TE Bvwg Beschluss 2021/12/28 W195 2248036-1

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Veröffentlicht am 28.12.2021
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Entscheidungsdatum

28.12.2021

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z4
VwGVG §17

Spruch


W195 2248036-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 06.05.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Dolmetscherin XXXX , dem die Teilnahme an der Verhandlung vom 22.04.2021 im Verfahren zur GZ. XXXX zu Grunde liegt, beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit

€ 169,70 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 31.03.2021, GZ. XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 22.04.2021, 11:30 Uhr an, zu welcher die Antragstellerin als Dolmetscherin geladen wurde und in dessen Rahmen sie auch als Dolmetscherin fungierte.

2. Am 06.05.2021 brachte die Antragstellerin die gegenständliche Honorarnote betreffend ihre Teilnahme an der Verhandlung vom 22.04.2021, XXXX im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs ein:

Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr. 44 vom 06.05.2021

Entschädigung für Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

2 begonnene Stunde(n) á 22,70

45,40

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

35 km á € 0,42

14,70

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)

 

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 2 halbe Stunde(n) á € 12,40

24,80

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

 

Übersetzung Schriftstücke je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 7,60
19 130 Zeichen

145,39

Zwischensumme

254,79

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV á € 12,00

12,00

Zwischensumme

266,79

20 % Umsatzsteuer

53,36

Gesamtsumme

320,15

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

320,20

3. In Bezug auf die von der Antragstellerin verzeichneten Gebühren für die Übersetzung eines Schriftstückes (19 130 Zeichen) in Höhe von € 145,39 unter dem Kostenpunkt „Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG“ hielt das Bundesverwaltungsgericht der Antragstellerin mit Schreiben vom 16.11.2021, GZ. W195 2248036-1/2Z, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass für die von der Antragstellerin vorgenommene Rückübersetzung der Verhandlungsschrift auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG lediglich der Höchstbetrag von € 20,00 zugesprochen werden könne.

4. Das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts, GZ. W195 2248036-1/2Z, vom 16.11.2021 wurde der Antragstellerin nachweislich am 23.11.2021 zugestellt.

5. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme und/oder korrigierte Honorarnote der Antragstellerin ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31.03.2021, GZ. XXXX , zu der für den 22.04.2021 anberaumten Verhandlung als Dolmetscherin geladen wurde und in dessen Rahmen auch als Dolmetscherin fungierte und dabei die Verhandlungsschrift rückübersetzte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren GZ. XXXX beinhaltend insbesondere die Ladung der Dolmetscherin zur Verhandlung vom 22.04.2021 und die Niederschrift (OZ 11) derselben, die von der Antragstellerin im Weg des ERV übermittelte Honorarnote vom 06.05.2021 sowie der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.11.2021, GZ. W195 2248036-1/2Z, und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.


Zur beantragten Gebühr für die Übersetzung eines in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes (§ 54 Abs. 1 Z 4 zweiter Halbsatz GebAG):

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00.

Bei der Verzeichnung einer Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwischen einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz und einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz zu unterscheiden. Als ein Schriftstück im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz ist jenes Dokument zu qualifizieren, welches bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurde. Wird ein solches „Schriftstück“ während der Verhandlung oder Einvernahme übersetzt, so steht dem Dolmetscher gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zusätzlich neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Hälfte der Gebühr (€ 7,60 pro 1000 Zeichen) für die Übersetzung dieses „Schriftstücks“ zu.

Unter einem „angefertigten Schriftstück“ iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG ist hingegen jenes Dokument zu verstehen, welches erstmals während einer Vernehmung oder Verhandlung angefertigt wurde. Die Gebühr für die Übersetzung dieses, im Rahmen der Verhandlung, „angefertigten Schriftstückes“ unterliegt gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG einer Deckelung von € 20,00.

Im vorliegenden Fall wurde in der mündlichen Verhandlung am 22.04.2021 eine Niederschrift (GZ. XXXX ) angefertigt. Diese Niederschrift der mündlichen Verhandlung ist gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG als ein „in der Verhandlung angefertigtes Schriftstück“ zu qualifizieren.

In diesem Zusammenhang ist auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2014 hinzuweisen, denen im Hinblick auf die Änderung des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG Folgendes zu entnehmen ist: „Für die Rückübersetzung des Protokolls (bzw. die Übersetzung eines sonstigen im Rahmen der Vernehmung oder der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstücks) soll nicht nur die Kürzung auf die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstückes zum Tragen kommen, vielmehr soll der Kostenersatz für solche Übersetzungen insgesamt mit einem Betrag von € 20,00 limitiert werden“ (vgl. ErläutRV 53 BlgNR 25. GP 11).

Anhand des Wortlautes der Gesetzesstelle bzw. der zitierten Erläuterung hat die Berechnungsweise der Gebühr iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG wie folgt vorgenommen zu werden: Für die Übersetzung von einem „in der Verhandlung angefertigten Schriftstück“ ist pro 1000 Zeichen, die Hälfte jener Gebühr, die bei einer schriftlichen vorgenommenen Übersetzung zusteht (€ 15,20) zu verzeichnen, somit € 7,60 pro 1000 Zeichen. Die sich daraus ergebende Formel lautet: G = (Zeichenanzahl/1000)×€ 7,60, wobei der Gesamtbetrag jedenfalls mit € 20,00 gedeckelt ist.

Für die von der Antragstellerin vorgenommene Übersetzung eines „in der Verhandlung angefertigten Schriftstückes“, konkret die rückübersetzte Niederschrift, kann im gegenständlichen Fall auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG, welcher alleine darauf abstellt, ob das Schriftstück in der Verhandlung angefertigt wurde, lediglich der Höchstbetrag von € 20,00 zugesprochen werden.


Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung für Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

2 begonnene Stunde(n) á 22,70

45,40

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

35 km á € 0,42

14,70

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 2 halbe Stunde(n) á € 12,40

24,80

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

 

Übersetzung Schriftstücke je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 7,60
0 Zeichen

 

für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00

20,00

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV á € 12,00

12,00

Zwischensumme

141,40

20 % Umsatzsteuer

28,28

Gesamtsumme

169,68

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

169,70

Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 169,70 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Schriftstück Teilstattgebung Übersetzungstätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2248036.1.00

Im RIS seit

04.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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