TE Bvwg Erkenntnis 2022/1/4 W203 2249899-1

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Veröffentlicht am 04.01.2022
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Entscheidungsdatum

04.01.2022

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchPflG 1985 §1 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs3
SchPflG 1985 §2
SchPflG 1985 §3
SchPflG 1985 §5 Abs1
Schulzeitgesetz 1985 §2 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W203 2249899-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX und XXXX als Erziehungsberechtige der mj. XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 02.12.2021, GZ.: Präs/3a-105-2/272-2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 11 Abs. 3 SchPflG als unbegründet abgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Tochter der Beschwerdeführer erfüllte im Schuljahr 2020/21 ihre Schulpflicht durch den Besuch einer Privatschule.

2. Am 11.08.2021 zeigten die Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG die Teilnahme ihrer Tochter an häuslichem Unterricht an.

Dagegen wurde von der Bildungsdirektion für Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) kein Einwand erhoben.

3. Am 04.10.2021 zeigten die Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG die Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht an.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.12.2021, GZ. Präs/3a-105-2/272-2021 (im Folgenden: angefochtener Bescheid) wurde die Teilnahme der Tochter der Beschwerdeführer am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2021/22 untersagt (Spruchpunkt 1.), angeordnet, dass diese die Schulpflicht im Schuljahr 2021/22 durch den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen habe (Spruchpunkt 2.) und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt 3.).

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Anzeige erst nach Beginn des Schuljahres 2021/22 und somit verspätet erfolgt sei.

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides wurde eine Beschwerdefrist von vier Wochen angeführt.

Der Bescheid wurde am 12.12.2021 zugestellt.

5. Mit Schriftsatz vom 13.12.2021 – eingelangt bei der belangten Behörde am 20.12.2021 – erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde und begründeten diese im Wesentlichen damit, dass ihre Tochter die gegenständliche Privatschule seit dem Schuljahr 2019/20 – mit einer einmonatigen Unterbrechung im September 2021 – besuche. Es sei davon auszugehen, dass der gegenständlichen Privatschule auch für das laufende Schuljahr – so wie in den vergangenen Jahren auch – abermals das Öffentlichkeitsrecht verliehen werde. Da die beiden Geschwister der Schülerin ebenfalls die gegenständliche Privatschule besuchten und da es dieser dort auch sehr gut gehe, läge ein Verbleib an der Schule im Interesse des Kindeswohles.

6. Einlangend am 27.12.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen:

Die am XXXX geborene Tochter der Beschwerdeführer unterliegt im Schuljahr 2021/22 in Österreich der allgemeinen Schulpflicht.

Mit Schreiben vom 04.10.2021 zeigten die Beschwerdeführer erstmals die Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2021/22 an.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122 (im Folgenden: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 MRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG), BGBl. Nr. 76/1985 i.d.g.F., besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.

Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Schuljahre.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 3 erster Satz SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz 1985 (SchZG), BGBl. Nr. 77/1985 i.d.g.F. beginnt das Schuljahr in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien am ersten Montag, in den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg am zweiten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

3.2.2. Mit ihrem Vorbringen ist es den Beschwerdeführern nicht gelungen, Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wie sich aus § 11 Abs. 3 SchPflG ergibt, ist die Anzeige der Teilnahme eines Kindes am häuslichen Unterricht für jedes neue Schuljahr gesondert einzubringen. Eine verspätete Anzeige ist zurückzuweisen (VwGH 28.09.1992, 92/10/0160; 20.06.1994, 94/10/0061). Bei der Frist im Sinne des § 11 Abs. 3 SchPflG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die durch die Behörde nicht verändert – insbesondere nicht erstreckt (vgl. VwGH 19.09.2000, 2000/05/0140; 27.11.2012, 2012/10/0134) – werden kann (vgl. § 33 Abs. 4 AVG). Der Zeitraum, der vom „Schuljahr“ erfasst wird, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz (SchZG). Demnach hat das Schuljahr 2021/22 im Bundesland Oberösterreich am Montag, 13.09.2021 begonnen, und die Anzeige der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule wäre nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn diese vor dem 13.09.2021 bei der zuständigen Behörde eingelangt wäre. Unstrittig ist die Anzeige aber erst mit Schreiben der Beschwerdeführer vom 04.10.2021, somit nach Beginn des Schuljahres 2021/22, erfolgt, sodass diese als verspätet anzusehen war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.09.1992, Zl. 92/10/0160 ausgeführt, dass die Befristung gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine Präklusivfrist ist und begründete dies damit, dass das Interesse der Schulverwaltung an einer entsprechenden organisatorischen Vorsorge, aber auch das Interesse des Kindes an einem geordneten Unterricht es gebietet, die Teilnahme am häuslichen Unterricht oder am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt - spätestens allerdings noch VOR Beginn des Schuljahres – der Schulbehörde anzuzeigen. Eine Untersagung ist demnach bei einer verspäteten Anzeige gerechtfertigt (vgl. hierzu auch Jonak/Kövesi Das Österreichische Schulrecht14, Anm. 6a zu § 11 SchPflG, S. 506).

Die belangte Behörde hat somit zu Recht die Teilnahme am Unterricht an der gegenständlichen Privatschule untersagt und den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule angeordnet.

3.2.3. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:

Im verfahrensgegenständlichen Fall kann das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, weil der Sachverhalt nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde und dieser Sachverhaltsfeststellung in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im verfahrensgegenständlichen Fall daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

3.2.4. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3.2.5. Durch die erfolgte Sachentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde (Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides).

3.3 Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil der vorliegende Fall keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft: Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90). Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. (vgl. dazu die jeweils zitierten Erkenntnisse des VwGH). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.

Schlagworte

allgemeine Schulpflicht Anzeigepflicht Frist öffentliche Schule Öffentlichkeitsrecht Privatschule Schuljahr Untersagung verspätete Anzeige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2022:W203.2249899.1.00

Im RIS seit

03.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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