TE Bvwg Erkenntnis 2022/1/4 W128 2249341-1

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Veröffentlicht am 04.01.2022
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Entscheidungsdatum

04.01.2022

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchPflG 1985 §1 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs2
SchPflG 1985 §11 Abs3
SchPflG 1985 §2
SchPflG 1985 §5 Abs1
Schulzeitgesetz 1985 §2 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W128 2249341-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX und XXXX als Erziehungsberechtige der XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 25.11.2021, GZ.: Präs/3a-105-2/0270-allg/2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 11 Abs. 3 SchPflG als unbegründet abgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 11.08.2021 zeigten die Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG die Teilnahme ihrer mj. Tochter an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2021/22 an.

Dagegen wurde von der Bildungsdirektion für Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) kein Einwand erhoben.

2. Am 04.10.2021 zeigten die Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG die Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht an.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.11.2021, GZ.: Präs/3a-105-2/0270-allg/2021, (im Folgenden: angefochtener Bescheid) wurde die Teilnahme der Tochter der Beschwerdeführer am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2021/22 untersagt (Spruchpunkt 1.), angeordnet, dass diese die Schulpflicht im Schuljahr 2021/22 durch den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen habe (Spruchpunkt 2.) und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt 3.).

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Anzeige erst nach Beginn des Schuljahres 2021/22 und somit verspätet erfolgt sei.

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides wurde eine Beschwerdefrist von vier Wochen angeführt.

Der Bescheid wurde am 02.12.2021 zugestellt.

4. Mit Schriftsatz vom 07.12.2021 – eingelangt bei der belangten Behörde am 10.12.2021 – erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde und begründeten diese im Wesentlichen damit, dass ihre Tochter die gegenständliche Privatschule seit 03.12.2018 – mit einer einmonatigen Unterbrechung im September 2021 – besuche. Es sei davon auszugehen, dass der gegenständlichen Privatschule auch für das laufende Schuljahr – so wie in den vergangenen Jahren auch – abermals das Öffentlichkeitsrecht verliehen werde. Der mj. Schülerin gehe es in dieser Schule sehr gut und sie sei gut in der Schulgemeinschaft angekommen. Ein Verbleib an der Schule läge im Interesse des Kindeswohles.

5. Einlangend am 16.12.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

XXXX ist am XXXX geboren und unterliegt daher im Schuljahr 2021/22 in Österreich der allgemeinen Schulpflicht.

Mit Schreiben vom 04.10.2021 zeigten die Beschwerdeführer die Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2021/22 bei der Bildungsdirektion für Oberösterreich an.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichterin, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.

Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Jahre.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 3 erster Satz SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz 1985 (SchZG), BGBl. Nr. 77/1985 i.d.g.F. beginnt das Schuljahr im Bundesland Oberösterreich am zweiten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Wie sich aus § 11 Abs. 3 SchPflG ergibt, ist die Teilnahme eines Kindes am häuslichen Unterricht für jedes neue Schuljahr der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Bei der Frist im Sinne des § 11 Abs. 3 SchPflG bzw. § 13 Abs. 2 SchPflG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die von der Behörde nicht verändert – insbesondere nicht erstreckt – werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I [2. Ausgabe 2014] § 33 Rz 11 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). So gebietet es das Interesse der Schulverwaltung an einer entsprechenden organisatorischen Vorsorge, aber auch das Interesse des Kindes an einem geordneten Unterricht, die Teilnahme am häuslichen Unterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt – spätestens allerdings noch vor Beginn des Schuljahres – der Bildungsdirektion anzuzeigen. Eine verspätete Anzeige ist daher zurückzuweisen (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, FN 6a zu § 11 SchPflG [506] mit Hinweis auf VwGH 28.09.1992, 92/10/0160; vgl. zusätzlich VwGH 20.6.1994, 94/10/0061; vgl. zusätzlich VwGH 20.6.1994, 94/10/0061).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.09.1992, 92/10/0160 ausgeführt, dass die Befristung gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine Präklusivfrist ist und begründete dies damit, dass das Interesse der Schulverwaltung an einer entsprechenden organisatorischen Vorsorge, aber auch das Interesse des Kindes an einem geordneten Unterricht es gebietet, die Teilnahme am häuslichen Unterricht oder am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt - spätestens allerdings noch VOR Beginn des Schuljahres – der Schulbehörde anzuzeigen. Eine Untersagung ist demnach bei einer verspäteten Anzeige gerechtfertigt (vgl. hierzu auch Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, Anm. 6a zu § 11 SchPflG, S. 506).

Das Schuljahr 2021/22 hat in Oberösterreich am 13.09.2021 begonnen. Die Anzeige der Beschwerdeführer zur Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfolgte unstrittig am 04.10.2021 und damit nach Beginn des Schuljahres 2021/22. Sie war daher verspätet. Die belangte Behörde hat somit zu Recht die Teilnahme am Unterricht an der gegenständlichen Privatschule untersagt und den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule angeordnet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ein gesonderter Abspruch über die aufschiebende Wirkung erübrigt sich angesichts der erfolgten Sachentscheidung. Abgesehen davon stellten die Beschwerdeführer keinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007).

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB VwGH 27.03.2014, 2012/10/0154; 29.05.1995, 94/10/0187; VwSlg. 15600 A/2001; 29.5.2020, Ro 2020/10/0007).

Schlagworte

allgemeine Schulpflicht Anzeigepflicht Frist öffentliche Schule Öffentlichkeitsrecht Privatschule Schuljahr Untersagung verspätete Anzeige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2022:W128.2249341.1.00

Im RIS seit

03.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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