TE Bvwg Beschluss 2022/1/3 W195 2247788-1

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Veröffentlicht am 03.01.2022
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Entscheidungsdatum

03.01.2022

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z3
VwGVG §17
ZustG §17

Spruch


W195 2247788-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 09.07.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Dolmetscherin XXXX beschlossen:

A)

I.       Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit € 92,20 bestimmt.

II.      Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schriftsatz vom 14.06.2021, GZen. XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 29.06.2021 an, zu welcher die Antragstellerin als Dolmetscherin (ordnungsgemäß) geladen wurde.

2.       In der Folge fand am 29.06.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, im Rahmen derer die Antragstellerin als Dolmetscherin fungierte.

3.       Mit Schriftsatz vom 29.06.2021, welcher im Wege des ERV am 09.07.2021 beim BVwG einlangte, legte die Antragstellerin folgende Gebührennote betreffend ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2021 im Rahmen der Rechtssachen mit den GZen. XXXX :

Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr. 2021-388

Entschädigung für Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde(n) á 22,70

22,70

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)

5,20

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 4 halbe Stunde(n) á € 12,40

49,60

Zwischensumme

102,00

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1 a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV a € 12,00

12,00

Zwischensumme

114,00

20 % Umsatzsteuer

22,80

Gesamtsumme

136,80

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

136,80

4.       Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 23.11.2021 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach Zustellung – kurz zusammengefasst – vor, dass vor dem Hintergrund dessen, dass die öffentliche mündliche Verhandlung insgesamt lediglich zwei halbe Stunden andauerte, der Antragstellerin im vorliegenden Fall gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG neben einer ersten halben Stunde zu € 24,50 lediglich eine weitere halbe Stunde zu € 12,40 an Mühewaltungsgebühr vergütet werden könne.

5.       Das Schreiben des BVwG vom 23.11.2021 wurde mangels Anwesenheit der Antragstellerin an der Abgabestelle gemäß § 17 ZustG bei der zuständigen Post-Geschäftsstelle mit Beginn der Abholfrist am 26.11.2021 hinterlegt.

In weiterer Folge wurde das Schriftstück nicht behoben und langte auch keine Stellungnahme der Antragstellerin ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin von der Gerichtsabteilung XXXX des BVwG – im Zusammenhang mit den Rechtssachen zu den GZen. XXXX zu einer am 29.06.2021 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen wurde, in deren Rahmen sie auch als Dolmetscherin fungierte. Es ist festzuhalten, dass aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung hervorgeht, dass diese um 16:15 Uhr begann und um 17:15 Uhr endete.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des BVwG zum Verfahren mit den GZen. XXXX der von der Antragstellerin eingebrachten Honorarnote, der erfolgten Korrespondenz der Antragstellerin mit der Verrechnungsstelle des BVwG, dem Schreiben von der Verständigung der Beweisaufnahme des BVwG vom 23.11.2021 sowie dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.


Zu A) Zur Bestimmung der gebührenrechtlichen Ansprüche:

Zur beantragten Mühewaltung (§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG):

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40.

§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG gewährt Dolmetschern für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde eine höhere Gebühr als für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde.

Gemäß der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2021 im Verfahren zu den GZen. XXXX begann die Verhandlung um 16:15 Uhr und endete um 17:15 Uhr. Die Gesamtdauer der Verhandlung am 29.06.2021 betrug daher insgesamt zwei halbe Stunden.

Mit Gebührennote vom 29.06.2021, welche am 09.07.2021 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, verzeichnete sich die Antragstellerin u.a. Mühewaltungsgebühren gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG. Die Antragstellerin legte dieser Honorarnote eine erste halbe Stunde zu € 24,50 zu Grunde und verrechnete sich für vier weitere halbe Stunden einen Betrag von € 49,60. Insgesamt machte sie daher fünf halbe Stunden an Mühewaltungsgebühren geltend.

Über den Umstand, dass die öffentliche mündliche Verhandlung insgesamt lediglich zwei halbe Stunden andauerte und ihr vor diesem Hintergrund im gegenständlichen Fall somit neben einer ersten halben Stunde zu € 24,50 gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG lediglich eine weitere halbe Stunde zu € 12,40 vergütet werden könne, wurde die Antragstellerin mit Schreiben des BVwG vom 23.11.2021 verständigt. Dieses Schreiben wurde ihr mittels RSb-Brief übermittelt und gemäß § 17 ZustG bei der Post-Geschäftsstelle ab 26.11.2021 hinterlegt. Über die Hinterlegung dies Schriftstückes wurde die Antragstellerin schriftlich verständigt.

Gemäß § 17 Abs. 1 ZustG ist das Dokument, sofern es nicht an der Abgabestelle zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter iSd § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, zu hinterlegen. Der Empfänger ist dabei schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Im vorliegenden Fall wurde die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Antragstellerin ordnungsgemäß am 26.11.2021 durch Hinterlegung zugestellt. Da die mündliche Verhandlung im gegenständlichen Fall lediglich zwei halbe Stunden dauerte und die Antragstellerin von ihrem Recht, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen vierzehn Tagen Stellung zu nehmen keinen Gebrauch gemacht bzw. das Schriftstück trotz ordnungsgemäßer Zustellung nicht behoben hat, kann ihr vorliegend neben einer ersten halben Stunde zu € 24,50 gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG lediglich eine weitere halbe Stunde zu € 12,40 an Gebühr für Mühewaltung vergütet werden

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung für Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde(n) á 22,70

22,70

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)

5,20

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 1 halbe Stunde(n) á € 12,40

12,40

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1 a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV a € 12,00

12,00

Zwischensumme

76,80

20 % Umsatzsteuer

15,36

Gesamtsumme

92,16

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

92,20

Aus diesem Grund war die Gebühr der Dolmetscherin mit € 92,20 zu bestimmen und das Mehrbegehren abzuweisen.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch waren keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage bzw. sind die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Hinterlegung Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Teilstattgebung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2022:W195.2247788.1.00

Im RIS seit

04.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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