrG), LGBl. für Vorarlberg, Nr. 8/1969, enthält keine speziellen Vorschriften für die Kundmachung von auf Grund des StrG erlassenen Verordnungen; es finden daher insoweit die subsidiären Vorschriften des - mit Kundmachung LGBl. 40/1985 wiederverlautbarten - Gesetzes über die Organisation der Gemeindeverwaltung (Gemeindegesetz - GG) Anwendung.

Gemäß §32 Abs1 GG bedürfen Verordnungen der Gemeindeorgane zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung. Die Kundmachung hat, soweit nicht anderes bestimmt ist, durch Anschlag an der Amtstafel zu erfolgen. Gemäß §32 Abs3 GG sind Verordnungen, wenn für eine Gemeinde ein Amtsblatt (Gemeindeblatt) besteht, auch in diesem kundzumachen. Gemäß dem - durch das Gesetz über die Änderung des Gemeindegesetzes, LGBl. 35/1985, an Abs3 (des damaligen §27 GG) neu angefügten - Abs4 leg.cit. wird durch eine Unterlassung der Kundmachung im Amtsblatt (Gemeindeblatt) das Inkrafttreten der Verordnung nicht berührt; in der RV (7. Blg im Jahre 1985 des XXIV. Vorarlberger Landtages) wird hiezu ausgeführt, daß die Bestimmung im §27 (jetzt: §32) Abs3, wonach Verordnungen auch im Amts- oder Gemeindeblatt kundzumachen sind, wenn ein solches besteht, lediglich der erhöhten Publizität dient. Im neuen Abs4 solle nun klargestellt werden, daß das etwaige Versäumnis einer derartigen Veröffentlichung keinen Einfluß auf die Rechtswirksamkeit einer Verordnung hat.

Nach der Absicht des Gesetzgebers soll die Verlautbarung im Amts- oder Gemeindeblatt somit lediglich der erhöhten Publizität dienen und bewirkt daher - zumindest grundsätzlich - nicht das Inkrafttreten der Verordnung. Im Wortlaut des §32 GG kommt dies dadurch zum Ausdruck, daß nach §32 Abs3 GG für die Kundmachung im Amts- oder Gemeindeblatt nur Abs2 (welcher die Auflage nicht kundmachungsfähiger Verordnungen zur allgemeinen Einsicht regelt), nicht jedoch Abs1 (welcher das Inkrafttreten regelt) sinngemäß gilt.

Bei der "Kundmachung" des Beschlusses der Stadtvertretung vom 23. März 1993 im Gemeindeblatt handelte es sich somit nicht um die das Inkrafttreten der Verordnung bewirkende Kundmachung.

5. Die Verordnung der Stadtvertretung Dornbirn vom 23. März 1993, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 26. April 1993 bis 10. Mai 1993 in der Form der Schreibfehlerberichtigung vom 26. Juli 1993 (ohne die in der genannten Kundmachung ohnehin nicht enthaltene litc des Beschlusses vom 23. März 1993), ist daher wegen gesetzwidriger Kundmachung gemäß Art139 Abs3 litc B-VG zur Gänze aufzuheben.

Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem übrigen Antragsvorbringen.

Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung beruht auf Art139 Abs5 B-VG.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §61a VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.750,-

enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenverwaltung, Widmung (einer Straße), Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:V43.1993

Dokumentnummer

JFT_10058995_93V00043_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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